Google
This is a digital copy of a bix>k lhat was preservcd for gcncralions on library sIil-Ivl-s before il was carcfully scanncd by Google as pari ol'a projeel
to makc the world's books discovcrable online.
Il has survived long enough Tor the Copyright lo expire and the book to enter the public domain. A public domain book is one that was never subjeel
to Copyright or whose legal Copyright terni has expired. Whether a book is in the public domain niay vary country tocountry. Public domain books
are our gateways to the past. representing a wealth ol'history. eulture and knowledge that 's ol'ten dillicult to discover.
Marks, notations and other marginalia present in the original volume will appear in this lile - a reminder of this book's long journey from the
publisher lo a library and linally to you.
Usage guidelines
Google is proud to partner with libraries lo digili/e public domain malerials and make ihem widely accessible. Public domain books belong to the
public and we are merely their cuslodians. Neverlheless. this work is expensive. so in order lo keep providing this resource. we have laken Steps lo
prevent abuse by commercial parlics. iiicIiiJiiig placmg lechnical reslriclions on aulomatecl querying.
We alsoasklhat you:
+ Make non -commercial u.se of the fites We designed Google Book Search for use by individuals. and we reüuesl lhat you usc these files for
personal, non -commercial purposes.
+ Refrain from imtomuted qu erring Do not send aulomated üueries of any sorl to Google's System: If you are conducling research on machine
translation. optical characler recognilion or olher areas where access to a large amounl of lex! is helpful. please contacl us. We encourage the
use of public domain malerials for these purposes and may bc able to help.
+ Maintain attribution The Google "walermark" you see on each lile is essential for informing people about this projeel and hclping them lind
additional malerials ihrough Google Book Search. Please do not remove it.
+ Keep it legal Whatever your use. remember that you are responsable for ensuring lhat what you are doing is legal. Do not assume that just
because we believe a book is in the public domain for users in ihc United Siatcs. lhat ihc work is also in the public domain for users in other
counlries. Whelher a book is slill in Copyright varies from counlry lo counlry. and we can'l offer guidance on whelher any specific use of
any specific book is allowed. Please do not assume that a book's appearance in Google Book Search means it can be usec! in any manncr
anywhere in the world. Copyright infringemenl liability can bc quite severe.
About Google Book Search
Google 's mission is lo organize the world's information and to make it universally accessible and useful. Google Book Search helps readers
discover ihc world's books wlulc liclpmg aulliors and publishers rcacli new audiences. You can searcli ihrough llic lull lexl of this book on llic web
al|_-.:. :.-.-:: / / bööki . qooqle . com/|
\
Xß S
'■> /
A
\
1
j .' ^ » ...
■'■'**?■>' *"/.-Vv -
ZEITSCHRIFT
FÜR
DEUTSCHES ALTERTHÜM
HERAUSGEGEBEN
VON
MORIZ HAUPT.
ZWEITER BAND.
LEIPZIG
weidmann'sche Büchhandlung.
1842.
■C. . *"•
ALLERHAND ZU GUDRUN.
. 1. GabiMn 10!, 1 helfet Parz. 383, 2. 575, 27 daz
gampibän und ist das zeichen in Ilinötes wappen. zunächst
denkt man dabei an xdfinog iTnroxctfinog tTTnoxdfintj seepferd.
Festus cappas (campas) marinos equos Graeci a flexu poste-
riorum partium appellant. doch -zu erwägen wäre auch das
ital. span. gambaro seekrebs, altfranz. jamble, gr. xdpctQog
m&WMQOQ, lat. cammarus gammarus, mlat. gambarus, altn.
kumriy schwed. dän. hummer, franz. komard. ein seeunge-
hener auf jeden fall.
2. Es ist eine schöne art dargebotnc gaben so auszu-
schlagen dafe man sie segne und preise, gleichsam ihren
werth für den erhebe der sie behalten soll. Gudrun lehnt
die yon Ortwin und Herwic gebotnen ringe mit den Worten
ab 1225, 1 got Idze iu tuwer bouge beiden scelic sin! nnd
wiederum die mäntel 1233, 1 got läse iu salze sin tuwer bei-
der tnentel! gerade so Siegfried den ihm von Giselher ange-
tragnen theS burgundisches landes Nib. 640, 3 got Idziu iwer
erbe immer scelic sin! schien höfischen dichtem diese for-
met zu gemein als dafs sie sie angewendet hätten ? denn sie
fände sich sonst öfter, ähnliche redensarten mögen unterm
volk häufig umgegangen sein, um abzulehnen und höflich zu
wehren, in Holbergs eilftem juni 3, 6, als Studenstrup lust
trägt zu einem schmucken röhr, aber hört dafs es nicht un-
ter sechs thalern zu haben sei, ruft er vom kaufe abstehend
au gud bevare mine sex rigsdaler ! = got Idze mir si sce-
lic sin! das büchlein vom salzburgischen Untersberg, Brixen
1782 s. 11 erzählt wie eine bäuerin ihren mann bei einer
wilden frau mit langen haaren überrascht und sie angeredet
habe co behüte gott deine schönen haare, was thut ihr da
Z. P. D. A. II. 1
2 ALLEltHAND ZU GUDRUN.
mit einander?* sie will in gute sagen 'weiche von hinnen
und behalt deine schönen haare für dich die meinen mann
verlocken ! ' dieses feine mahnen thut auf die fremde wür-
kung, vgl. deutsche sagen 1, 65.
3. Hettel gehört nicht zum ags. Henden in scöpes vid-
sid; es gibt sonst keinen eigennamen Henden, und das alt-
burgund. hendinus, goth. kindins bleiben billig aus dem spiel
dabei, sogar für Henden schlage ich vor dort zu lesen Heo-
den9 und dann träte Zusammenhang ein. denn Heden, Hen-
den (nicht zu schreiben Hede?i, Heoden) ist ahd. Hetan, das
als einfacher eigennainc, besonders aber in den compositis
Wolfhttan (trad. fuld. 2, 60. mon. boica 28 n° 52. 246),
Pernhe'tan :=: altn. Ulfhedmn, Biarnhedimi vorkommt, altn.
d hier, wie oftmahls, gesetzt für organisches d. Wolf-
hetan dreht sich auch um in Hetanwolf (Hedenulfus Pertz
1, 508.. 2, 213). was dies ahd. hetan, alls. hedan, ags. he-
den heoden, altn. hedhin (Saxo gramm. schreibt Hithinus)
bedeute weifs ich noch nicht; die goth. form wäre hidan
oder hudan (wie trudan -=. ahd. tretan). vom ahd. heidan
paganus, goth. häipns, ags. hceden9 alts. hethin, altn. hei-
dinn steht es ab, wiewohl Verwechslungen beider formen frühe
begonnen haben mögen, z. b. wenn der eigenname Paganus
erscheint (Lacomblet n° 314. 330. a. 1132.1139), war er doch
eher Hedan als Hedatu Häthan. auch Heidenreich lautete
wohl ursprünglich Hedunric, ahd. Hetanrih? wie jenes He-
tanwolf nhd. als Heidenwolf Heidwolf Heidloff erscheint,
dies alles über Hetav vorausgeschickt kann ich fortfahren.
Hettel in der Gudrun halte ich für entsprungen aus Hetel
Heten, und die ags. Heodeningas, altn. Hiadningar (gramm.
1, 352) werden ahd. geheifsen haben Hetaningd, He'talingd,
was allmählich entstellt wurde in Hegelinge, der letzten form
entspricht in ags. und altn. berichten durchaus nichts, aller-
dings gab es einen ahd. ortsnamen Hegilinga (Meichelbeck
n° 418) f, allein in unsrer dichtung ist Hegelinge name eines
geschlechts der nur in den construetionen sen Hegelingen
oder Hegelinge lant örtlich wird, nothwendig also auf einen
Stammherrn führt, der im lied nirgends Hegel, nur Hettel
1. vgl. Mon« keldensage s. 52.
ALLERHAND ZU GUDRUN. 3
heifst und dem ags. Heoden, altn. Hedinn gleich steht nach
welchem die Heodeningas, Hiadningar benannt sind, mit
ü'egelmg kann Hygeldc im Beovulf = ahd. Hugileih, alt-
frank. Chochilaich nichts gemein haben.
4. In Gudrun klingen verschollene stammsagen und ort*
lichkeiten des nordwestlichen Deutschlands an, zumahl auf die
Niederlande Friesland und einen theil von Scandinavien be-
zügliche; hätten wir genaue geographische künde aus dem
höheren alterthum dieser landstriche, so würden sich manche
einzelnheiten des gedichts aufhellen. Mateldne, der Hegelinge
sitz, erinnert an ein niederrheinisches Mediolanium des Pto-
lemäus, das man im münsterschen Städtchen Metein an der
Vecht, zwischen Horstmar und Rentheim, wiederfindet, ältere
Urkunden nennen es Matellia1. Peutingers tafel gibt nach
Fletfone ein Matilone, der geographus Raveunas nach Fle-
tione ein Matellione an, welche formen dem Mateldrte noch
näher rücken. Fletione setzen andere westlicher nach YsseL
stein und Matilone in die gegend von Rynsburgen. die altn.
Überlieferung scheint von keinem ähnlichen ort zu wifsen.
bei Saxo gramm. s. 88 — 90 ist Hithinus ein rex aliquantae
Norvagiensium gentis, Höginus (1. Högnius) ein Jutorum
regulus, während unsere dichtung den Hagene in Irland, die
ags. den Hagena in Holmrice hausen läfst. nach Saxo käm-
pfen beide, Hithinus und Höginus, auf Hithinsö, worunter er
sich vermutlich Hedinsey, nordwestlich von Rügen dachte,
was noch heute den namen Hiddensee führt, aber Snorra-
edda 164 legt diesen kämpf mch Hdey, einer der orkadischen
inseln, was den Schauplatz wieder gegen Schottland und Ir-
land schiebt, im Sörlaß&ttr (fornald. sog. 1, 403), wo sich
bedeutende abweichungen des inhalts darbieten, heifst dieselbe
insel Hofs Hd9 in Gönguhrölfssaga (daselbst 3, 284) wird um-
gekehrt Hedinsey weit ostwärts zwischen GardarÜu und die
Tartarei gebracht, man mufs hinzunehmen dafs Sörlaß&ttr
den Hedinn aus Serkland d. h. Africa, Sarazenenland stam-
men läfst, wie im Gudrunliede Siegfried könig aus Mörlant
alsbundesgenofs der Hegelinge auftritt, das alte Maurun-
gania an der Elbe ist dabei nicht zn übersehn.
1. Ledebur Bnikterer s. 327. 328.
4 ALLERHAND ZU GUDRUN.
5. Sehr merkwürdig ist etwas anderes bestimmteres,
iiach unserm epos wird zwar der kämpf zwischen Hettel und
Hagene um Hilde auf dem gestade von Waleis gefochten,
dagegen ein zweiter ähnlicher um Gudrun zwischen Hettel
und den Normannen auf dem Wülpensand oder Wülpenwer-
der. diesen aber darf man an die flandrische küste, wo sich
die Scheide ins meer ergiefst, auf den sogenannten Cadzand
Gassand setzen, wo noch im mittelalter ein ort JVulpia zu
finden war. der keurbrief von Brügge a. 1190 (bei Warn-
könig 2, 1, s. 85) nennt noch die JVulpingi, homines de
Wnlfia sive de Cassand. dort in der gegend sind genug
landstellen vom meer verschlungen worden, zwischen Wül-
pen und Walchern hiefs aber die westliche mündung der
Scheide vormals Hedensee, Heidensee1, was wiederum ein
Hedenseiland gewesen sein wird, also den namen Hedens
neben Wülpen aufbewahrt, die sage knüpfte ihren Schauplatz
bald da bald dort an. dafs ältere lieder die erste Schlacht
zwischen Hagene und Heten bereits auf dem Wülpenwerd
geschehn liefsen ergibt sich aus der wichtigen stelle im Alexan-
der 1831, wo man freilich Hetenen für Hagenen zu lesen
und anzunehmen hat dafs nach dieser darstellung Hagene um-
kam, während ihn die jüngere am leben erhält.
6, Hettels vater bleibt im Gudrunliede ungenannt; zu-
folge der nordischen sage ist Heäinn söhn des Hiarrandi,
welchen namen man dem Horant (nicht Horant) des liedes
gleichzusetzen hat, nur dafs Horant blofs als genofs des
Hettel, nämlich als schweslersohn des Wate und herr in
Tenelant auftritt, jenem Hiarrandi entspricht der ags. Heor-
renda, auch ein sänger bei den Heodeningen, wie Horant
bei den Hegelingen, kaum also Heodens vater oder naher
verwandter, den formen Hiarrandi, Heorrenda würde ein
goth. Hairzanda, ahd. Herranto gleich sein, welche schwache
flexion ich nicht angetroffen habe, mhd. blofs die starke Her-
rant; Herant kann übertreten in Horant 2, vgl. gramm. 1,
141. 153.
1. V£l. die carte von Flandern bei Warnkönig und Kluit hist. crit.
comit. Holl. et Zeelandiae i, 1, 114.
2. beispiele von Hb'rrant und Horant sammelt Mone heldensage s. 59.
ALLERHAND ZU GUDRUN. 5
7. Ahn darf auch nicht Wate schreiben, da Wate durch
den reim Waten : gegaten (Alex. 1833) wie durch die ags.
Schreibung Vada9 altn. Vaäi (und nicht Vceda, VäM) be-
gehrt wird, ohne zweifei ist Hol. 266, 19, weil Oigir aus
Dänemark stammt, der dänische Wate des epos gemeint.
8« Für Nortlant würde ich Ortlant vorziehen, wie z. b.
565, 1 geschrieben steht, und weil es auf Irolt und Ortwin,
die herren dieses landes (716, 1. 1642, 2), alliteriert, leicht
konnte aus Ortlant Hortlant werden (466, 4. 520, 1) oder
Hortriche (481, 1. 634, 3) und daraus Nortlant, wegen al-
ter Verwechslung des H mit dem N ; wie auch Normanie
und Ormanie, Armenie schwanken, wovon ein andermahl.
JACOB GRIMM.
SIOZA.
Den reicheren gehalt der schönen ahd. spräche als ihn
ihre meist unbeholfnen denkmähler sammeln lafsen ahnt iban
aas einzelnen verstohlnen formen die zu bisher aufgestellten
regeln ausnahmen an die hand geben und vorerst nur mit
hüfe verwandter dialecte zu erklären sind« es macht mir
grofse freude ihre spuren zu verfolgen, in Neugarts Ur-
kunden las ich schon lange n° 155 a. 805 Wol/poldes siaza
and n° 226 a. 826 Wolfpoltes siuzza; es wird dadurch ein
grundstück, ein waldeigenthum bezeichnet, jetzt findet sich
auch in einer ungedruckten Fulder glosse, dieDronke näch-
stens herausgeben will, das bestimmtere siozza praedia. da-
hingestellt bleiben mufs ob der sg. sioza fem. oder stoz
masc. lautete; vor allem zieht uns das vocalverhältnis an.
in diesem io9 ia einen diphthong der fünften ablautsreihe,
also ein goth. iu anzunehmen verbietet die völlige abwesen-
heit einer goth. wurzel siut saut sut oder ahd. sioz s6z sux.
es scheint also nur übrig eine brechung io z=z e oder ur-
sprüngliches i zu vermuten, so dafs unser wort der bekann-
ten wurzel sit sat sät oder ahd. siz saz sdz anheim fiele, was
sich auch mit der bedeutung grundstück oder besitzung wohl
vereinbart, in der zweiten stelle bei Neugart, die der diph-
thongischen auslegung günstiger wäre, wird vielleicht tu für
0 SIOZA.
iß verschrieben oder verlesen sein, ein ungebrochnes sez
oder sVfia weils ich nicht aufzuzeigen, geschweige ein mbd.
sex seze oder siez sieze. 1
Aber die ags. spräche leistet uns gewähr; sie bietet
nicht nur geseotu = gesetu (gramm. 1, 349) 2, sondern auch
seotol ~ setel, ahd. sezal dar. geseotu ist pl. eines neutr.
geseote, gesete praedium, plantatio, niederlafsung, anbau?
noch mehr, bei Lye steht ferner das einfache seotu bucetum
und siota (? siotu) stabula, so dafs seote in eingeschränktem
sinn einen Weideplatz für rinder im wald ausgedrückt haben
mag, was dem ahd. siaza bei Neugart vollkommen angeme-
Isen ist..
JACOB GRIMM.
••
BUCH DER RÜGEN.
Die pergamenthandschrift der ich das nachfolgende ge-
dieht mit seinem lateinischen vorbilde entnehme ist meines
wifsens bis jetzt völlig unbekannt geblieben, sie befindet
sich in der Sammlung des hiesigen antiquarbuchhändlers Mat-
thäus Kuppitsch, der sie mir mit dankenswerter bereitwil-
ligkoit. zur benutzung überliefs. ich bin nicht ganz sicher
ob ich die schrift einem oder zweien Schreibern und ihrer
abwechselnden Sorgfalt und unlust beilegen soll oder ob die
augenfällige Verschiedenheit der züge lediglich dem Wechsel
.deutscher und lateinischer texte zuzuschreiben ist. denn dafs
die lateinische und die deutsche schrift desselben Schreibers,
besonders wenn die erstere, wie es eben hier der fall ist,
sich in zahlreicheren abkürzungen gefällt als die letztere, oft
kaum wieder zu erkennen sei werden mir erfahrene gern
zugestehen, auf 111 erst in neuester zeit mit reifsblei be-
zifferten blättern kleinoctav, dem alter nach an den beginn
. des lön Jahrhunderts reichend, die, wie die spuren zeigen,
I. es bedarf kaum der bemerkung, dafs z hier überall nur 3 sein
kann!
%. ofer burga geseotu, trans oppidorum praedia C. 302, 20, wo
Thorpe zu geseotu bemerkt this word does not seem to oeeur eise-
. ichere. im cod. Exon. »oll aber nach Lye ein gesetu stehn.
BUCH DER KUGBN. 7
lange alles schützenden einbandcs entbehrten, hat sich uns
nachstehendes erhalten.
Von blatt 1 vw. bis 16 rw. ein auszog aus dem be-
kannten werke Hugos von st Victor speculum de mystcriis
6ecleside, das im dritten baude seiner werke (Rouen 1648 fol.
s. 335 ff.) vollständig gedruckt hier unter der rothen über-
schritt sich findet lncipit speculum ecclesiae domint Hugonis
cardinalis, und am ende Explicit speculum super officium
missae. den rest der seite füllt folgendes
Quaeritur, quid signißcat dextrum et sinistrum cornu
altaris. Est ratio, quod altaris dextra missae principium
ßnemque tenet9 mediumque sinistra. Dextra judeos, gen*
tiles laeva signißcat. Coepit ab his9 transjertur ad Mos.
Constat in altari carnem de pane creari.
Iste cibus deus est, qui negat reus est.
Tarn sacrum pignus nullus sumat indignus,
Qui capit indigne, digne cremabitur igne.
Articuli fidei sunt incärnatio Christi,
Baptismi lavacrum, mors et descensus averni,
Palma resurgentis, ascensio tudiciumque.
hierauf roth Versus de xij gradibus humilitatis seeundum
regulam beati Benedicti abbatis.
Corde timet dominum, proprium contemnit am^
Subditur arbitrio patiens, fert sponte dol^
Clausa pati pandit et vilia quoque sec ,. "
Omnibus extremus fit per comunia t^
Caute stiere sciens risum depellit ab >.
^^ore •
Verbamodestus agens humili gerit omnia mr
danach auf der letzten zeile roth lncipit praefatio in ser-
mones nulli parcentes.
Bl. 17 vw. bis 26 vw. füllt das unten gedruckte lateini-
sche gedieht.
Bl. 26 vw. bis 27 rw. das bekannte gespräch zwischen
einem heiden Juden und Christen über die Vorzüge ihres glau-
bens, und zwar unter der rothen Überschrift Nota pulchram
fabulam und beginnend
Viri tres sub arbore quadam quieverunt,
Cuius Status melior esset contenderunl u. s. w.
8 BUCH DER AUGEN.
Bl. 27 rw. bis 28 rw. Nota de meritis monachorum,
beginnend
Recordare decet, dilecti fratres mei9
Qualiter evadere posshnus iram dei,
Ne coram tanto iudice inveniamur rei u. s. w.
siebzehn vierzeilige einreimige gesätze.
BL 28 rw. bis 39 rw. auszüge aus den decretalen un-
ter der rothen Überschrift In nomine domini Amen. Anno
MCC . . . . excerpta decretalium. primum de symonia*
Bl. 39 rw. bis 50 vw. Incipit über de regimine sa-
nitatis, eine schrift welche das uns bekannte halbduzend re-
gimina, die schola Salernitana ungerechnet, abermahls ver-
mehrt, sie hat zum verfafser Arnold probsten von s. Jacob
zu Bamberg, den ich bei Ussermann und sonst nicht finde,
und ist auf die bitte Augustins bischofs von Agram abgefafst.
das werk ist somit in das erste viertel des vierzehnten Jahr-
hunderts zu setzen, da Augustin von 1303 bis 1323 auf dem
bischöflichen stuhle zu Agram safs und in diesem jähre da-
selbst starb (Kercselich de Corbavia, B. A., Historiarum ca-
thedralis ecclesiae Zagrabiensis partis 1 tom. 1 s. 98 vergl.
mit s. 105). der eingang lautet Reverendo in Christo patri
domino et amico suo karissimo domino Augustino episcopo
sagrabiensi suus Arnoldus sancti Jacobi in Babenberch prae-
positus cum sui recommendatione salutem et quidquid est
optabile sane merenti. Quia petivistis a me ut aliquid de
regimine sanitatis vobis in scriptis redigerem u. s. w.
Bl. 46 rw. unterbricht, nach einer rothen Überschrift
auf der letzten zeile der vorhergehenden seite De cancris9
ein bedeutend gröfser geschriebener abschnitt aus dem ge-
wöhnlichen missale den Zusammenhang, der abschnitt de
cancris ist dadurch eingebüßt, denn die folgende seite 47 vw.
setzt die abhandlung an einer anderen stelle fort bis zu ende,
vermutlich sollte auf dem bereits früher beschriebenen blatte
mit dem bimssteine räum geschafft werden, unterblieb aber.
Bl. 50 vw. bis 51 rw. Nota versus aequivocales, be-
ginnend
Pluribus offidis animae sunt nominaplura,
eine reimerei bei welcher sichs um wortreichthum handelt, ver-
mutlich einst als versus memoriales der lieben jugend eingequält.
BUCH DER RÜGEN. 9
Bl. 51 rw. bis 57 rw. fVie man schol peichtich werden,
eine deutsche prosaische anleitung, zum theü aus dem. drei-
zehnten Jahrhundert, die eines auszuges in hinsieht auf sprä-
che und inhalt nicht unwerth wäre.
Bl. 57 rw. bis 70 vw. ein deutsches gedieht Von dem
Antichrist das vieles eigentümliche enthält und allerdings
den druck verdiente, der spräche nach würde ich es in den
beginn des vierzehnten Jahrhunderts setzen, der eingang lautet
Swen wundert von dem antichrist
das er also ge heizen ist,
der merk an disem büechelin
was von im sant Augustin
schribet, s6 verstit er wol
da« man in also nennen sol u. s. w.
Bl. 70 rw. bis 99 rw, unser unten gedrucktes deutsches
gedieht.
BL 100 vw. leer, bis auf ein paar federproben, unter
denen eine in den zierlichen zügen österreichischer Urkun-
den des 14n und des beginnenden 15n jahrh. die jahrzahl
Anno dno Mccccxxxiiij der länge nach abwärts laufend an
den rand der seite hingeschrieben hat.
Bl. 100 rw. bis 108 vw. ohne Überschrift eine deutsche
poetische erzählung von einem wunderthätigen Marienbilde,
wohl durch kreuzfahrer verpflanzte sagen wunderlich ver-
schmelzend, aber anziehend erzählt, ich halte dieses gedieht
mit dem oben besprochenen vom Antichrist für gleichzeitig
und demselben dichter angehörig, es beginnt
Wolt iueh sin niht betragen,
ich wolt iu gerne sagen
von einem bilde ein meere
das guoi se heeren weere.
ex was ein vrowe lobesan
gesessen bi ir lieben man
jse Metopolim in der sta't u. s. w.
Endlich bl. 108 rw. bis zu ende verschiedene lateini-
sche gebete.
Unser lateinisches gedieht halte ich für ein werk des
dreizehnten Jahrhunderts, vielleicht kurz nach der kaiserkrö-
10 BUCH DER RÜGEN.
niing des Hohenstaufers Friedrichs des zweiten» also um 1220
gedichtet, zu den Warnungen an pabst und kaiser war des
Stoffes genug vorhanden, wer der warnende gewesen ist
mir unbekannt, dafs er dem geistlichen stände angehörte
höchst wahrscheinlich (vgl. die zweite anmerkung zum prosai-
schen eingange), vielleicht dem eben entstandenen prediger-
orden, der in rühriger geschäftigkeit und kühnem Selbstge-
fühl an den verbrüderten geistlichen körperscbaften und an
einzelnen würden nur zu viel zu tadeln fand. Quetif zog
ich vergeblich zu ratbe, Matthias Flacius hat ähnliche, aber
nicht unser gedieht, namen nennt übrigens dasselbe nir-
gend, wohl aber das deutsche, dessen kühnerer verfafser nicht
umhin konnte im abschnitte vom pabste diesen zweimahl zu
nennen, z. 167 und hebet an dem tiursten an, ich ween das
si der bähst Johan, dann z. 257 sprechet 'vater, bdbst
Johan, sich din gewissen an u. s. w. zur genaueren Zeit-
bestimmung sind diese stellen wichtig, man hat nur die wähl
zwischen Johann dem 21 n und dem 22n, ersterer erwählt den
lSn September 1276, gestorben den 16n mai 1277, letzterer
trwtthlt den 7n august 1316, gestorben den 4n december 1334.
Dafs Johann der 22e nicht gemeint sein kann läfst sich
ans folgendem schliefsen. die den pabst betreffende stelle
z. 226 ff., wis sicherlich dar an gemant, wil du dich dar
ah setzen das du beginnest hetzen den gwelph an den gi*
belin, der greeste schade der wirt din9 könnte nämlich nur
in die erste zeit nach der wähl Johanns, also um 1316, ge-
setzt werden, weil nach dem was kurz danach begann eine
solche ermahnung höchst unpassend gewesen wäre, in dieser
ersten zeit war es aber ganz unmöglich von einem deutschen
kaiser zu sprechen, da der kämpf zwischen könig Ludwig
und könig Friedrich in steigender erbitterung bis zum ent-
scheidenden 28n September 1322 die frage um die deutsche
kaiserwürde völlig zweifelhaft liefs. ebenso unstatthaft wäre
für Ludwig als kaiser, nach der Stellung die er zum pabste
angenommen, der rath des diebters z. 1011 hilf dem bdbst
mit dinem swert ob er sin von dir begert u. s. w. mit dem
älteren lateinischen texte ist aber hier nichts zu entschuldi-
gen, weil er die stelle gar nicht hat. und wollte man be-
haupten der dichter habe einen künftigen kaiser im äuge ge-
BUCH DER RÜGE». H
habt and die stelle z. 224 swer das ander {swert) habe*
sol9 dem gib es schiere üs der hant deute auf diesen hin,
so widerspricht dem die stelle z. 983 bis 998, die von einem
zustande spricht der dem kaiser bereits zum vorwürfe ge-
macht wird, also ein schon bestehendes oberhaupt des rei-
ches voraussetzt, sie lautet wold aver ieman her g&n der
dir wolde gesten und sprceche 'er (der kaiser) behauet
wol daz er ze rehte behalten soll daz widerrette ich sä
sehant und kiese in varn in alliu lant, trägen der meere
ob rndert vride wcere. daz vünde er alles vridelös, berou*
bei naket unde blöz. davon, keiser, schaffe also das arme
Hute werden vrö. du hast ein swert in diner hant> der got
zwei hat gesant der kristenheit se guote und se grözer
huote u. s. w. alle diese widerspräche lösen sich aber ganz
einfach wenn man nicht Johann den 22n sondern den 21n
annimmt, dann erklärt sich zugleich noch manches andere,
obwohl ein punkt auch dann noch widerstrebt. Rudolf von
Habsburg war nämlich nicht kaiser und doch ist ein ganzer
abschnitt unseres gedichtes an denselben gerichtet, hier, so
mufs man annehmen und kann es auch wohl, hat den dich-
ter sein Vorbild, von dem er einen ganzen theil und nach
seiner ansiebt gewiss den wichtigsten hätte weglafsen mu-
ten, verleitet der gegenwart etwas vorzugreifen, um so mehr
als bei den friedlichen Verhältnissen Rudolfs zum pabste und
bei dessen wiederholter verheifsung einer romfahrt an seiner
kaiserkrönung nicht wohl zu zweifeln war.
Wird Johann der 21e angenommen, so findet auch die
stelle z. 196 nü heer ich das din selbes leben niht gevallet
alse wol9 also es doch von rehte sol eine theil weise be-
•gründung, wenn man den wink benutzt welchen die Jahr-
bücher der predigermönche zu Kolmar und zwar zum jähre
1277 über Johann geben, Joannes papa Magus, in omnifrus
discipUnis instruetus, reügiosis infestus, contemnens decreta
concilii generalis, obiit hoc anno (Wursteisen, ausg. von
1585 bd. 2 s. 14 z. 21). bei Johann dem 22n würde dieser
grund wie obiger tadel ohne zweifei unterblieben sein, zur
Warnung an. das reichsoberhaupt z. 1015 setze dick niht
wider in (den pabst), habe se der triuwe min findet man
ferner an dem tragischen untergange des mjfckjtigep bauies
12 BUCH DER RÜGEN.
der Hohenstaufer und den darauf folgenden noch in frischem
gedächtnisse haftenden ereignissen grund genug und der stich
z. 1033 ff. 9 den das lateinische original abermahls nicht hat,
wird wohl vor allem Ottokarn zugedacht sein, ich meine den
rath an die könige, bürge stete unde laut hat er (got) ge-
saxt in iuuoer hant9 da sült ir an gedenken, dem keUer
mkt entwenken. denn erst am 25n november 1276 hatte Ot-
tokar gedemütigt die lehen vom oberhaupte des reiches ge-
nommen, bedenkt man ferner die kurze zeit der regierang
Johanns, so ergibt sich als Zeitpunkt der entstehung unseres
gedichtes das jähr 1276 oder 1277. — zum abschnitte von
den königen will ich überdies noch anmerken dafs, wenn
unser gedieht Johann den 22n meinte, es höchst auffallend
wäre in diesem theile desselben, wo die gelegenheit dazu
sich gleichsam aufdrängte, nirgend mit einem wörtchen
des unglückseligen kampfes zwischen Ludwig und Friedrich
rügend erwähnt zu sehen, ebenso würde mich, unter der-
selben Voraussetzung, im abschnitte von den deutschordens-
rittern das gänzliche schweigen über das abschreckende bei-
spiel der aufheb ung des tempelberrnordens (1310) wunder
nehmen; das lateinische original könnte nur schwach ent-
schuldigen, weil unser dichter doch an mehr als einer stelle
Von demselben abwich, so dafs seine arbeit an ausdehnung
sein Vorbild um mehr als ein drittheil überbietet.
Stellen wie z. 1073 bis 1104, die ich ihrer länge we-
gen nicht hersetze, und manche andere lafsen mich nicht
zweifeln dafs auch der dichter unserer deutschen bearbeitung
dem geistlichen stände angehört habe, die in besondere ein-
zelheiten gehenden rügen der deutschordensritter hat er zwar
zum theile seinem vorbilde entnommen, doch bleibt noch im-
mer eine gröfsere Vertrautheit mit den inneren Verhältnissen
des ordens bemerkbar, in wiefern diese, vielleicht durch die
Stellung unseres dichters zu irgend einem der deutschor-
denshäuser Süddeutschlands, dem seine spräche ihn zuweist,
zu erklären sei, wird aus dem gegebenen wohl niemand mit
Sicherheit zu beantworten vermögen, der poetische werth
der arbeit ist übrigens gering, obwohl einige stellen nicht
ohne schwung sind und biedere freimütigkeit ernstes tadeis
immer für sich einnimmt, an fliekversen fehlt es nicht und
BUCH DER RÜGEN. 13
der reim trägt wie häufig an manchem die schuld, dennoch
lohnte sichs dies denkmahl zu veröffentlichen, seis auch nur
weil es unter den uns erhaltenen so ziemlich allein steht
und manches in ihm in sprachlicher hinsieht beachtung ver-
dient, besonders wenn man berücksichtigt dafs nach den
obigen andeutungen dasselbe noch ins dreizehnte Jahrhundert
gehört, ohne diese bedenken würde ich es der spräche allein
nach ohne weiteres dem vierzehnten Jahrhunderte zugetheilt
haben und wohl mancher mit mir. diese spräche bietet übri-
gens ein wunderliches gemisch älterer und jüngerer worte.
an einigen stellen bleibt wohl auch zu bedenken dafs unser
bearbeiter sich doch nicht ganz frei bewegte und in der ab*
sieht von seinem vorbilde nicht zu weit sich zu entfernen
oft dem lateinischen näher stehende ausdrucksweisen wählte,
waren sie auch der spräche seiner zeit minder gerecht, häufig
geschieht es aber auch an stellen, wo das original dazu nicht
nöthigte. so sehen wir diu rekte iustitia z. 1475, das edel
nobilitas 248 und 1181, diu gewizzen conscientia 258 und
1429, diu übel malitia 482, zitlich iustus 745, diu lerne
diseiplina 757, daz hantwerc opificium 569, der schal Spon-
sor 1475 verwendet, lauter ausdrücke die zur zeit unserer
bearbeitung theils veraltet, wie rehte edel übel schol, theils
als kühne neuerungen erscheinen musten. von minder häu-
figen Worten will ich hier noch einige anmerken, sich be-
suchen curare, disponere z. 948, einem xuo denen in-
haerere 1114, in geile in iubilo 934, hetzen exagi-
tare 228, hangeere carnifex 806, von herzen guot opti-
me 936, phahtsniden mensuram legitimam minuere 1279,
sich roufen luctari 526, rcechic atrox 847, sekaggän
ludi species 505, diu üzsetze lepra 99, vierharteere dolose
ludens 1281, sich vereinen constituere consilium 1320, cte-
was verdenken rem bene perpendere 1383, daz wihtelin lu-
di species, tessera? 509.
Dem dichter sehr geläufig ist übrigens die Verstärkung
der adjeetiva durch beigesetzte nomina, besonders durch wun-
der, das aber . die bandschrift nirgend an diese anschliefst,
ich finde wunder gern z. 360, wunder vil 405, wunder arm
1221 und 1349, wunder guot 1562. so liebt er auch die for-
14 BUCH DER HÜ GEN.
Aen emsäch 1160 und geislich 457, 543, 911 und 1633,
für welche letztere beweisende reime sprechen.
Die verse sind richtig gemefsen, wenn auch zuweilen
auf kosten tonloser e und flexionssilben. wo der abschrei-
be* ohne grund kürzte schien die herstellung erlaubt.
Die reime zeigen sich, besonders was den vooalischen
theil betrifft, ziemlich tadellos, wenigstens habe ich in dieser
hinsieht keinen von der regel abweichenden gefunden der
dicht auch bei Wolfram und Ulrich von Lichtenstein begeg-
nete 5 ich nenne aus den höfischen dichtem diese beiden*
weil sie nach meiner ansieht der heimat unseres denkmahles
«m nächsteil stehen, was den consonantismus betrifft so fin-
det sich aufser dem selbst bei Konrad erscheinenden m : n
(s. Wh. Grimm zu Silvest. z. 80: hier z. 109 quam: man,
z. \l7began9 z. 575 nimt:kint9 z. 971 vint9 und wie man
sieht, nirgend so hervorgehoben wie bei Wolfram z. b. im
Parz. 73, 5 getennet : gekemmet) nur noch siz. so z, 239,
£83 und 779 hüs:üz, z. 373 bazrwas, z. 711 bl6»:griin-
ietis, z. 991: vridelös. doch auch hierfür finde ich belege
im dreizehnten Jahrhundert, hüsiuz meier Helmpr. 1707?
glasen : gazzen Seifrid 1, 1293. 1, 1354, und zwar wieder
bei dichtem die unserem durch zeit und heimat nahe ste-
hen, für den vocalismus war dagegen sein ohr empfind-
licher und vermied z. b. sorgfältig e.e zu reimen, so er-
scheinen im ganzen gedichte nur zwei verstöfse gegen diese
regel, nämlich 115 esten : gebresten und 1331 erbe : verd&rbe.
- . Zuletzt noch ein paar Worte über meine arbeit, die Über-
schrift Buch der rügen rührt von mir her. das ganze sollte
doch einen sammeltitel haben und ich weifs keinen kürzeren,
dabei bezeichnenderen, dafs ich die Orthographie geregelt,
fehler des Schreibers beseitigt, auch wohl hier und da dem
verrenkten verse geholfen, wird mir jetzt wohl niemand mehr
im ernste zum vorwürfe machen , besonders wenn er sieht
dafs fast zu ängstlich ein theil des unrathes unter dem texte
erhalten ist. alles dort aufzuhäufen wäre unnütz gewesen;
hiebe sand in die äugen streuen, gegen den sich kenner zu
schützen suchen, und hätte fast eben so viel räum erfordert
ab der text selbst, am ende aber doch nur gezeigt dafs unser
BUCH DER RÜGEN. 15
whreiber nicht befser schrieb als die meisten seiner zeitge-
nofsen.
Wien 22 november 1841.
THEODOR VON KARAJAN.
bl. 16 tw. Incipit praefatio in sermones nulli
parcentes.
bL 17 vw. Cum per quorumdam negligentiam praedicatoram,
qui nunc forte mittuntur ad praedicandum et pro parvo quaestu
gregem dominicum negligere minime curant, vel per inobe-
dientis populi duritiam tanta mala in ecclesia dei crevisse vi-
deantur, ut non solum vir vicinum vel notum suum odio habeat,
sed proh dolor nee frater fratrem suum uterinum nee pater
filium nee filius patrem iam perfecte et in vera caritate diligere
inveniaritur, ego cinis et favilla respectu proborum virorum,
imo omnium peripsima1, non cum parvo gern! tu et dolore cordis
hoc cogitando con«iderans et quod tarn egregii clerici nullum
praebuere remedium,. ausus sum excedere vires et possibilita-
tem ingenioli mei ad scribendum ad laudem et honorem salva-
toris nostri, nee non pro sälute änimarum, quoddam opusculum
sermonum rigmice compositum conlinens xxviij capitula minio
assignata, ineipiens a papa usque ad ultimum2 clericum et ab
imperatore 3 usque ad ultimum rusticum, tarn monialibus quam
aliis mulieribus nön oblitis, quod unieuique nulla palliatione
vel adulatione mediante debeat vindicari. rigmice au tem ideirco
composui, ut tarn lector quam auditores eo minus taedio affi-
ciäntur. minio vero capitula ideo assignavi, ut lector sine la-
bore id quod voluerit eo citiüs possit invenire. vocatur autem
opusculum istud Sermones nulli parcentes, eo qüod unieuique
veritas praedicetur. rogo autem omni diligentia qua possum
quatenus 4 tarn lectores quam auditores huius opusculi, meae
ignorantiae misericoriter, sicut decet sapientes, parcere di-
gnentur et, quidquid minus ordinate compositum vel incomple-
1. Cor. 1, 4, 13 tanquam purgamenta huius jnuudi facti sumus,
omnium peripsema usque adhuc.
2. hier ein radiertes wort dessen Überreste nostrum %u ergeben
seheinen.
3. imparatore die hs. und immer so.
4. qts, aber nicht sicher. ,
16 BUCH DER RÜGEN.
tarn viderint, promptiores ad corrigendum quam ad deridendum
semper inveniantur, solummodo ut secundum intentionem cor-
dis mei unicuique, qualiter in suo statu, vel si possit in tali
statu salvari, sine omni palliatione vel adulatione nt supra di-
ctum est, fideliter recitetur.
Explicit praefatio.
Incipit prologus in sermones nulli parcentes.
17 rw. a Fratres, mundum qui transitis
totum atque circuitis
praedicantes imperitis,
cum ad hoc electi sitis,
rogo semper intendatis 5
loqui verbum veritatis,
et cum vetus recitatis
simul novum inseratis.
novum dico, quod videtis
malum, de quo non doletis 10
nee corrigere soletis,
sicut iure deberetis.
nobis sonat sermo vester
nunc de Iudith, cras de Hester,
fruetus quomodo campester 15
proereatur vel silvester,
Adam quomodo creatus
sit, cum non ut homo natus,
ludas quare sit damnatus
et Matbyas subrogatus, 20
iam de Enoch vel Helya,
de Gabelo vel Thobya,
de precante tunc Maria,
certe vel de lippa Lya,
post haec forte de Kachele, 25
de propbeta Daniele,
tunc de misso Gabriele
vel de saneto Mychahele,
nunc de Paulo vel de Petro,
cui Iesus Vade retro, 30
30. vadet die hs. 9. Marc. 8, 33.
buch der rügen. &
tunc de Moyse vel Ietro
vel de prosa vel de metro,
17 rw. b iam de diclis prophetarum,
de virtutibus herbar um,
vel de poenis animarura 35
non iniuste damnatarum,
de Rebecca vel Susanna,
de psallentibus Osanna!
modo quare flevit Anna
vel de coelo missum manna, 40
de Aman vel Mardocheo,
nunc de Iuda Machabeo,
tunc de rege Ptolomeo
vel de patre Zebedeo,
nunc de throno Salomonis 45
vel loquela Ciceronis,
de'astutia Piatonis
vel tirannide Neronis,
nunc de dulci psalmodia,
de superna hierarchia, 50
angelorum melodia,
qua laudatur virgo pia,
iam de cursibus astroruin
canticisque canticorum,
tunc de gaudio iustomm 55
vel de planctu reproborum,
iam de deo incarnato,
alvo virginali nato,
nova Stella indicato
et a magis adorato, 60
qui pro nobis flagellatus
fuit atque iudicatus, .
crucifixus, perforatus,
post haec sepulturae (latus
18 vw. a portas fregit infernorum, 65
vectes ferreos eorum,
solvens animas iustorum
a consortio malorum,
terna die resurrexit,
Z. F. D. A. II. 2
18 BUCH DER RÜGEN.
potenüssime perrexit 70
ad fideles quos dilexil
et fideliter protexit.
fratres, non vos reprehendo,
reverenter haec dicendo,
nee pro certo parvi pendo, 75
immo vos in hoc commendo.
sed videtur vos debere
singulariter docere,
quisque qualiter sincere
deo poterit placere. so
ergo, vobis si videtur,
a maiori inchoetur,
caput mundi excitetur
reverentia cui debetur.
ideirco, fratres, accedatis Sä
papam neque paveatis,
sed audacter insistatis
et in faciem dicalis :
Explicit prologus.
Incipit liber sermonum.
Primo ad papam. cap. i.
Pater, non est tibi cura
qaod iam multiplex pressura 90
a dei prohibet eultura
civitates vicos rura.
18 vw. b symonia cum usura
maculavit corda pura,
haerisis per loca plura 9.r>
aufert Christo sua iura,
iam periurus plus amatur
quam si verax videatur,
et qui semper fornicatur
eo magis honoratur. 100
istis maus multo plura
certe mundo sunt Ventura:
quod tu, pater, mente pura
intereipere procura,
BUCH DER RÜGEN. 19
quia si non emendentur, 105
a te, pater, exigentur
cuncta palam cum videntur,
quia omnia pandentur.
non te reddas partialem
alicui nee carnalem, HO
sed eunetis universalem:
deus te elegit talem.
non aeeeptor personarum,
eultor nee deliciarum
sis, in fruetu nam ipsarum 115
nihil proficis vel parum.
tecum cur tenes pastores,
Christi gregis defensores,
quem iam devorant raptores
lupis multo saeviores? 120
haec ausculta grata mente,
ut Iesu Christo venieute
rationemque ponente
et talentum exigente
18 w. a sibi reddas, cum usura, 125
non in modica mensura,
et pro omuibus procura
seryare Christo sua iura,
ne te iudex creditori,
oreditor det exaetori, 130
exaetor postea tortori,
tortor faciat te mori.
Ad Cardinales. caj). u.
Cardinalibus dicatis:
Precor causa pietatis,
vitam vestram convertatis 135
ad statum humilitatis,
vocamini nam seniores
et ecclesiae rectores.
igitur mutate mores,
ne vos dicant. neglectores. 140
ecclesiae non subvenitis
quam in malo statu scitis,
20 BUCH DER RÜGEN.
sed pecuniam sititis,
quamvis modo pleni sitis.
nam qui vobis plus donabit, 145
quamvis malus, superabit
hostem, quod tarnen notabit
de us, quoniam iudicabit
de talento quod sumsistis
et in terra abscondistis. 150
miror quare recipistis,
dum lucrari noluistis.
nam vocati bonorose
estis atque gloriose,
nimis vivite pompöse, 155
utinam non criminose.
U rw. b recordari deberetis
quia semper non vivetis,
et post mortem quid metetis
nisi vivi seminetis ? 160
Ad patriarchas. eap. m.
Patriarchis quid dicetis
a me statim audietis,
vel, quod oculis videtis,
illud eis praedicetis.
Quatuor iam procreatis 165
et in locis deputatis
quintus sedem dignitatis
tenet et sublimitatis.
isti volunt honorari
super multos et ditari, 170
sed pro fide nee necari
neque volnnt lacerari.
babent sedes inter gentes :
quamvis sint perversae mentes,
super iustos acuentes 175
tota die snos dentes,
illos debent visitare,
verbum dei praedicare,
155. /. vivitis
BUCH DER RÜGEN. 21
postea catechizare
catechizatos baptizare. 180
Ad episcopos. cap. iv.
Ab episcopis quaeratis :
Patres magnae honestatis,
precor aegre non feratis
sed veraciter dicatis,
cuius vos auctoritatis 185
esüs, quum procuratis
9 vw. a sanguinem ut effundatis
per vos, vel si iubeatis
eivitates expugnare,
multas villas spoliare, 190
pauperes angariare
virginesque violare?
certe nee vos bellicosus
neque nimium iocosos
decet esse nee pomposos, 195
sed ex corde generosos.
clamorem pauperum auditis
et non ipsis subvenitis,
quamvis debitores sitis,
sicut ipsi bene scitis. 200
nam deus vos dispensatores
fecit et non possessores.
sitis ergo cautiores,
ne vos torqueant tortores,
qni non cessant nee iassautur, 205
quia semper renovantur.
in tortura delectantur,
quamvis simul patiantur.
Ad praelatos generaliter. cap. v.
Ad praelatos venientes,
eos statim alloquentes 210
et non parum argaentes
sie loquamini dicentes :
Patres, quum suseepistis
179. 180. Postea chatezisare Cathezisatos baptisare diu hs.
22 • BUCH DER RÜGEN.
regime n, non relegistis
vel obliti post fiiistis 215
quod servare tunc vovistis ?
psalmistae elicitur ab ore
'servile domino in timore/
19 vw. b ' ex timore nee amore
vultis esse in labore. 220
pro labore vos honorem
coneupitis, non sudorem.
omnis diseiplinae morem
declinatis et dolorem.
non oportet praedicari 225
multum nee philosophari,
sed in vita emendari
vel distinete iudicari
habebitis aecusatores
infinitos, qui labores 230
patiuntur et dolores,
quorum estis iam tortores.
pro quibus deus (num quid gratis?)
conqueritur quod oneratis
super modum honestaüs 235
neque digito tangatis.
patres, breviter dicendo
atque finem faciendo
vobis regulam commendo,
ut legatis retinendo 240
quae in ipsa reperitis.
quod si forte non velitis,
in damnationem itis,
sicut ipsi bene scitis.
Ad monaehos. cap. vi.
Post haec monachis dicatis: 245
In proposito si staüs,
diligenter caveaüs
quoquo modo, ne cadaUs.
sicut deo promisistis,
*
usque modo si solvistis, 250
19 rw. a vel eoiTOCti si fuistis,
BUCH DER RÜGEN. 23
in quucumque deliquistis,
libenter vellem si videtur,
diligenter quaereretur,
illud bonum si servetur 255
ad quod monachus tenetur.
tria suüt quae conservare
monachum oportet clare,
sine quibus nee intrare
regnum potest nee regnare. 260
obedientia vocatur
primuin, atque illi datur,
a quo fideliter servatur
et a deo qui amatur.
seeundum, virtus castitatis, 265
datur bonis et beatis,
qui ex virtute caritatis
scandunt Urnen sanetitatis.
paupertas tertium vocatur,
ad quod monachus ligatur, 270
et pro certo cui datur,
Iesum Christum imitatur.
religiosi qui dieuntur
atque regulae subduntur,
quam remote dedueuntur, 275
ad hoc merito coguntur.
praeter haec novistis satis
iam de regulae mandatis,
quae si bene non servatis,
laborastis totum gratis. 280
debet monachus dolere,
de peractis maus flere,
19 rw. b de futuris praeeavere.
diGat crebro Miserere.
erit vita monachorum 285
coram domino bonorum
compar vitae tot sanetorum
martyrum vel confessorum.
fratrejjtista custodite
tempore praesentis vitae 290
24 BUCH DER RÜGEN.
ne dicatur vobis Ite,
cum iustis dicitur Venite.
Ad cruciferos.
Capitulum septimum.
Cruciferos, cum sint praesentes,
quantumcumque sint frementes,
nihil eos metuentes 295
occurratis sie dicentes:
Saeculum cur reliquistis,
cum redire voluistis?
cui vale iam dixistis,
colonos eius vos fecistis 300
a saecularibus, dicatis,
si vos armis induatis,
rogo quantum differatis
vel ab Ungaris barbatis?
consuevistis epulari 305
nimis laute et potari:
quod si contigerit negari
forte vel non posset dari,
tanta ira peteretur,
omnibus ut videretur, 310
• nisi statim largiretur,
commendator moreretur.
!&0 vw. a lautam post refectionem
multamque potationem
temporis deduetionem, 315
vel potius perditionem,
quaeritis deambulando
in colloquiis vel stando,
ludum aliquem parando
vel balista sagittando. 320
signa haec humilitatis
vel religiositatis
vel si causa levitatis
sint, vos ipsi discernatis.
quodsi bonum comprobatuiv . ^25
294. fementes die hs.
BUCH DER RÜGEN. 25
miror mundus quod amatur ?
cur non statim relinquatur
et ad ordiuem curratur?
ut opinor iara videtur,
iu scripturis quod habetur 330
regnum vim iam patietur
et violenter rapietur/
hostes estis paganoruin
omniumque reproborum,
utinam non aliorum, 335
imo forte christianorum.
in scriptis, qualiter debetis
militare, vos habetis :
scio, si relegeretis, .
statim adinveniretis. 340
' quod quicumqne neglexerunt
facere vel noluerunt,
quoniani bonum potuerunt, .
heu, quam dure tales erunt
0 vw. b iudicati, cum videbunt 345
cunctis mala quae patebunt,
mali quam amare flebunt,
iusti semperque gaudebunt.
Ad conversos. cap. vm.
Haec conversis suädeatis:
Fratres, quidquid laboratis 350
in opere communitatis,
fideliter hoc faciatis.
artem qualemcumque scitis,
negotiari quam velitis,
praemoniü frequenter sitis 355
facere, iam ut auditis.
magnum numquam studeatis
lucrum ut percipiatis,
sed semper levius vendatis
quam in foro comparatis, 360
ae vos Jorte arguentes
scolaroP{?seculares?) sint dicentes
cusuarii (#o) hi ementes
26 BUCH DER RÜGEN.
facti sunt atque vendentes.
pro infirmis laborate 365
in divina caritate.
in ordine perseverate
regulamque conservate.
generaliter conversis,
congregatis vel dispersis, 370
suadeatur ne perversis
socientur, in diversis
quia possunt maculari
per eosque perturbari,
impios forsan imitari 375
et perpetue damnari.
20 rw. a Ad sarabyatas et girovagos. cap. ix.
Dicite sarabaytis,
girovagis quos malos scitis :
Emendari ni velitis,
in damnationem itis. 380
mentientes per tonsuram
vento datis onmem curam,
per haec daemonis torturam
maGhiuatis vobis pluram.
deum vero reliquistis, 385
pro deo ventrem elegistis.
miseri, quid intendistis
vel quäle cambium fecistis !
carnem quum inpinguatis,
escam vermibus paratis. 390
filii perversitatis,
quare non consideratis
praesentis vitae brevitatem,
huius mundi vanitatem,
daemonis acerbitatem 395
atque dei pietatem?
Ad sacerdotes saeculares. cap. x.
Sacerdotes arguetis,
scolares (/. seculares) quos vjdetis,
nichil eos metuetis,
sed in faciem dicetis:* 400
BUCH DER RÜGEN. 27
Miror, si tarn insensati
sitis vel tarn indurati
vel superbia inflati
certe, vel tarn desperati,
ita parum quod curatis 405
in altari quid agatis,
salvatorem dum traclatis
et indigne celebratis.
) rw. b nam curatur symonia
a vobis plus quam psalmodia, 410
usura quam philosophia,
taberna plus quam sacristia.
semper estis ebriosi,
semper nimis furiosi,
semper et luxuriös! 415
omni sorde criminosi.
in malis quidam gloriantur ,
saepe tarnen simulantur
bonos tum ne spernantur
vel pro malis corrigantur. 420
alterutrum vos subplantatis
contra formam caritatis,
quantumcumque promittaüs,
pacem numquam reformatio.
confundam vitam aliquorum 425
haec dicendo vel eunctorum,
absit a me quid bonorum,
sed tantummodo malorum.
nam tu sacerdos, qui aperte
malus es et boni per te 430
confunduntur, tarn experte
confunderis et tu certe.
totus mundus abhorreret,
vitam tuam si videret,
et ne tibi adhaereret 435
pater natum ammoneret.
quia deum perturbasli,
^1V. /. bonos se dum ne speraantur.
28 BUCH DER RÜGEN.
malis quae tu perpetrasti
vitam tuani breviasti
et ad mortem praeparasti. 440
dimittamus modo totum,
unum tamen fiat notum,
21 vw. a cum ad ordiues promotum
te vidisti, quare votum
ibi deo promisisti 445
quod servare noluLsti?
continentiam vovisti,
et saepissime fregisti.
missam quotiens dixisti,
in te quantum potuisti 450
dominum crucifixisti :
vide, miser, quid fecisti !
certe tu, qui missam dicis
post amplexum meretricis,
potaberis ab inimicis '455
liquore sulphuris et picis.
tarnen, miser, ne desperes,
si ex corde poeniteres
et de caetero caveres,
spero gratiam haberes, 460
quia deus vi amoris
non vult mortem peccatoris,
sed ut viam redemptoris
carpat, spernat seductoris.
Ad iurisperitos et phisicos.
Capitulum (un)decimum.
Iurisperitis sie dicatis, 465
phisicis associatis:
Filii cupiditatis,
dignum est, ut pereatis.
quantumeumque congregatis,
eo plus desideratis. 470
egenos semper spoliatis
Antichristumque ditatis.
ad vos pauper si clamaret
seque flendo laceraret,
BUCH DER RÜGEN. 29
vw. b nisi munus apportarct, 475
inconsultus remearet.
optime per baec apparet,
si quis tantum vobis daret
de quo mundus abundaret,
adhuc vos non satiaret. 480
numquid totum devoretis,
quo niarsupia repletis,
vel promissum si habetis,
ut perpetue vivetis?
scio quod non deportatis, 485
si de vita recedatis,
sed post tergum dimittatis
quantumque viam declinatis.
numquid legitis mandatum
omnibus a deo datum 490
non dimittitur peccatuin
donec redditur ablatum?
o quam multum abstulistis,
numquam quid restituistis,
immo, credo, decepistis 495
multo plures quam iuvistis.
Ad scolares. caput xn.
Haec scolaribus dicatis:
Si ad gradüm dignitatis
promoveri cupiatis,
toto nisu studeatis 500
in virtutibus pollere.
iam doceri, iam docere,
semper qualiter sincere
possitis domino placere.
mulierculas vitetis, 505
ne vos ipsos maculetis,
ru>. a sed si maculam habetis
precor amodo cessetis.
a taberna caveatis,
quia, credo, si intratis, 510
vix vel numquam exeatis,
nisi vestibus ablatis.
30 BUCH DER RÜGEN.
ibi mali sunt lusores
pessimique deceptores,
qui vos ducunt in errores 515
et in maximos dolores.
dolebitis, quod introistis,
et ingressi quod lusistis,
ludendo quod perdidistis,
perdendo scolam neglexistis. 520
et sie dolor non cessabit,
sed vos amplius gravabit,
donec malum finem dabit,
de quo nemo vos iuvabit.
ex vobis quidam procura ti 525
sunt vel beneficiati,
nimis tarnen inclinati
sunt servire vanitati.
recedentes ab altari
tarnen volunt honorari, 530
cupientes plus damnari
in eternum, quam salvari.
elemosinis vivenles,
nil pro eis servientes,
habent inter omnes gentes 535
hi perversiores mentes.
Ad vagos. caput xm.
21 rw. b Vagis breviter dicatis
vilibus et desperatis :
Iubet deus, ut eatis
ad infernum cum damnatis, 540
nisi cito relinquatis
viam verae pravitatis
et de male perpetratis
sibi satisfaciatis.
quorum mala neque fari 545
possunt nee exeogitari,
si ergo nolunt eniendari,
permittantur condemnari.
Ad moniales. caput xiiii.
Dum ad claustrum veniatis
BUCH DER RÜGEN. 31
feminarum, intendatis, 550
precor, nutu caritatis,
ut non (Iure arguatis.
non dico tarnen, ut parcatis,
sed ut mitius agatis,
ne contingat, ut frangatis 555
vas tantae fragilitatis
de correctioue plura
nou sit vobis magna cura :
habent nam ex natura
mulieres ista iura. 5(>0
si qua re probibeatur
mulier, ei videatur,
nisi hoc perficiatur,
ipsa.statim moriatur.
si videtur non curari, 505
dolet multum, nam laudari
l vir. a cupit plus quam possit fari,
cuilibet confabulari.
quidquid corde cogitabit,
statim ore revelabit, 570
et si sua non celabil.
mea quomodo servabit?
in pace nolunt se amare
invicem nee visitare,
sed frequenter litigare 575
et a rixis non cessare,
saepe sibi invidentes,
mala verba proferentes
invicem et acuentes
velut aper suos dentes. 580
vitam non religiosam
quaedam, sed deliciosam
dueunt et vituperosam,
utinam non vitiosam.
cum oportet ieiunare, 585
durum erit tolerare,
559. /.
namque
*
\
BUCH DER RÜGEN.
scd de caetero gustare
nihil volunt reguläre,
istis plura numerare
quidem possem et probare,
sed nolo totum revelare,
nisi possem emendare.
fratres, baec cum audietis,
apud vos deliberetis,
eis si iuproperetis,
vel si totum dünittetis.
qnodsi totum dimittaüs,
iam dod bonum ministratis
nee in via caritatis
sicut decet ambulatis.
ergo nee inproperaudo
nee quidquam eis imperando
loquimini sermone bland n.
orane malum detestando,
boni qualiter gaudebunl,
cum in gloria manebunl,
mali quo modo dolebunt,
quoniam sine fine flebuut.
Acl imperatorem. caput xv.
Ad imperatorem v erneutes,
quamvis multi sint praesentes,
nullo modo obniillentes,
sie loquimini dicentes :
Audi, bone imperator,
deus regni tui dalor,
loiius mundi fabricator«
vult ut pacis sis amator,
immo solum non amator,
sed fidelis relbrmator,
christian or um couBrmator,
paganorum repugnator
sis, eorum devastator,
et moestorum consolator,
ecclesiarum restaurator,
coenobiorum tun dalor,
BUCH DER RÜGEN. 33
dispersorum congregator, 625
et errantium viator,
pauperum auxiliator,
infirmorum resanator,
n rw. a famelicorum recreator,
prostratorum sublevator, 630
tidelis rerum dispensator,
egeaorum procurator,
captivorum visitator*
peccatorum increpator,
dubitantis informator, 635
nutantiumque sustentator,
haereticorum accusator
et eorum debellator.
sis credentium laudator
malorum et vituperator. * 640
non sis ipse fornicator,
mali nee dissimulator,
nee sit tibi adulator,
discordiae nee sociator.
inter Utes uiediator 645
atque reconciliator
sis, bonorum imitator,
totius mali subplantator.
alicui $i videtur
a te totuin quod servetur, 650
in contrarium dicetur,
quia nusquam pax habetur.
igitur per loca plura
civitates atque rura
diligentissime procura, 655
ut sint pacem habitura.
et quae supra sunt notata
serva, si non sunt servata,
dei nam sunt mandata
et ab eo comprobata. 660
W m. b servare igitur iuberis,
*59. /, namqüe
z- F. D. A. II. 8
34 BUCH DER RÜGEN.
in aeternum ut laeteris . . • .
et non dure iudiceris,
ad tribunal cum voceris.
Ad reges geaeraliler. cap. xvi.
Post haec regibus dicatis: 665
Signum est perversitatis
quod non pacem procuratis
nee ecclesiam iuvatis
contra turbas paganorum,
fraudes vel haereticorum 670
et insidias malorum,
heu me! dicam christianorum ?
de us fecit vos regoare,
eunetis iuste iudicare,
contra perfidos pugnare 675
et fideles roborare.
audivimus quod videator
et comm uniter dicatur
cui magis committatur,
plus ab eo exigatur/ 680
commisit deus vobis satis,
tantis regnis subiugatis:
ideirco bene ut regnatis
consulo, ne pereatis.
quia, quoniam Christus erit 685
iustus iudex, sua querit,
reus non iniuste perit,
tortor sine fine ferit.
Ad prineipes et comites. eapitulutn xvn.
Haec prineipibus dicatis,
comitibus associatis : 69(?
23 vw. a Tantae vos perversitatis
estis et iniquitätis,
ut iam sitis destfuetores
mali atque proditores,
quorum patres fundatore* 695
erant atque defenSores.
de quocumque iam träetatis,
semper primo procuratis
BUCH DER RÜGEN, 35
ut in elaustris facialis
ut expensa de tur gratis. 700
et utinam acciperetis
gratanter et recederetis,
ne furiosi rumperetis
quidquid tunc reperietis.
claustra quotiens intratis, 705
statim ni reperiatis
cuncta quae desideratis,
omnes ibi molestatis.
considerate, si velitis,
nullam causam invenitis 710
gravare claustra quae possitis
de iure, sicut bene scitis.
quae patres vestri obtulerunt •
deo, vestra non fuerunt:
si quae poterant dederunt, 715
numquid modo vestra erunt?
erunt iuste, si emistis
et plenarie solvistis,
sed iniuste, si venistis
et potenter abstulistis. 720
tenemini regem adiuvare,
iu regno pacem confirmare:
sed consuevistis excitare
Utes potius quam sedare.
23 »w. b vobis est tyraniiizare, 725
pauperes excoriaxe, .
multo dulcius quam orare,
salvatorem vel amajce.
et quis cuncta enarrare
posset vel investigare 730
quae soletis perpetrare
semper et continuare ?
daemon debet numerare,
diügenter computare, .
cui vultis militare, 735
ut sciat vos femunerare.
711. /. (joa
3*
36 BUCH DER RÜGEN.
Ad milites. capitulum xvm.
Nunc militibus dicatis:
Meae possibilitatis
non est ammirari satis,
cordibus quid intendatis, 740
tantum quod tyrannizatis
contra formam honestatis,
ut crebro deum offendatis
causa vestrae pravitatis.
si mala vestra numerarem, 745
tantum forte iam tardarem
multos, ut scandalizarem,
putantes quod ego delirarem.
permittam ergo iam transire
quae non sinar expedire, 750
et quae oportet custodire
dicam, si vultis audire.
miles deum Honorare
debet, principes iuvare.
pro iustitia pugnare, 755
semper malos debellare,
23 rw. a iustos et pacificare,
si seit eos discordare,
gratis nullum molestare,
si molestavit, consolare, 760
peraeta mala recordari,
pro eis saepe lacrimari,
gemendo deum deprecari,
ut sie possit emendari.
semper ergo cogitetis, 765
paueos dies quod habetis
vivendi, quibus et expletis
quo post mortem declinetis.
nullus enim potest scire
nee veraciter audire, 770
quo post mortem debet ire,
vel ad regnum, vel perire.
Ad nobiles. capitulum xix.
Sic nobilibus dicatis :
BUCH DER RÜGEN. 37
Quare ius nobilitatifr
vel paternae dignitatis 775
perdere sie festinatis?
videtur quod paganizatis,
cum eeclesias frangatis,
eunetis rebus et ablatis
sacerdotes nil curatis. 780
quantumeumque spoliatis,
quanla mala perpefratis,
non videtur vobis satis,
veutres ut reficiatis?
igitur cum sceleratis 785
ad infernum deputatis,
maus vestris computatis,
rogat daemon ut eatis,
W rw. b de quiete ad laborem, *
de blandimentis ad furorem, 790
de refrigerio ad ardorem,
de gaudioque ad moerorem,
quia vereeundaretur,
si sibi gratis serviretur,
si miles non remuneretur, 795
sicut merito tenetur.
Ad scutiferos. capitulüm xx.
Nunc scutiferis dicatis
miseris et sceleratis:
De vita vestra quid speratis?
dum miserrime vivatis, 800
misere dum manducatis,
magis misere bibatis,
miserrimeque dormiatis,
miror cur perseveratis,
ut non statim relinquatis 805
vitam huius vanitatis
et ad deum recurratis,
cum quo semper gaudeatis.
cur miseri non cogitatis
quanta mala perpetratis? 810
nam Christi membra detruncatis,
BUCH DEH RÜGEN.
pauperes cum iugulatis.
quantoscumque defraudatis,.
dicite, quid deferatis
praeter pondus quod poruti*
ad infernum de peceatis?
Ad cives. eajiiluluui xju.
lla civibus dicatig:
Miror quod non uogitalie
quo post mortem iranseatis,
nisi melius vivalis.
non quod omucs mali sitis,
sed quos mnlos esse soitis,
hos tacendo pertransitis,
cum «irrigere pouitis.
inter vos sunt deceptores
fideique destructores
atque liaeresis auctores.
paganis multo vüiores.
habetis malus defractores,
proximorum traditores.
substanciae devoratores,
tabernarios et- iusores,
usurarios, feneratores
malos et lornicatores,
contra iuslus pugnatores
et malorum defensore*.
habetis fures et Jatrones,
lenas multas et lenones,
habetis eliam phytones,
diaboli commiiitoues.
ut sei'mo.meus reuidaüir,
audiatis, quid dicatur:
nulluni malum iam tractatur
quod apud vos non oriatur.
Ad mercatores. «apituLniD xxii-
Mercatoribua dioatia:
Quare tantum laboratis,
cum pro certo neaciatk
cui med« mogragaÜB ?
BUCH DER RÜGEN. .19
uiare magnum Irausivistis
et in Indiam venistis, 850
reversi uatos invenistis,
forte quos non genuistis.
i vw. b vel si forte bene scitis
veri patres quod vos sitis
puerorum quos nutritis, 855
cogilare si veliüs
nequaquam diu quod vivetis,
quo post mortem declinetis,
ibi nil invenietis,
ni vobiscum. deporteüs. 860
tunc pro certo plures erunt
avidi qui vestra queruiit,
quum ad tumulum steterunt,
qui vos mortuos fleverunt,
e quibus sibi eligentes 865
uxores vestrae quamvis flentes,
consolando suas mentes,
sie in cordibus dicentes
'hie videtur esse dives
et aeeeptus inter cives : 870
iam cum iüo bene vives
nee infantes tuos prives.
numquid mulier lacrimatur
tan tum, quod resuscitatur
vir qui modo tumulatur, 875
ut ad eam revertatur?
numquid est voluntas dei
ut ego potius veniam ei?
misereor ideirco mei
et meae pulchrae speciei/ 880
ecce quantüm laborasiis,
mare saepe üransfretaatis,
terram pedibus eataasüs,
et vos ipsos devasta&tis.
o vos nimis insenaati, ^ 885
cordibus et indurati
M rw. a mentibusque desperat i
40 „ BUCH DER RÜGEN.
cur servitis vanitati?
iam cessate congregare
et in vanum laborare : 890
deum di scite amare
ut dignetur vos salvare.
Item ad singulas res vendentes. capitulum xxm.
Nunc dicatis ad vendentes
res diversas et ementes :
Corrigite perversas mentes, 895
deum tan tum offendentes.
non potestis comparare
viles res vel venundare,
ni velitis periurare,
deum fidemque negare. 900
non estis venditores rei,
sed venditores estis dei.
in hoc consentientes ei
quem convenerant Iudei.
Iudas Christum vendens peceavit, 905 ,
nam peeuniam amavit;
- nobis vitam comparavit,
quid curo quod se iugulavit?
et quamvis deum vos vendatis,
nihil inde comparatis, 910
nisi ut cum sceleratis
ad infrrnum transeatis.
miseri, quid cogitatis?
quänta mala perpetratis,
quoniam deum maiestatis 915
vilius quam Iudas datis!
argenteis triginta Iudas,
vix pro medio Christum tu das,
24 rw. b vel ut proximum deludas,
vel ut vendas herbas crudas. 920
ille certe quem vendebat
deum esse nesciebat,
tantum tarnen poenitebat
quod se ipsum suspendebat.
sed tarn nequam tu fuisti, 925
BUCH DER RÜGEN. 41
quod Um saepe tradidisti
deum, bene quem scivisti
et tarnen non penituisti.
Ad praecones et socios suos. eapitulum xxiiii.
Post haec dicite praeconi,
usurario, cauponi, 930
lusori, furi et Jatroni,
feneratori et lenoni :
Mandat daemon, ut eatis
ad infernum cum damnatis,
cui fidem conservätis 935
atque bene militatis.
non habere cupit gratis
laborem vestrae probitatis :
idcirco citius curratis,
ne ingressum negligatis. 949
Ad rusticos obedientes. eapitulum xxv.
Rusticos aggredientes,
bonos pie alloquentes,
malos dure argnentes
sie loquimini diceates:
Qui pro eunetis laboratis, 945
fidem Christi conservätis,
computati cum beatis
estis, si perseveratis.
sitis ergo in labore
dei semper et timore, 950
qui defendet a furore
vos malorum et errore.
5 vw. a dominis veslris servietis,
censum deeimasque detis
et de reliquo vivetis 955
vos et vestri, quos habeüs.
malis vero, quos videtis,
numquam vos associetis,
sed cum bonis ambuletis
et cum his partieipetis 960
de labore acquisitis,
si necesse fore seiüs,
42 BUCH DER RÜGEN.
ut evadere possitis
iram dei, quam nescitis,
quia fratrem non pavistis 965
pascere tum potuistis.
quare quod noluistis,
vere eum occidistis.
quantumcumque laboretis,
illud firmiter servetis : 970
nulla die dimiltetis,
nisi deum adoretis.
Item ad rusticos qui sunt rebelies, capitulum xxvi.
Rebelies si inveniatis,
nuilo modo obmittatis,
nisi dure arguatis 975
imperandoque dicatis :
Miseri, quid superbiüs?
cogitate, si nescitis,
quia omnibus servitU
et ad hoc creati sitis. 980
non videtur vobis satis,
quod vos tantum laboraiis,
ni velitis pro peccatis
ius habere cum damoatis,
id est poenas infernales, 985
ignem, vermes immortales,
2b vw. b . omnes malos consodales
quibus eritis equales,
crudelissimos tortorea,
foedissimos foetores 990
et horribiles dolores
daemonesque derisores?
Item ad mulieres. eapitulum xxvn.
Mulieres honoretu,
numquam dure argnetis,
eis nil praecipietis, 995
pro exemplis quam habetas.
quorum primum hie notaUir:
si perfecte cogitatur
966. /. dum 996. hetis dt* ks.
BUCH DBH RÜGEN.
»nullius quowodo (Iwiiuabatur
posteaquam salvabatur,
quia virgo creatorem
peperitque redemptorem,
lotius boiii largitorem,
Icsum Christum salvatorem,
ijuam mulierein nominavit,
cum lohanni commendavit,
et diabolum prostravit,
peccata quoque nostra lavit.
secundo polest hoc uotari,
quia nolunt perturbari,
nee iu parvo molestari,
sed a eunetis adamari.
rogo, (ertio aotate
et frequenter cogitate,
vc.stris cordibus servate
in hoc firmiterque State,
quia noslrum quisque vere
natus est de mutiere:
debemus igitur sintere
honorem ipsis exbibere.
ergo fratres sie agatis
rogo causa pietaüs,
ne contra iura caritatis
vas tarn debile frangalis,
sed in quolibet sermone
pia ammonitione
sine palliatione,
conservata ratio ne,
iam de meritis sanetomm,
eterno gaudio eorum,
de tonnenüs infernorum
et de planctu reproborum,
de buius mundi vanitate,
ipsius instabilitate
et de Christi caritate
frequenter eis praedicate.
44 BUCH DER RÜGEN.
De ipsis fratribus qui populo praedicant.
capituluiü xxviii.
Fratres, causa pietatis
rogo aegre non feratis
quia zelo caritatis
verbum loquor veritatis. 1040
necesse est ut corrigatis
mores atque caveatis,
ne per verba vanitatis
unquam deum offendatis.
nam si bonum praedicatis, 1045
nisi factis inpleatis,
testor deum maiestaüs,
labor vester erit gratis,
quia quidquid praedicavit
Christus, factis inchoavit, 1050
quum fidem reformavit
a peccatis nosque lavit.
25 rw. b sie et facere debetis
quando populum docetis :
quidquid verbo praediceüs 1055
saepe factis inchoetis,
nequis possit comprobare.
vos sub dolo praedicare,
deum verbo honorare,
sine corde vel laudare, 1060
quia deus est scrutator
cordium et non temtator,
falsitatis condemnator,
veritatis et amator.
sitis ergo cautiores 1065
qui estis Christi servitores,
in domando promptiores
sensum, visum, verba, mores,
sit in ore non vel ita
lingua semper stabilita, 1070
ac religiosa vita,
Caritas et infinita.
mulieres fugiatis,
BUCH DER RÜGEN. 45
in societate pravitatis
ne, quod absit, polluatis 1075
tmaginem divinitatis.
quibus si confabulatur,
peto solum os loquatur
et non maaus comprimatur,
aara sie deus non laudatur. 1080
iste über finiatur,
qui si vanus videatur
alicui, non legatur
ab eo, sed dimittatur.
oret pro me virgo pia 1085
dei genitrix Maria
U vw. a ut in vitae meae yia
vitare possim sacrilegia.
Amen.
Wm». 6 Explicit liber sermonum nulli parcentium.
M« 70 rw. Ich bin ein buoch also getiht
daz nieman bösheit übersiht,
daz da nieman vertreit
noch durch liep noch durch leit.
manec man git guoten rät 5
der im selben keinen hat.
also tuon ich armer man
der leider weder weiz noch kau :
doch swie ungel6rt ich bin,
dannoch ratet mir min sin 10
daz ich niht der kristenheit
gebresten läze unbekleit.
1088. saligia die hs.
Rothe Überschrift. Ditz püch lert was man aim lgleichem men-
schen predigen sol von dem pabst vntz an den minnisten schulaer. von
dem kaiser vntz an den minnisten gepaur. vnd strafet d! predigar
w*z staet ir predig ist. vnd lert seu hin nach waz seu aim fgleich
"dien predigen. 6. selber, immer diese form, nur z. 370 selbez.
*«*« beiden zeilen hat übrigens Thomas sin im watschen gast, sie
^keinen sprichwörtlich.
4fi BUCH DER RÜGEN.
sit die höhen phaffen
die got dar zuo beschaffen
hat daz sie sollen l&ren
zuht, unzühte weren, .
I6rent von der alten £,
da von ist ach unde w£
gewahsen in den landen
diu got vor erkanden.
71 vw. mich riwet sfcre und ist mir leit
daz diu arme kristenheit
an zühten ist verktoret,
an sünden so gemäret
daz man leider alle tage
hoere ileniuwe klage
von manger hande btoheit.
daz si dir, JAsu Krist, gekleit
daz du den bist so unerkant
die nach dir, herre, sint genant,
ich mein die kristen, swä sie sint.
man frowen unde kint,
diu dich solten 6ren
und von sündeu k&ren,
diu sint leider in ir ahte
boeser dan deheiner slahte
heiden oder Juden sin.
got herre, durch die güete din
daz geruöche wenden,
mir din geist senden,
daz ich geraten niüg dar zuo
daz unser s&le gewinnen ruo
und von uns uf erde
din wille ervollet werde.
des hilf mir, herre J&su Krist,
wan du der sunder loeser bist.
7i ruf. [Da strafet die predigaer.]
Hart) ir bruoder, waz ich sage,
und habt ez niht vür eine klage,
16. vntzucht wem 29. voderchaut 31. seu 33.
42. sein 46. söndser leesaer
BUCH DER RÜGEN. 47
die got dar zuo erweit hat
daz ir lgret Wide rit 50
wie wir gotes hulde
verdien und unser schulde
gebihten und gebüezen,
als wir von rehte müezen»
ir löret uns zuo aller stunt 55
und tuot anderz selten kunt
wan wie diu werft geschaffen wart
und dar nach in welher art
unser vater Adam
in daz paradis quam 60
uud Eva diu im wart gegeben
zuo dem Ewigen leben,
wie sie sich vergäzen
daz sie daz obez äzen*
von Käin und von Abel 05
und von dem turn ze Babel,
dar nach von herren Abraham,
wie unser herre zuo im quam
in der drivaltekeit
(dri er sach, mit eime er reit), *'• 70
wie Särä stuont in der tür,
da si lacht und sach her vür,
72 vw. dö ir kunt wart getan
daz si tsääc solt enphftn»
als unser herre ze Abram sprach 75
und ouch dar uäch vil schiere gesohach.
wie Abram got umb die stat
Goraorre vlizeclichen bat,
diu ander diu hiez Sodomä,
die verbrunnen b&de da. 80
wie her Löt von dannan vldch
gegen dem gebirge hoch.
wie fsääc in vrömdiu lant
boten nach Rebeken sant.
wie Jacob mit dem engel ranc 85
57. Nuor wie 63. seu sich 67. h*m 70. ahn
i. ysaach 78. flcizsecleizsen.
B0CH DER &**•
ttBd von
voa der «** l & ^
«* UttgC Ü voo Achor
von B°6z a° r
NäLbuchftdoosor.
Vt fn ir büse Rähap
diu o»1 wlS . p sltt06
Höloferaeo abe .f lru0C. .
^trLWa- ...
von der «•*"" wart An*»
von Moyses uode *
da er °,b^tl coWolie.
and g°l Äc attai»
Apr würz. ein &
^r gerteo esten
^nfmau aibl geboten-
If der gerten * *-'
, 1 bläeje« bega«,
dW. S\eAs ein blttome
da* sie Ti M*-»
dW ^el- sicberUob
\\7 cau
v nicht U*Vcl1
V06. ^ *« "^
BUCH DER RÜGEN. 49
sd schceniu bluome nie. wart,
wan sie von küneclicher. art
was gephlanzet und bekomeii. 125
als wir ofte hän vernömen,
diu bluome braht so edel vruht
daz von ir süezer genuht .
w. nieman. vollesagen mac.
unz an den jungisten tac. 130
weit ir. nü hoeren waz daz si
daz ir merken sült: da bi?
diu würz. was her YessG,
als ich hän. gesprochen £,
diu gerte wären sink kint 135
diu von im geborn sint,
die este sin geslähte, *
daz gezeln mähte .:
noch geschriben kein man
der daz leben ie gewan. Hü
Maria reiniu künegin,
da weist wol daz! mir seit min sin
daz du diu edel bluome bist
von der diu vruht worden ist.
waz mac diu vruht anders sin 145
dan daz zarte kindelin . .
daz von dir geborn ist,
unser herre Jösus Krist?
daz ist diu 16re die ir tuot
und ist waerliehen giiot: 150
doch wolt ich, lieben bruoder min,
raten, ob ez möhte sin,
swenn ir daz alte nü gesaget,
daz ir daz niwe niht verdaget.
ich mein daz niwe daz man siht 155
und aller tägelich geschiht
w. von manger slahte sünden,
die ich iu niht darf künden.
ir seht und hoeret alle wol
Won
146. danne
149. di
J58. darpii
D. A.
11.
4
90 BUCH DER RÜGEN.
daz diu werft ist bösheit vol: 1
dft von bit ich unde rlt,
sit iu got enpholhen hat
ze Ifcren die kristenheit,
daz ir eim iegiichem seit,
ob er des lebeas des er lebt I
mit got ist oder von im strebt,
und hebet an dem tiursten- an,
ich waen das si der bibst Johan.
ir sült niht vürhten sine dr6,
gfct zuo im und sprecht als6. 1
[Sagt dem pabst freleieli]
'Lieber vater, werder man,
wes hast du dich genomen an
ze rihten und ze 16ren
die kristenheit nach 6rea
und nach gotes holden, 1
swie sich die laute verschulden?
wes merkest du niht waz man seit
und h6 j»merlicheu kleit
von manger slahte sänden?
der ich ein teil wil künden. 1
höchvart gitekeit,
unkiusch und vrizheit,
zouber unde ketzeri,
ungeloube und simoni,
74 vw. untriu und valscheit» 1
lüge und unbescheidenheit,
wuocker unde vürkouf,
daz ist nu der werfte louf,
und ander grözer sünde vil
der ich nü .geswigen wiL 1
vater, bezzerst du niht daz,
ich vürht du kumst in gotes haz,
der dich dar z«o crwelet hat
daz du helfe unde rät
solt der kristenheit geben. 1
165. dez lebens dez 181. hochvarte 183. ketzernei
184. symenei 188. werte 194. helf vnder
BUCH DER EIGEN 51
uii hoer ich daa din selbes leben
niht gevallet alse woi,
also ez doch von reute sol.
du bist üf erde an gotes stat,
wan er dir enpholhen hit 200
die guoton ze erloftsen,
ze binden die boesen.
da von solt du hiieten dich,
uf min triwe daz rit ich,
daz dir an guoten dingen 205
niht müge mifi&eUngen,
an keiner hande Sachen,
gröz oder swacben,
nü hat mit siner veiger haut
der vint gesaet in diu lant 210
als unreine sät,
da von oftenrnssorät
U rw. gnoter same und guotiu vruhl
und wahset allitt ungenwht.
w£ im der dar aa h4l pftiht-, 215
ob er ez schiere bezzert niht,
der säme ist haz unde Bit,
der nil laidfi? nuwge Bit
ist gewesen und noch wert*
du weist woi da* swei »wert 220
geben sint der kratenheit ;
daz lä dir niht weaen leit-
du hast da* ein, da? nütee woi:
swer daz ander haben sol,
dem gib ez schiert) u* der baut. 225
wis sicherlich daran gewaat,
wil du dich dar w setzeo
daz du beginnest hetzen
den gwelph an den gibelin,
der graste schade der wirt din. 230
rater, merke ez also niht
m, rectU ackol 2<W, Wh, Qrimm %% Ffßi<L M, 1,
(4, waotzastt Nib. I8&4, & Qrefa 3550. f*to»««M, W-
W. zu Freid. lvii. 224. schol
4*
32 BUCH DER RÜGEN.
däz ich mit in habe pfliht:
ich bin niht ein gibelin,
ich wil ouch niht ein gwelph sin.
vater, du hast wol vernomen, 235
daz kein persön ist üz genomen
vor gote, weder arm noch: rieh,
dem tuost du nindert gelich.
wan l&t den riehen in din hüs,
den armen stözet man her uz 240
75 vw. der vil lihte genaemer
vor gote ist und gezaemer
dan der gfct zuo dir hin in.
daz ist an dir ein kranker sin.
ez ist ouch ein boeser sit, 245
der dir staete volget mit,
kumt kunst an din tor:
edel, zuht st6t dervor, *•
s6 der phenninc wirt gesehen.
des müezen alle die jenen 250
die her zuo dir komen sint,
swie lützel mans geschriben vint
weder in der alten 6
noch in der niwen.'^wß mir w6!
ich hete nach vergezzen 255
des ich mich hän vermezzen.
sprechet Vater, bäbst Johan,
sich din gewizzen an,
ez lit hie manger und verzert
der hin ze leste von dir vert 260
äne tröst und äne rät,
der lange hie gelegen hat,
der lihte verrihtet waere gewesen.
ich waen doch wol du hast gelesen
239. wan :=man. 247. Chiint chanst 248. Edel . zucht: vergl.
unten z. 1 181 und zu Eree 4454. Wackernagel zu Simrocks Wal-
ther 2, 165 cwer selbe ist ein beese wiht, der hat siner vorvarn ädel
niht welsch, gast 4, 2. 7lV 258. gewizsen: €la din gewizzen schi-
nen' Wernh. Maria, fundgr. 2, 156, 16, zu WigaL s. 603 ü. 605,
zu Iw. 859.
BUCH DER RÜGEN. 53
'swaz du nibt wil daz dir geschiht, 265
des entuo dem andern. niht.'
da sol diu rede ein ende hän,
wan ich wil von hinnen g&n.'
wil aver du niht bezzern dich,
so solt du wizzen sicherlich, 270
75 rw. ez wirt diner sfcle ein slac
den si niht tiberwinden mac/
[Den • kardenaln]
Sagt den kardenälen daz
'ich wände daz ir vil baz
waere t gerihtet 1 . • . 275
nach got und niht verpflihtel
ze werltlichen dingen
von den iu mac gelingen
übel unde selten wol.
waeren iuwer biutel vol, 280
dannoch müesen vol sin
sekke kästen unde schrin,
stadel keller und daz hös,
daz ez viele zem virste üz.
daz waere allez noch euwiht, 285
wan es waere ervollet niht
der vil unreine git
der iu in dem herzen lit.
ich spriche von der höchvart,
daz nie noch gesehen wart 290
noch gehört von alter zit
diu höchvart diu an iu lit.
ir sit durch höchvart ' niht erweit,
noch der kristenheit gezelt
ze hilfe und ze rate. 295
waere es niht ze späte,
ich wolt iu noch vil möre sagen.
16 vw. doch wil ich des niht gedageh,
ich wil noch rüegen daz an iu :
sagt mir durch got, zewiu 300
267. schol 268. Won 281. m&sin 283. stadel
6. es 290. nie noch' nie
*4 BUCH DEK KJJGKN.
lebet ir untagenilich,
ich spreche gerne unkiuscbeclich, .
and mil andern siinden vil
der ich nu niht nennen wil ?
ez weis ein ieglicher wol
daz er muoz unde sol
vor gerihte rede ergehen
wie gewesen ist sin leben.
da von merket miniu wart
und hüet ir alse goldes bort,
weit ir der helle kint niht sin.
daz rät ich üf die triwe min/
[Den patriarchen]
Vrägt die patriarken
*sint vol iuwer arken?
ir enruochet wer diu schüfe schirt,
daz ot iu diu wolle wirt.
ir weit haben schoeniu kleit,
silber golt an arbeit,
&ren unde guotes vil,
des got niht verhengen wil.
mich wundert wft ir bin tuot
als nngevüegez guot.
die wile ir niht beköret,
kristen glouben lÄret
alle iuwer undertän,
76 rw. als ir iuch habt genomen an,
man vrowen unde kint,
diu iu von got enpholhen sint,
waz 6ol iuwer h6chvart?
si wirt iu waerlich gespart
da manz allez bliesen muoz,
von dem houbt nnz an den vtioz.
ich wil mit iu niht kriegen«
ich wil iu oucb niht liegen,
lät ir niht alle itehetf,
iif min triwe, ez wirt iu leit.'
306. «kol. 315/ ricluot 321. wm 322. vj
gez 324. Crfotan 326. eu 323. Die
BUCH DHU RÜGEN. &5
[Den pischoifen]
Ir süU den bischovea sagen
'wir beeren vil von iu klagen
von manger hande Sachen,
d4 von iu mac geswachen 340
gelücke £re unde guot.
iuwer grözer übermuot
machet iueh vor got enwiht.
verdenket ir das niht
daz iu des nihtes niht bestöt 345
da mit ir höchvart begöt?
ir sült arme liute nern,
den gelt selbe niht verzeru,
er ist ir uad iuwer niht,
des in got selbe gibt, 350
saget, wer h&t iu erloubt
daz ir brennet unde roubt,
kirchen heizet brechen,
slahen unde stechen
77 vw. die iu daz wern wollen, 355
als sie durch not Holten!
dag vor die beiden hftnt getan
des nemt ir iueh nü an.
ir lät diu wip entern
diu vil wundergern 360
beliben bi ir reinekeit:
ir entert ouoh mange meit
diu hin nach so unwert
wirt daz ir nieman gert
ze örbaerein dinge. 365
wie iu dar zuo gelinge,
daz wirt iu allez wol geseit
ft man iueh zuo dem grabe treit.
ir vart reise in vrömdiu laut
und vehtet mit iur selber hant 370
und weit dannoch priester sin.
;37. schalt— pischoifen 341. gelueh 343. ea 344. %u
*00, 348. schalt 350. Luc. 16, % 3S& ti
r*ii 370. eu aelbez
V
56 BUCH DBA RÜGEN.
ich nim daz üf die triwe min.
etelicher vüere baz,
waere er als sin vater was.
ir wegt ouch gar ringe 375
wilien mit gedinge,
swie diu boese simoni
doch wonet staete derbi.
ir wihet niht wan umbe Idn:
da von muoz iu der himel trön 380
vor gesperret werden,
wan ir hie üf erden
suochet Wollüste vil
zuo so winzigem zil.
[Den prelaten gemainecleich]
77 rw. Sprechet cir pröläten, 385
habt ir iuch iht beraten
wie iuwer leben werde
gebezzert üf der erde
viir den fcwigen tdt?
des waer iu sicherliche not. 39(>
ir sit mit höchvart erschoben:
daz ir niht ze stunde sit zerkloben.
des wundert mich vil sßre.
durch unser vrowen fcre
ein ieglicher bezzer sich, 39^
wan mich dunket sicherlieh ^
daz ez niht gar lange st&,
iu werde ach unde w6,
swie grdz gewalt ir nü habt,
ez si probest oder abt, 4Ü(^
prior oder gardiän,
custer oder däkän, *
minister oder general,
swie sie heizen über al,
ir gebietet wundervil *>•■■■ 405
des iwer keiner tuoh wil.
daz kleite got vor manger stunt
383. wolnuste 386. eu 39?. ze fehlt. 393. Dez — mir
40jfc. dekchan
BUCH DER RÜGEN. 57
durch des öwangölisten munt.
wes seht ir niht die regel an,
als ir gehörsam habt getan, 410
und rihtet nach. der rehtekeit,
als iu diu selbe regel seit?
ir habt ouch einen! boesen sit
78 vw. der iu starte volget mit,
daz ir iuwer undert&n 415
niht vür guot wellet hän,
wan ir den boesen .möre
bietet wirde und^re !> f .
dan den guoten ; kinden I
diu sich läzent.vinden : ; .. 420
in gotes dienst !zuo aller zit
und an den zuht.und.öre lit:
den weit ir staete herte sin.
ich sag iu üf die triwe min
swie herte ir in nü sit 425
ez kumet noch, diu zit ;
- »
daz si iu werdent herter vil,
so unser herre rihten wil.
ir bekumbert iuch ze vil,
als ich iu nü sagen, wil, 430
mit werblichen Sachen,
gr6z unde swachen,
die iuch niht gehoerent an.
wir sehen daz nü selten kan
verrihtet werden: ihtes iht 435
da man iuch niht bi siht,
weder groziu hirät
oder höher herren rät.. .
ir möht dervon wol wenken,
sprechen und gedenken 440
waz göt mir der sache . not?
ich bin der werlde zeimäl tot."
[Den munchen]
78 rw. Lät iuch des niht betragen
442. zaimal . 443. eu _. .
58 BUCH DER RÜGEN.
vlizeclich ze vr&gen
von den manchen, ob sie sinl 445
ordenlich and guotiu kint,
ob sie die werlt vliehent,
von üppekeit sieb ziehent,
lesent unde singent,
ir gemüete dwingent, 450
gerne in gotes 6re
sprechent emiser6rel
got, erbarm dich über mich
zuo aller zit, des bit ich/
ez sint sunderlichen diiu, 455
weit ir, diu nenne ich in,
diu ein ieglich geislich man,
der sinen orden wol kan,
muoz behalten sicherlich,
wil er zuo dem himelrioh. 460
daz ein ist willec armuot:
ich waen daz nieman umbe guot
noch durch des libes wollüste
deheines ordens gelüste.
daz ander rehtiu kiuschekeit: 465
wol im der si rehte treitl
kiusch an Worten und an muot
und an den werken, daz ist guot.
weit ir hoeren nti daz drite?
79 vw. daz ist mit tugentlichem site 470
gehorsam zuo aller zit,
als in ir regöl lfire git*
der diu driu niht wolte
behalten als er solle,
der sol gestrAfet werden 475
hie üf der erden,
daz er unz an sinen tAt
lide angest unde n&t.
457. gaisleich: die hs* hat überall diese nebeitfovm die ich im
augenblicke nur bei Notker nachzuweisen wüste, aber dem wiederkeh-
renden beweisenden reime geislich : vreislich 543. 911. 1633 nach dul-
den mufs. 463. wolnust 464. Chainez— geteet 474. schölte 477. ieio
BUCH DER RÜGEN. 59
[Den creutzaern]
Strafet die kriuzaere,
swie ez io ist unmaere, 480
vürhtet niht ir riterschaft,
noch ir übel, noch ir kraft,
sprecht cir herren, saget mir,
umb weihe sache vluht ir
die werlt und ir geziere, 485
dö ir alse schiere
wider wollet kären
zuo ir und zuo ir Aren?
swer die werlt vliehen wil,
der sol niht giuden ze vil, 490
er sol smächeit ltden,
höchvart miden,
ze armüete sin bereit
und ze rebter kiasohekeit,
gehorsam mit willen, . 495
gedultic, und sol stillen
79 rw. allen zorn, swä er mac,
beidiu naht unde tac.
man hat iuch vür geislich
und sit doch leider niht gelich 500
geislichen kinden,
wan ir lAt iuch vinden
alle tage an üppekeit
und an manger libtekeit.
mit scbaggun ist iu ein'spil 505
481. furchte 483. übel: Leysers predigt™ s. 161.
4S4. Sacht 494. zuo 499. eu 605. sehaggaan
tt dem rearther tal man nymands gestaten keynerley §pil vmb gelt Stin-
te sehaeasabeln and czackunen speie and andere speie die verbluten
wir nicht ane warfei and ane geltspil, das die glocke das speel selieide
beyde esu den gezeiten nnd ouch cza dem trynken. visitationsvolhnmeht
bei Voigt gesck. Preußens 6, 504. die Statuten des ordens enthalten
niehts Über unser spiel, nur einzelne vUitalionsvollmaehten ; ich weifb
et awsh tonst in unseren quellen nnd unter diesem namen nicht
neefwuwrieen , wohl aber will ich eine Vermutung wagen die sieh
eben ßt* nicht m$hr giebt als sie ist. wie- wenn unser sefcaggawt
schaggän czakun das tscbaugan der Perser /Iraker und Türken wäret
60 BUCH DER RÜGEN.
ertaubet, der ez tuon wil
umb ävg Maria:
daz lät ir underwilen da
und spilt mit dem wihtelin
uf dem tisch umb guoten win. 510
ir gezzet unde getrinket wol,
als iu der orden geben sol
mfere von gewonheit
dan von iwerre arbeit.
ob daz niht geschehe, 515
ez würd mit solher gaehe
gevordert daz der commendür
inüeste vliehen vür die ttir
oder sä zehant geben,
wolt er vristen sin leben. 520
wirt aver iwer wol gephlegen,
so sprechet ir den tischsegen
mit so grözem schalle
daz die knehte alle
vaste zuo loufent, 525
80 vw. waent daz ir inch roufent.
ein spiel mit dem schlagballe, zu pferde wie zu fufse üblich, das die
ritter des deutschen hauses zu Jerusalem schon früh aus dem Oriente
in ihre abendländischen balleien konnten verpflanzt haben, ist doch
auch das daneben genannte schachzabel orientalisches Ursprungs, daß
der schlagball auch in unseren gegenden üblich war beweist schon
die art der erwähnung desselben bei Ulrich von Lichtenstein frauen-
dienst 26, 16, und das bei Neidhard 36, 1, 2 erseheinende bickelspil
wird wohl auch hieherzuziehen sein, über das tschaugan des mor-
genlandes vergl. Du Fresnes abhandlung vm zu Joinville s. 185 ff.
und die piel weitere ausfuhrung in Quatremeres Übersetzung von Takt-
Eddin- Ahmed ~ Makrizis arabischer geschickte der Mamluk- Sultane
(Paris, 1837. 4. printedfor the oriental translation-fund) bd. 1 s. 122
— 132. eine, abbildung des spieles bei den Persern nach einer. Zeich-
nung des \tn jh. findet sich auf pl. xxu des \n bandes von Ouseleys
travels in various countries of the East. London 1819 ff. 4. auch
Hyde de ludU orientalibus, Ox. 1694. 8. bd. 2 s. 250 spricht von un-
serem spiele. 509. wichtelin: MS. 1, 157a der sieht sich mit sin
selbes hant, des wisheit aht ich zeime spil daz man diu wihtel hat ge-.
nant. vergl. myth. 247. 512. schol 518. gommendeor
520. wölt 526. eu
BUCH DER RÜGEN. 61
dar nach gfet ez an daz spil.
man bereit annbrüste vil,
ir schiezet aber nmbe win,
da mit lät ir iu wol sin. 530
ir sit den heiden gehaz,
* wolte got möhte ich daz
gesprechen mit der w&rheit,
daz den kristen niht leit
von iu geschehen waere: 535
daz waeren gnoüu maere.
ir sprecht ewir sin gebruoder ! '
waer iuwer tüsent vnoder,
ir sit ein ander als getriu
als die wolve und die siu. 540
nü merket selbe ob ir sint
als gehörsamiu kint,
ob ir baz geislich
heizet oder vreislich.
wirt bewaert geislicheit 545
an dem orden den ir treit,
so solten üf die triuwe min
alle orden der iwer sin.
doch weiz ich wol wä stfct geschriben
(ez si dan alleswä beliben) 550
in einem buoche l&re,
wie ir nach gotes ftre
in dem orden soltet
80 rw. dienen, ob ir woltet.
ich sprich üf mine wärheit, 555
tnot ir des niht, ez wirt iu leit/
[Den laiprudern]
Ir sült den conversen sagen,
wellen sie den orden tragen,
das tuon mit sölhem vlize
das man inz niht verwize, 560
&ne üppigen spot
539. an ander als getreu 540. seu 550. aUva: alleswä
krtwo. vergl. Graff 1 , %%i. 55 fr. scboltc 554. dt o — wolte
557. schalt 558. seu
62 BUCH DER RÜGEN.
dienen unserm herren got,
mit aller slahte geh6rsam,
mit brüederlicher mitesam,
vasten nnde wachen, 565
beten, selten lachen,
daz gehoert sie allez an. #
ist daz indert einer kan
ein hantwerc, swaz daz si,
da hab bescheidenheit bi, 570
swenne er sin beginne
daz er uiht gröze gewinne
weder suoche noch beger,
daz man niht spreche wer ist der
der in dem orden wuocher nint? 575
hat er wip unde kint
oder ander die er nert?
daz imz niht sin abbet wert
daz ist ein wunderlicher sin.
ich bin vrö daz ich niht bin 580
gevarn in den orden
81 vw. und ein bruoder worden,
sit sie tribent vürkouf
und wuocher nach der werlde loufV
heizt sie oucb bebalten wol, 585
als ein ieglicher sol,
swigen und gedultekeit,
durch got liden hertekeit,
ob si wellen sin behuot
gerne vor der helle gluot. 590
[Den umblaufern]
Heizt die sarabäitea
in die helle riten
und mit in gyrovagos,
die tiuvel werdent iriu ros,
si bezzern danne ir valschez leben 595
daz in der vint hat gegeben,
vürhtet niht ir zungen
562. Dto 564, mittesam 567. 583. 585. *$u
586. scbol 591. sarabayten 592. teile
BUCH DER RÜGEN. 63
valsch und unbetwangen,
noch ir üppige drö,
gftt zno in und sprecht also 600
cir boese liule, saget mir,
wie lange waenet ir
iuwer leben vristen
mit so boesen listen?
ir heizt iu schem die blatten, 605
daz ir mügt gesatten
iuwer biuche ze aller zit,
loufet durch die werlde wit,
swä ir danne belibet
den valseh ir onch tribet. 610
swaz iu kumt in den muot,
(1 rw. daz dunket iuch unm&zen guot:
swaz iu niht gevallet wol,
das muoz bösheit wesen vol.
wie lange weit ir liegen? 615
waent ir got triegen
den nieman betriegen kan
der daz leben ie gewan?
lät iuwer bdsheit,
daz si in kürzlich geseit, 620
oder gfit inz helletor,
wan ir belibet niht dervor.'
[Den werltleichen priestern]
Swä werltliche priester sin,
dar gfet durch den willen min.
und mit grdzera grimme 625
sprecht mit lüter stimme
cwie habt ir s6 gar verzeit
an gote, daz ir sit bereit
staete ze boesen dingen
und getürret singen 630
messe unwirdeclich,
meisteil aller tägelicb.
mich dunkt, ir abt der simoni
'07. peach 612. eu
•vR'-
.V.
64 BUCH DER RÜGEN.
möre dan der psalmodi,
des wuochers dan philosophi, 635
des lithüs dan der sacristi.
huor nnde trunkenheit .
machet iuwer laster breit
und anderre bösheit vil,
82 vw. der ich niht verswigen wil. 640
einer kouft den andern abe
von siner pfrüend mit kleiner habe.
ist daz niht ein simoni,
s6 weiz ich niht waz ez si.
eteliche rüement sich 645
ir bösheit, daz ist wunderlich,
den doch waere vil leit, - -
würde ez vürbaz geseit,
wan sie vürhtent alle gar,
ob ez würde offenbar, 650
sie würden unmaere,
als daz billich waere.
nieman habe arcwan
umb daz ich gesprochen hän:
ich mein die vrumen waerlich niht, 655
die boesen sint vor got enwiht.
da von sagt cir armen, —
. 14t ir iuch niht erbarmen
waz die Juden täten,
dö sie gewalt bäten 660
an unserm herren Jösu Krist,
der al der werlde loeser ist,
daz sie ze rate giengen,
in an daz kriuze hiengen?
daz tuot ir alle sicherlich 665
so ir sprecht misse unwirdeclich.
ir sült mir einez iiz legen,
daz ander läz ich under wegen.
82 rw. dö ir niht leben woltet, •
als ir ze rehte sollet, 670
658. eu 660. seu 663. D' alr d* werde lwsrcr ist
667. schult 669. wolte 670. schölte
I *
f
-* " vi
BUCH DER RÜGEN. 65
nach priesterlicher 6re,
waz weit ir wihe mftre
dan ein ander werltlich man
der diu buoch niht enkan?
ir swuort umbe kiaschekeit 675
in der wihe einen eit:
ö siiezer herre Jäsfi Krist,
wie oft daz sit zebrochen ist!
als oft irz habt zebrochen
and alsd misse gesprochen, 680
habt ir, als yü an iu ist,
gemartert waerlich J£sum Krist.
nü sprichet etlich tumber man,
der dar zuo niht baz kan,
'mir hat unser herre gegeben 685
ein als gar krankez leben
daz ich mich niht enthalten kan
ich müez mit vrowen umbegftn.'
er liuget, wan er zihet got
vrävenlich daz sin gebot 690
übertreffe menschen kraft:
des lougent allin meistersehaft.
got hat nie geboten iht '
dem menschen daz er möhte niht
ervollen als er solte, 695
ob er ez tuon wolte.
da von kestiget den lip,
weit ir iäzen diu wip,
83 vw. und lät iuwer liegen sin.
ich sag iu Af die triwe min, v: 700
bezzert ir niht iuwer leben,
ir wert der bittern helle gegeben«;
[Den artzden und den Juristen] \
Ez sint zweiger slahte man
die nieman ervüllen kan,
die siüt ir strafen sfere. 705
672. wolt 675. svrt 681. ir fehlt. 688. muz 689. leuget
* 690. frauenleich 695. nach als ein radierte* wort.
. swolte 705. schalt
l. F. D. A. II. 5
4
14
gft BUCH DBB RÜGEN.
durch unser vppuwen Are
sprecht in vräyeUwhen zun,
ez si späta oder vw>»
cir meister v^ der areeni
und die Juristen derM» 710
wie sit ir sd grundlos
als daz mer» dft W3»*er grflz
statte in yliqgept
und sich dar in bfiBÜegerat,
und kan do^h nimmer werden yoI! 715
dem mac ich jach geliehen wol,
wan der iu z;iiq trüege
arken uogefuege
silber unde g<4de$ yol*
dannoch dufttat mfeh wol 720
daz iuwer witeT gitßac
stiiende offen aüen taq,
wizt ir d&$ geschahen stät
und got selbe gesprochen hat
wil du äne sun.de lehen, 725
du muost genom^n^ wider geben?'
$3 rw. ir habt tft$ent gepqmeü,
der einez nie ist \yider komep.
ir lobt helfe gar vjl;
swenne man die haben wil, 730
so ist ez allez gelogen
und habt die liinte betrogen^
swenne ir den armen ane seht,
in iuwerm herzen ix des jebt
cicb hän verebt 33 ßchupfe yil, 735
daz ich wid$r bßbßH wilr
du m^bt Wöl ufflb su$t g$n?
ich tr$ dir flibt gewinn iwu
ob er sich dgnne unz in. den t<H
zerret, des im gi§nge fl$t, 740
mit joggen und mjt weinW
baet durch got den reinen,
716. <p Tft.'|eü? 7?ft. ^AfW 33, 1& ff. 7&?. ainigp
738. trän 741. ioggen — »wain
BUCH DER RÜGEN. 07
er g£t von iu an allen r&t,
so er iu niht ze geben hat.
nü seht ob daz zitKch ist? 745
mich dunkt ir weit den antikrist
schiere riebe mache»
mit so getanen sacbe»,
wan in die sehatz gehoevent an
die beidiu vrowen unde man 750
bergent von der gitekeit,
die werdeut im alle bereit,
des wirt er gehen iu ze 16b
der grundelöse» kelle trön/
[Den schudfaeren)
(4 wo. Sagt den schuofeeren swft sie not, 755
sie sin micJkel oder kin&,
cir sü'lt zuo de* lerne
froelich undct gerne
komen zuo aller ztt,
wan grözer nutz« dar an Bt. 760
lät iuch niht betragen
ob man beginnet vrägea
wie lange wil du sebuober. si»T
ich spriche bi der tpwe nun,
ez mac ein wol gti&rter na& 765
vür künec und vür keiser g&n,
so ein leige hin dan st&
und nindert zuo ir rate g&t.
habt ir gedäht zua priesterscfeaftr
so sült ir alle iuwer kraft . 770
nach gotlicher fere
und nach der metster I6re
erzeigen alle stunde,
von iuwers herzen gründe
vliehet unkiusiehekeit> 775
ist iht geschehen, daz si iu leit,
und habet veste in iuwerm muot
<Haz i^z nimmer m@r getuot.
'52. w'ot 757. schult 7fcl. eu 77*. s«hul,t
5"
68 BUCH DER RÜGEN.
midet ouch daz lithüs,
daz ir niht her wider üz 780
werdet gar bestroufet
und übte wol zeroufet.
daz waer ein jaemerlichiu klage
diu sich mßret alle tage.
84 rw. ir kleit daz ir habt verlorn, 785
die schuole versumt, des meistere zorn,
vater unde muoter haz:
vür war sag ich iu daz,
ez wser ein lihtiu schulde,
vlürt ir niht gotes hulde. 790
iuwer etelicher hat
von almuosen allen rät,
kirchen oder phrüenden vil,
des er niht verdienen wil,
er ist an allen sinnen toup 795
und izzet rehten röroup.'
[Den lotter phaffen]
Sprecht zuo den loterphaffen
eir unreine äffen,
wie verzert ir iuwer leben
daz iu got hat gegeben, 80fr
wan ir niwan in üppekeit
lebt und in bösheit?
iuwer veiger orden
solde nie sin worden,
wan ir gät s6 lasterlich, 805
rehte hangaeren glich,
iuwerr bösheit ist so vil
daz iuwer got niht enwil:
dem vinde ouch versmähet
daz ir zuo im g&het 810
vür mangen erbseren man,
790. v'lnrt 794.Vdui 801. Won— nur 806. auf dem
concil zu Mainz 1261 und dem zu Salzburg 1274 war wiederholt ge
gen diese quaestuarii und clerici vagabundi quos vulgas Eberhardinos
vocat verfügt worden, doch vergeblich, wie es scheint. Harzheim con-
eil. Qerman. 3, 600. 642. ~ 809. veint 811. eipaern
BUCH DER RÜGEN. 69
die er lieber wolte hdn.
da von g4t gedräte,
6 daz ez werde ze späte
und dringet in daz helletor, 815
85 vw. daz ir niht wert verspart dervor. •
doch wold ich iu raten wol,
als ich von gotes triuwe sol,
daz ir iuch bekfertet,
got baz ftrtet 820
danne ir vor habt getan,
wan ich wol gelesen hän,
dö er uns in noeten sach
daz er süezecliche sprach
cniht des sündaeres tot wil ich, 825
er lebe und bek&re sich/
tuot ir des niht, so vind ich wol
daz lön daz man iu geben sol/
[Den nunnen]
Ir wizzet alle samt wol
daz man weder mac noch sol 830
vrouwen von ir krankheit
strafen nach der rehtekeit.
swer sie wolde strafen,
sie schrirn alle 'wäfen !
wil man uns verderben? 835
waz wil man an uns werben?'
si mugen niht erlfden
straf, swie si niht miden
ofte daz in übel stät.
da von, bruoder, swenne ir g6t 840
da geisliche vrowen sint,
si sin alt ode kint,
ret in zuo milteclich,
daz sie niht ungezogenlich
sich gegen iu vergezzen. 845
si sint so gar vermezzen,
12. wMte 819. eu — pecherte 820. erte 825. sundaer
ev * 834. 8chrin 836. an fehlt, erben 843. Red
eu
70 BUCH OKU jlUGfiN.
sa rw. daz sie raschigen muot
gewinnen!;, ob man in durch guot
seit daz in doch wäre
gar nutzebtere.
in git diu natüre daz,
der in verblutet etewaz,
daz sie Übte liezeu fi,
da wirt in hin nach so we
mit trah hinge, in welher abt
von in daz werde voUebräht.
mit bägen und mit schelten
können si wol gelten,
ob in leit ieman
vor mangem jire bat .getan.
swer in unzühte wert,
ob er vor in den lip ernert,
daz mac er haben wol yür guot
von ir grözen iibermuot-
ir hAchvart ist also vjl
daz sie Aller bände spü
als vrilich wellen t schouveu
als werltliche rrpuwen.
mit gitekeit hänt sie pbMfrt;
von unkiusche sag i*h njht,
wan ob daz also w#re,
daz man »i» njM enhxre,
des got niht verbeugen sol,
ez geseit sieb seihe wol,
waz sprich ich von dar yrJjzhejt?
ez ist etßlieher lejt
86 vw. daz si so Kitzel ribtfi ft&
so sie zuo dem tische gaf.,
din doch zuo ir munde
an etelicher stunde
zehen rephüeneiin
Dieme vür ein jjerje S*'B.r
so sie muezen vasten,
8^1, MB 8fi(, yntzv^ 80*, ir
874. selb' 879. irem 881. rephülein
BUCH DER RÜGEN. 71
si mugen niht geratftea,
zorn haz unde litt 885
selten zwischen in geilt,
diu ungehorsam Überkraft
ahtet niht de* Meisterschaft»
wold aber iemßn sprechen,
sich vil lihte rechen, $90
daz ich den vrowen triiege bac,
der sol bi gote wizzen daz
ich vrumen vrowen holt hin
und gerne allen minen sin
dar zuo wolde kiren 895
daz ez nach ir Aren
an allen sachen wsere.
da von ist mir unmaere, .
ob iemen anders sprechen wiL
den dunket miner rede ze tu: 900
er sol mich aber l£ren
mit wie grdzen treu
diu 6rste rede mac best&n,
als sich daz buoch hebet an.
er sol ouefa wizzen Ane wän 905
daz ich niht gemeinet hän
•6 vw. tugentlicher vrottwen site,
ich meine niwan die dermite
die ze aller zit unordenlfch
lebent und untugentlicb, 910
wellent heizen geislieh
und sint doch gar vr eislich. j: .
da von ir bruoder Utot also
daz die sftle werden vrö:
sie lident iuwer strafe niht, 915
swiget ir, daz ist enwiht.
so saget ia, daz ist min rät,
wie uns got erlasset hat« .
cder im des niht wolde
H> Jesqjts 58, 4. 88*. zwuchaA 889. VV5U 892« aehol
vttle 896» etf&tklt. tan 901. 9*5. whol . 988. nur
09. zu 914 sein
72 BUCH DER RÜGEN.
danken als er solde, 920
der verdienet sinen zorn
und wirt öweclich verlorn,
swer aver sine schulde
nach unsers herren hulde
mit der biht und mit der buoz, 925
als ein ieglich kristen muoz,
wil unserm herren klagen,
vür war wil ich iu sagen,
mit einem zäher kleine
den er von herzen weine 930
erlischet allez helleviur.
lät iu niht wesen zäher tiur
die iu wolveile
ofte sint in geile,
leschet ab die helleglaot, 935
daz dunket mich von herzen gort.'
[Ditz schult ir dem kaiser predigen]
87 vw. Vürhtet niht des keisers drö,
gfet zuo im und sprecht also
csag mir, keiser, vürste hör,
wä von waenst du daz got 6r 940
uf dich hat geleit so vil?
niwan daz er versuochen wil
ob du siner kristenheit
mit helfe wellest sin bereit,
got wil daz dir erbarme 945
ze aller zit der arme
möre dan der riche man
der sich wol besachen kan.
scherme in allen vreisen
witwen unde weisen, 950
% klösterliute, pfaffheit,
die got ze dienste sint bereit,
mache vrid durch alliu lant
den unser herre si bekant.
9£fc%tfiolte 922. euwecleich 925. pecht 927. wil fehlt
peklagen 942. Nur 946. zu 948. Sehmeiler 3, 188.
949. raisen
BUCH DER RÜGEN. 73
ketzer und die heidenschaft 955
viht an mit aller kraft,
lä dir nieman leiden
den nakten ze kleiden,
den hangerigen spisen
und den wec ze wisen 960
ob ein eilender man
nindert sich verrihten kan.
swie arm ein ieglicher si,
dem hilf und gedenk derbi
cgot hat über mich gewalt, 965
er biet mich wol zuo dir gezalt.
87 rw. armer mensch, daz hiute ist din,
daz wirt vil lihte morgen min/
din gerihte si sieht,
nibt baz dem herren dan dem kneht. 970
got persön niht uz nint,
wan als er an den werken vint.
die guoten solt du liep hän,
die boesen lä mit zorne gän.
alle smeichaere 975
sin dir unmsere.
swer haz unde nit
und missehellunge umbe git,
dem lä niht die hulde din,
wil du mit gemache sin. 980
du solt selben hüeten dich
vor allen sünden, daz rät ich. *
wold aver ieman her gfen
der dir wolde gest6n
und Sprache cer behaltet wol 985
daz er ze rehte behalten sol/
daz widerrette ich sä zehant
und hieze in varn in alliu lant,
vrägen der maere
ob indert vride waere. 990
daz vünd er allez vridelös,
•M. an eilender 972. Nur 987. wid' redd
74 BUCH DER RÜGEN.
beroubet naket unde blöz.
da von, keiser, schaff also
daz arme Hute werden vrö.
du hast ein swert in diner haut, 99i
der got zwei hat gesaut
der kristenheit ze guote
und ze grdzer buote.
88 vw. daz eine sol der habest hän,
daz gehoert die phaffen an: 1001
daz ander nütze in diner aht
so du aller beste mäht.
slach unde Stiche,
dich an dtn vinden riehe,
die dir wellen tuon leit 100.
an der armen kristenheit.
'Juden ketzer beiden«
die solt du erleiden
kristen liuten krefteclich,
daz si niht werden in gelich. 101 <
hilf dem bibst mit dinem swert,
ob er sin von dir begert,
mit als6 guoter triuwe
daz es dich niht geriuwe.
setze dich niht wider in, 101«
habe zuo der triuwe min.
sin swert snidet baz
dan daz din, und wizze daz,
ez ist*gehert mit gotes kraft,
daz aller smide meistersohaft 102*
ein sämelichz enmahte,
ob si dar nach trahte
unz an den jungisten tae ;
vür war iah daz gesprochen mac,
[De* Qhunigen gemainecleioh]
88 rw, Sagt den klingen durch den munt 102*
"ir herren, ist iu das iht kunt?
swem man enphilbet mftre
998. zu (1003/.* slaha slach unde stich, dich an dinen vinden
rieh. Hpt.) 10QQ; Cffetan 1016s mein
BUCH DER RÜGEN, 75
guot oder 6re9
man muot an in ze aller tit
mir danne de» feaa lüUei git. 1030
got hat iu enpholhen vil
daz er an i« vordem wil.
bürge stete nnde laut
hat er gesazt iu iu wer hant:
da sült ir an gedenken, 1035
dem keiser niht entwenken,
swenne er durch die kristenheit
ze strite muoz sin bereit.
helft im yride machen
an aller hande saehea, 1040
daz gotes dienst werde
gemferet uf der erde,
hüet der liute in iuwerm rieb,
daz si den beiden niht gelieh
noch den ketzern wellen sin: 1045
daz rät ich uf die triuwe min.
ez vihlet an die kristenheit
so manger bände bfoheit*
swer ez wenden wolde,
als er ze rehte solde, 1050
89 vw. des t6des muos er sich verwegen,
doch verdiente er gotes gegen.
lät bi iu niht belihen
von mannen noch von wiben
der mit ftonber umbe gut. 1055
als iuwern ftren wol an stftt,
alle wnochewre
lftt in ßin uöipajre.
vor vürkouf und ßimoni
sin iuriu kiiasriohe vri. 1060
aller sichte btobeit
lät iu staete W£SQP Irft.
hüet iueh ouch yo? sündeu
und lät iueh niesten schündep
t Kty), vodep», wgi< HA. 6Q0. M35/.«obnlt MW- #«!*«
l0<&. 1064, m
76
BUCH DER RÜGEN.
daz ir ieman des gestftt 1065
daz uf iuwer s£le g£t/
[Den forsten Grauen vreigen vnd dienst h'ren]
Bruoder, des niht abe gest&t,
swenne ir zuo den vürsten gftt,
ze gräven vrien dienstman,
sprecht sie ander ougen an 107O
cswie sit ir so ung£rt
und an tagenden verkört!
wan man von in hoeret
daz ir kloester stoeret
89 rw. diu iuwer vater hänt gestift: 107S
daz ist iuwer s£le vergift.
swenne ir ze spräche gebent tac,
nindert daz geschehen mac
wan in den kloestern, da man git
die kost umb sus zuo aller zit. 1080
da mit ir doch verdient den ban9
als ich iu wol gesagen kan.
und wolde got, biet ir vür guot,
mit iuwerm gr6zen übermuot,
daz in von iuwerr gaehe 1085
niht groezer schade geschaehe.
merket selbe ob ir weit,
swaz ir äf diu kloester zeit,
da habt ir zuo dehein reht:
wan daz ist ein sache sieht, 1090
daz iuwer vordem habent bräht
den kloestern von ir andäht
daz sol von reht der kloester sin,
irn dürft niht sprechen eez ist min/
gäben iuwer vater iht, 1095
daz was ir und iuwer niht:
der iu ez wolde behalden hän,
er hiet ez waeriich getan,
da von rät ich iu wol,
als ich von gote raten sol, 1100
1067. Prüder 1070. sca vnd* ir 1075. vreter 1079. Nur
— won man 1091. vodern 1095. vater 1100. schol
BUCH DER RÜGEN. 77
90 vw. 14t ftne trüebesal
diu gotes hiuser über al,
daz iuwer sftle niht verlorn
werden von dem gotes zorn.
ir sit dem künic gebunden 1105
ze helfen zallen stunden
daz er sin kiinecrich
gestellen müge vridelich:
doch dunket mich, in waere
umb den vrid unmaere, 1110
wan ir habt in reisen
witewen unde weisen
ze ergrinne gewont,
daz iu noch stete zuo dont.
swer vlizecliche dienet got 1115
von dem habt ir iuwern spot,
der aver von gote k&rct
den lobt ir unde feret.
wer möht nü haben in der zal
iuwer veicheit über al? 1120
der vint zel ob er wil,
dem ir dienet äne zil/
[Den ritt'n gemainecleich]
Den riltern sagt gemeineclich
cez ist umb iuch so zwivellich
oh ir ze gnaden sit erkorn 1125
oder 6weclich verlorn,
man hiez iuch in dem ritter segen
zühte und 6re staete phlegen,
**G rw. witewen, weisen alle zit
schermen in dem lande wit, 1130
da von ir schermsere
heizet, ob ez waere,
guoter liute durch got.
ir habt ez aber vür spot:
swer iuch schermsere hat genant, 1135
der hat iuch leider niht erkant,
1103. sein 1113. Zu ergrainne : zu Herb. 6316. 1124.1127. eu
l*8. Zucht
78 BUCH »ER RÜGEN.
ir hiezt schenere vil baa.
ir schert truoken u»de not,
ir schert wangen ungebcit
dem iuwex scherii ist vil Wt. 1140
ir schert nieraen ftoe ldo,
ir schert staete unde $chto,
ir schert arm unde rieb,
iuwerm schern ist nibt gelfch,
ir schert daz guot und nibt tat här. 1145
da von sag ich iu offenbar,
ir wizzet niht wie lange 63 wert
daz ir arme liute abhört,
iu wirt geweret iuwex scher*
so ir vil übte schaeret gern, 1150
got wil sölher oberer niht,
si sint dem himelrich enwiht.1
waz hilfet daz ich rede vil
so mir niemen volgen wil?
doch wil ich mich zexloesep 1155
gßn frumen und g&n hoesep,
91 vw, sagen in die wärheit,,
ez si liep oder leit.
ez sol ein ri^ter feren got,
ernslich und niht in spot, 1160
den vürstep helfen päch a>m reht,
allez unreht macben sieht,
boese liute machen guot,
die guoten haben in, d$r huot,
daz in iht übel müge geschehen. 1165
zuo im selben ouch sehen,
daz nieman üf der §r<Je
von im betrüebet werde;
ob er ieman betrüehet bähe,
dem sol erz gerne nempn abe: 1170
haben gröze riuwe
umb siin^e fllt und piu^e,
haben gwJ gftdinge,
1137. sch'rar 114?. stet vnschon 1169. im
BUCH DER RÜGEN. 79
daz in sin engel bringe
zno Ewiger stxttekeit, 1175
da alliu vreude ist bereit.
[Den chnappen]
Sprecht zno den edelingen
wie möht in wol gelingen
die wile ir habt boesen ranot
nnd lobet awaz der hoese tuot? 1180
edel undp werdekeit,
der inwer vater h&nt gephleit,
91 rw. die verlieset ir da mit
daz ir den heidanisoben sit
habt iueh genomen an. 1185
als ich iu wol gesagen kan,
iu ist diu kirehe als der «tal,
swä man sol rouben über al,
kelch buoch messegewant
daz mnoz allz in iuwer bant. 1190
bischof bröbat pharrser
apt münoh messenfflr,
waeron $i in gotes schöz,
möht ir, sie würden hldz.
da von mae ich geliehen 1195
iueh wol sicherliehen
der heidenjaehen uadiet
diu nie niht guotes geriet.
daz tuot ir alles m»b den slunt.
kaeme ein mil umb ein phunt, 1200
ez dühte iueh niht «e swaere,
daz ot daz guot wwre.
da von bit die beiden
daz sie von iu niht scheiden
oder bringen iueh dft hin 1205
dar iueh leitet iuwer sin,
daz ist diu tiefe hello:
da wirt iur geselle
U81. wirdechait 118». vaeter— gephlait 1183. verliert
. *>* 1185. 1196, ea 1190. alg 1191. PJsphetf
. deucht ea 1202. Daz otfa 1204. seu l#Qß, w't ir
. %
80 BUCH DER RÜGEN.
Astaröt und Satanas :
92 vw, wie kan iu immer werden baz, 1210
an ir wellet wider körn,
die s&le vor der helle nern,
büezen iuwer schulde
nach unsers herren hulde
mit gar grözer arbeit? 1215
tuot ir daz niht, ez wirt iu leit.'
[Den schiltchnechten]
Vr> die schiltknehte
veic und ungerehte,
seht daz keiner entwiche
und sprechet zornliche 1220
'sagt ir wunderarmen mir
gedräte, wes gedenket ir
daz ir so vlizecliche
von dem himelriche
vliehet naht unde tac, 122^
daz niemen iu erleiden mac?
wes habt ir iuch an genomen
mit herte zuo der helle ze komen?
ir qusemt wol ringeclicher dar
vil lihte in der Ersten schar. 123
iuwer ezzen ist enwiht,
ir habt ofte ze trinken niht,
ir gesläfet selten wol.
so man ez allez sagen sol,
swaz sich geziuht ze hertekeit
und ze grözer arbeit,
da sit ir mit überladen,
92 rw. des habt ir den grasten schaden.
verspehen rouben unde brant,
daz ist iu allez wol bekant. 124
ze steine und ze nahtschäch
ist etelichem vil gäch,
dem doch waere gar leit
ob ez iemah von im seit.
1227. eu 1228. h'tte 1230. lecht 1234. schol
1242. gar gach
BUGfl DER RÜGEN. 81
nu hoert, ir Meiosen zagen, 1245
kunnet ir mir iht gesagen
waz ir von iuwer arbeit
mit iu in die belle treit
mßre dan die sünde
zuo einem Urkunde 1250
daz ir boesliche habt gelebt
und statte wider got gestrebt?
weit ir iuch des niht mäzen,
alle sünde läzen,
bihten unde büezen, 1255
als wir alle müezen,
ir wert gescheiden ßwiclich
von got und von dem himdlieh/
[Den purgeern]
Strafet die burgaere,
sprecht cist iu iht swsere 1260
daz man über al seit
daz aller hande bösheit
bi iu wirt gebräwen?
wer mac iu getruwen
daz ir niht mit habet phliht? 1265
daz sprich ich dar ttmbe niht
^3 vw. daz ich boesen arcwan
zuo iu allen welle bäo,
mich duht aber billich
daz ir gar vlizeclich 1270
besaeht wer schuldic wasre,
den liezt iu sin unmöere.
ir spiset mangen boesen wiht
der iu wserliche Vueget niht.
wuocher zouber ketzeri 1275
vürkouf huor simoni
hdchvart gitekeit
nit haz vräzheit
phahtsniden diupheit
1^53. eu . 1275. chetzernei 1279. phochsneiden. über pfaht
?/. zum tf offen Mfnrad 21, 23. der sinn ist klar, dock vermag ich
worf sonst nickt nachzuweisen. vergL übrigens facht in Tobhrs.
I. F. D. A. IL 6
82 BUCH DER RÜGEN.«
und* aller slafate valscheit, 1280
vierhartaere riffi&n
spehaere wert ir nimmer an.
weit ir beeren kürzlich,
Vif min triu des danket mich,
swaz mac sin von boesem list 1285
bi in allez erdäht ist/
[Den kaufleutenj
Sprecht zuo den koufliuten
ewaz mac daz betiuten
daz in so wft nach guot ist?
ir weit alle in kurzer vrist 1290
werden also riebe
daz iu niht si geliche
gräve oder dienstman.
da von ich ged&ht hän
daz ich iueh strafen wolt, 1295
wan ir gedenken solt
93 rw. 'ich lige lihte schiere tot:
sol ich mich in so gröze not
durch miniu kint versenken?
ich wil dar an gedenken 1300
daz ich nft mfere hän
. dan min vater ie gewan/
ob ir des lihte niht entuot,
so nemt daz in iuwern muot,
ir vart hin gfen Indiä 1305—
und belibet lange da
oder verre in andriu lant,
der iu vil ist bekant :
swenn ir her wider kßret
und habt daz güot gemftret 1310"""
ir vindet jungiu vänzelin,
. diu mugen lihte eins andern sin.
dünket iueh des aber wol
daz man daz niht sprechen sol,
Appenzell. Sprachschatz s. 173. 1281. vfrharfcer. Oberlin 1805,
Schmefier 1, 634. 1295. wolte 1296. Won— schölte
1311. vtentzelein. Schneller 1, 545 u. 534, /. Grimm Reinh. fuchs #.376.
BUCH DER RÜGEN. 83
so bedenket die not, 1315
dafc nieman mac vür den tot.
sd man iuch ze dem grabe treit
und iach da yil vaste kleit,
swie rtr diu vrouwe weinet,
doch sie sich vereinet 1320
und siht hin unde her
'wer ist diser? wer ist der?'
sie kleit in ir herzen
ir grözen smerzen.
cmin lieber wirt ist leider tot! 1325
mich twinget dar zuo gröziu not
94 vw. däz ich ein andern nemen muoz
der mir tuo miner sorgen buoz.'
si schowet an sie alle. ,
welr ir wdl gevalle: 1330
der wirt dins guotes erbe,
enruocht ob man verderbe
dine s&le und dinen lip,
er hat doch din schoenez wip.
nu merket ir koufman 1335
waz ich iu geseit h&n :
ir wizzet niht wer hin treit
daz ir mit grözer arbeit
habt über mere bräht.
ir het sin niht alsd gedftht. 1340
dient umb die Äwikeit,
ez wirt iu waerlich nimmer leit.'
[Den die alr slacht chaufenf und verchaufentj
Sagt den kiufelsern also
c£st wunder daz ir immer vrd
werdet üf dem ertrich, 1345
wan ir sit Judas gelich
oder lihte boeser vil,
als ich iu bewaeren wil.
der wunderarme Judas
weste niht wer der was 1350
131«. eu 1335. ire
84 BUCH DER RÜGEN.
den er der jüdischen diM
verkoufte ümb pheflninge und verriet^
94 rw. und gerou in doch 0ö hart,
daz er an der selben vart
die phenninc hin und widef trüoc
und sich vaste ze brüsten sluoc. .
dö er der Juden ernest sach,
er gedähte uüde sprach " .
'wan ich unschuldigez blüot
verkoufet hän umb kleinez guot,
so wil ich vaste gahen,
mich an den stric haben.'
mit unmuot er hin gienc,
einen ast er umbe vienc,
an der selben stunde geschach
daz man in da hangen sacb»
du armer kiufelsere,
nu vräge mich der m$re,
so sag ich dir die wärheit,
ez si dir liep oder leit.
daz Judas got verkoufet hat
des mohte niht werden rät,
wan ez durch unser heil geschach,
dA got uns in noeten sach.
du verkoufest ofte got
und hast dar zuo dinen spot.
daz Judas einest hat getan,
da wil du nimmer von gelän.
«wenn du umbe loufest,
95 vw. koufest und verkoufest,
mit swern gist du got hin,
daz sprichet aller meister sin.
nu verdenke selbe daz,
wil du koufen etewaz,
du sprichst ebi got, 6s t des niht Wert!'
und bist du doch de* sin begert»
du nimst daz in dinen sin*
1359. 1373. Won 1385. e dez nicht w't
BUCH DER ROGEN tt
swie kleine waere din gewin,
du wil bi got dar umbe swern.
wer kan dine sMe genern? 1390
des hat Judas niht getan,
er muoste drizec phenninc hin,
er gap in tiurre danne du.
armer man, waz seist du nu?
du mäht dich niht nnscbuldic geben, 1395
got weiz allez din leben,
ez gerou dich nie s6 hart,
du woldest an der selben vart
noch zwir als vil swern,
daz du möhtesl dich genern. 1400
du hast an got verzwivelt nu,
da von bist ouch verdorben du,
ob du dich niht bezzern wil.
got hat genftden alse vil
daz er dem sündser wil vergeben 1405
swaz er in allem sinem leben
wider in hat getan:
wil er von den Sünden län
und wil genäde suoehen,
i rw. got wil sin geruochen.' 1410
[Dem Schergen und sein gesellen]
Den schergen und den wuocherer,
litgeb unde Spilan*,
den diup und den schachman,
den huorer und den riffiän
heizet loufen bi der zit, 1415
daz in der vient ir lön git.
er wil sie schöne setzen,
ir dienest wol ergetzen
uf der tiefen helle trön.
daz ist der höhen viirsten tön. 1420
sprecht ob indert sf ein man,
des ich lihte vergezzen bin,
der in wesen mac gelieh,
89. wolt 1395. machst 1417. fen
86 BUCH DER RÜGEN.
den nemen mit in vrilich,
im wirt diu helle niht verseit, 1425
der vient enwil daz ieman kleit
über in umb sin ldn,
er wil sie wem gar schön,
sin gewizzen ist so gröz
daz er sich schämt, ob ieman bldz 1430
von im solde kören,
der in hat in &ren
gehabt einigen tac/
niht m6r ich in gesagen mac,
sie wellen danne büezen 1435
J6sü Krist dem süezen
alle ir misset&t,
96 vw. s6 mac ir niht werden rät.
[Den gehorsamen gepaurn]
Ez sint zweier slahte gebur,
einin guot diu ander sür: 144(9
den guoten sült ir guoüich,
den boesen sagen zornlich.
g6t zuo den guoten, sprecht also
cliebiu kint, sit stete vrö:
mit iuwerr reinen arbeit 144S
spist ir alle kristenheit.
dar an belibet steet :
swer iu iht anders rast,
der wil iuch verkßren
von got und von sin Ären, 145 ^
den lät iu rehte leiden
als Juden unde heiden.
gelouben nach der kristenheit,
gotes vorht, rein arbeit,
da lät. iuch nieman wisen abe, 145- —
swie gesmacke rede er habe,
dient iuwern herren wol
mit triuwen, als man dienen sol,
mit zinse und mit wisät,
1428. seu 1438. niht] wöl 1441. schult 1449. 1455. en
1459. weisat: Schmeller 4, 180.
BUCH DER RÜGEN. 87
als iu ez got geben hat. • 1480
gebt iuwern zehnt mit triuwen
und lät iuchs niht geriuwen,
vast und virt ze rehter zit,
leist daz man an der bihte git,
96 rw. göt ze kirchen, gerne bet, 1465
als iuwer guoter vater tet.
öret die heiligen zit
diu iu got zerkennen git.
boese liute vliehet,
die guoten zuo iu ziehet. - 1470
die ir seht in hungernöt,
den teilet mit iuwer bröt,
lat sie niht verderben
. noch vor hunger sterben,
od ir sit der rehte schol, 1475
daz seit uns diu geschrift wol.
liebiu kint, sit staet dar an,
als ich iu gelöret h&n,
so hat iu unser herre bereit
nach iuwer grözer arbeit 1480
in sinem himelriehe ruo:
da bring uns got alle zuo.'
[Den gepaurn die sich zuo houeleuten geleichent]
Mir tuot gebüre höehvart
zorner dan ob sie von art
höchvertic möhten sin: 1485
da von, lieben bruoder min, .
göt zuo in und sprecht also,
'so, min mülrössel, so,
ir habt iuch genomen an,
des iuwer vater nie began, 1490
97 vw> also grözer höchvart
diu lihte nie gehöret wart
von keiner slahte gebürschaft,
diu doch alse gröze kraft
bieten und groezer ör 1495
im. eoz 1488. mulr&zsel 1489. hap t*
HB BUCH DER RÜGEN.
. ■ •-'. danne ir gewinnet immer m£r.
in ist xoo ungelücke ger,
swenn ir näoh schilt unde sper
geratet setzen iuwern muot.
volget mir, ez wirt iu guot. 1500
; _. iu ist bu wol bekant,
nemt die arl in die hant,
ert ziunet unde saßt,
snit dreschet unde maßt,
und ander slahte arbeit 1505
die man gebüren üf leit,
als iuwel* vater hänt getan,
die wären, waen ich, guote man.
swer des niht gehorsam ist,
bedenke sich in guoter Trist 1519
waz er da von widerdriez
und wie kleinen geniez
wirt gewinnen her nach,
dar zuo im nu ist so gach.
die edeln nbersehent niht, 151&
daz sie mit in haben phliht
in keiner slahte geselleschaft
oder daz sie ir kraft
97^*1. gegen in erzeigen: -*
sie müezen in vur eigen 152fr
dien oder liden not,
daz in waeger waer der tot.
dannoch ist daz grmzer vil
daz in der vient geben wil
an ener werlde ze löne, 1525
dem sie hie dienent schöne,
ze spise natern slangen,
wil sie nach trinken Hangen, . \
er macht in eine zeche
von swebel und yon peche, 1530
von ezzich gallen galganr
als der übel vint wol kau.
1531. galgan. vielleicht ist galga tiux, gallapfel gemeint ¥ vergl.
Carpentier zu Du Gang* ttnttr galga.
■•; *
BUCH DER RÜGEN. 8»
[Den werblichen vrowen]
Wir müezen alle des verjeben -
das man vrowen übersehen
sol von drin Sachen: 1535
daz wil ioh war machen,
ich wil die sache nennen
daz man sie mac erkennen,
von zwein Sachen sol man Arn
vrowen und ir lop mern: 1540
diu dritte sache erbarmet mich,
wan si ist erbärmeclioh.
nn hoeret unde merket wol
wä von man vrowen Aren sol.
wir wären ewielichen tot, 1545
98 vw. uns brähte ein vrowe 6z aller not
diu uns den heilant gebar,
als ir wol wizzet alle gar,
si ist Maria genant,
über alle kristenheit erkant. 1550
durch ir reinen saften lip
ßret elliu vrumen wipr
die andern sache nenne ich in
sicherliche: daz ist diu,
wir haben alle wol veraomen 1555
daz wir von vrouwen sin bekomen* %
da von sol man sie billich Arn
und ir lop State mfcrn.
er waere niht ein vramer man
der daz niht wokte stete hAn 1560
und niht neem in sinen muot
die zwo saohe wunderguot.
weit ir die dritten sache h&n,
so gedenket dar an,
habt ir mit in ze reden iht, 1565
ob kein strafe da gesehiht,
der mugens niht erliden,
swie daz si niht miden
62.
90 BUCH DER RÜGEN.
swaz man in verbieten kan :
wolden siez niht hftn getan,
ez muoz zehant dar nach geschehen,
des müezen alle die mir jehen
98 rw. die vrouwen ie hänt erkant
in der werlt durch elliu Iant.
da von, lieben bruoder min,
\ät in unmaere sin
zuo der strafe und zuo gebot,
si hietens doch vür einen spot.
wan mugt ir sie wol Iftren
wie von sünden ze kören
der mensche sol sin bereit,
zenphfthen die süezekeit
die got in sinem riebe
teilen wil geliche
die sin willen hänt getan,
kint vrowen oder man?
swaz man vrowen sagen sol,
als ir alle kunnet wol,
daz sagt in also guotüch
daz keiniu vergezze sich.
diu vil liht so gaehe
waere oder spsehe
daz sie zürnen wölte,
des sie doch niht ensolte,
die nemt besunder hin. dan,
strafet sie als einen man
oder triwen vürbaz,
wan ich hän gelesen daz
ckum sich vor dem wolve ernert
der sich der wülpen niht enwert.'
99 vw. [Daz gehört die prud* selbVan die pdigen
schullen vnd lern die estenhait]
Hoert, ir bruoder, minen rät.
sit iu got enpholhen hat
die kristenheit ze lftren
1570. Woltin aeuz 1572. mir die 1579. wan] waz
BUCH DER RÜGEN. 91
nach zuht and nach eren,
ib hebet mit den werken an, 1605
als. unser herre hat getan :
diu söln stsete weseu gnot.
dar nach nemt in den muot
daz ir an der bredige seit
ze aller zit die warheit. 1610
gebessert niht mit ungebar
die liute, wan sie nement war
wie ir iucli da zuo köret
daz ir mit Worten leret.
da von halt iuwer zuht, . 1615
von allen Bänden habet vluht,
keret iueh zuo gote
und ze sinem geböte,
daz nieman rür die witrheit
gesprochen müge 'swaz der seit 1620
und nii i worten leret,
mit werken dfi von keret.'
got weiz etliu herzen wol,
da von muoz unde sol
der mensche in allen stunden 1625
tuon des er ist gebunden.
da von, bruoder, sit gemant,
wan in tugent ist bekant,
ze rihten iuwer sinne
nach der wären minne. 1630
iuriu wort sin statte war,
heimlich unde offenbar,
iuwer leben geislich
statte und unvreislicfa.
diu herzen sin vridelieh 1635
und der muot sitelich,
daz üf iueh niht werde gatribeu
also wir vinden geschriben
'swenne eigen schuld den lener
strafet, daz ist lasterbaer.' 1640
wamlo 1623- vergl- »u iw. i58 und iu flwiort-828.
*B BUCH DER RÜGEN.
vlieht die vrowen bi der zit,
wan 'ungewaerer stete lit
strA bi dem viure
da wazzer waere tiure/
ob ez aber nu geschiht
daz ir mit in weit reden iht,
daz si nütze and kürzlich,
des man ich iuch gar vlizeclich.
niht diu händel drücken,
niht hin zuo smücken,
niht löslich an blicken,
niht diu ärmel zwicken,
niht schouwen rdtiu wängelin,
daz lät also durch got sin,
da kumet von boeser gedank
und werdent vestin herzen krank.
SANCT OSWALDS LEBEN.
205 a ÖErne noch frewden mere
Stet alle seyn begere
Der höre czu gar ebin
Von sinte Oswalden lebin
Das allw gescbrebin stat
Vnd was her begangen hat
Dem kinde lobesam
der todt ymbeczeite nam
Beyde vater vnd muter
do begunde der vil gute
vil willich her began
Sey vater hatte em gelan
Reichtum vnd gutis ane mosz
Synt das her eyn heyde was
Her lys jm bürge vnd lant czu eigen
Das muste man jm beczeigen
dinst vnd vil eren
1G42. Won — tmgewarc 1649. hadei 1615. lfeleicb
SANGT OSWALDS LBBBN. 9»
alle dy grosen herren
Dy bey den seibin jaren
Vndir ym gesessen waren 20
Newn konig reiche
dintin ym alle gleiche
dreyczen bischoffe
Gehorten czu seynem hofe
Virczig grouen bey namen * 25
Alle czu seynem dinste qwomen
205 b Von den wart her gesunder!
Ritter sebenczen hundert
Vnd dreysig tawsint man
dy ym czu geböte musten stau 30
Do der milde sinte oswaldt
Gewuch(s) vnd wort so alt
Das ym konig gefug
Seyn swert noch trug
Do ryten em alle seyne man 35
her aulde das mit nichte lau
her sulde nemen endelicli
Eyne fraw lobelich
Dy ym wol beqweme
Vnd ir gebort ym ebin cztme 40
Also oswalt an dy czyne qwan
do sach her Lomen eynen man
Czu seynem hoffe her do ging
oswalt en wirdiglich entphing
her sprach liber bruder meyn 45
wy ist der name deyn
Her sprach ich heyse tragemund
Alle laut synt mir wol kunt
Czwe vnd sebeczig cEungen
das wunderte den iungen 50
Gar seife das her en frogete
vnd bat das her ym sagete
206* ap her yrae hette irkorn
Eyne iuncfraw zo wol geton
dy ym czu nemen tuchte 55
do her mit ir blebin mochte
94 SANCT OSWALDS LEBEN.
kewsch bas an sevn ende
Vnd alle missewende
Neyn sprach der brnder czwor
dy werlit ist zowuste gar 60
Sinte oswalt alczu bant
Nam den bruder bey seyner bant
Vnd fürte en vil drote
yn eyne kemenote
off seynen stul her en satzte 65
vff dy bang her sich selbir satczte
Dy Hrn worn des gewar
Sy sprochin alle offinbar
Herre ir tut nicht recht
Das ir nedir fallit also dy knecht 70
off dy harten bencke .
Ir sullet euch bas bedenckin
das do sten czu ewer hant
Stete bürge vnd eygen lant
vnd thut ewerim leibe nicht zo we 75
vnd sitczet uff dy benche nicht me
Durch got habe ich geton
das desir gar müder man
206 b Gerue doruffe diste bas
vil wol gan ich ym das r
Her sprach über bruder meyn
Sage also lip alz dir got mag geseyn
Kennistu yn deyne synne
Irne eyne konigynne
dy mir czum weibe tuchte
vnd keusch mit mir bleibin mochte
do sprach der bruder hyr
Ferre obir das wilde mer
Doch wil ich dir eynen rot gebin
Mit der du kewsch magist lebin
Do wonet eyn konig freysam
. Der hot eyne tochter lobesam
Sy hot tugende vnd schondö ane czil
Vorwor ich das sprechin wil
Juncfraw spange ist sy genant
80
85
90
95
SANCT OSWALDS LEBEN. 95
lt vater ist den heiden weit bekant
Wer sy freyet das sage ich ane czorn
Seyn lebin hot her czu hant vorlom
Sy ist zo gar behende
Sy bleibit kewsch bys an ir ende 100
Synte oswalt ane der stunt
Sprach vil liber tragemunt >-
Rot mir wy ich sy gewynne
Dy selbige kewsche konigynne
Her sprach alz ich habe gesayt 105
Wer sy freyet dy schone mayt
Der hot vorlom seyn lebin
Her mag nicht wol dowedir strebin
Doch mich dewehte ys notze were
du host wol acht jor here HO
Eynen rabin geezogen ane wan
das her vil wol sprechin kan
den losz balde brengen her _>,.
vnd volge meiner lere
vorgulde ym seyn gefedere 115
Isz brengit dir fromen wedere
vorsilbere ym dy clawen seyn
vorgulde ym seyn snabil feyn
Mache ym uf das hewpt schone
Eyne güldene crone 120
Vnd losz yn jn das heiden lant
Flien das wirt ym bekant
Der sal freyen dir czo (gar?)
dy edele mayt das glewbe mir czwor
her. sprach vil liber brnder deyn (/• meyn) 125
Gfot lone dir das rotin deyn
Oswalt hys hin springen
her hys den raben brengin
her satezte yn uf seyne schossz
wy wenig en das vordrosz 130
her streichte ym seyn gefedere
vom hewpt Üys her nedere
her begunde mit ym czu kosin
der rabe horte gar lose
96 SANGT OSWALDS LEBBN.
Ler sprach vil Über rabe meyn 135
du must nw meyn böte seyn
Gar ferre yn fremde lant
Mir ist worden bekant
das ein konig gar vormessin
Obir das mer ist her gesessin 140
. Der ist eyn heyde freysam
vnd hot eyne tochte lobesam
dy ist genant iuncfraw spange
du salt nicht beyten lange
vil Über rabe meyn 145
Frey mir das megeteyn
Synte oswalt mit losten
do den raben koste
Vorne an seynen spitczen munt
vnd druckte yn czu der seibin stunt l&O
an seyn hercze liplich
her sprach got hy von hymelrich
der losze dich gesunt von mir
her lachte yn an gar wunderschir
her sprach vil Über rabe meyn löö
Irwirp nw das megeteyn
208 a her sprach ich vorsage dirs nicht
Ich habe dorczu gar gute phlicht
das wü ich gerne thüen
das du mir gebewtist nw 1*>0
nu losz balde hin springen
Eyn gülden fingerleyn brengen
das ich dir möge vnvorczait
gebin der vil schonen mayt
ap ich sy irwerbin kan l^5
Wenne edele iuncfrawen han
gerne lipliche goben " . .
her tat alz en hys der rabe
vnd lysz eyn. achtbar vingerleyn
Brengen das was guldeyn * ^v
das was gewest des vaterB seyn
do stunden drey steine ynne
dy worn edil vnd gut
SANGT. OSWALDS LEBEN. 97
der eyne was dy demut
der andir dy gerech tikeit 175
der dritte Was dy kewscheit
dy hatte sinte oswalt
dy drey mit ym mit gewalt
das vingerleyn ym lip was
zo das her der ny vorgas ISO
hy czu cleynen standen
dem rabe wart gebunden
das vndir den flogil seyn
£08 b her sprach vil Über rabe meyn
das gib der edeln konigynne. 185
Juncfraw spangen durch den willen meyn
wiltu eyn fromer böte seyn
So brenge mir von ir eyn vingerleyn
das ich möge dy worheit
Irkennen zo werde ich gemeit 190
der rabe czum herren sprach
williglich gerne vnd.iacb
ap got von hymel wil
Ich kome hyn yn eyne kortzy czil
vnd frolich wedere 195
her schotte seyn gefedere
vnd Hoch in das. laut
das ym der heide wart bekant
Do her den herren an sach
Czuchtiglich her czu ym sprach 200
Gegrusset seystu heydenischer man
der heide sach den rabe an
her gruste en wedir vnd sprach •
Czu seyne herren vn jach
wer hot hy zo sewberlich I# 205
desen raben wunderlich
Mit silbir also gecziret
vnd mit golde also floriret
. dy herren alle zunder wan
-09' den raben begunden alle czu ym yen 210
Sy hetten Schoners rabin ny gesen
Der heide en do fragete
*. D. A. II. 7
98 SANGT OSWALDS LEBEN.
vnd bat das her yni sagete
von wanne her komen were
vnd dnrch welcherley mere 215
das vmme her durch dy laut
der rabc ym das nicht bekant
Torste seynett willen gcbin
zo bette her das lebin vorioren
wer der heide worden ynne 220
das her dy konigynne
Seyne tochter wolde freyen
her hettfe sich über mocht Vorczeieti
doch vorsWeig (her) dy worheit
das ym icht wedir worde leit 225
her sprach ys ist eyn konig reiche
dem k*n sich nymant gleichin
vnd wonit yn dem dewtczin lande
vnd hot eyn lant weit vnd grande
Her hot auszgesanth mich 230
her hot bereit sicherlich
Vierdehalphundert güldene cleyder
vnd sprach czu dem heydin
Weldistu dich tewfin Ion
der cleyder must du eyn par han 22 3S
209 b her sprach libis rebeleyn
lossz mich bleibin der ich fein
Nicht me sage mir
Von 4er toffe das sage ich dir
Meyn brot vnd meyn weyn &A*
Sal williglichen deyn
Seyn bys an deyn ende
du bist also behende
Bier sprach wiltu wunder sehen
zo losz balde her yen ^^4
das schachczagü spil bftngin dir
der heide sprach nw sage mir
Off die rechte trewe deyn
Von dem schachczagü spil meyn
het sprach nw ich dirs sagin sol 2&°
du hast eyn bret das ist wol
SANGT OSWALDS LEBEN. 99
hundert lote marg wert
der heide mit der fart
lys balde loffin hin
vnd brengen das spil vor en 255
das hret was von helfinbeyneu
Saphiren wprn dy steyne
Mit gulde zo durchslagen
das ys ir czwelfe musten tragen
dem heidin dy rede wol gefil 260
Im was übe zu dem spil
210* das bret was groz vnd starg
Is koste wol hundert marg
das schachczagü spil mit der fart
do vor en gebrocht wart 265
do hys der heydenische man
den raben bebin an
der rabe aivmb sich sach
Czu den herren her do sprach
dy dort worn yn dem sal 270
her gruste sy. abir al -
her bat sy alle geweyne
das ym alleyne
v wünschten gewynnes heil
her sprach ich wil euch gebin eyn teil 275
Ich achte nicht wen ys berewe
Ich (leide euch alle newe
dy herren mit grosim sehalle
wunschtin ym fceyles alle
Der rabe do dy weile aam 280
vnd zoch gar furchtsam
das her dem heydenischin man
das spil allis an gewan
her gewan des suldis
dreyhundert marg guldis 285
Goldis vnd auch wol mir
des irczorniUe her den heidin zere ,
der heide sprach cza dem raben
210 b Ich wil dy weile meyn ebin habin
Wol her an alle meyne man 290
7*
100 SANCT OSWALDS LEBEN.
dy ich nw hy oben ha(n)
der rabe musz seyn hewpt
hy lossen das gelewpt
her musz meyn gefangyn werdin
vor mir mag her nicht wol genesin 295
Em helfe denne eyn bedirman
Mit bescheiden Worten der rabe
Sprach dem heiden den czorn abe
her sprach wort yr y von trewen holt
So nemet hin das selbe golt. 300
vnd kewft mir alczohant
edil tewer gut gewant
Purpir vnd scbarlachen
das sal man desin herren macbin
Der heide dys nicht lysz 305
das gewant her kewffin hys
das dy herren sulden haben
vnd hys das vor den raben
off eyne toffil do vortragin
das gap ber der herczogin 3lO
vnd den andern grosin herren
Eyme itczlichin noch seynen eren
das sy seyn wol gedechtin
her gap rittern vnd knechtyn
211 * kochen gesinde vnd knaben Z%&
musten ouch seyn gewant babin
Das tat her allis vmb das
das her qweme czu der mosz
Ap en der hunger twunge
das ym wol gelunge 3^^
Qweme her yn das kochhaws
das en nicht her wedir aws
Trebin dy aschinbrodele
Vnd slugen en nf seyne gefedere
do eyn das gewant gecleidet wart 3^^
Yderman noch seyner art
her brochte das mit bobischeit
. das der konig ouch seyn cleyt
Begunde selbir. czu tragen
SANGT OSWALDS LEBEN. 1Ö1
Juncfraw spange horte sagen 330
Off der bürg dy mere
wy do eyn rabe were
der künde wanders also vil
wol czyen das schachczägil spil
das wanderte sich dy iuncfrawe 335
den raben wolde sy schawen
Sy hys bereitin ir gewant
das totin dy meyde alczu hant
An eryn leip wart geleth
Eyn sne weysz cleyt 340
Do worn wassir perlyn uf getragen
211 b Vnd mit gulde wol durchslagin
Ir volgete noch eyne grosze schar
Secbczig frawen dy worn clar
vnd hundert iuncfrawen 345
dy man vil gerne mochte schawen
Dy iuncfraw ging czu hant
do sy erin vatir fant
Czuchtiglich- sy czu ym sprach
Da sy en an säch 350
bey meyiiem gote vil süsse
Edeler vater ich dich grusse
her sprach edele tachter meyn
Meyn got sal deyn Ion seyn
her was schaftu ' 355
vor mir edele tachter nw
Sy sprach ich habe vornomen
wy eyn rabe her ist komen
Ferre ausz dewtczin landen
Noch deme ist mir zo bange 360
Sy sprechin her künde wunders so vil
vnd wol czyn das schachczägil spil
her sprach yo tachter zwor
das ist alczu mole wor
Gestirn her gewan 365
•r dreyhundert marg mir an
Sich an vmb desih sal
212* Wy her vnser volk obir al
102 . SANCT OSWALDS LEBEN.
«
Schone bot her sy gecleit
das alle seyn gewant tret 370
desir wunderlichen sachin
dy iuncfraw begunde czu lachin
Sy sprach vil liber vater meyn
Vnd mag der rabe meyn geseyn
her sprach gestern yn der nacht 375
hat ich dir en bedocht
Jo vil libe tochter meyn
her mus ymer deyn eygin seyn
dy iuncfraw alczuhant
des rabin sich vnder want 380
her wolde nicht mehe gan
Sy muste en an erim arme trayn
Sy trug en vil drote
In eyne kemmenote
So sy nymande me woste 385
Sy rette mit ym was sy loste
Sy druckte en liplich an sich
Sy sprach meyn got behüte dich
her sprach iuncfraw das ist nibt wof getan
das yr dy apgote betet an 3i?<
Glewbet an den woren got
der alle ding geschaffin hot
Vnd loth euch tewfin vil balde
So werdit ir behaldin
212 b vnd ir werdit da von selig &9l
vnd aller sunden ledig
Do sprach das edele megeteyn
Ich tar nicht von dem vatir meyn
Der ist zo gehas den cristen
Mit allen seynen listen 400
Wo her das irfiire
das lebin ich vorlore
der rabe sprach iuncfraw meyn
Nym mich an dy arme deyn
vnd mercke ebin vnd wol 405
was ich dir sagin sal
Dy iuncfraw lobesam
SANGT OSWALDS LEöfitf. 103
den rabin an erjn arm nam
Czu hant der rabe vuvorczayt
Freyte dy schone mayt 410
her sprach got grusse dich iuncfraw
Got grusse dich lügen ey rosep taw
Got grusse dich lichter morgenstejrn
Meyne awgen dy sehn dich gerne
Got grusse dich meyen reysz 415
Got grusse dich bluendes paradisz
Got grusse dich edele konigynne
Ver spange übe iuncfraw meyn
Sy sprach got vorgelde dir
213a So was kanstu mir 420
Also schone sproche sagen
Jo torste ys ny keyn konig wagen
Vmb nich her vorturbe
das her y gewurbe
Is ginge ym an das lebin seyn 425
her sprach czartis iuncfrawleyn
Vorgysz deyner togunt nicht
das du nicht lest totin mich
Sy sprach neyn ich zwor
das bys an alle vor 430
Grusse mich vnd frey
also lip das dir sey
her sprach zo merke dese ding
Mich hot eyn edil iuncgeüng
der obir yenisz mer wont 435
her iuncfraw czu euch genant
Der ist fumfczen jor alt
vnd ist geheisin oswalt
her ist eyn konig lobelich
gar gewaldig vnd reich 440
Gar toguntsam vpd gi*t
Czu gote stet ym *ey» mut
Mit vasten vnd mit beten
Got wil her niht abe tretin
213 b In der kirchin czu allir czeit ^45
her ouch vil gerne leyt
104 SANCT OSWALDS LEBEN.
das tut her ouch vmb got
der alle ding geschoffia bot
der entpewt dir iuncfirawleyn
weldistu seyn bule seyn 450
her weide mit dir lebin
vnd weide dir seyne trawe gebin
kewsoh bas an das ende seyn
Neyn sprach das edele megeteyn
höre was ich dir wil sagen 455
vnd vornym mir meyne clage
Is ist wol dreyczen jor
do starb mir meyne muter clar
Ouch bot mir meyn vater vorczalt
Wenne ich worde xvj jor alt 460
Vnd dorczu qweme
das her mich dy weyle neme
An meyner muter stat
v: " höre was her geton hat
Durch meynen willen synt 465
wol vierdehalp hundert konigis kynt
von ym getotit alle
warte wy das dir gevalle
' Do sprach das rebeleyn
214* Czu dem megeteyn 470
Nu höre iuncfraw wol getau
Nym oswalt czu eynem man
das du mit ym werlich
kommist yn das hymmelreich
Wiltu ouch zunder wan 47^3
Bete vnsern got an
Sy sägen, ouch wol
was vns gesehen sal
Juncfraw spange saget der rabe
Tut euch der rede abe 48CP
vnd glewbit an ihesum crist
der eyn worer got ist
vnd nemet an euch dy tawffe der zelikeit
zo kommet ir yn dy ewigkeit
vnd wert czu den stunden 485
#
SANGT OSWALDS LEBEN. 105
von ewern sunden entpunden
der werdit ir alle ledig
vnd ewig vnd vmmer selig
Nu höre was ich dir sagen wil
du spricht also recht vil 490
Von dem konige hochgemut
Vnd qweme ys yn meynen mut
Mochte her denne wedir sten
dem grymmigen vatir meyn
214 b her sprach jo edele konigynne 495
frew dich vnd bys fro
deyme fridil musz also
dynen vnd wesin vndirtan
dreyczen bischoffe lobesam
Vierczen grofen lobelich 500
vnd newn konigf eich
Fumfczenhundert ritter vnd gut
Alle müssen thun seynen mut
vnd dreyssig tawsint man
dy synt ym alle vndirtan 505
do iuncfraw spange dese wort
von dem raben hatte gehört
So frolich sy do wart
Sy sprach do czu desir vart
Wol mir das ich ie gewan 510
das lebin über rabe nw sage an
hot was mir meyn fridil ausz gesant
Mir bey dir icht obir lant
her sprach eyn guldyn vingerleyn
das nym vnder dem flogil meyn 515
Nu czu desin stunden
hy hot her mirs gebunden
dor vnder mit der hant sey
das sal iuncfraw wesin deyn
215* wenne du übe iuncfraw meyn 520
An sist das vingerleyn
So gehoristu ymmer werlich
Czu dem schonen hymmelreich
Do das dy edele mayt
106 &ANCT OSWALDS LEBEN.
An sach vnvorczayt 525
Sy wart also wol gemut
Von dem vingerleyn gut
Beyde kewscher vnd toguntsam
Rechtin globin sy an sich nam
her sprach iuncfraw seyt ir 530
meynem herreu holt zo sendit bey mir
Ouch eyn guldin vingerleyn
Sy sprach vil libis rebeleyn
Bälde sy hen loffin hys
Sy czu ir brengin lys 535
Eyne stolcze lade
das tat wol dem raben
Dorawsz nam sy eyn vingerleyn
das brenge dem Üben herren meyn
vnd sage ym schire aber 540
was das vingerleyn togunt habe
Wer das vingerleyn gemeit
An seyner hant ys treyt
der wirt nicht irslagin
21 5 b Off wasser noch uff wegin 545
her mag nicht irtrincken
Noch keynerley weise vorsincken
Vnrechtis todis gerecht
Mag her gesterbin nicht
Das kompt von seyner togunt dar 5öO
Is bot acbczen forsten crafft gar
das saltu libes rebeleyn
brengin dem liben herren meyn
her sprach vil übe iuncfraw meyn
An bint mir das vingerleyn
Mit grüner seyde alczuhant
Mit ewer sne weisin hant
Bynt mir das feste vnd wol
Synt ich ferre flyen so!
Obir des wildis meris hoe 560
das mirs yeht entphalle jo
Dy iuncfraw her ouch bat
das sy gebe iren rot
SANCT OSWALDS LEBEN. 107
wy ir fridil mit seyner schar
Czu ir komen mochte dar 565
Sy sprach ist her also creftig
Also du sprochist vnd so mechtig
So sage ym das her bawe*
Czwe vnd zebeczig schiffe nawe
216 a Vnd schicke dor eyn alleyne 570
Sinte oswalt der reyne
Vnd alle seyne dinstman
dy ym alle sint vndirton
Vnd komme selbir mit yn her
In alle deme gerberde 575
Ap her wer eyn kawffman
das mag her grosen fromen han
Gan ys mir denne got
So fare ich mit ym an allen spot
heym czn lande 580
Frolich an alle schemde
der rabe do weg wolde
do nam yn dy iuncfraw holde
liplich an ir ermeleyn
Sy sprach libis rebeleyn 585
Ls stunde mir nicht wol an
Sulde ich dich von bynne Ion
Flyen von mir vnbegobit
wy worde ich denne gelobit
Wo man das worde gewar 590
ls stunde mir czu vordencken gar
Du mocht nicht sagin von mir
das man glewbite dir
dy fursten vnd ouch dy berren
216 b Neyn czwor ich wil dich eren 595
Mit etlichin dingen
Mir mag noch wol gelingen
Perlen vnd gesmeide
Purpir vnd seyde
Von silbir vnd von golde 600
Man brochte was sy weide
lysz sy vor en legin
108 SANGT OSWALDS LEBEN.
den rabin vnd czyren
Ir iuncfrawen eyne
Mit golde vnd mit gesteyne 605
der iuncfrawen eyne
Czirerte ym seyne gebeyne
Mit feynen wassir perlin
dy ander dy kny sein
Mit cleyne margaritin steyn 610
vnd mit edelim gesmeide reyne
dy dritte ym czu den cloen ruckite
dy vierde ym den snabil smockite
dy fumfte machte ym schone
Vff seyn hewpt eyne crone 615
dy vj seyn gefedir
Streichte von obin her nedir
Rechte also iuncfraw spange wolde
Wart her gecziret mit golde
2i7a do her also gecziret wart 6£*>
do stunt her yn alle der art
Ap her eyn engil wer
vnd ausz dem padis füre her
JuncfraW spange alczuhant
Streichte yn mit seyner weisin hant 62 £>
do sing her seyn gefedir lang
das ys obir al clang
Seyn gnldin gut gesmeyde
Gewunden wol mit seyde
Edele iuncfraw sprach der rabe
Got lone euch ewer stolczin gebin
Orlop wil ich haben nw
Ich musz von hynnen nw
Sy sprach czu dem rabin
Orlop saltu von mir habin
Sy trug en selbir an dy czynne
Vnd hys en flyen von hynne
Sy sproch fleuch hin libis rebeleyn
Got deyn beschirmir müsse seyn
vnd gedencke an mich vil arme mayt £40
vnd was ich dir habe gesayt
SANCT OSWALDS LEBEN. 109
hin flog her mit sorgen
Bys an den eylften morgen
do qwam her vnfro geczogen
217 b Vff das wilde mer geflogen 645
her warte wo ys ym tochte
das her gernhen mochte
do was eyn kawfman irtrunken
Mit seyme schiffe was her vorsnncken
des mastbomes wart her gewar 650
Der rabe flog nf en aldar
Doruffe her gerute sedir
vnd her irschotte seyn gefedir
Zo das von dem geschotte seyn
Entphil ym das vingerleyn 655
czu hant yn der selbigv stnnt
In des wildis meris grünt
der rabe do crang wart
Dorvmb snlde ich irtrincken
Vnd yn das wilde mer vorsinken 660
Vnd besorgete ich meyn nicht
An vnserm herrn ihesum crist
Wol x sechczentawsin jor
habe ich versewmet das ist wor
Synte oswalt dem herren meyn 665
Vnd iuncfraw spange dy edele konigy
Im was leide vnd bange
Seyne clage werte en lange
Eyn fischer qwam geswumen
~l8a Vff des meris vnden 670
In eyme schiffe balde .
das was des rabin salde
Eyn fischer gut vnd weise
der hysz meister reys
der den seibin rot bevant 675
do mete der engil den konig bewant
do her den rabin blicket an
heiligen globin her gewan
her vil uf seyne bare kny
Nedir yn seyn keneleyn 680
HO SANGT OSWALDS LEBEN.
her sprach bistu ys raphael
Adir der engil gabriel
Adir hot dich got von hymmelreich
her nedir gesant czu mir dich
her sprach geruche dich wer ich bin
Vnd wirff eyn das netze deyn
dir wedir fert gut heil
du feest fische eyn michil teyl
Fische alhy an desir stat
der fischer das czu hant tatd
Das en der rabe hys
der gute got das nicht lysz
her fing vil schire wol
Seyn schiff gutter fische vol
218 b Der fischer sprach nw nym du rabe
Also vil fische also du wilt habin
Gip mir eynen sprach der rabe
do mete ich mich mochte gelabin
das arme crancke hercz mey(n)
her irwoschte eynen mit dem snabil sey
der do hatte das vingerleyn
Geslungen yn den magen seyn
In sich her das geslungen hat
der rabe den fischer gar zere bat
das her ym en uf sluge
vnd gebe ym seyn gefuge
wedir das guldin vingerleyn
her sprach ys ist gewest deyn
Zo saltu ys wedir habin
des irfroyte sich der rabe
her sprach bint mirs vndir den flogil meyn
vnd fische bas an das ende deyn
dorvmb wil ich so schone
Betin got das her dir lone
vnd her dyr /seyn engel sende
An deyme letztin ende
Also wart dem rebeleyn
wedir seyn guldin vingerleyn
Do von her frewde vil gewan
SANGT OSWALDS LEBEN. 111
vnd her flog vorbaS von dan 720
Obir eylff tage fort
219* das her gar müde wart
dy weyle her ouch ny entpeysz
Gutter speise wedir kalt noch heys
Off eyme steyne her do sas 725
der au&z dem mere gewachsin was
doruffe was her noe gestorbin
vnd vor hunger vilnnoch vortorbin
hette got von hymmelreicb
nicht irneret seynen ieip 730
dem ym seyne speyse
Sante ausz dem paradise
dy her also lange nam
Bas her wedir czu creftin qwam
do swang her seyn gefedere - 735
vnd floch abir wedere
Bys das her jn seynes herren lant
Quam der oswalt ist genant
Synte oswalt an der czynne
wart des rabin ynne 740
her sprach frewet euch ir berezogen
vnd ir grofen vnbetrogin
Ich see meynen rabin czart
wedir komen uf der fart
Der rabe qwam geflogin 745
her achte nicht uff der herezogin
Noch der grofen keyne
In wer das lip adir leyde
^19b her floch ym uf dy achsil seyn
her sprach bys wilkomen über rabe mey 750
wo bistu gewest also lange
was entpeut mir iuncfraw spange
dy edele czarte konigynne
des saltu werdin ynne
Sy hot dyr entpoten das 755
mit gantezin trewin ane has
dyr wil sy sich ergebin
vnd keusch mit dir lebin
112 SANGT OSWALDS LB^BN.
an eris leibis ende
an alle missewende 760
Ich begere ouch nicht mere
Sprach oswalt der edele herre
So was hot sy mir gesant
das saltu mir thnen bekant
dyr hot gesant dy edele konigynne 76S
Eyn schon guldin vingerleyn
das was entphallin mir
In das mer das sage ich dir
das bot dir got gegebin wedir
das losz en genisen sedir 77 d
das dy armen lewte
Also ich dich kan bedewün
obir dy irbarme dich
durch den got von hymelreich
So wirstu komen schone IT -
Czu dem ewigin trone
220 a her sprach gerne libis rebeleyn
Zeb'g sey dy lere deyn
her sagete ym des vingerleyn crafl
vnd dy macht dy dor an lag 7fr*
Also lip alz ich bin dir
Zo sage über rabe mir
• hostu icht vornomen
Wy ich czu ir mochte komen
Bier sprach gehabe dich wol 78 «S
Ich dirs allis sagen sal
Ich habe ys irfaren gar ...
wy du czu ir körnest dar
mit wunderlichin sachin
Saltu dir losin machin 79*3
Czwe vnd sebenczig keyle
Beyte nicht vnd eyle
vnd losz sy gar scbire blicken
dor eyn zo saltu schicken
hantwerg allir hande 79 &
dy man yn dem lande
dy man yrne vinden kan
SANCT OSWALDS LEBEN. H3
dorczu nym alle deyne man
So sal ach mit dyr körnen aldar
komen yn alle dem dir var 800
Ap da seyst eya Jtawflman
Ap dirs denne got gan
So fert sy mit dyr czu lande
20 b dy iuncfraw an alle schände
Oswalt nicht lange bcy te 805
dy schiffe gar schüre bereyte
Dor eyn vnvorczogin
hys allis das gut doreyn legin
das man dorczu solde habin
Eyn sas her vnd alle seyne man 810
hyn füre her mit seynen herrn
Bys uf das wilde mer
do vorgas her des rabin
den her methe sulde habin
her ryf ir herrn alle gemeyne 815
hot den rabin ewer keyne
Sy sprocfcin alle neyn
In hette denne yrne keyn
her sprach woluf endelich
Sewmit nicht das wil ich 820
Ewer achte adir vier
Brenget mir en vil schier
Czu hant dobereyt wart
Sy musten de wedir an dy fart
do fanden sy den rabin gan 825
Alczo eyne arme man
In eyner snodin art
wenig gutis ym getan wart
Sy sprachin czu dem raben
da mast mit vns drabin 830
21* Von hynne alczuhant
Ferre yn fremde lant
her sprach ich. wil do heyme bewarn
vnd wil nicht von hynne varn
Meyn herre hot meyn. vorgessin 835
vnd ich muste mit den sewen essin
F. D. A. IL 8
114 SANCT OSWALDS LEBEN.
des wom ay gar zere verdrossen
Sy habin mir mey gefedir czu stossin
Vnd meyn schon gefedere
wy sulde ich denne wedere
komen nagkt gegangin
Blosz vor iuncfraw spangin
das stunde mir nicht wol an
wil mich meyn herre han
mit ym czu seyner ioncfrawen
her musz selbir noch mir komen
mit allin seynen herren
vnd mit seynen dynern
Dese wort dy boten
Oswaldin wedir knnt totin
1 Oswalt czu hant uf der fort
mit den seynen vmb kart
do her den rabin an sach
her knyte nedir vnd sprach .
Eya vil liber rabe meyn
Losz wendin den ezorn deyn
221 b Vare mit mir von hynne
das bete ich dich mit ynne
wo du bleibist hynder mir
Juncfraw spange ich entpir
her sprach ir habet meyn vorgessin
mit den sewen muste ich essin
dy habin mir dy fedir meyn
ausz gestosin das ich blos bin
So habin deyne kochin knechte
mir geton gar vnrechte
Sy haben mir czuslagin
Meyn hewpt das ich musz olagin
Oswalt ryff mit schalle
Sy müssen hangen alle
her sprach das sal nicht seyn
das ymant durch den willin meyn
wurde benomen seyn lebin
das ym got bot gegebin
Nu setze mir dy crone recht
SANCT OSWALDS LESEN. 115
Meyn gefedere mache siecht
So fare ich Dait dir vnvorczait
Vnd schicke dir dy schone mayt
Oswalt nicht iengir beyte
den rabin her bereitte 880
Vnde her eylte ane mosse
vff des mens Strosse
222* Im czu farin wart besoheidin
Sebinczen tage reyse
Sy musten wol acht jor 885
Vmb farn das ist ivör
Im was ans der mosen bände
her künde nicht komen czu lande
In vil manichin joten
Von des wildin meris strömen 890
Czu der innefrawen seyn
Vor spange der edelen konigyn
das machtin hose winde
dy en vmb trebin swinde
In dem' erstin jore 895
lys em got ezwerfc
Alczu niole irtrincken
Eynvnsebeczig schiffe vorsinoken
ym W6dirfur grosz vagemach
Leydes ym ouch vil geschach 900
Off des wilden meines ström
doch en got yn sfeyne hatte nam
vnd dy übe muter seyn
Maria dy hyöidkonigynne
Do vor spange das vornam 905
das ir fridü nicht qwam
Sy gedochte ir vil leyde
vnd ging czn dem heidin
-22 H das tat sy allis Vmb das
das sy ym das vingerieyn 910
weyste das her muste seyn
kewsch wen her das an sach
vnkewscheit an ym gebrach
dy selbe togunt hatte ys ouch
8*
116 SANCT OSWALDS LEBEN.
Allir czorn von ym floch 915
von seynen togunden da« geschach
der beide begunde czu frogen
das sy ym sulde sagin
wer ir das gegebin hette
vil vngerne sy das tete 920
Juncfraw spange wart gewar
wol jn dem newndin jor
das ir lyp an vndirlasz
In vil grosin notin was
Noch mochte her nicht irdrinken 9££>
Noch yn dem mere vorsinckin
Em was gegangen abe .
Brot trincken essin vnd ir habe *
was czu speyse tochte
das her nicht inehe gehabin mochte 93^
Oswalt want seyne hende
dem schiffe ging her czn ende
do stunt eyn alter
doruffe gotis martir
223 a Her sprach got von hymelreich 92££
Irbarme dich hewte obir mich
Mir deyne hilfe sende
Ich forchte meyn leip habe eyn ende
0 du rosen vares blut
vaser herre nym mich yn deyne hat §4k^
dy clage horte der rabe ouch
dem herren her ouch uf den arm floch
her sprach was gewirt dir
Liber herre das sage mir
do sprach hen wedir synte oswalt 9>4*
Meyne clage ist zo manchfalt
das clage ich nymande mere
Wenne gote vnserim herren
Ich weys was ich dir sagin sal
du weist ys selbir wol 9&&
das nw dirs yemerlichin gat
Is sal wesin gut rat
Globe got an desir frist
SANCT OSWALDS LEBEN. it7
Au vnserm herren ihm crist
drey tage yn der wochin 955
vasten vngebrochin
So dastu keyner hande weys
Gutter speise nicht entpeyst
So wirt dir marien kint
Sendin eynen gutin wint 960
223 b das du komist czu lande
Gzu vor spange noch der ist dir zo bange
Oswalt das nicbtin lys
her tat was en der rabe hys
do qwam eyn vil gutter wint 965
der en czu lande brochte synt
do her czu lande komen was
der rabe wart nv zo lasz
Czu der bürg her hin floch
vnd dor vndir swebete ouch 970
das treib her also lange
das dy konigynne vor spange
Seyn do gewar wart
des rabin zo czart
her floch durch eyn fensterleyn 975
dorvndir sas dy konigynne
do eyn muterleyne
Bey ir was der meyde keyne
Do sy den rabin an sach
Sy entphing en vnd sprach 980
Bys wilkom vil libis rebeleyn
wo ist oswalt der herre meyn
her sagete ir dy mere
wy her mit groser swere
Mit not vnd mit sorgen grande 985
komen wer nw czu lande
224 a vnd das grosz vngemach
das ym uf dem mere geschach
Liber rabe nw sage an
wo bot her dy schiffe gelon "°
her sprach sy seyn irtruncken
vnd yn dem wilden mere vorsuncken
US SANCT OSWALDS LEBEN.
Sy sprach zo musz ich bleibin hir
Vorwor das glewbe mir
her sprach edele iuncfraw gut 995
Czwor alz ir ys nichtin tat
vnd wo das vorginge
vnd do hen nymmer qweme
do man euch nymmer nente
Adir ewern namen irkente 1000
Ich ouch mit nichten dar
wo ich ewer worde gewar
Sy sprach lip über rabe bleib. hybey mir
Ich thu allis das lip sey dir - «.
her sprach iuncfraw meyn >. > 1005
Ir sprecht alz eyne czarte konigyn
liot euch tewiin balde
das wirt ewir sulde . • . . «
do wirt von euch getrebin
vnd alle ewer sunde vorgehin , .. 1010
Sy sprach ist her eyn heiliger man i>
Meyn fridil das ich nicht gewissin k4n
224 b So heysz en betin seynen got
das her ym helfe das ist not
vmb eyn hirsch das sal seyn silberin 1015
vnd fewir rot guldin
der sal loffin alczu hant
durch meynes vatern lant
kan her den gehabin nicht
von seyne woren gotis phlicht 102O
So musz her von hynne gar vnsewberlich
von hynne farin ane mich. .
der rabe sagete ym dy mere
vnd ouch nymande mere
Bessz yn alle der not - 1025>
wenne vnsers libin herren got ; j
vnd übe muter seyn .
Allis sunder eyne trosteryn
Ich röte e«ch allir Euadir wan
Rafft sy mit ganfczin trawen an lOSO
Ynd her sagete euch da bey
SANGT OSWALDS LEBEN. 119
von dem hirs geweye
Wy das sulde gelon seyn
Vnd wy der hirsche liffe hyn
Sulde do czu hant 1035
loffen durch eris vajer laut
wo das nicht gesohlt
So magistu ir habin nicht
225 a vnd most an sorgen banden
varin heym wedir czu lande 1040
Oswalt fil nedir uf dy kny
her sprach ich bin nw aihy
komen in surgen vnd yn peyn
herre durch den willen deyn
hilf mir durch den werdin gol . 1 045
das ich kome aus not
• vnd gip mir czu desir feist
den hirsch also her mir befoln ist
Losz mich nicht vorterbin . .
dorvmb wil ich werbin 1050
Czu eyner kirchin dir
Also ich sy allir. beste habe . .
das ich möge dor abe
Eyü prister daste baa geban
vnd yn deyme dinste bestau 1055
Williglichin cfcu allir czeit . . . • .;
An dir alle: meyn trost leit
do her dese wort gesprach
Eynen hirsch her do vor ym sach.
Ap her aws dem padise ... . 1060
vnd yn alle der weyse
Vnd yn alle dem geberde
Ap ys eyn heiliger engil were
Von silbir vnd von gulde
325 b also got von bymel wolde •..•"> 1065
das der hirsch wonniglich
Czu der bürg machte »ick
Obir berg vnd obir tal n
lyff der hirsz obir al
her lyf vü manche faort 1070
120 SANGT OSWALDS LBBKN,
das der heyde seyh gewar wart ' '
her riff wol uf alle meyne dinstman
Ich sehe eynen stolezin hirsz stan
den schönsten zo ich en y gesacb
Czu hant das volk uf brach
dem hirsche folgeten sy noch
wol dreisig tawsint man vilnoch
Czu hant uf der selbigen fart
dy bürg veste geslossin wart
Gar wol unvordrossin
Mit czwe vnd sebeczig slossen
In der selbigen stunde
der rabe abir begunde
Czu sprechin mit der edelyn mayt
her hup uf vnd sayt
Ir dy swere inere
wy dy bürg geslossin were
Gar zere her sy bat
das sy selbir gebe rot
226* wy sy ir fridel were
Vnd das sy von der bürg qweme
Sy sprach ist her eyn heilig man
alz ich an dem hirsche gesehn ha(n)
vnd eyn teil irkant wol
Seynen got her betin sal
das sich dy slosz uf süssen
vf der bürg das mag her wol genissen
Geschit das von seyner bände
zo fare ich mit ym czu lande
do her dy botschafft vornam
der rabe czu oswaldin qwam
her sagete ym dy mere
'das dy bürg geslossin were
Oswalt vil nedir uf dy kny
her sprach got ich bin alhy
Irfrewe meyn gemute
durch alle deyne gute
Gedenke über herre meyn
das ich durch den willen deyn
SANCT OSWALDS LEBEN. 121
vnd durch rechter kewsoheit 1110
dy du au meyn bertze host geleth
Ich wil dir leistin dy gobe
dy ich dir globet habe
mit willen über herre meyn'
226 b deyn dyner ich ymmer wil seyn 1115
des losz mich herre genissen
das sich dy slosz uf süssen
dese bürg alle gemeyne
vnd das ich kewsch vnd reyne
mit der edelen konigynne 1120
Bälde möge komen von hynne
Ee her dy wort ausz. gesprach
dy slosz man alle offin sach
AJczu hant der rabe
dy iuncfraw nam her abe 1125
do fürte her sy bey der weisin hant
do her seynen herren fant r
her antworte seynem herren
dy iuncfraw mit grossen eren
Synte oswalt alczu hant 1130
Juncfraw spange vndifwant
her entphing sy frolich
vnd vmbgreiff. sy lipüch
mit den beyden armen seyn
her koste sy an beyde wengeleyn 1135
An allin argen wan
Vorbas her sy nymmer an
Gerurte czu keyner stunt
her druckte sy an seynes herczin grünt
227* her sprach der alle ding bot 1140
Geschaffin mit seyner maiestat
der losse vns allen beiden
In rechtir kewscheit vorscheydin
Ap stysz her das schiff seyn
hyn fürte her dy konigynne feyn 1145
Sinte oswalt der milde
Uff des meris wilde
Czu hant vol komen was
122 SANGT OSWALDS LEBEN.
do qwam der heide vnd dast
Mit dem hirschin guldin 1150
vnd wolde den der libin tachter seyn
Vor libe habin gegebin
Sy was ym lip alz seyn lebin
do her dy tachter nicht fant
Eyn hörn nam er yn dy hant 11&5
das satczte her an den munt
Vnd blysz das czn der selbigen stunt
das hörn lawte vnd bedewtet das
Seynen czorn vnd grymmigen -has
vnd seyne grose grimmickeit US«
dy her an dy tachter let
dornoch alle Samen
dreisigtawsint heidin qwomen
dy do alle bey dem hörn
227 b Wol irkanten seynen czorn HG
dy irboten alle sich
Czu seynem dinste williglich
her sprach ir herrn gebit rat
Synt mir eyn kawffm(an) hot
weg gefurt dy tachter meyn \17<-
das musz mir leyt seyn
dy weile ich lebe eynen tag
Bys ich mich gerechin mag
Aus« der sammelange her do kosz
dreisigtawsint beiden grosz 117 ^
dy bey den selbigen joren
dy beste alle woren
dem heidin was vil yocb
her machte sich snelle hernocb
do juncfraw spange gewar wart llö^
Eres vaters nacbfart
Sy gyng alczu hant
do sy oswaldin farrt
Czn des schiffe* ende
Sy koste ym seyne bende llS^
Grosse libe musz gfeseh eidin seyn
Jo sprach sy liber herre meyn
SANCT OSWALDS LEBEN. 123
#
Meyn vater bot irseheilit eyn hörn
das bedewtet seynen czorn
her ist cyn freisim man 1190
228 * vnd komet her vns an
her brengit vns in grose not
An bete wir balde vnsern got
An den ich gerne glewbin wil
das her kawme also vil 1195
In dreyen tagen gefarin kan
Also wir hewte habin geton.
Synte oswalt knyte nedir
mit ynnickeit bette her sedir
her sprach hymelischer got 1200
Sich an meyne grosse not
vnd gedencke ouch doran
was ich dir habe geton
williglich durch rechte reynikeit
vnd vmb lautir kewscheit 1205
Ich wil dir leistin y dy gobe
dy ich dir globet habe
Vnde ich ouch dorczu
obir vier wochin yo
Machin eyne spende 1210
mit meynes selbis hende
So wil ich alle dy gewern
dy an mir icht begern
durch den willen deyn
hilff vns herre ausz desir peyn 1215
vnd mache das meyn swer
Bey dreyen tagen möge nyfiier her
^28 b An dy stat gefarin kan
Also wir hewte ban geton
do machte das hymelische kint 1220
das do qwam eyn gut wint
her hinderte den heiden
das her sich voste leide
Czu bedenckin begunde dorynue
hin her für vil manche krome . . 1225
vnd manchen irren gang
124 SANGT OSWALDS LEBEN.
das machte ym dy weile lang
Also qwam sinte oswalt
heym vor dy Strosse mit gewalt
In seyn eygin lant
vnd samniilte sich alczu hant
her czu hoffe brochte alsam
wol dreisigtawsent man
an dem dreiczenden tage och
do qwam gefarin hen noch
Seyn swer der heide
Vmb seyne tachter was ym leide
Mit dreisigtawsint reckin
Begunde sich wedir sy czu streckin
Oswalt hatte dreisigtawsint man
her begunde wedir en czu stan
Streitlich czu sampne quomen
. 229 * dy heidin grosen schaden nomen
Eyn teil wart irslagin
Alz ich horte sagin
das andir teil irtrang
In dem mere ys vorsang
Gar obil ys dem heidin ging
den heidin man selbir ving
Seyn leip vnd ouch seyn lebin
Sinte oswalt wart gegebin
Do lys her seynen swer
legin yn eynen kerker
der do was gelegin
Gar none bey dem wege
do man hen vor muste gen
Is was gut das, man fing den man
Eynes tages das geschach
der engil czu ym qwam vnd. sprach
Lebistu noch du heidenischer man
wy lange wiltu ym vngloben stan
du salt nw alhy seen
was gegebin wirt den
dy hy gote gedynet han
vnd gute werg han gethon
SANGT OSWALDS LEBEN. 125
Öuch saltu gewar werdin
was vordyaet habin dy uf erdin
dy do lebetin wedir got
229 b vnd nw getoten seyn geboth
her begunde selbir czu yen 1270
her weide ys gerne sehn
do sach der geselle
nedir eyn dy helle
do sach her legin ynne
Eyne grosse wolflynne 1275
dy tewfil standen vmb sy
Swefil vnd pech- gossin sy yn sy
In den halz an vndirlosz
Ir peyn gar grosz was .
von hitcze stang vnd roch 1280
do bey stunt eyn stul ouch
der heide cza bant frogete
vnd bat das her ym sagete
vnd ym tete offinbar
wes der stul wer aldar 1285
vnd was das mochte geseyn
dy wolfin in der hellin peyn
her sprach ys ist dy bausfraw deyn
So ist der andir stul gegebin dir
her ist aldo gesatczt dir 1290
Do her sach obir sich
In das hoe hymelreich
do wart her gewar
Drey stule offinbar
^30* Sten bey marien schone 1295
An des hoen hymelstrone
der heide en abir frogete
vnd bat das her ym sagete
Was dy drey stule wern
her sprach der eyne oswaldin sal seyn 1300
der andir der tachter deyn
der dritte mag wol werdin dir
wiltu andirs volgin mir
Vnd wilt dich tewfin Ion
I
126 SANGT OSWALDS LEBEN,
vnd got betin ob 1305
der beide czu bant do
Sprach yo herre yo
aller deyner lere
wil ich williglich folgen gerne
Des morges do das wart 1310
Juncfraw spange an der fart
Begunde czu der kirchin gan
Ir vatir sach sy vnd riff sy an
Tochter gehe her vnd höre mich
Mit trewen das bete ich dich 1315
Mir ist hewte vorkomen
vnd wy ich das habe vornomen
das wunderliche mere
wy eyn gutter got wer
230 b der wonit yn dem bymelreich lföO
Wir habin geglewbit torlich
das wir alle sundir wan
den tewfil gebetet habin an
Ich habe irkant in desir frist
das eyn warer got ist 132£*
Nu vil übe tachtir meyn
Bete oswaldin den herren deyn
das her beut seynen got
Vmb meyne lewte dy her hol
Irslagen vnd irtrenckit 13&Ö
Vnd yn dem mere vorsenckit
das her mir czu desir stunt
dy lebendig vnd gesunt
So wil ich mich tewfin Ion
Mit en vnd got betin an 13$£?
dy iuncfraw vil fro wart
hyn lyff sy mit der fart
Sy fant Oswalden an seym gebete
Inniglichin her das tete
Vor dem crewcze sy en legen fant 1340
Seyne andacht was gote bekant
den her stetigüch
Bat vmb das bymelreich
SANCT OSWALDS LEBEN. ItJ
do her dy inncfraw an saoh
Czachtiglicb her cza ir sprach 1345
Juncfraw was macht ir vor mir
231* das berichtet mich
Ir wisset wol was ich en gebetin habe
das ir stete sollet stan
In der kirchin vnd betin vil 1350
do sprach dy konigynne feyn
herre mich hot der vater meyn
her cza dyr gesant
vnd her hot mir zo hoch genant
Liber herre ich bete dich 1355
das du got von hyihelreich
Vnsern herrcn ihesu orist
Vmb seyn volk betist das do tot ist
Bete das en das lebin
Wedir wirt gegebin 1360
So wil her lossin tewfin sich
vnd wil an got glewbin von hymelroich
Juncfraw das vormag ich nicht m
Ir tut denne gote rieht
Eyn ding das ist e^rer kewscheit 1365
vnd ewer lawtir reynikeit
Globet cza haldia gote
Gancz fru vnd spote
das ir'czu allen standen
kewsch vnd reyn werdit fanden 1370
So wil ouch got von hyihelreich
231 b Dese bete gewerin mich
An desin grosin sachin
Seyn volk lebendig machin
dy iancfraw das fro was 1375
Sy sprach gote ich globe das
vnd marien der üben tnater seyn
dy ist dy kewsebit meyn
Vnd meyne reynigkeit lewterüch
Wil ymmer behaldin ewiglich 1380
Stete an allen gewanckin
Mit worten vnd mit werokin
128 SANGT OSWALDS LEBEN.
Wo ich das ymmer breche
Got das an mir reche
Sy sprach über berre meyn 1385
Bete ouch vor dy sele meyn
vnd dy deynen den glitten got
Vil gerne wil ich .an seyn gebot
Wo ich bin yn weidin
mit dem volke adir mit de winde 1390
mit den hyden czu keyner stunt
Seyner übe vorgist nymmer der munt
Ich trincke adir esse
Seyn ich nymmer vorgesse
Vnd dy bitter martir seyn 1395
Vnd der yemmerlichin peyn
282* dy her an dem crewcze leit
vnd der grosin yomerkeit
dy seyne übe muter leit
Vnd seyn grosz vngemach 140^>
do sy ir kint hangin sach
m an dem crewcze vil hoe
Gleich eyme dybe also
0 vater hymelischer got
Gedencke an den. bittern tot 140-S
den du ledist gedultiglich
an desim gebete irhore mich
Ich dich bete hewte
Mache das dese lewte
Wedir müssen lebin 14* *^
dy hy dem tode synt gegebin
Do her dese wort gesprach
dy lewte man alle sach
lebindig bey dem vber stan
Vnd begunden czu der bürg gan 14 f &
Czu der selbigin stunt . .
Wordin sy alle gesunt
Vff dy bürg qwamen mere
wy sy alle lebindig weren
do sy alle bey namen 1420
vor sinte oswalt qwomen
SANGT OSWALDS LEBEN. f29
her sante eyn seyn lant
Noch bischoffeil alczu hant
&32 h Do qwomen her gefern
dreyczentawsent ir worn 1425
vnder ym gesessin
her hatte sich vormessin
Sy mästen dorczu tichtin
wy sy dy heidin machtin cristin
Dy bischoffe oswaldus nam 1430
vnd ouch ere capellan
Tawftin czu dem selbigen mole
dy Heidin allis obir al
dornoch nicht lange
wart getawft iuncfraw spange 1435
vnd ir vater mit der vart
Johannes her geheysin wart
Dy» getawfftin alle
Riffen uf mit schalle
Sint oswalt ist eyn heiliger man 1440
der dys wander bot geton
Johannes do alczu hant
heym für yn seyn lant
her lysz alle vmb steydin * ! ■
Tewfin dreysigtawsint heidin 144$
dy sich nicht woldin Ion
vnd noch rechtim globin stan
dy lysz ber alle totin
In zo yemmerlichin notin
$3* her lysz en gar ufte 1450
Binden hende vnd fusse
Gzu sampne vnd irdrenckin • * .
Vnd yn das mer vorsenckin
Alhy hot das buch eyn ende
Oot vnsz seyne hülfe sende 1455
Ruft an synte Oswaldin
das her vns yn seyner hüte behalde
Vnd czu dem konige gut
das her vns neme yn seyne hut
vnd bessir vnser lebin - 1460
F. D. A. IL 9
130 SANCT OSWALDS LEBEN.
So das wir komen ebin
Czu ym alle gleiche
In gotis hymmelreiche
Das vns das allis werde wer
So sprechit alle amen offinbar 1465
Et sie est finis
Aus der Wiener handschriß 3007, früher N. 297, pap. vom
j. 1472; vergl. Hoffmanns Verzeichnis s. 180,
FRANZ PFEIFFER.
BIBLISCHE GESCHICHTE.
Von der beschaffunge diser weit bifs auf das jungst
gericht gereymt.
So steht auf dem decket einer papierhandschriß der
Nürnberger Stadtbibliothek (Bibl. Solger. Cod.N, 15. fol.),
geschrieben im j\ 1465, enthaltend d) Diefs sint konig Sal-
monis buchere und zwar 1. Salomonis Spruche (proverbia),
2. der zureder oder lerer (ecclesiasticus), 3. gesangk vber
alle gesenge (cantic. canticorum), schliß/send Hie hant Sa-
lomons bucher ein ende Anno dni tc lxvto. — b) Hie vahet
an Seneca von den vier angel tagende. — c) eine Wibcl
oder biblische geschickte a. und n. tt> in 2 cohimnen mit
bildern (vorn die 4 demente) und vergoldeten anfangsbuch-
stoben, 51 bl.9 schliefsend Finite 'ita feria p9 galli Anno dni
M°cccc°lxquito. die vorrede vierremig9 wohl nach Gott-
fiied von Straßburg 9 dessen Tristan auch wohl gemeint ist-
die handschriß zeigt einige eigentümliche laute und reime *
sie hat nicht nur det, du, Ire de, rede : stede, baden : gnaden*
drost ... entstunt : frunt, sondern auch noit, loifs, koniog
könne : wonne ü. s. w.
1* CJot herre in dineif trinitat
Welich ein wunderlicher ratte
Von erst bifs herre gewurekett hat
Iiin aller siner hant gedate
Gar wunderlich ist din gewall
Das sint wunderlich gestalt
BIBLISCHE GESCHICHTE. 131
Din dinge gar manigfalt
Vnd ist din wunder vrigezalte
Was ein man yon wunder mag
Gelesen alle eynen tag
Das ist als. Jn die bach ein slag1
So grosser wunder gott ye pflag
Das bruffet wole ein wyser man
Der wunder wole gebruffen kän
Das gott noch nicht nye began
Man sehe da wunder allein an
Die Elemente besunder
Ertzeugent alle wunder
Wie sich der erden bunder
Hat gesetzet vnder
Vnd das wasser alda neben
Darumb hat sich der lufft gegebn
Das fuer will obe Jne allen sweben
Das ist ein wunderliches leben
Nu bruffet an das firmament
Wie wunderlich von Orient
Es gahet an den Occident
Diefs ist ein wunderlich euent
Die sonne hat auch jren gang
Viel tusent mile lang
Bifs widder an Jren anfang
Diefs ist ein wunderlich gedanck
Was die erde auch ye getrog
Da siecht man wunder an gnug •'<
Welich man wart ye so clug
Der da funde semlichen füg
Were mochte des ein meister sin
l)as sieh ein rotfarwe rdselin
Cläre geferw^t vnd fin
Vff slusset gein der sonnen schyhe
Diefs zeichenlich wunder diit
Lylien vnd aller hande blute
Were heran setzet sinett mute
I. in fTatther 124, 14.
132 BIBLISCHE GESCHICHTE.
Den wunder nicht wan got ist gut
Nu mercket was der vrhabc sy
Personen vnderscheiden dry
Da erkennen wir ein gotheit by
Nu sehet obe das sy Wunders fryhe
Got der nach wunder richtet sich
Des dinge sint billich wunderlich
Wasser erde hymelrich.
Die sint wunder alle glich
Vnd dar zu der bäumen frucht
Vnd aller creatuer züchte
Von wunder hat die kein flucht
Sie sint von wunder gar gewucht J
Were mochte das wunder mee gethun
Das vfs eym ey wirdet ein hjine
Ein falcke. ein lerche. ein fafsethune
Ein swane. ein pfahe. vnd ein grün
Das ist yedoch noch ein wicht
Sint Hymel vnd erde was nicht
Vnd ist noch wunder an gericht
Das ist der wunder vberpflicht
Sint wunder also viel da ist
So horent den wunderlichen list
1 e Wie got vnser herre Crist
Geborne warde jn zyttes frist
Von eyner keyserlichen maget
Wo ist das wunder mee gesaget
Der solich gnade was betaget
Das sie jme zu mutter hat behaget
Was sache jne hie hat getriben
Das ist nit vnder wegen bliben
Man findt an diefsem buch geschriben
Des ist mir jn dem synne becliben
Das ich des gantzen willen hann
Obe ich die gnade möge emphan
Das ich die rede sunder wan
Will betutten so ich beste verstau
Verneinet von erst doch ein clage
Sint ich uch durch myn sage
BIBLISCHE GESCHICHTE. 1»
Obe uch der rede icht myfs hage
Das. mirs uwer gunst vertrage
Ich kan nit vil gesmyren
Noch die wort gezieren
Ich wil die rede füren (gevieren?)
Ane alles floriren
Geblumet rede seyt der gral
Herr ywyn vnd herr parzifal
Vnd wie gewarp zu Cornual
Brangene ysot tristan rewal
Vnd wie die clare plätziflur
Bestricket jnn der mynne snür
Mit tristande durch amür
Heyme zu parmenie füre
Solicher rede ich nit enger
Were sich dann nit will keren her«*
Der findet doch sinen were
Der sehe vor sich dirre vnd der
Diefs rede ist ein ernstlich gefar
Des rede ich ernstlich dar
Mit blossen wortten vnd bar
Nu hört vnd nemet die rede war
Hye vor da sich die zijt anfing
Vnd die weit anginge
Da gtftt hat vnser heylant
Mit siner gotlichen hant
Alle Creature
So zarte vnd so gehöre
Geschaffen wole nach pryse
Da hat er sin wise
Noch gotlicher wirdigkeit
So wirdiglich auch angeleyt
Das der hymel vmb gang
Vnd der planeten widder fang
Was gemachet ordenlich
Vnd die sonne wonniglich
Vber scheyne die weit wyt
Vnd underschied das tagez zyt
Von der finsterlichen nacht
BIBLISCIIR GESCHICHTE;
Der auch zn fochten was gemacht
Der monde vnd auch die Sterne
Diefs duchte den herren
Alles wunderlicher gütt
Die baäme stunden jnn der blute
Die erde wole gezieret was
Crutter blumen vnd grafs
Mangerley könne
Stunde jnn gantzer wonne
Die tier vor Jme ließen
Jglich jre styme rieften
Diefs was gryme diefs was gut
Diefs wilde das was wole gemnte
Die fische flussent jnn dem mere
Ein gar wunderlich» höre
Viscbe elein vnd vische grors
Diefs ruche vnd diefs Mofs - '-
Als sie geschaffen waren
Gar wunderlich gevaren (gebären?)
Wart von fischen da gesehen
Als es noch dick mag geacheen
Embore die fogel sich swungen
Sie gurren vnd sangen
Jglicber sin wise
Die nachtigal zu ryse
Die lerche jnn die lüfte swang
Sie hübe jre stywe an vnd sang
Die winde hatten jren dofe
Jenes wasser here diefs bin flol's
Vnd funden doch jren vrspring
Sust waren aller hande ding
Geschaffen wole noch wünsch gar ' •
Des name jre schopffer gut war
(NU)
Er sprach nach gütlicher Ee
Wir sollen! dannocht schaffen inee
Einen man gar wunderlich
Der sot vns selber wesen glich
Er soll vnser bilde bann
BIBLISCHE GESCHICHTE. iU
Jme sol auch wesen vnderthaae
Was du hie geschaffen ist
Er nam dar nach Jnn kurtzer frist
Ein gar lutzel erden
Dar aufs so hiefs er werden
Einen man lobesam
Mit namen hiefs er jne adam
Er satzte Jne Jnn das paradifse
Das er were jnn aller wifse
Alles dinge ein Crone
Das sie jme alle schone
Vnderthenig solten sin
Diefs sach vnser D rechtin
Vnd duchte jne alles gut
Nu was sin gotlicher mute
Der man were vhel eyne
Der nam vis sym gebein
Ein Rypp vis sinen brüsten
Er schuff jme wole noch gelüsten
Eynen freuwelichen lyp
Das sie were sin elich wyp
Das sie wem beide alleyne
Zwene korper an jn zweien
Doch zwey an eynem lybe
Das gantz truwe blybe
Zweien gemechten ymer mce
Da gäbe jne got all soliche Ee
MV was der wonne garte
Geplanzet also zarte u. s. w.
sündenfall* Lucifers fälL
Der vngetrnwe »lange
Der da vor vnlange
Von dannen was Verstössen
Mit sinen falle genossen
Dem was Seligkeit gegeben
Freude vnd ewigs leben
Jnn dem hymel trone
Safs er mit wirde schone
Got hatte grosse Schönheit
136 BIBLISCHE GESCHICHTE.
An den engel her geleit
Er was der engel hereste
An wirdigkeit der erste
Der schonest was er auch erkant
2d Des was er lncifer genant
Als ein liecht drager
" Sint er der schonest were
Sin schöne gäbe jme vbermut
Als es noch den lütten dut
Gein sinem scbopffer satzte er sich
Er seyt er solde jme wesen glich u. s. w.
3* wird durch Lucifer Eva, durch Eva Acf^t
verfuhrt. Verbannung aus dem paradies& .
3€ Er triebe sie für das paradifs
Yglichs brache ein qwesten ryfs
Vber ym und deket sich u. s. w.
3* Eya (l. ßven) vngetruwer rate
Der lute viel verleytet hat
Hinabe zu der hellen u. s.w.
hienach das gericht gottes über den menschen.
Hye käme es also ferre
Das der hymel herre
Got von hymelrich
Besafs gewaltiglich
Selber ein gerichte
Mit wirdiglicher pflichte
3d Mit aller hymelischen schare
Die hymelfürsten komen dar u. s. w.
4* Der tron was gemachet wole
Als da ein keyser sitzen sol
Von golde vnd auch von richer hört.
gesteine und blumen werden beschrieben, darnach redet
gott die engel an.
4° DEr rede got alsus began
Er sprach Jre fursten vnd jr man
Wir hatten grosser wirdigkeit
An den menschen vil geleyt
Jme was vnderthan gemacht
Was der hymel hat. bedackt u. s. w.
BIBLISCHE GESCHICHTE. 137
iten die vier Schwestern Barmherzigkeit Wahrheit
tigkeit und Fried* x ayfund schlichten den spruch.
4d So diese rede ergingen
Mit grosser swere empfingen
Sie die herren alle gliche
Das der koning riche
Mit zorniglichem mute
Durch die missehute
Vff des menschen vnheil
Fragete vmb ein vrteil
Sie westen nit was sprechen
Sint sich der koning rechen
An dem menschen wolde
Sie würben vmb ein hulde
Dem menschen vnd baden
Glich allesampt gnaden
Gnade koning riche
Auch warbe getruwelich ■ ?
Frauwe Barmhertzigkeit
Jre was des menschen kumer leyt
Sie neigte vor gottis fufse .
Sie bade auch also sufse
Vor des menschen missetat
Eya herre syt das mensche hat
Vbergriffen din gebott
So bifs du ein milter gott
Du salt barmhertzig sin u. s. w.
>* Das hört jre swester Warheit
Sie ginge hin für den koning stan
Sie jach ich hette keynen wan
Das frauwe Barmhertzigkeit
ete darstellung wurde bekanntlich öfter behandelt ; prosaisch
lernt im Belial, gereimt theils in Rudolfs v. HE. fortsetzun-
mherzigkeit Wahrheit gereehtigkeit minne), theils in beson-
lichtet beginnend Sich huob vor gotes tröne ein gespraeche
h cod. Stuttgard. bibl. publ. Mscr. poet. fol. n. 10, cod.
Cmmeram. 6. xxxvi. eh. 4, cod. Paldt. 341. nr. 124
Coloezaer cod. nr. 120, JWener hs. 2677 nr. xl. bl. 100b
ur eine abschriß des Colocz. cod.)
iSa BIBLISCHE GESCHICHTE,
. Diese wortte hett vfsgeleyt u. s. w.
5b ClErechtigkeit die horte das
Sie stände uff balde da sie salb
Sie ging auch vor den koning riebe u. s. w.
5e Da Friede horte diesen stryt
Sie sprach nu weres an der zyt
Das ich zu hoffe queme
Vnd die rede da verneme
Sie name ein vrkundt vnd ein plant
Rechtes frieden jnn die hant
Das was gottis bilde
Sie sprach bifs herre milde u. s. w.
5d Da diefs rede was gescheen
Sagt an was mocht got da jheen
Verhörte er barmhertzigkeit
Das were jrer swester warheit
Ymer widderzeme
Obe aber er verneme
Gerechtigkeit das were
Gar vnfriedber
Kurtzlich nu geschach
Die maiestas aber sprach
Jre fursten vnd jre Ratman
Jglicher rade was er kan
Gebet endlichen Rate darzu
Was ich zu diefsen dingen thue
Wie ich milde walde
Vnd doch warheit haide
Vnd wie ich halde friede
Vnd gerechtigkeit dar myde u. s. w.
6* Des vatters wifsheit vnd sin Rat
Der der gotheit gehat
Spiegel vnd bilde
Sehent den zwange grofs milde
Vnd jnbrunstig mynne u. 8. w.
6h Do diefs clare maiestas
Den Rat jn sym Spiegel lafs
Der endelosen wifsheit «. s. w,
6 r Da nu der sone begatte
BIBLISCHE GESCHICHTE. IM
Das er den veriaup hatte
Von sinem vatter schiere
Die swester alle viere
Hofelich sprach er an u. s. w.
d So diefs swester alle
Von dem freuden schalle
Hortten den sone der künftig was
Als iglich selber lafs
Jnn der golheit
Da worden sie gemeytt
Vnd auch zuchtiglichen froe
Sie sprachen alle glich also
Du hymelischer Spiegel
Were wolde wesen kriegel
Gein diner wisen lere u. s. w.
b Synt ich was an lant gefaren
Vnd ich den segel wolt sparn
Den ich durch rüe nyder lieb
Vnd den encker in den griefs
Des selber hann geschossen «. s* w. i
h Da der Rate ergangen was
Das des vatter Spiegel glafs
Der Sone daz hymel kindelin
Der gotheit widder scheyne
*c Nach hoher wifsheit vfserwelte u. s. w.
\t die rede über auf die. boten die gott als verkündi-
sohnes im ablauf der Seiten sendet.
> * Hernach etwae lange was
Als ich in den buchen lafs
Das es den herren dachte zyt
An dem alle tugent lyt
Botten sant er jnn die lant
Vnd hiefs dem volck thon bekant
Hoffenliche mere
Das ein erlosere
Schier komen solde
Der vns erlösen wolde u. s. w.
9* Mere Abraham der erste
Der Patriarchen berste . » . .
140 BIBLISCHE GESCHICHTE.
10' ÜEre Moyses hernach enstundt
Der viel getruwe gottes frundt . . .
10° ^%l¥o sin Hecht ye hin quame
Diesen Sterne balaam
Lange vor erkande ....
10° "Oet gul Iop het auch vernomen
Wie got her nyder wolt komen
Jn diese menschliche wat
Das er auch vor gesaget hat
Zu got rieff er taugen
Joch herr myn din äugen
Fleischlichen sollen werden ....
10d Der vfserwelte gottis früt (/. trut)
Der konig dauid vberlut
Hat vorhin lange
In sinem psalter sänge
Geprediget vnd vor geseyt
Vnd gar mit truwen vfs geleyt
Wie Cristüs vnser herre
Der liechte sonne Sterne
Komen wolt jnn vnser wat
Vnd wolt sin hantgedat
Drostlich schauwen vnd sehen ....
1 1 h Her Salomon der wise
Der was auch an dem pryfs
Dieser hohen bottschafft
Des er von geistlicher crafft
Vnd von gottlicher ee
Sprache er miserere domie ....
11 c ÜEre abagug in truwen sprach . . .
12* Der wissage Aggeus «...
12 b Der wissage auch Micheas ...
12 c !Dßr werde Zacharias . . .
12d l>Er prophete Jonas
Der dry tag jnn dem vische was . .
13b JLuch ist nit vnderwegea hüben
Osee hates auch geschriben
13° Öeü tempel Malachias
BIBLISCHE GESCHICHTE. 14t
■
I* Ayel hat auch vernoinen
Wie vnser herre woll komen
rden die heidnischen Sibyllen Virgil u> s. w. einge-
•
lc In die heydenisch magt
Sibilla was gar vnuerzagt
An derselben botschafft
Von gott hat sie die crafft
Das sie so viel verkundt hat
Den heydenischen gottes Ratt u. s. w.
»
b
khalten hant jre hie bevor
Wie herre nabuchedonosor
Auch gottis sone erkant u. s. w.
»d Moch han wir vor vns (einen) hell
Der zu der botschafft erweit
Auch sunderlich von gott was
Jnn siner schrifft der wise lafs
Wie gott wolde uff erden
Geborne mensche werden
Als er verkündet hat alsus
Der heyden doch Virgilius
Als er auch hett wole vernomen
Der sprach die letzte zyt sol komen
Davon sibilla hat gesaget
Es soll komen vns ein maget u. s. w.
m trojanischen kriege und Achilles (16*) treten die
m wieder ein.
ic Dsr lobelich ysaya&
Auch vor gesiechtiglich lafs
'° öysse wyste auch Jeremias
Da er von dem herren lafs
ift HEre Daniel der gute
Er want mit reynem mute
Das er auch vor wole wyste
Von vnserm hern Criste
Wie er mensch wart geborne
Vnd vns den ewiglichen zorne u.s.tc.
>* Kzechiel die porten sach
Darumb er mit truwen sprach
14t BIBLISCHE GESCHICHTE.
Von der magct lobeüch
Ein porte beslossen ewiglich
18 • In der zyt was auch eyn man
Dem die Judent gar entran
Er was von aller awer gryfs
Er hat sich jnn alle wise
Zu gottes dienst wole bereit
Er was jnn der Judischeit
Ein priester nach der alten ee
d. t, Sirneon.
19° Zu Jerusalem ein priester waz
Geheissen Zacharias
Ein bischoff nach der alten ee u.i.w.
hier geht die rede auf Maria über.
20 b Waz solte langer rede mee
Einen sone die frauwe trug
Hie mit sy der rede gnug
Eya myniglicher gott
Durch die gnade vnd die gebott
Vnd durch die claren sussigkeit
Die du herre ane vnderscheit
An dir ewiglichen weist
So gib mir die volleist
Dins heiligen geists ratt
Der manig hertz erluchtet hat
Daz er mir myne synne
Mit süsser zarter mynne
Myn hertze vnd myn gemäte
Mit warer mynnen glut
So heiliglich entzünde
Das ich von aller sunde
Geweschen werde vnd gezwagen
Das ich wirdiglichen sagen
20° Von der rechten rosen möge
Daz es jre zu lobe doge
Der lob vber alle dinge swebt
Daz mit dir ewiglich lebt
Als ein herre konigin
So du mir din gnade schyn
«BUSCHE GESCHICHTE. UM
Allein ich doch wole weyfs
Was sich yemant gefleyfs
Daz er sie globte wol
Jre lobe wart doch nye lobes vol
Vnd was nu ist vnd auch ye was
Laup krader blühen vnd grafs
Vnd ymmer mee sol werden
Creature uff erden
Konde daz alles sprechen
Vnd lobe von lobe brechen
Es konde doch nit glichen
Es muste jrem lobe entwychen
Doch meret es des lobes schar
Nu nemen alle lute wäre
Were diese frauwe möge gesin
An der diefs hohe lop erschin (wart schin?)
Nach so werdem pryse
Daz meister nye so wise
Wurden die ergründen
Jre lobe noch wirde künden
Er ist der Engel frauwe
Vnd ist ein Hofs jnn dauwe
Die bluet schonn jnn alle zyt
An jre vil selickeit lyt
Sie ist aller gnaden ein volles fais
Nu hilff auch da mir frauwe bafs
Mee sprechen dann ich könne (künno)
Du bist der hymel wunde (: wünne)
Du lylien viol rosa
Du zart zytlosa
d Du porte des paradifses
Du stame des mandel ryses
r gehen fort durch alle thicre bäume pflanzen.
Da turteltaube du adelspare
Da fenix vnd da adelar u.s.w.
IV der englische grufs und die Verkündigung, nebst
h und Mariac heimsuchung, endlich Christi geburt.
" Im der zyt also geschach
144 BIBLISCHE GESCHICHTE.
- Ein so wunderlich noit
Keyser augustus vfs gebott . . . .
darnach die heiligen drey köm'ge.
25 c Hye trede ich aber vff daz spor
Da wir die rede liesen vor
Ee ich der zyt so viel verzere
Wie daz lobelich here
Die heren konig alle drij
Von Saba tarsis vnd arabij
Vnd alles jre gezunffite
Waren an jre kunffte
Nach dem Sterne gahend
Jerusalem zu nahend
darstellung Christi im tempel.
27 d Maria waz ylzüt gereyt
Vnd des kindes fründt genug
Das man jnn jnn den tempel trug .
Herodes und der kindermord.
29* Do Herodes diese rede
Gesprach die knecht so zu stede
Ylten gein Judeen lant
Sie slugen nyeder so zu hant
Was sie kinde fanden
Jnn duchelin gewunden ....
* Christus im tempel.
29H MiAnge rede ich kurtzen mag
Das kint wüchse allen tag
An alter vnd an wifsheit
An gotlicher wirdigkeit
Zuname er an juget
29d An geistlicher tugent
Er wart den lütten allen wert
Als ein kint das man begert
Von formen was er schone
Sin munt ein sufs gedone
Hett mit sprach vnd auch rede
Des herre Dauid sprach zu stede
Jnn sinem psalter gesange also
Speciosus forma
BIBLISCHE GESCHICHTE. 145
(bild, Christus im tempel)
So er nu zwolff jerig wart
Da hübe «ich ein walfart .
Zu Jerusalem als man pflag u.s.w,
3s der tauf er und Christi taiife.
0C In derselben frist
Johannes der Bapliste
Zu an heiligkeit name ....
lb Hernach es aber also quam
Das Crist der heilant lobesam
Wolt erfüllen diesen Rat
Den er lange vffgelegt hat
An den Jordan er da ginge
Den. dauffe er von Johanne encpfieng
Als jne die wäre mynne hiefs ....
auftreten und predigt.
lh In sprach jre selige gottis kinde
Die hüte hie gesamet sin (kint : sint)
Vernement heilsamen Ratt
*s des tauf er s lod.
>d Wv was es ytzo also komen
Das herodes hat genoihen .
V Sins bruder frauwe zu wyp ,
? thut zeichen und wunder.
\h Inn der zijt alsus geschacli
Das man von Jhesu zeichen sacli
Die nye gescheen waren
Da vor (in) allen jaren
Die lamen det der heylant gecn
Die totten dett er vff steen .
Die hincken deter springen
Die stummen sprechen vnd singen
Die sunder siechen macht er reyn
Sehent das was gar gemeyn .
Gehorde gäbe er den dauben
Den tummen rechten glauben
Die blinden macht er sehend
Die zwuifler verjehend u.s.w.
D. A. II. .-' \ . 10
146 BIBLISCHE GESCHICHTE.
Christi einzug,
34 b UV was yedoch der hohe tag
Das man da hin pflag
Da was des volokes michel schar
Die nameni allesamet war
Wo der konig lobesam
AI dort here geritten kam
abendmal 35 \ — gebet am ölberg.
35 b Hye was ein garte vor der stat
Darwerts vnser herr drat
Da wolte er sprechen sin gebet!
Als er hie vor vil dick dete
Die jungem volgten im nach . * .
35 c Kyn gebete er aber dete (treib?)
Judas na vnlang bleib
Er hat gehauffet ein schare
Die quamen mit jme aldar
Sie brachten stecken vnd swert
Sie gingen gein dem berge wert
Da vnser herre sin gebete
Nach gewonheit vff dete
Christus vor Pilatus.
36° Vnd da daz morgenliecht vfging
Abur man den herren finge
4 Man fürte jne vor pilatum
geiselung.
37 b Pilatus jnn der zijt vernam
Das der heylant lobesam
Geborne was von nazareth
Das jnn gallilea stett
Da herodes was ein vogt ....
kpeuzigung. yl
37 d Ime ein creuz da bereit
Ihesu wart daz vff geleyt
Das er daz selber solt tragen
Nu was er also sere geslagen
Das sin heiliges blute
AI vmb vfs sinem Übe wut
Da von yme die macht zu ran
BIBLI8CHB GESCHICHTE.
Nu was von eyme dorff ein mann
Von geschiechte kommen dar
38* Den z Wungen sie der Jaden schar
Das er das crutze must helffen tragen .
38b Sye singen jne vnsufse
Durch hende vnd durch fufse
Dry queck negel vnd nit scharpff
Loifs man vmb sin cleider warff ...
t von Arimathia* ,-
39* UV was alda ein Edelmafi
Der an pilato erwarb alsan
(bild> Christi grablegung)
Das er begraben solde
Jhesum wann er wolde
Joseph hiefs er von armatia ....
ti Höllenfahrt.
39 (1 WV höret die rede furbafs mee
Der ich doch han begonnen ee
Was drostes jnn die hellen
Adam vnd sin gesellen
Quam so wirdigüch
Mit diefoem fursten rieh . . »,
ttehung.
Da nu die ander nacht erging
Ee der morgen liecht empfing
Vnd der saboth was vergan
Von hymmel quam da sunder wan ■■_
Ein so grosser donnerslag
Das die ritterschalt erschraok
Den das grab beuolhen was
Sie wurden bleicher dann ein wabs;
4b Sie fielen nyder von der not - >
Glicher wise sie wem dot :-7x
Die erde bieben da iegan .
Jhesus der gotlich man
Ja der Ware heylaot
Vfs dem grabe stände zu Haut *«*•'*>•
41 c Also stand vff der herr fro
10*
148 BIBLISCHE GESCHICHTE,
Bereyt hetten sich ytzo
Die marien alle dry ....
Himmelfahrt.
42 d Da die viertzig tag da
Ergingen vnser herr sa
Mit sinen jungern dranck vnd als
By jne er frunüichen safs ....
pfingsten.
43b Da nu der pfingstag entstund
Die lobelichen gottis frundt
Waren by einander gar
Zu Jherusalem an eyner schar
Die herliche menge
Lagen an irer venige
Vasten weynen sin gebette
Yedennann besunder dete
Sin sassen alle da by eyne
Da jnn der droste von gott erschevo
Es quam ein snelliglieh bofs
Als eins gehen windes dofs
Da von ein hufs erbiben sol
Das hufs (wart) aller gnaden vol .
Der geist alda schuff wunder
Er besafs besunder
Iglichen wirdiglichen
Vnd also lobelich
Alle tugent alle kunst
Sie hatten goüiche gunst
Sie waren sunder meisterstule
Komen hin zu hoher schule
Ire meister was der heilige geist
Der gäbe jne werde volleist
Zu tugent vnd zu wyfsheit
Ine was zu stunt alda bereit
Das sie künden alle schrifft
Das wunder warde alda gestiefft
Das jne das alles kundig was
Das jre keyner doch nye gelafs
BIBLISCHE GESCHICHTE. 110
Ine was alte spräche kunt
Die kundeil sie alda zu stunt
Durchmechtiglich als jren namen
Hie von die löte hatten gamen
Da sie die herren sahen
Glich alle sie da jähen
i3° Sie weren wynes druncken
Da was das von den funcken
Des heiligen geists glüte
Da von afs jrem gemüte .....
" kraß der jünger (W) und von der dreieinigkeit.
4fc So sint die drij ein eynig gott
Also ist das ewiglich leben
Eynlich vnd diylich vnderweben
Eben eynig vnd eben bere
Sebent diefs waz der herren lere'
Diefs predigten vnd lartten sie
Den glauben Hessen sie vns hie
4° Den sollen wir doch ymmer han
aria, ihrem lobe und ihrer himmelfuhrt.
Hiemit sollen wir bestan
Konde ich nu wirdiglichen kosen
Von der hochgelobten rosen
Die frauwe obe allen frauwen ist
Die vnser herre Jhesus crist
Zu mutter vfserwelt hat
So solde ich finden eynen Ratt
Daz ich endorffte nit vertagen
Ich solde ein lutzel sagen
Von der lobelichen fort
Wie die konigin wart
Gefurt so wonniglich
Hin zu hymmelrich
Ja mag ich nu reden wol
So borett was ich uch sagen soll
Was eygentlich ich sprechen mag
Maria hüt uff diefsen tag
Alsus diefs mynn brief
Den herren Salomon doch rieff
180 BIBLISCHE GESCHICHTB;
Von des heiligen geistes wegen
Der sie mit flifs konde pflegen
Myn sele sich zu lassen hat
Sint myn frundt gekoset hat
So bann ich jne zu stunden
Gesucht vnd doch nit fanden
Ich rieff mit ynniglicher gier
Antwort engab er nit mir
Der stete wartet* mich ye sa
Funden jnn den zytten da
Die wundeten vnd singen
Mich sere jnn den vnfiigen
Der Muren wechter vnder jnn
Drugen mynen mantel hin
Von Jerusalem jre meyde
Mynen frundt sagend* gerade
44 d Das ich sij von mynnen kranek
Diefs was maria mynnen sang
Iren frundt den wolt sie haben .
Sie bat einer liebe entzoben (enUaben)
Vnd der hymel sussigkeit
Des hat sie das pulse leyt
Zarten jammer vmb jren frundt
Marien wole die clage siunt
Eya Edele konigin (kuneginne)
Wie kanstu dragen mynne
Zu eynem fursten rieh
Du mynaest wirdiglioh
Er mynnet dich hinwidder wert
Iglichs des andern mynne gert
Er diner als du siner thueat
Davon du billich tragen must >
Frauwe die hymmel kröne
Die er dir gibt zu lone- ,
Vmb alle soüche mynne
Du biat die konigy*(ne)
Der konig ist din zartes kint
Die zwey gar wäre myne sint
* l. warter.
.U _/ j. i. „ .
BIBLISCHE GESCHICHTE. t&f
(bild, Mariae tod)
45 a le doch in derselben friat
Der mynniglich herre crist
Mit eyner wirdigiichen schar
Quam zu siner matter dar
Die jne hat hie erzogen
Er hat jre brüst gesogen
Da er die lobelichen sach
In luterkeit er zu jre sprach
Du zartes durtel tobeiin
Da vsserwelte frundin myne
Da lutter schone sunder wal
Din flecke bat an dir nit male
Din zange honig gasset
Din manl mit seume fluiset
Vnd din adelicher smack
Vber alle krader riechen mag
Sehet der wintter ist zurgan
Es (Er) hat sin rege» auch gelagen (gelän)
Die blumen lobelichen vffgeent
Die wingartten alle jnn blute steent
Die turteltuben singent nfi
Inn vnser freude frundin da
Stant vff yle bifs gereyt
Komme inr grosser wirdigkeit .
Komme herre von dem libano
Gekronet saitu sin ye so
Seht das eristas wider rede
Nu waren kommen da zu stede
Sin jungem auch ye sa
Des wart die Edel maria
Verrichtet mit der heilikeit
Die zu dem ende ist vffgeleit
So das alles da erging
Mariam wirdiglich empfing
Der hohe forste jnn sin gewalt
Die hymel köre manigfalt
Sungen vnd waren frohe
5* Hin für die konigyn da
152 BIBLISCHE GESCHICHTE.
Lilien vnd roseiin ma
Vyoln vnd zytoselin (zitlöselin)
Vnd aller hande blumen
Waren jre zu Rome
Zu dienste hart wole bereyt
Sie machte jre ein vmkleyt
Sie hatl dienstes keinen bruch
Ire diente aueh adelich geruch
Mirre baisam vnd aloe
Cordamömen gamandre
Muscaten vnd negelin
Cubeben galgen zynamomya
Vnd aller edelicher gesmack
Der von wurtzen riechen mag
Der was aller samet da
Mit der konigyn sa
Da die hymelische schare
Der konigyn wart gewar
Von jne ein süsse stymme erclang
Sie sungen diesen wunder sang
Were ist die frauwe jn dirre wat
Die so lobelich vff gat
Die vffgende wirdet schynen
Als ein rauches gurlelin
Von wyrach vnd mirren
Mit diefsem hymmel herren
War richtest du dich wyse magt
Ein morgen schyn an dir betagt
Du geest vff als ein morgen rote
Dem die sonne jren schyne embot
Du Edel dochter von Syon
Gar süsse jnn diner stymme doa
Du bist schone vor alle war
Dem monde bistu glich clar
Vsserwelte konigynne
45° Glich der claren sonnen schyne
Also füren sie wirdiglich
Hin jnn das hymmelrich
BIBUSCHE GESCHICHTE. 153
Christ.
1 Maria aller sunden drost
Da hilff vns daz wir erlofst
Werden von der falschen lisi
Den man nennet antecrist
Vnd siner ungetruwen boden
Des vnser seien also geroden
Nu nach alle stunde
Inn der hellen abegrunde
Von jnn icht werden verbrant
Des syest du konigin gemant
Da dirre tufelisch man
Geborne werden sol von dan
Dann der zwolff sone eyner hiefs
1 Die Jacob jnn Egipten liefs
Als jre lange hant vernommen
Von des gesiechte sol er kommen
Von eym Juden wybelin
Das sol yedoch das boste sin
Von demselben könne
Vntugent wirt sin wonne
Liegen vnd vnkuscheit ....
leben bis zu seinem stürze.
Das ende nahet yedoch nu
Wanne vnser herre Jhesus crist
Der herre vber alle konig ist
Ein lichter vnd ein heylant
Sin herschafft machet da bekant
Sin gewalt vnd sin gebott
Ja der droste der wäre gott
Nyder siechte den bösen wiecbt
Vor des volckes angesiecht
Daz jne die warheit werde kont
Die Engel kommen so zu stunt
Vnd slagen die tufel abe
So lassen sie vsser habe
Vnd lassen jne gewerden
Er feilet zu der erden
Wol gar er ^u bristet
IM BIBLISCHE GESCHICHTE.
47 d Daz volck nit lenger fristet
Sie schauwent vnd nement war
Sie nement alle wunder gar
Das er zubrosten lyt
Sie clagen jre verlöre zijt
Das sie die bann also verthan
Vff eynen offenlichen wan
Die warheit widder plantzet dann
Die doch die zwene gottis mann*
Den lütten hann gesaget vor
Des komet sie mit der spur
Der heiliglichen lere
Das sie widderkere
Bälde vnd endlieh thun
An crist den waren gottis sone
Das sie ruwen vnd ley't
Infi jrs hertzen bitterkeyt
Vnd wäre bichte han
Vnd balde bufse emphan
Nach gnaden vmb jre missetat
Solichen heilsamen ratt
Vorhin die herren hant gegeben
Die lute gahen vnd sterben
An geistlich fare
48* Zu der herren lare
Heiden vnd prassen
Kriechen vnd russen
Vngern datterere
Schotter frantzoyser
Walhen vnd latine
Juden Sarratzene
Vnd alle volck was sprachens kan
Ein herte es wirdet alles dan
Es werdent alle ein schar
Der sol ein hirte nemen war . . . .
Sam die heydenisch mag!
Sibilla hat vns vor geseyt
* Elias und Malachia*.
Mg,lBflHK «SCHICHTE HB
Vnd der heidenisoh man
Virgilius sich bebet dan
Das nymant vrab kauff fori
Noch mit mären sich erwert
Wann ein ander ist gesant
Achilles nü zu Troien lant
Vnd verrichtet gar den stryt j
Aller vnfriede na gelyt
i8b So das alles na er gat
So wene ich daz die werft bat
Ye doch jrs Janffes leste ziel
hgstcn tage und seinen ßln/kekn seichen.
Diefs ist ein tag des zornes
Ein dofse des hereborns
Jamers bitterkeit vol
8C Noch ist der propheten viel
Der ich na geswigen will
Die es alles hant geschrihen
Vff den engstlichen tag
Da nyemant sich verbergen mag
Ye doch sol von erste geseheen
Das man sol jamerzeiohen sehen
Ee derselbe tag erstee
AI solich noit geschieoht ee
Gein dem wander freysen
Den lütten mag wole eysen
Die dann sint am leben
i8d Vnd das geschauwet eben
Ire sint funftzeben an der zale
Yedoch nyemant wissen soll
Wann es nyemant hat verneinen
Obe sie nahe einander komen
Von langer zijt von langer frist i
Diefs dinge nymant kvndig ist
Das erste zeichen ist also . ~
Das mere vber alle berge hohe
Sol viertzig den hoher geen
An siner stette sol es gteen
Eyner muwer» güob gestajt
h w* » ■** *~J
156 BIBLISCHE GESCHICHTE*
Daz wunder schauwen glich Junge vnd alte
Das ander zeichen also stat
Das mere sich widder nyeder lat
Vnd sencket sich zu dale .....
49b Vnser herre ertzeuget sich
Eym hohen forsten glich
Oben von Orient ....
von den sieben hauptsünden.
50b Vfirnement kurtze rede noch
Die siben heuptsunde ydoch
Die ucb nu sint vorgeleyt
Sie fiiessen vfs der schalckheit
Des vngetruwen slangen
Wann er also wolde fangen
Alles menschlich könne
Von der hymmel wonne
Davon er schemlichen fiel
van den sehen geboten.
50 d Der auch beide t die gebott
Die vns hat gebotten gott
Der hat selber vsse erkorne
Der wirt nymmer mere verlorne
Ire sint doch zehen an der zale
Als ich uch bescheiden sal
Das erste ist so gestalt
Das du nit verswern salt
Gottis namen vmb nicht u. s. w.
von dem tode und der halle.
51b Wo sijt jre nu herr Judas
Herre Cahin vnd herr Caiphas
Herre phebus vnd herr Jubiter
Meister allexander
Frauwe venus vnd frauwe pallas
Achilles vnd Eneas
Paris Hector Hercules
Vnd auch der wyse Olixes
Herre Symon vnd herre Nero
Herodes vnd pharao
Ire Juden jre sarrazene
BIBLISCHE GESCHICHTE. 157
Ire getauften kauwerzene*
Ire prassen vnd dalterere '•
Ire rauber vnd nachtbrenner
Ire morder vnd jre diebe <
Sehent jre uch nu icht lieb
Ire sollent furwar alle dar
Also erfullent jre die schar
Wann jre syt gar der hellen kynt
Hiemit gar begriffen sint
Was lute hant vnrechtes leben
Den wirt ein ewig fluch gegeben u.s.w,
Wv helfffc mir alle bitten gott
Durch sin wirdiglich gebott
Vnd durch die claren mynne
Die zu der konigynne
Der hochgelobte furste treyt
An die er Schönheit hat geleyt
Vnd also grofs wirdigkeit
Inn sinem riebe ane vnderscheit
Das er sin wirdigliches blute
Das vfs sinen wunden wüte
Das für vnser missetat
Der konig herre vergossen hat
Wolle an vns behalten
Das wir icht sin verschalden
Des ewiglichen lebens
Das er icht habe vergebens
Die marter also durch vns gelitten
Das er also jemerlich versnytten
An dem fronen crutze stunde
Er wolle vns vnder sin frunde
An dem letsten tage zelen
Das er vns dar zu wolle erwelen
Des bitten wir den heylant
Dem alle hertzen sint erkant
t Kawerzer in Sehmeilers baier. wb. 2, 275. monum.
>3 an chaberzein oder an Jaden, niederrhem. urk. v. j. 1123
magnas Judeorum vel Cauwercinorum urgentes.
158 BIBLISCHE GESCHICHTE.
Die von übe ye qnamen
Nu sprechent lieben Amen
Finite ijta feria p9 galli Anno
dni M°cccc°lxquito.
H. F. MASSMANN.
EINIGES ZUR LEX SALICA.
Ich behalte einer späteren ausführlichen arbeit vor zu be-
weisen dafs die sogenannte malbergische glosse nicht einem
deutschen dialecte, sondern den keltischen volksmundarten
der gallischen lande wo diese lex zur Anwendung kam ange-
hört, es wird sich dann auch der beweis fähren lafsen dafs die
abweichungen der verschiedenen handschriftea hinsichtlich
dieser glosse nicht blofs der nachläfsigkeit der Schreiber an-
heim fallen, sondern zum grofsen theile entweder synonymen
oder nur mundartlich abweichende formen derselben Worte
darstellen, hier vorläufig nur einiges.
Der tit. in deßirHs antmaüum wird gewiss Von den mei-
sten als ein beweis angesehen dafs die malbergische glosse
deutsche worte enthalte, denn ochsaiora und öhseno stimmen
doch zu gut scheinbar mit dem deutschen ochsen; man sollte
aber billig sogleich stutzig werden wegen der verschiedenen
beiden ausgäüge des Wortes, und bei den übrigen Wörtern die*
ses titeis wird man bald verzweifeln sie aus dem deutschen zu
erklären, ochsaiora wird durch annicuhan ammal d. i. ein-
jähriges rind erklärt, ohseno durch bos. diesen erklärungen
entspricht ganz das gälische agh searra und agh seine (spr.
och seärra und öch sehne, soweit sich die laute deutsch be-
zeichnen lafsen). agh bedeutet ein rind, in der regel ein jun-
ges rind, searr oder searrach ist jedes junge thier, füllen,
hirschkalb, auch ein junger kalbiger mensch, also agh searra
ist ein kalbiges rind. seine heifst älter, also agh seine ist ein
älteres rind. * — Pcdero wird durch vituhts lactans erklärt.
* ein ganz ähnliches Verhältnis wie zwischen diesen worten and
dem deutschen worte ochse findet statt zwischen dem malhergischeu
Worte ortfoeia und dem deutschen worte vogel. die ähnlich keit ist
nur scheinbar, fiath heifst im irländischen gälisch jeder grbfeere hoch-
ZUR LEX SALICA. IM
der ganse reiohthom s'dmmtlicher deutscher mundarten bietet
kein analoges wort, aber das gKlische bietet sofort baothair,
was ein milch kalb, auch einen jungen kalbigen menschen be-
deutet, an das p im anlant darf man sich nicht stofsen ; das
gilische hat ursprünglich kein p und es hat diesen bnchsut-
ben, der weicher ausgesprochen und auch weiches b (beith
bog) genannt wird, blofs der fremden Wörter wegen eingeführt,
das *ö wird mit einem laute «wischen ü und S ausgesprochen,
Wie ein dumpfes e» pedero und baothair ist sicher dasselbe
wart. — Mäht wird durch vacca erläutert, ein solches wort
hat keine deutsche mnndart, aber das gülische hat maol nnd
dien bedeutet ursprünglich ungehörnt, dann die ungehtirnte
kuh (bo mhaol) und endlich . kuh überhaupt, da anf den briti-
schen inseln mehrere rindviehracen sind mit ungehörnten
kilben nnd die Kelten wohl auch in Gallien solche racen hiel-
ten» sie waren ja Tacitus tu folge auch in Deutschland ver-
breitet» —-» Zymü bedeutet offenbar mit, zusammt mit, denn
*ymü pedero malia wird § 4 erläutert durch vacca cum vi*
Udo (in den § 8 ist die glosse nur durch versehen gekommen,
indem der Schreiber nach dem worte ßiraverit im 4n statt im
3n Paragraphen zu schreiben fortfuhr), ein diesem zymis ent-
sprechendes wort hat der deutsche sprachstamm kaum aufzu-
weisen, wohl aber das gälische, in welcher spräche soimh
(jetzt gewöhnlich soimh) zusammen, unter sich verbunden,
gepaart, bedeutet, es heifsen also die worte xymis pedero ma-
&r Zusammen mit dem kalbe die kuh. — Abazym pedero be-
deutet dasselbe, denn ba heifst einfach auch die kuh und a ist
wahrscheinlich der artikel, der im gälischen an, aber in ge-
wiesen fallen anch a lautet, also a ba %ym pedero heifst Die
kuh mit einem kalbe, was wohl in dem lateinischen ausdrnek
vacca domita, eine bezwungene kuh, eine kuh die gerindert
hat, im gegensatz einer kalbe, auch liegen soll, da wir hier
zym in einfacherer form als oben zymis haben, so ist anzu-
fliegende vogel; in der regel zwar ein rabe, allein man unterscheidet
durcJr präfigierte worte, gairr-Jiaeh ein habicht, cnaitnh-fiach ein
geier. go ist das ortfocla der glosse nichts als ort-fiaeh mit einer
bildongssitbe noch am ausgange des wortes. ord heifst tapfer, streit-
bar, and als tapfere, streitbare vogel können wohl aceipiter grvs
cygnu$t anf die «ich die glosse bezieht, bezeichnet werden.
160 ZUR LEX SALIGA.
netuaen dafs jenes is an zymis noch etwas besonderes be-
zeichne, ise ist im gälischen die emphatische form des femi-
nins des pronomens der dritten person, die personalpronoiirina
stehen aber in allen keltischen sprachen in nächster beziehung
zu den possessivpronominibus. bedeutet nun ise oder in jetzt
eadem, so liegt sehr nahe dafs auch eiusdem oder suus damit
ausgedrückt werden konnte, und so erhalten wir für die worte
%ym is pedero malia die bestimmte erklärung Mit ihrem kalbe
die kuh. — Cherecheto wird erläutert durch taurus ptri gre-
gem regit, aus deutschen mundarten wird sich hier nichts
beibringen lafsen, aber gälisch heifst greigh die herde ; du
entspricht dem eher ecke» nun kann to blofse bildungssilbe sein
oder auch mit tois, tus9 der erste platz, der beginn, die- Eh-
rung, zusammenhangen und vielleicht nicht vollständig ge-
sehrieben sein. — Traslo wird durch bimus taurus, zweijähri-
ger stier, erläutert, ich glaube, man wird im ganzen germani-
schen Sprachschatz umsonst nach etwas ähnlichem suchen,
während man gälisch dasselbe wort hat, denn treas-laogk
(sprich tras-löh) bedeutet ein starkes kalb, und so kann man
wohl einen zweijährigen stier bezeichnen. — Ein diebesfrerel
der an einem mehreren landgütern gemeinsam gehörigen bal-
len geübt wird ist § 9 durch chami tkeuto, ein diebesfrevel
der an einem zu einer königlichen domäne gehörigen bullen
geübt wird ist durch chamutevo bezeichnet, nun heilst com
oder caim gälisch jede Ungerechtigkeit, jeder frevel, und
tuath heifst die gesammtheit von landleuten die in irgend
einem verbände stehen ; cham i theuto könnte also recht gut
mit hilfe des gälischen durch Frevel an der gemeinde erklärt
werden, das utevo das sich an das andere cham anschliefst
weifs ich zur zeit nicht zu deuten. — Es folgt sodann § 12
ein auch sonst oft vorkommendes wort, sonischalt. es be-
zeichnet überall wo es vorkommt eine verbundene anzahl
vieh, eine geschlofsene zusammengehörige herde. in. unserem
titel § 13 scheint es durch iunetum erklärt zu werden, wenn
man nämlich die glosse sonischalt zu dem letzten davor ste-
henden worte, iuneta, allein bezieht, wie man wohl mufs,
wenn diese stelle nicht in directen Widerspruch treten s.oll
mit allen übrigen in denen das wort vorkömmt, sehen wir
uns im gälischen um, so finden wir son in der bedeutung
ZUR LEX SALICA. 161
kräftig, stark, in beziehung auf menschen heifst es grofsge-
wachsen; in bezieh ung auf acker und gewächs fruchtbar;
überhaupt vortheilbringend, glücklich, durchdringend, kräftig,
tüobtig. eeal heifst die fuge, die Verbindung, eeile w*s veu-
bunderi ist, z. b. eheleute. sonischalt könnte also eine frucht-
bare herde die der Vermehrung, des vortheils willen verbun-
den ist, bezeichnen, dies passt bei allen stellen«
In ähnlicher weise wie die glossen zu dem erwähnten titel
bin ich im stände die ganze malbergische glosse zu erläutern,
das heilst also so dafs mit ausnähme einiger weniger : Worte
sämmtliche übrigen sich auf ganz nahe liegende gäliscbe Wortr
stamme zurückfuhren lafsen. im einzelnen mag ich mich, bei
der nenheit meiner Studien nach dieser seite, vielfach irren,
in innigen fallen näher liegendes übersehen und nach entfern-
ter verwandtem greifen, aber der gesammteindruck ist mir ge-
worden, die malbergische glosse des fuldischen codex stellt
eine keltische und zwar eine dem gälischen sehr verwandte
mundart dar., das wort malberg., das der glosse beigeschrie-
ben ist, bezeichnet auch selbst nichts anderes, denn mal heifst
gäüsoh. die Versammlung, der häufe, und beargnadh die Volks-
sprache, Hngua vemacula; die abkürzung malberg* wird also
nichts anderes bezeichnen als Volkssprache, landessprache des
gerichtsumstandes, des zum gericht versammelten haufens,
und mit deutschen malbergen nichts zu thun haben.
Dafs in nordöstlichen gegenden Frankreichs und in Bel-
gien, wenn sich noch reste der alten keltischen spräche hiel-
ten,, diese den dialecten Irlands und Schottlands nahe standen
scheint den irländischen traditionen von einwanderung der
Firbolg oder Belgier in Irland ein neues gewicht zu geben.
Ich kann nicht umhin hier gleich auch ein wort der mal-
bergischen glosse zu besprechen das sich zeither als ein wah-
res kreuz erwiesen und noch kürzlich herru ghr. Luden zu
der wunderlichen ansieht verfuhrt hat es sei ein eigenname,
nämlich das wort Leodardi oder Leudardi* dies wort ist ge-
braucht zu beÄeichnung der verschiedenartigsten frevel, es
ist aber nichts anderes als das gälische wort leadairt, abgelei-
tet von dem zeitwort leadram, welches jede art frevelhaftes
gehabens von blofs moralischer mishandlung, von blofsem mis-
brauch, von der Verhöhnung eines menschen bis zur vernich-
Z. F. D. A. II. U
162 ZUR LEX SALICA.
ieaden körperliehen mishandlung, dem niederschlägt* und
derhauen bezeichnet? leadairt ist ein jedes solches-
verachtendes verfahren, * und diese bedeutung pesst n aHcn
stellen* anch die glosse leudi hängt damit zusammen, denn
ieod ist gälisch mit leadairt synonym. daTs dieser dem gi-
tischen verwandte keltische dialect gerade in den belgisches
gegenden bei einwanderung der salischen Franken noch ge-
sprochen worden sein mufs sieht man daraus dals einsehe
solche keltische worte nicht blofs in der glosse sieh finden,
sondern im text selbst vorkommen, der doch ohne Zweifel
in niederländischer gegend abgefafst worden ist. so indet
sich im 2n titel § 14 im texte poreeläa tertuuus. dies to-
tere wort ist ohne zweifei dasselbe mit dem in der glosse
zu § 5 sich findenden tkertesun. dies findet seine erkläruag
in den textworten qui sine matre vwere possü und hat als
synonym bei sich das wort ymrüsfith. ea kommt ohne iwei-
feil her von tarrthaim d. i. wachsen, bedeutet also herta-
gewachsen, und ynCnüfith von iomain, als verbum treiben,
als substantivum die getriebene herde, dann insbesondere die
schweineherde, undfithean, das seh wein; es bezeichnet cm
schwein das mit der herde laufen kann, ein trabersekweia.
ein anderes synonymes wort gibt § 14 in der malbergiseben
«glosse, dracechaäy wofür andere handsebriften Uob «tat,
drauge haben, es erklärt sich dies wort durch drmgk, tmv
-neu, abnehmen, und durch coüleadh, das sehwein % Jhrace-
-ckalt ist ein getrenntes, von der muttersau entwöhntes
sehwein. * den entscheidendsten beweis aber dafo wir es
mit einer galischen mundart zu thun haben liefert § II des-
selben titeis. da haben die textworte st quis mgmä fmnqm
parcas furaverit, übt ampäus in grege ülo nonßterint ne-
ben sich die glosse sonisekaü tua zym ü fit miha ehmm.
sonischalt kennen wir schon, es heifst die zusammengeht
* dafs ehalt das schwein, im besondern die sau bedeutet sielt
man aus den beiden glessen foeichalt, »erofa fitrat*, und v*r*tk**}
scro/a oeeita. jenes ist mit fogh, der raub, zusammengesetzt, 4ks mit
mharbk (sprich warw), todt, getödtet. so wie es auch aus dar glosse
in %ymi sexa ehalt hervorgeht, welche sich erklärt durch usque ad
sex capita (porcorum); in steht hier (wie weiter unten in unserem
texte tua) in der bedeutung Bis zu, und in zymi sexa ehalt keifet Bis
zusammen sechs Schweinen.
ZUR LEX SALICA. 1«
rigc, die ganze herde ; tue seheint das gälisehe do zu seilt,
welches zu etwas hin, bis auf etwas, bedeutet; sym beifit
sammt, mit 9 » bedeutet eins; nun mäfsen also die werte /f
mt&z chunna fünfundzwanzig sehweine bedeute*, und würkr
lieh heifst fitohe gälisch zwanzig, muc (in den obliquen ca-
sibos mute) das sebwein, und cuignear fünf, und zwar ist
die Stellung der Zahlwörter eigenthümlich den keltischen sprä-
che» eine ganz ähnliche, z. b. eilf männer heilsen aon~foar-
deug d. i. wörtlich Ein männer zehn, wie wir hier haben
Zwanzig sehweine fünf, die ganze glosse eonückalt tm
sym ü fit miha chunna bedeutet also Zusammengehörige
herde bis zu sanunt ihren fünf und zwanzig sehweinen.
H. LEO.
CHRENECHRUDA.
Ohne zweifei ist, wenn sieb einmahl eine andere quelle
für 4iß erUärung der malbergischen glossen eröffnet zeigt
als die bisherigen, eine der ersten fragen, was bedeutet
ehren ekruda? die antwort lautet, nichts bedeutet es als
ww der codex Estenais ohnehin zur erklämng beifügt, näm-
lich terra eotieeta. doch wir wollen die erklärung ausfähr-
Ueber geben und zu diesem ende zuerst tit. v de ßertb
wprwrum in. betrachtung ziehen, wo sich § 2 eine ähnlich
Mutende glosse zu den worten findet si verq super treu ear
free fvraverit. die bisherigen ansleger, namentlich auch
Grimm (rechtsaiterthümer 111), sind der meinung gewesen
da* wort chrenecruda habe sich zu den angefahrten lateini-
schen worten aas versehen verirrt, dem ist jedoeh nicht
so | das wort ist im gegentheil recht an seiner stelle, nur
ist ea anders abzutheilen, nämlich chrenec ruda. es heifst
im gälischen rata die herde. hinsichtlich der viehzahl wel-
che den betrag der herde ausmacht bestehen in den verschie-
denen volksreohten zu den verschiedenen viehgattungeu ei-
gene bestimmungen ; wahrscheinlich war es also auch so in
beziehung auf ziegen, und mehr als drei ziegen heilsen schon
eine rata* das wort chrenec aber kommt von cruim, der
kreifs, die Versammlung, wovon cruinntch, versammeln, ab-
11*
164 CHRENECHRUDA.
geleitet ist. wahrscheinlich ist ein altes adjeetivnm erm-
neach, versammelt, gesammt, abgekreifst, vorhanden gewesen
und dies ist unser chrenec, denn ui und ai wechseln amd-
artlich wo diese diphthongeu stammvocale sind.
'Dasselbe adjectivum cruinneach, d. i. collect**, bildet
den ersten theil von chrenechruda, welcher also wohl aidi
chrenec oder chrenech zu schreiben ist, aber in der malber-
gischen glosse, die die worte nicht nach gelehrter Orthogra-
phie, sondern nach dem öhr darstellt, chrene geschrieben
wird, weil das anlautende ck des folgenden Wortes du an-
lautende eh in chrenech unhörbar machte*; chruda oder ermiß,
wie andere handschriften haben, ist creadh, d. i. erde, staab.
das ganze bedeutet also terra collecta. dafs nun Zusam-
mengenommene erde und Zusammengenommene herde in der
malbergischen flösse so ähnlich klingen findet sein analogen,
wenn wir bedenken wie wohl ein Franzos, der naeh dem
klänge die ebenangeführten deutschen , worte aufschreiben
sollte, verfahren würde, schwerlich würden sie sieh befaer
unterschieden ausnehmen als chrenec ruta und ehrende cruJ*.
Wen es wunder nehmen sollte dafs creadh zu erwi*
gehöre, trotz des so abweichend lautenden stanunvoeales,
der bedenke dafs erstens dies wort überhaupt in seinem vo-
cale sehr schwankend ist, denn neben creadh kommt in
Sehottland und Irland die form criadh vor, und offenbar nar
eine nebenform ist credh9 die mineralische erde, das er*,
sodann zweitens dafs früher eine form crotk auch in glli*
sehen vorgekommen sein mufs, wie die ableitung crothaiij
ein grantsteinchen, ein kiessteinchen, groihal, sand, kies
grant, beweist. — das gälische ea hat in Irland einen lan-
gen, einen kurzen und einen accentlosen laut; es lautet öA,
e, oder fast wie französisches stummes e. wo es den lan-
gen laut hat ist es in der malbergischen glosse in der regel
* einen ganz ähnliehen fall haben wir in tit. xlii de plagfatori-
1ms f %. hier findet sieh zu dem falle dafs jemand einen sklaven
stiehlt und üj>er das meer entführt die glosse viridio für vir-ridm,
d. h. meer- fluch tung, von mhuir (sprich wuir, mortificierte form Y©ä
mtiir), das meer, nnd ruith, die flüchtnng. die gelehrte Orthographie
würde ein doppeltes r erfordern , die rasche rede l&fst aber nnr ein
einfaches wahrnehmen.
CHRfiNECHRUDA. ifid
e geworden, selten io oder eo> eu; vielleicht ist aber auch
renechreuda zu lesen, wenigstens hat der Fnldaer codex
renceude für ckrenechruda. das kurze gälische ea ist in
r malbergiscben glosse immer e.
Ich scblielse der besprechung dieses Wortes noch ein
nlich lautendes an welches tit. u de furtis poreorum § 1
der Pariser handsehrift begegnet, da steht zu den latei-
leben Worten u quis porcellum lactantem de frwme (vei>
btieben für kranne, und die Fuldaer handsehrift setzt noch
nz nqthwendig hinzu /»riota aut de mediana) ßtrtveritüit
tose ehrinne chuläs. doch ehe ich diese Wörter erklären
an müfs ich erst den ausdruck rhanne erläutern, im gä-
ehem heilst rann, rainn, ruinn oder runadh eine abthei-
ig$ in unserer stelle hat rhanne dieselbe bedeutong oder,
speziellerem sinne, sorte, race, art. die worte des Ful-
er codex de rhanne prima aut de mediana bedeuten Von
ringster race oder von mittlerer, dies beweisen deutlich
\ in demselben codex dabei stehenden worte der glosse
fmkeeaim lerecala id est unum ahelepte. nämlich rhanne*
la ist verschrieben, wie man deutlich aus der bedeutang
I- nachher zu erläuternden chrtnne eultis sieht; es sollte
üben chranne cala9 der Schreiber, der die glosse nicht
skr verstanden zu haben scheint oder das im text vorher-
kende wort rhanne im köpfe hatte, setzte für chranne:
m wort noch einmahl, chranne eala heifst häfslichster quä-
lt, von grama9 d. i. häfslich, schlecht, und edü, die qua*
tt. lere cala heifst leidlicher qualität, hinreichender quä-
lt* von leor, hinreichend, genügend, und edil, qualität.
m lere cala wird noch erklärt durch die worte id est unum.
& kpte9 d. h. eines von gedeihlicher race, denn ehe ist
i gälische aigh9 gut, gedeihlich, und lepte ist das gälische
tbkadh, die race. der folgende paragraph des Fuldaer
lex sagt dann si vero in tertia rhanne (also von noch hö-
rer sorte) Juraverit, und dazu die glosse rhanne chalteo*
sr ist rhanne an seinem orte; denn chalteo ist das gäli-
le gallda, fremd, und rhanne chalteo heifst Von frem-
r. sorte.
Wir haben also in dem vollständigen codex drei ver~
liedene sebweinesorten, nach deren höherer gute die bufs-
100 CHRENECHRUDA.
gclder steigen, aufgezählt, der mangelhaftere Pariser codex
hat offenbar nur die erste, geringere Sorte im tage $ die fol-
genden bestimmungen fehlen ihm, und diese erste, geringste
sorte wird bezeichnet mit ckrtnnd chultü, d. i. unattsehnlH
ehes Schwein, von cr(6n, klein, unansehnlich, und euttkadh,
das sohwein«
Ich taufs hier nothwendig noch etwas hinnuffigtn Über
das eh der tnalbergischen glosse* es entsprieht nämlich baU
gUischem c, bald gallischem ah9 bald gälisehem g. der lau
ch ist im gälischen nur ein mortificlertes C; die mortifleatioa
tritt bald als grammatisches bildnngsmittel, bald in feige des
auslautes rorhergehender Worte und Silben ein, bald ist sie
nur dialeetische eigenheit. dafe also zuweilen malbergisehm
c gäliscbes eh9 zuweilen malbergisches ch gälisohes * ist
und dann und wann sich malbergisches nnd gällsebes ek
decken ist natürlich $ jedes anlautende gälische e kann ja m
tdr tomständen die mortificatlon erleiden, auffallender ist at*
lerdings daß ch auch gäliSchem g entspricht, und «War sehr
häufig, allein auch das ist natürlich, wenn wir andere bw**
stabenreihen betrachten, die Galen haben nur einen reinen
dentalen laus, denn * ist Sibilant und t ist im irländische*
(offenbar die ältere ausspräche festhaltenden) überall ein star*
kes englisches th (im schottischen ist es rar sogenannten
breiten vocalen zur tenuis *, vor sehmalen vocalen zum tta*
liänisehen et' geworden) j zum ausdrücken der reinen dem**
lis* sowohl des f als des d> hat also das alte gälische mir
einen buehstaben, nämlich rf. offenbar kannte die schrill
früher auch nur d$ denn während alle übrigen bachstabe*
baumnamen öder vielmehr pflanzennamen haben» hat das t
allein den namen teilte (feuer)* zum zeiehen dafc es in das
aiphabet gekommen unter gang anderen, späteren umständen*
wert* Also in der malbergischen gtosse bald t Dar gkUSöbe*
d, bald d für gätisches t steht, so hat dies nichts befrra*
dendea> weil sich d und f im gälisehen erst später und ofr
fenbar nach etwas anderen gesfchtspuneten schieden als bei
der aufifedfcufcg des mundartliehen kianges für die malbergi*
sehe glosse obwalteten, ein ganz gleiches Verhältnis Indet
hinsichtlich f und b statt; jenes ist gar kein alter gälfecher
buchstab, er hat keinen eigenen namen, sondern wird als
CHRENECHRUDA. 167
weiches b bezeichnet und im irländischen wenigstens weicher
als b aasgesprochen, er ist ursprünglich für fremde wortc
in die spräche gekommen, und wenn er auch in einige ur-
sprünglich gälische worte eingedrungen ist, findet sich doch
in der regel die Schreibung derselben worte mit b noch
daneben und sogar häufiger, z. b. boc (capra) neben poc
u. s. w. so scheint es nun dafs wie bei der dentalen und
labialen reihe die tenuis und die media in älterer zeit im
gründe zusammenfallen (denn auch bei der dentalen reihe
wird noch häufig in denselben Worten t und d geschrieben,
z. b. teine, feuer, und deine, hitze, sind eigentlich dasselbe
wort und der orthographische unterschied ist nur wie im
deutschen bei wider, contra, und wieder, rursus, rein künst-
lieh und willkürlich*), so auch bei der gutturalen reihe der-
selbe feil statt fand und die tenuis e und die media g viel-
fach verwechselt wurden $ auch tritt noch jetzt derselbe fall
wie bei den andern reihen ein, daüs die Schreibung willkür-
lich in vielen Wörtern zwischen media und tenuis wählt,
z. b. neben gabhar, die ziege, findet lieh fast ebenso oft
cabhar. ein anderes hieher gehöriges beispiel hatten wir
oben in crothaid, das sandsteinchen, kiessteinehen, neben
grothal, der sand, kies, kurz, wie in Thüringen kein mensch
den unterschied von t und d, von p und b> und selten den
von Ar und g hört, und also auch ihn nicht ausdrückt, so
ist es bei den Galen wahrscheinlich in älterer zeit bestellt
gewesen, und daher dies kreuzen und wechseln der Schrei-
bung, selbst in denselben Wörtern, und sogar im anlaute,
wo doch sonst tenuis und media am leichtesten geschieden
gehalten werden; daher diese Unsicherheit in dem vorkom-
men der tenuis und media, wenn man die malbergischen
worte mit gälischen in vergleichung bringt, indessen erin-
nere ich mich nicht ein malbergisches g anders gefunden zu
haben als gälischem g entsprechend.
H. LEO.
* d. h. ursprünglich willkürlich ; denn in der länge der zeit würkt
dann die Schreibung auch auf die ausspräche wenigstens derer die auf
bildung ansprach machen, wie man bei gewissen durch die schreibang
entstellten deutschen Wörtern sieht.
168
INC1PIT AVREA FABRICA
de laudibus virginis gloriosae.
1 Illius assit gratia,
qui stricta cinctus fascia
caelormn ambit spaüa
et manet ante solem,
et moritur pro gregibus
datqae salatem regibus,
ut suis subdant legibus
totius orbis molem.
2 Fideles tradant apices,
latofis legis Codices,
mysteriorum indicesy
sub forma typicorum,
ad straem tabernaculi,
caelestis. habitaculi,
sacrorum retinaculi,
quas quivis Hebraeorum
S Res absque simultatibus
de suis facultatibus
sinceris cum cönatibus
pro viribus dederunt.
magnates cum potentibus^
qui prafifuecunt gentihus
noa sine puris mentibus,
laetanter obtulerunt
4 Aurum quidem ab aurea,.
argentum ab argentea,
aes ad ornandum aerea,
ut novit architectus:
thesaurus istis varii
vigoris, multifarii
coloris cingentarii,
est lapidum adiectus.
4, %. 3. /. ad — ad 7. /. argentarii t
AUREA FABRICA. 109
5 Nunc donant inter alia
ligna Sethim nobilia,
sed haec imputribilia
fuisse memorantur.
postremo dant purpurea
com cocco byssum, linea,
quae nunquam laedet tinea.
sed ista applicantur
6 Cohortibus leviticis
pro vcstibus pontificis,
quae noverunt artificis
industria poliri.
egeni dabant denique
com pilis pelles uüque,
cum quibus opas undique
debebat operiri.
7 Oblaüs bis gemmarius
Beseleel, aurarius
fidelis, commissarius
prae omnibus electus,
pradens vermicularias*
perfectus operarius,
doctus anaglypharins,
est opibus praefectus
8 Subtili cum lignario
Ooliab, plumario,
bono polymitario,
viro sciente plura,
quae fieri ex arbore
yalebant et ex inarmore,
lapidibus et ebore
in omni caelatura.
9 Com suis rei stemmata
hi norunt et aromata,
ex quibus thymiamata
suavissimi odoris
conficienda fuerant,
has artes ut docuerant
et artius innuerant
AUREA FABR1CA.
insu actus creatorii.
9 Ornatus habitaculi
cum archa taberuaculi
solertes bi vernacnli,
candelabrura et amm
cum Cherubim velamioa,
et vasis ad libuiina
ex auro formant lamina
pontjficis üaram,
1 Lucernas, enmnctoria,
quae nulla fuscat sooria,
cum kasibns tenloria
et purpura iaciacto,
vom epbot veste vario
et opere plumario,
ritu polymilario
bis coeco quoque tinclo.
2 Ast alii dnrissimo
saxoqoe de Gnuissimo
mcl sapidum purisaimo
cum oLeo suxerunt.
de istis quid plus referara
vel ad quid plnra proferam,
cum nil egisseut perperam
in bis quae eonstruxernnt?
I Sed ego cum sim Intens
et sensns uisi brüte us,
sit altns quoque puteos
nee vas ad hauriendum,
prae facultale peaola
hinc voce peto tremula,
nt lingna parcat aemula
prompta ad uorrigendum.
t Thesaurus heu scienüae,
argentum cloquentiae
et aurum sapientiae
in cordis mei sporta
deüciuut, habititaa
■ '- auri
AURKA FADRICA. tjt
lignorum et nobilitas
gemmarum et stabilitas
aeris, byssot retorta,
5 Eburque eastimoaiae,
beryllus parsimoniae
' et marmor sanetimoniae
cum iaspide iaci&ctus,
et parpur aptitudinis
lumenque valeturfinis
et lana rectitudini*|
bis coccus quoque tinetus.
6 Rex ergo oelsi ntuninis,
dignare, pater lumiuis ,
torreute sacri fluminis
me sie laetificare»
si oleum cum mellibus
non sugam ex saxeüibus,
sed pilis et de pellibus
queam eructuare
f Mariae laudes et honorem,
virtutes et decorem
virginitatisque pudorem
et mores cum ornatibus,
diversis modis a diseretis
tarn patriarcbifi et propbetis
praetypiatos in secretis
obscuris aenigmatibus«
* Excelsi regis mater nata,
ab intus pulere deaurata
et variis praedetorata
scripturae cum monilibas,
dignare pennam irrigare
et stylum mentis cölorare
sie ut ad struem eomportare
quid queam cum exilibos.
> Scriptoris linguam, cttrsum mentis
gubernet virga dirigeuüs
velociterque conscribentis
virtutes ew et? _.....-
Wi AUREA FABRICA,
illius scribae calamus,
cui virgo tarn serennm
hoc praeparasti pargamenum,
in quo depictus est ad pleiiam
caelesti sponso thalamus.
20 Cenlenis centies millenis,
millenis milies cenlenis, >
minuta quae sunt in arenis* '
tot etsi fruar linguulis,
si Unguis loquar angelornm
arteque cauam musicorum
et mores noscam ethicornm,
sed etsi fungar singnlis
21 His sacris dotibus perfecte,
nequaquam quibo adhuc recte
reginae caeli praeelectae
virtutum laudes pangere*
si tarnen ipsa spes reorum
hoc mihi praestet, quod meorom
arx muri ruat vitiorum,
temptabo tuba clangere.
22 En qualis haec et quanta
est, cuius pulcritudo tanta
sie a supina pedis planta
ad verticem protenditur?
en haec est virgo praecedentem
non habens parem nee sequentem
virtutibus aequipollentem,
ex scriptis ut perpenditur.
23 Dos casta haec est viri, parens
enixa virum viro carens,
producens geraten humus arens,
haec estque phoenix unica,
capillos cuius auricolor
et verticem miratur olor,
in facie, qua mire solor,
arrident mala puoiea.
24 Ex intermixto liliaü
19, 5. cui tu v.? 22, 1. En qualis virgo?
AUREA FABRIGA. 493
rubedine cum roseali
maxillae forte nitent, tali
perfuso fronte parcius.
cincinnos non adulter facus
subornat neqae tingens sucus,
snbtilis iste cum sit brucus
padorem rodens artius.
15 Nasusque forma moderata
est, nee depressa nee elata,
pigmenta reis de quo grata
scaturiunt cottidie.
hinc oculi praerutilantes
sunt et ut stellae rutilantes
ac in virlute coruscantes
sol tamquam in meridie,
16 Seseque sompnö nunquam dantes
palpebrae neque dormitantes
sunt, sed pro suis vigilantes.
praeclara supercilia
o quam decenter ornant vultum,
totius quoque formae eultum,
oreque labiis rubet multum
baec pulcrae Syon filia.
17 In India nee ebur tale
nutritur, dentibus est quäle
candoris decus virginale
illustrans oris medium:
gutturque lacteo colore
candescit, Collum nivis more,
stupescit mentum prae decore,
fit exul omne taedium.
£8 Supernus auetor egit Sorte,
quod aures eius forent portae
caelorum regis preces forte
nolentes unquam spernere.
o quam felicem, quam beatum
hunc dicam, cui datum
est hunc praeclarum et dicatum
4. perfasa? 26, 7. ore labrisque? 28,6. hunc ego?
•A AUREA PAW1CA.
vultnin in aevum cerser«.
29 Serutatnr ab infftatia
pectus eins menun
praecepta «um flagranti«
condiloris rem«,
et ubera fragrantia
sunt hiiic denn) verum
in invene laclaatü
anliquumque die nun -
30 Est venter eins aureus
argenteus beatns,
est merito eburaeos
et gemmeus vocfttus,
portatur quo aeÜieretu
caelorum advocaius,
per quem iacet vipereus
iam coluber proslrstos.
31 Re vera eelsi solii
dum nuneins legalur,
cor huiw insUi' folü
palmamm elevatur
et ut repandi lilii -
sie supra dilaUtnr;
dum flebant Evae tilii,
'ecce anritt» faUir.
32 Virginea deceatia
ad instar plumi eigni
sunt brachia nitenüa,
ex aloesqae ligui
odore redolentia
diviiio apla igni:
amplecti cum freqiienlia
o si essemus digni.
33 Ingen ti pulcritudine
sunt manus decoratac
decenÜ lougiLndiae
cum digiiis ornatae,
donandi aptitndine
2«, 8. tptiqnum? 32, %. U flunae
AURBA FABRICA. 176
quae minine Watte,
sed dandi promptitudine
innt aquilis praeUtae.
34 Tornatilii est dextera
virtaium genitiva
Dieses gedieht ist mir von Am. prqf fVk, Grimm zur
lbatmtmackung gütig überlq/sen worden, der es von Schmelz
r erhielt, in absekrift aus der Münchener handsekrfft
ug. Domimc. 26, 15 Jh. pap. 4*, bL 91*. die Überschrift
urea fabrica könnte ein original zu Konrads von fFüru-
trg goldener schmiede vermuten la/sen9 allein das doub-
lte und das lateinische gedieht, soweit sieh das letalere
's bruchstück beurtheUen tijfst, sind in form und inkalt
mz verschieden und bieten kaum im einzelnen etwas über-
nsthnmendes dar. die Überschrift rührt9 wie mich dünkt,
m einem abschreiber her, da sich in dem gedickte selbst
ine beziehung darauf findet; will man sie dennoch als
ht gelten la/sen9 so darf man wenigstens aurea fabrica
'cht durch goldene schmiede wiedergeben* in den einfä-
nden worten sagt der dichter da/s zu erriehtung (so ist
ohl 2, 5 ad strnem tabcrnaculi zu nehmen) und aus*
hmücktmg der sHftshütte jeder von den Juden, der reiche
ie der arme, das seine beigetragen habe, gold, säber,
%z, edle steine, köstliches holz und anderes, und dq/s aus
)esen Stoffen kunstvolle meister eine woknung filr den koch-
en bereiteten, der dichter wünscht dqfs ihm in ähnlicher
eise von gott das gold der Weisheit, das silber der be~
xltsamkeit u. s. w. verliehen werden möge, damit er das
b Marions besingen, gleichsam zu dem baue ihres tem~
üs der ehre und des rukmes das seine beitragen könne,
vt also der dickter selbst sein werk aurea fabrica genannt,
> verstehe ich unter fabrica eine werkstätte9 bauhütte, wie
wen viele im mittekUter zur erbauung eines münsters er-
chtet wurden; aurea ist dann blofs epitheton omans.
Das alter des gedicktes wird sich nicht genau bestimm-
en Iq/sen; ich möchte es in das 13e jk. setzen, weniger
veifelkqß kann es sein dqfs der dichter du fVelsehcr,
ahrscheinlick ein Franzose, kein Deutscher war. dies zeigt
cht sowohl 18, 6 die form pargamenum (parchenio), den»
176 AUREA FABRICA.
diese könnte dem abschreiber angehören, sondern es geht
aus mehreren eigenthümlichkeiten in Stellung und bildung
der Wörter hervor die sich am besten bei einem Schriftstel-
ler erklären laßen der die lateinische spräche wie eine
halbangeborene zu behandeln gewohnt war. dahin rechne
ich die häufiing von adjectiven, die form saxeüibus 16, 6,
arx muri (vitiorum meorum) 21, 7. — das wort penolas
13, 15, das ohne zweifei ärmlich bedeuten soll, ist wohl
von penuria abgeleitet» vernaeuli 10, 3 steht ßir famuH.—
ungeschmack zeigen die worte 25, 2« selbst der alte Ab-
schreiber scheint den werth des gedicktes nicht hoch ange-
schlagen zu haben, da er abbrach, verbefierungen werden
noch an manchen stellen nöthig sein.
LEIPZIG. H. LEYSER.
ZU BERTOLTS CRANE.
In Mafsmanns denkmalern deutscher spräche und Ute-
ratur befinden sich 1,75 — 79 bruchstäcke eines unbekann-
ten erzählenden gedicktes welches allem anscheine nach von
Bertolt von Holle herrührt dessen gedieht Crane wir m
ersten bände dieser Zeitschrift, so weit es erhalten ist, müh
getheilt haben*
Einmahl stimmt sowohl das alter dieser handsekrfft*,
die dem vierzehnten Jahrhunderte angehört, zu der zeit,
in welcher Bertolt lebte, als auch der fundort derselben,
Magdeburg, zu dem vaterlande des dickters; vorzüglich
aber entscheidet die spräche und das ganze colorit in die-
sen bruehstücken dafür dqfs beide nur von einem verfqfser
herrUkren können, formen welche hier vorkommen, wie
men fitr man, van ßir von, wert für wirt, wc ßir wie,
let ßtr liez, ret, repf, vornam, unthelden, over, orlop, doreh,
vorste, coning, coninginne, vorte {ßir fuorte), »loch, tro-
gen, genogen, mozen, vrowen, vrowden, truwe, und über-
haupt der mangelnde umlaut zeigen dasselbe Verhältnis der
vocale wie es sieh in dem gedickte Crane aus meiner s, 60. 61
* sie besteht nur aus zwei pergdmentblättem in quart, die vom
einem bücherdeckel abgelöst wurden ; jedes derselben enthält 96 teilen.
ZU BERTOLTS CRANE. 177
suchten Zusammenstellung ergab; nickt minder entspricht
'selben der consonantismus in diesen bruchstücken, vgl.
en, geven, gaf, over, sterven, irwenreri, repf, hulphe,
phen, let, vordrot, stolten, dat neben daz, troch, slocb,
jen für höhen, die syncope des h in Jen, sen, gesehen
l anderem, mit dem zu Crane s. 63 gesammelten, ein-
ne geringe abweichungen finden sich allerdings, wie z. b.
rs diese Handschrift hc Jiir eh hat, was aber eben nur
i verschiedenen Schreibern anheim fällt; denn auch in
lern einzelheiten zeigt sich genau dasselbe idiom, da
r he mit her, imber mit umber und ummer wechselnd,
i für sus, das niederdeutsche wente, dieselbe Verwirrung
der declination des ungeschlechtigen pronomens und der
Crane I, 37 bemerkte attffallende gebrauch der präpo-
\on an wiederkehrt, die reime in diesen bruchstücken
d eben so einförmig wie im Crane; namentlich findet sich
9 bei Bertolt sehr häufige alzohant : bekant oder lant in
i wenigen versen dreimahl, zuletzt zeigt noch die häu-
e Wiederkehr der epitheta gemeit, wert, milde, hochge-
et dafs beide gedickte nur einen verfafser haben, so wie
* ganze ton und die manier der poesie in beiden bruch-
\cken übereinstimmen, was keinem leser bei angestellter
•gleichung entgehen wird, wir theilen deshalb hier nur
\e kurze probe (bl. II, z. 86 — 97 nach Mqfsmanris ab-
veke mit, eine stelle die mit Crane IV, 449ff.9 wo Ache-
ide van Gayol abschied nimmt , sehr große ähnlich-
it hat.
De coning zo der vwen sprahe
'In can mibe nihet leng' sparen,
Nahe dem vorsten wil ihc varen.
Woldi mibe vmm' me gesen,
Daz sal vor antriun gesehen.
Heiz min waphen bringe mihe/
'Nein, o milde vorste rihe,'
Sprach de coninginne reine,
'Wold ir dar riten eine,
We stet daz vwer edelicheit?
Ir hat so manigen helid gemeit —
Unter den personen die in diesen bruchstücken erwähnt
Z. F. D. A. IT. 12
178 ZU BERTOLTS CRANE.
werdet* tritt besonders Demantin hervor (bl. II, 17* 64.80),
der die schönste Jungfrau Syrgamote erworben hat. mm
besieht sich Bertolt im Crane IV, 216 f. folgendermaßen
auf ein früheres erzählendes gedieht welches von frischen
spöttem getadelt sei,
do ich sprach we der man vü gin
mit swerten pris er worven hat,
se twanc ires bertzen valschen rat
datz se der tzucht vor gazen
vn mine rede mazen.
ich hatte schon vermutet dqfs in dem unverständlichen man
vü gin der name des helden stecken müfse und es wird
jetzt, zumahl da namen in altdeutschen handschrtfien öfter
sehr verdorben sind* der schlufs zulafsig sein dqfs hier
Demanttn statt der man vn gin gelesen werden müfse, wo*
fiir sowohl der reim als die schriftzüge sprechen : woraus
denn von selbst folgt daß die ernannten bruchstäcke bei
Mq/smann au dem gedickte Demantin von Bertolt von Holle
gehören.
Noch sickerer dürfen unserm Bertolt die bruchstücke
eines gedicktes zugeschrieben werden welches in Nyerups
symbolae ad literaturam teutoniemn antiquiorem jrp. 83—92
aus einer pergamenthandschrifl welche gleichfalls dem vier-
zehnten Jahrhundert angehört unter dem titel fragmenton
earminis antiqni Suevico - Saxonici ex historia Daribnti mit*
getheilt sind, wir glauben den beweis nicht einleuchtender
führen zu können, als wenn wir diese bruchstücke hier
ganz mittheilen und die parallelstellen aus Crane und De-
mantin hinzufügen, zumahl da Nyerups buch nicht jedem
leser zur hand sein möchte, weil wir keinen diplomatisch
getreuen text liefern konnten, so geben wir Nyerups ab-
druck interpungiert und von den ärgsten fehlem gereinigt
wieder : die Schreibart der handschrift, so inconsequent sie
ist, haben wir beibehalten, da sie sich nicht nach den ge-
wöhnlichen mittelhochdeutschen gesetzen regeln Iqfsen wird,
wenn es auch leicht war einzelnes zu befsern. nur die un-
trennbaren präpositionen sind, wo sie abgesondert waren,
der deutlichkeit wegen mit den Worten verbunden zu wel-
chen sie gehören, die wichtigsten ahweickungen von Nyerups
ZV BERTOLTS CHANE. 179
\xte sind angezeigt, offenbare Lesefehler aber stillschwei-
end verbefsert.
mit der sconen Locedyan quam
dar al sin froren en ende nam
in der vroweden riehen nacht
dar sie tzo samende worden bracht.
ein bete in Was ghemachet 5
mit richeit uongheswaghet :
mit vroweden brachten sie se dar
vil menich scone vrowe clar.
dar wart sunder sörghen
de nacht went an den morghen 10
bracht vil vrolichen.
dar wart yme daz riche
ich wene kleine ghedacht.
waz dar vroweden wart volbraeht,
des ne muoz ich wisen nicht; 15
were ich vorbaz bericht
ich chunde. iz doch vorswighen wol:
vor der valschen delh man sol
vorswighen gutes mannes heil
daz sie es ne winnen nimber teil. 20
Do de nacht uof ende quam
Locedyan man do nam,
man kleidete sie mit richeit:
menich vrowe gemeii
halph zimeren iren lip. 25
do was sie das seoneste wip
daz mannest oughe i ghtsacb,
"de meyste menie ir des :iach,
an scone hetle sie den prfs:
de cronen dar tzo Torfcis 30
de sach man ir hovuet tragen.
ich wil van dem vorsten sagen,
ich meine den werden Balifeit:
im waren van samitte kleit
3. 4az wa» i» N> vgl, Cr. iv, 240. 4, 4az iV.
-i iv, 115. 11T. »43. 5. uf ein bete N. 1*. Cr. iv, 262-46.
16. der© JV./ 30. den N. 33. Gr. iv, 70. WO. 501.
12*
180 ZU BERTOLTS CRANB.
35
ghesniten riche und grot:
manich lowe van golde rot
de stunden bi ein ander dar
mit menigheme riehen' steine clar
vaste underscheiden.
iz genc also in beiden 40
als in de wuonsch hette irdacht.
Nuo wart dar de erone bracht
de des landes hette ghewalt.
nuo wart de iuonghe vorste balt
ghecronet dar tzo Torkis, 45
dar her sint vil menighen pris
beghench mit siner milden hant.
nuo uontfenghen ir borge vn ir laut
de Torsten vnd de heren al.
von hoverende irhof sich do ein scal 50
vor dem iuongen coninge riche
von den herren al gheliche
vnd von dem hertzoghen wert.,
swer dar wolde nemen swert,
daz wart mit willen im gegheuen: 55
man sach nach werdicheide streuen
vil manighen edelen riehen man.
der coninch etzen do began.
dar lephen ros heren vri
de de rittare sloghen bi, 60
dar upphe menich samit lach
ghesniten und pellel von Baldach
de de vorslen riche troghen vore.
dar was uof ghetan de tore :
de ir gnaden gherten 65
de vorsten sie ghewerten
mit ir gave vnd mit sotzicheit.
dar was alles daz bereit
36. Cr. 296—300 dÄ se de Mite priseten de man dar underschei-
den yant, manigen lewen riche irkant de uf einen samit breit koste-
liehe waren bereit. 38. was N. 46. her fehlt N. 50. hono-
ende N. vgl. €r. iv, 210. 51. von N. 59 ff. Cr. iv, 134-1*1
63. de ersten richten N.
ZU BERTOLTS CHANE. 181
daz ein vorste hauen solde
de erliche wolde 70
sine hochtzit machen.
daz de spottere dar nof lachen,
ob sie daz letzen daz wer mir .leit.
dar wart mit grotzer werdieheit
de hochcit uof ein ende bracht: 75
ich wene dar ichtes wer gedacht
iz ne werte al ghetan.
ich wil von der. rede lan,
waz woldich ir mer ghesaghet?
dar bleif de vorste uonvorzaghet 80
gheweldich an sime riebe:
daz besaz her so erliche
dazhers ghewan so hoen lof,
swer nach im reit an sinen hol
dorch besehen an sin lant, 85
her wart also wider ghesant,
daz is der coning ere uontfeno.
Balifeite iz wol irghenc:
do vn ymber mere
irwarf her pris vnd ere. 90
von Darifante wil ich saghen:
sin rittferschaf beguonde in iagben
dorch der minne pris an vromede lant.
orloues gherte her altzo hant:
waz her dicke wart ghemant! 95
he wolde im liehe don becanl
mit im daz coningriche,
her solde gheweldichliche
mit im dar inne coning sin.
Tuolle daz eighen riebe min 100
ich don is dir ghelichen teil becant.'
do sprac de inonge Darifant
'% vgl. 18 und Cr. i, 22. iv, 2\% ff. 78. Cr. iv, 375. 84. Cr. i, 43-45.
.Cr» 550. 551 ir werdet also weder gesant datz ich des motz ha-
t ere. - 92. Cr. iv, 462. 556. - zwischen 05 und 06 scheint
hu *u fehlen. 96 # Cr. iv, 438. 333 miner löte and miner
t»o* -ich im liehen: teil bekant.
188 ZU BERTOLTS CRANE.
'duo solt din riche selver han:
ich wil heide und plan
nach aventuoren riten, 105
dorch zyosteren vnd dorch striten
wil ich sochen vromede lant.'
Nu tzoch de werte Darifant
harnasch an sin stolte lip.
waz dar ntanich soone wip HO
mit ir smalen witzen hant
im sine waphen remen baut!
sin korsit vnd sin waphenkleit
mit grotzer richeit was beleit
so iz Fiolede irdachte : 11&
mit kost sie iz vollenbrachte,
de coninginne reine
waren uoz ghespruongen steine
vor swerten swar de vorste streit,
nuo hette de coningin ghemeit 12Ä
robine dar wider in ghetan.
sie mochte is lever han ghelan,
sie waren dar vonghepriset
de aventuore mir wiset,
iz ne wart ni vorste baz ghesant 12 J
ghesimeret an vromede lant.
. swe vil her ghebeten wart
daz her bliue, her wolde aof de vart*
als mi seit de aventuore,
nuo karte der ghehure 134
mit siner feyen an vromede lani.
der coning gherne mit im ghesant —
es fehlen wemg-stens zwei Mütter*
de sie hetten hos ghesant.
Thiolede' Darifant
vil dicke ref, swe» her trat 13!
vnd so nendichliche sleghe mat
110. Cr. vr, 4«a— 470 de jtuge k+aingiiiae gemalt im *1 te wi
tartane* baat mit ir wirta edelen hanU \%L bau fehlt Jfc
ltf» Cr. iv, 465» &37. 1*9. als mi de *» N. 13tK igi. lü
Cr. i, 19. 134. Dem. i, 59. IM. Dem. k, 6ö> kvc w* M
ZU BERTOLTS CKANE. 183
uof den gheflorereden man.,
wider rofen her togan
Fiacrode de coningin,
an dime deneste ich hir bin, 140
din scone helphet mich vorwar .'
her rif sie an vnd trat im Aar:
swicka, we he do swenken gheno
vnd selve daz widerghelt uontfenc
von dem werden Darifant! 145
dar spranc vor der tzwiger haut
daz wer wol twiger ackere breit
nno dranc de vorste iunc ghemeit
• zo Darifande daz her trat
vnd uontweich ein kleine von 4er stat. 150
dorch so grotze strites not
de feye ir övghen uontieghen im bot.
sie sprach 'owe der. vrovde min !
suolt ir hir vorstriten sin,
so si wir dri an vrovden toth; 155
ich. meine der gotinnen not
vnd der sconen Effadien dar
de nimber ghetrost, daz is war,
ne werdet wen von vwer hant:
herre, des sie uoch gemant.' 160
do de vorste ir not ghesach
her trat ieghen im vnd sprach
cdiz si Fioleiden teil!'
daz wart des eoninghes uonbeil
do her so nendicblichen quam, 165
daz swert mit beiden banden nam:
we her swenkete uof den helt gemeitl
dar spruongen spene eilen breit
von des coninges scilde uof den sant.
im gaf sin mute iunghe haut 170
so riche sleghe daz her doroh not
vntweich : her moste hauen den tot
. Dem. ii, 55. 144» nonterfenc N. doch vgt. 255.
'. I, 28. 149. zo fehlt N. 153. Cr. iv, 452 — 54.
do N. 166. und daz? 168. eyne breit N.
184 ZU BERTOLTS CRANE. -
ghenomen, wen de coningin
de dorch ires truowes herzen sin
snellichen von dem pherde trat. 175
sie beguonde loufen uof der stat
dar sie iren herren striten sacb :
des liues si sich do irwach,
do sie irkande sin uonheil.
do Darifant daz weghere teil 180
hette ieghen den cuonen man,
mit uonwitzen sie do began
louphen ieghen den vorsten wert:
vil nach Darifantes swert
hette ir den lip ghenomen. 1&5
von dem iunghen vorsten vromen
wart ghelatzen tzo der tzit
dorch de vrowen dar de strit.
do sprach aver Darifant
yeghen den vorsten al tzo hant 1^^-
cbeitzet de vrowen van uons gan,
so wert hir strites mer ghetan.'
do sprach auer Offiart
ean vwen denest wert ghekart,
herre, swes ir an mi ghert: 19 -
des suolt ir an mi sin ghewert.
ich gheue noch miner trnwen phant,
yeghen rittar ni streit min hant,
ich ne tethe im achte clagende not:
swer sich tzo s tri te yeghen mich bot, 20^
dar was daz spil ghewonnen min.
ich moz an vwer deneste sin,
swes ir röchet an mich.3
do sprach der iunghe vorste rieh
chat ir mir Sicherheit ghetan, 2(^-
herre, der wille ich noch irlan.
ich wolde ieghen yspanien lant
verre: dar is mir becant
aventure von einer maghet
174. hertses JV. 185. hir N. 186. Cr. iv, 576. Ift7. Da*
i, 86—89.
ZU BERTOLTS GRANE. 185
(so hat ein rittar mir ghesaget); 210 [
nach ir der gheverte ich gherende bin, £jj
ich wolde sie sen, des ghert min sin/
Offiart de sprach tzo hant ^
cherre, ir suolt an min lant '
mit dessen vrowen riten: 215
swer hir komet dorch striten,
her ghewinne scaden oder hau,
her moz dorch sines prises teil
mit uons bliuen doch de nacht,
herre, so sult ir werden bracht 220
nof de rechten stratze an daz lant
dar uoch de maghet wert becant.
ir hotet doch de duoreste man
der i dorch minne pris ghewan
mit dren sinen gheverten, ' 225
de mit speren vnd mit swerten
dicke hat irworven pris/ *
do sprach der iunghe vorste wis
cich wil darhin, daz ist min ghere:
her sal an mich vinden were 230
strites, daz si noch ghesaghet.
swaz mich gheschen von im mach,
nimber vrolichen tach
ne leve ich, ine come dar 235
daz ich ghese er oughen clar/
Modiane sprac tzo hant
•'herre, ich wil uoch don becant
des landes recht sult ir began :
iz sal werten al ghetan 240
des ir an dem vorsten ghert.
siet nuo wart de coning ghewert.
mit im karte Darifant;
unvorwitzen an daz lant
&11. Dem. i, 35 ze Antriun dar wold ihc hin den vorsten sen,
Ken min sin. 215. zwar N. 226. Cr. iv, 216 d6 ich sprach
Demantin mit swerten pris erworven hat. 229. Cr. iv, 450.
Cr. iv, 171. 395. 235. ne come N.
186 ZU BERTOLTS CRANK. .
he an kortzen stunden reit, . 245
bi im de scone machet ghemeit,
des copinghes swester, daz is war,
vnd de scone Fedakine clar;
de was des landes coningin.
sie karten hertze vnd sin » * 250
we sie scophen im gheinach:
al des denestes man im plach
des her selve- gherte :
noch mer man im ghewerte.
he wart dar wol uontfanghen. 255 v
uontieghen im quam gheganghen
vil menich scone vrowe ghemeit,
do he uof einen [gronen] angher breit
mit der coningin gheriten quam
dar her ghesach vnd vornam 260
manich poulun riche,
ghesimeret costichliche.
her sag ein dar vnder,
soldich half de wonder
saghen de ich dar von weit — 265
952. Cr. iv, 359. 255. uonterfangheu N. 200. Cr. i, 46.
262. was g. N. vgl. Cr. iv, 52. 270. 264. Cr. ii, 15.
iv, 286.
Die verglichenen stellen, obgleich sich fikr einzelhei—
ten noch mehr anführen ließen, scheinen hinlänglich z
dem beweise dqfs das gedieht von Darffant ebenfalls vo
Bertolt herrührt, der umstand dqfs im anfange des brück
Stücks ein vermählungsfest beschrieben wird* dessen wen
auch kürzere Schilderung in der ganzen manitr der be —
Schreibung von Gayols Vermählung gleich kommt* läfst au^*0*
genblicklich denselben verfafser erkennen, zumahl da auc&
hier wie in Crane an einer ganz entsprechenden stelle ein^
ähnliche rüge der spottere vorkommt, auf welche sich eben —
falls des dichters klagen in der einleitung zu diesem ge^"
dichte beziehen. Bertolts idiom zeigt sich auch hier, wi^
im Demantini so deutlich dqfs wir es für überfiyfsig ha&~
ten einzelnes hervorzuheben* bei genauerer betrachUmg ef~~
gibt sich dqfs die drei gedickte Demantin Crane Darjfiv**
ZU BERTOLTS GRANE. ' 187
ler folge wie wir sie eben aufgeführt haben verfaßt
. denn wenn der dichter im Darifant seine einseitige
deshalb leicht erkennbare monier mach nicht verleug-
so zeigen doch einzelne partim eine höhere kunst-
mdungy weshalb dieses gedieht gewiss nach dem Crane
setzen ist.
WILHELM MÜLLER.
ZUM IWEIN.
Die hs. 2779 (R. 2259) der Wiener hofbibliothek ent-
unter anderem auch Hartmanns Iwein. damit niemand
in zweifele, da die von Graff Diitt* S, 371 und Hoff-
n verz. $.16 angegebenen anfangszeilen nicht der ein-
% des Iwein sind9 mag hier räum finden was Karajan
darüber vorlängst mitgetheilt hat.
Bl. 46 vw. bricht auf der in spalte die kaiserchronik
es folgt mit der 20n zeile
hie hebet sich an daz
Bvch daz da haiiset der
ritter mit dem leben
Swenn ein wol beschaiden man
Der beschaidenleichen dienen chan
Baiden mft vnde leip.
- Leit an einem beschaidem weip.
Swen des wudert.
Daz do ir hertze syndert.
von vns allen hintze den«
Der sagte gerne weste er wem.
Des enwndert mich nicht.
Swa dem gvten wol geschieht.
Des pin ich immer vro mit in.
Daz haizzent anch di weisen sin.
Di rede lazzen wir beleiben.
rnde sagen ev von den weihen.
Si habent wnderleichen sit.
Da &i di man versuchen! mit*
Swer ev di alle solde sagen.
188 ZUM IWEIN.
Der endorft auch nimmer gedagen.
Wir svln si lazzen beleiben.
Swer er solde schreiben.
Alle ir wuderleiche site.
Der bedorfte praiter permeit.
Swelich weip von ir sinne.
Dar vmbe versprichet minne.
Daz die leute alle.
Bedent mit einem schalle
Secht wi State deu ist.
Di 1er ich einen pezzern list.
Daz si minne walte.
Vnd ir er doch behalte.
vnde minne einen man.
Der minnen vnde helen chan.
So sprichet manigev wa fvnd ich den
Da wage iz wider tisen
waz iz wider den man daz ist mein rat
Der zucht vnd schone sinne hat
So mag ir nimmer misse gan.
Si sol doch vngeluche han </>
hierauf beginnt die 2e spalte
Swer an rechte gvte u. s. tu.
die vorhergehende reimerei wird niemand zum Iwein rech-
nen oder Jtlr hartmannische poesie halten.
H.
ZU DEN MERSEBURGER GEDICHTEN/
Das asyndeton, ohne welches im zweiten gedieht nicht
vier, nur zwei göttinnen sein würden, fordern folgende gründe.
1. ira gen. sg. fem. ist ahd. und auch alts. von iro gen.
pl. geschieden, beide sondern sich wie goth, ixös and izt-
auch das Hildebrandslied hat nur iro eorum, kein ira; wenn
im Heliand einigemal ira für iro steht, so scheint das feh-
lerhaft, da auch thero und alle übrigen gen. pl. o weisen
* über zwei entdeckte gediente auf der zeit des deutschen oeideB-
thuras. Berlin 1842.
ZU DEN MERSEBURGER GEDICHTEN. 1«9
und das ags. fries. a meiden, erst im mhd. ir fallen beide
casusformen schädlich zusammen.
2. bedeutete ira hier eorum, auf wen soll es bezogen
werden? doch auf Phol und Wodan? dann folgte notwen-
dig dafs Phol und Wodan briider, Sunna und Folla ihre
Schwestern waren. Phols und Wodans brüderschaft ist aber
beiden bedeutungen entgegen die ich von Phol versucht habe,
noch weniger scheinen Wodan, Sunna, Folla. geschwister.
Söl, nach nordischer mythe, war tochter der Mundilfari,
Schwester des Mäni (Mond), nirgend werden Söl und Fulla.
geschwister genannt, zwar heilst Fulla auch nicht der Freyja
Schwester, sie steht vielmehr in nahem Verhältnis zu Frigg.
und da Frigg (langob. Frea, ahd. Fria, slavisch Priye) ver-
wechselt wird mit Freyja (ahd. Frouwa, Frua), so fragt es
sich ob nicht in unserm denkmal für Frua gesetzt werden
mtifse Fr ja? dann wäre Wodan vollends ein unpassender
bruder, weil er Frtas gemahl ist.
3. auf den ersten schein gemahnt frua Folla an do-
mina Abundia, dame Habondc, wie an frau Berhta, frau
Hulda, frau Venus, doch diese ausdrucksweise beginnt erst
im 12n oder 13n jh., ich glaube nieht, dafs man im 8n oder
9nJrouwa als blofsen titel vor eigennamen setzte, die ags.
und alts. mundart haben . das ahd. fi%ouwa überhaupt nicht,
späterhin scheint es aus der hochdeutschen in die nieder-
deutsche, bis in die niederländische und friesische, einge-
drungen, mhd. lesen wir freilich allenthalben vrowe Jüno,
vrowe Pallas, wie her Jupiter •, her Adam und vrowe nah-
tigal; in den meisten anreden wird betitelt, aber ü. und N,
verwenden frouwa, frowa nicht so. Maria heifst auch spä-
ter niemals frau Maria, sondern entweder Jungfrau Maria,
oder sente Maria, oder unsere frau Maria (wie bereits im
Essener fragm. üsero fruon sancte Mariun), was mehr als
titel ist. 0. 1, 3, 31. 1, 5, 7. 1, 7, 1 hat nur sancta Ma-
ria; N. ps. 21, 11 Jone Mariun wombo; ps. 79, 18 Marim
sun. niemals ertheilt 0. einer Elisabeth, Magdalena, Mar-
tha den titel frowa, noch N. im Marc. Cap. einer Juno,
Minerva, scheint also frua Folla unstatthaft, so mufs Frua
ein von Folla verschiednes wesen sein, ich habe Folla für
die göttin des reichthums gehalten, lieber als für den Voll-
190 ZU DEN MERSÄBURGER GEDICHTEN.
mond, weil weder bei der nord. Fulla, noch bei Abundia und
dem lettischeu Pilnitis des monds gedacht wird, nach dem
Volksglauben spendet auch der neumond mehr fülle und Se-
gen als der Vollmond (litth. pilnatis, goth. fulhps). wie
sich aber Abundia und Diana, Hulda, berühren, könnte den-
noch bei Fulla der Mond in betracht kommen.
4. wäre frau Folla recht, so müste es auch Sinthgund
sutma sein, und Sinthgund den eigennamen der sonne bil-
den, einen Solchen fuhrt sie nun nirgend, ohschon der ihm
nachgewiesene sinn auf sie wie auf ihre Schwester anwend-
bar wäre, würde aber dann nicht bloCs Sinthgund, mit wcg-
labung des appellativs sunna gesagt worden sein, der sonne
nicht notwendiger das prädicat frau gebühren, als der Folla,
selbst wenn diese der mond wäre? in der handschrift ist
naoh Sinktgunt der den haupteinschnitt des verses bezeich-
nende punct gesetzt, und im folgenden vers könnte er hin-
ter Frua ebenfalls stehn. dürfte, wenn frua blofser titel
wäre, zwischen ihm und dem eigennamen, so wie zwischen
dem eigennamen Sinthgund und dem appellattv sunna die
metrische ruhe eintreten? ich zweifle.
Sind nach allem diesem Frua und Folla9 Sindgimd und
Sunna vier eigene göttinnen, drückt ira ejus, folglich schwe-
sterschaft je zweier unter einander aus, so darf das weg-
bleiben der copula dem nach stuont (gramm.4,216. 346.950)
an die seile gesetzt werden* und auf weitere bestätigungeo
hoffen, ich führe noch einige stellen aus der edda an. I$6tfr9
AsMJr Olmo&ssynir Saem. 116"; Ani9 Omi ovo bormr Am*
grims synir 116b; Amr ok Iöfiir, Mär 115b$ Vinhiürg,
Valbttrg 235 b ; gldar Gullinbnrstiy Hüdisvini 114% diese
letzte fögung ist zweideutig, da Hüdisvini auch der dat.
sein könnte und dann das comma unterbliebe, aus der rahd.
poesie lafsen sich vielleicht befsere beispiele sammeln, als
folgendes, Nöupatris, Eskelabön der manegen pris bezaiit
Wh. 106, 23.
JAC, GRIMM.
* auch zwischen herod uoder im ersten gedieht scheint die copul»-
gleich absichtlich ausgeladen.
toi
CHE DE MIHI.
0
Wenn Hartmanns reine deutsche spräche einem abt die
>etheuerung cröde mich für crede mihi zweimal in den mund
egt (Gregorius 853. 1456), so mufs sie unter den kloster-
euten sehr im schwang gewesen sein, auch Reinmar von
Zweter MS. 2, 124* sagt diu glihsenheit diu birg et vil un-
feines, — dur Juden und dur vürsten golt s6 ist man ir ze
Röme holt, ir Cröde mich kan schatses wol gevdren, und
lochmals MSH. 2, 203 a da trüwe ich nimmer vinden süeze
iäle9 crSde mich (: sich), auch im Waltharius 807 wird
nihi crede eingeschaltet, und man darf Otfrieds giloubi thu
nir9 thas giloubi thu mir, thes giloubi thu mir (2, 14,61.
S, 20, 178. 4, 5, 34), thaz giloubet ir mir, thes giloubet
r mir (4,10,6. 19,53) oder giloubi minän worton (5,7,4.
13, 4) schon für eine blofse Verdeutschung dieser formel hat-
en, so natürlich auch die eigne spräche auf den ausdruck
ührt. was ich aber hier bemerken wollte ist da£s noch im
17n jh. in dem niederrheinischen kloster Rommersdorf eine
speise, seien es klöfse oder ein backwerk, unter dem namen
rrede mihi verabreicht wurde; ein Heimbacher weisthum von
1627 (1, 619 meiner samluug) besagt, der alt burgemeister
empfanget den hqffneren im closter 30 crede mihi vnd ein
ituck keefs, das vber 19, doch ?iit 20 heller werth sei. im
Bennebergischen hiefs nach Reinwald 1, 70. 2, 62 eine ge-
wisse art klöfse herr gott behütes, oder abgekürzt blofs
hütes.
JAC. GRIMM.
DAS ER ORTLICHER APPELLATIVE
UNADJECTIVISCH.
Den schein des adj. hat höchstens der nom. sg. masc.
11 Nürnberger tand, Berliner witz, Frankfurter kaufmann,
las uns fast wie guter, schlechter, alter lautet, doch in al-
en andern fallen schwindet er, Nürnberger tan des, Berliner
102 DAS ER ÖRTLICHER APPELLATIVE UNADJECTIVISCH.
waare, Frankfurter geld. dies unveränderlich haftende er
unterscheidet sich also auch von organischen adj. auf er,
wie mager 9 heiter , die überall flectieren. es ist nichts als
der vorgesetzte gen. pl., den die frühere spräche oft auch
dem regierenden subst. nachsetzt, z. b. ein Schilling Regens-
burger 9 Co^a»^er= Regensburger, Cos tanzer Schilling, wie
man ihn zu Regensburg, Costanz ausprägte, die ahd. spräche
sondert jenen festen gen. pl. -dro bestimmt von guoUr und
magar. wenn nun allen eigennamen und örtlichen appella-
tiven ein grofser buchstab gebührt, so folgt, dafs er jenen
gen. nicht entzogen werden darf, und es unrichtig ist zu
schreiben leipziger druck, berliner handschrift statt Leipzi-
ger, Berliner.
JAC. GRIMM.
FRAU KEIN WILDES THIER.
Schon gramm. 4, 650 ist auf redensarten hingewiesen
worden die mir uralt scheinen, will eine frau ihrem gelieb-
ten seine Müdigkeit vorrücken, so sägt sie ihm Ich war ja
kein wildes thier das du zu meiden brauchtest, bei dem .
von Kürenberg MS. 1, 38b jo enwas ich niht ein eber wilde,
als der liebhaber sich nicht sie zu wecken getraut hatte.
Iwein 2269 ir möhtent sitzen näher baz, min vrouwe bizet
iuwer niht. MS. 2, 195b sin möht mit linden henden mir*
niht ersldn. auch unser noch gebräuchliches einem den zahr*
weisen kann dazu genommen werden: si zeiget mir der*
wolves zant Ben. 386. es mufs andere stellen mehr geben. 9
deren ich mich jetzt nicht entsinne.
JAC. GRIMM.
103
MARIENLIED.
Der herzoglich nqfsauische oberschulrath, herr dr Frie-
ann, director des centralarchives zu Idstein, hatte die
? mir eine im anfange und am ende defecte pergament-
dsckrift eines lateinischen psalteriums mitzutheilen, die
n dem ehemaligen marienkloster zu Amstein aufgefun-
hatte, in welcher auf den letzten blättern ein deutsches
ienlied steht.
Die handschrift ist in kleinoctav und gehört in das drei-
rite oder vierzehnte Jahrhundert; die spräche aber so
die reime weisen auf eine bedeutend frühere zeit, so
i wir also nur eine abschrift eines von einer frau ge-
beten frommen liedes vor uns haben: diu buoche (das
h), alinc (unversehrt, ganz), andouge, du statt diu im
'rumentalcasus so wohl als im nominative und accusative,
l mehr der art, laßen an der ßiiheren entstehung des
'es nicht zweifeln.
Ich füge hier noch bei dafs der folgende abdruck sich
eine von mir selbst genommene abschrift gründet, in
zher ich nur, des leichteren lesens wegen, den vocal i
einem puncte versehen habe ; alles übrige, so wie auch
interpunction, gibt treulich die handschrift wieder.
GÖTTINGEN, apr. 7. 1842. G. F. BENECKE.
I Die vier ersten Zeilen sind ausgekratzt.
werlt van der sunnen vz geit ane ser 5
vnd an arbeit, daz kint daz himel und
erden soide er frouwen. daz ze storene
qua uiisen ruwen. an aller slahte ser iz
uan dir qua. alsiz godes kinde alleine-
me gezam. Van der sunnen geit daz 10
dage liet. sine wirdet umbe daz du
dunkelere niet. hog bewollen ward
din megedlicher lif. allein gebere du
daz kint heiügez wif. Sint du daz
'• F. D. L II. 13
10
194 MARIENLIED.
kint gebere. bit alle du were. luter unde 15
reine uan mannes gemeine* swencn so
daz dunket unmugelich der merke
daz glas daz dir is gelig' daz sunnen
liet schinet durg mittlen daz glas, iz
is alinc unde luter sint alsiz edes was. 20
durg daz alinge glas geit iz in daz
hus. daz uinesternisse uerdriuet iz dar
uz Du bis daz alinge glas da der
II durg qua. daz liet daz uinesternisse der
werlde benam. uandir schein daz go-
des liet inalle die lant. do uan dir ge
boren warth unse heilant. iz belubte
dich und alle cristenheit. du inden 5
ungelouuen uerre was uerleit. iz uant
dich, iz liz dich, bit alle luter alse du
sunne deit daz glase uinster. luden
die ug willen ce gode keren. merket
daz glas daz mag ug leren. Inder
buche lese wir. daz ysaias uane dir.
alsus hauet gesprochen, die wort die
sint belochen "Wz uan iesse sal wahsen
ein rvde. uffe der rüden sal wahsen
ein blüme. ander blumen sal gervn *
der heilige geist. her sal sie gesterken
bit allen sinen crefden. uan ime sal sie
du godes craft entfan. da mite sal sie
den uiant erslan. meinet du rüde dig
20
heilig megedin. bedudet du blume
din drut kindelin Oug saget
uns alsus. du buch du der heizet exo
dus. daz moyses ein heilig man. sag
III einen busch de der bran. den busch du
flamme beuienc. ie doch her niet ne
cegienc. her bran unde louvede. daz
für ime nine scadede Schein uan
deme busche daz für. daz meinede daz
uane dir. got hie in erden, erberwet
111, 6. deutlich erberwet in der hs.
MAR1BNLIED. 195
solde werden, grunede daz löf indeme
füre, blüde der din magedum inder
geborte, der busch behielt da sine sco-
necheit. so dede din heilig lif da sine 10
reinicheit. Dines magedämes blü-
me grünet ie nog. du heizes unde bis
mader ie doch/ daz is daz wunder daz
niene gescag. daz nie ore negehorde
nog onge ne gesag. Oug bezechene- 15
de dich wilen de mandelen zuig. de
uore gode blöde daz was i&rones
rüde, de sament bit den blumen'erou
nede die mandelen. Du porte besloz
zen gode alleineme offene du ezechi 20
eli erschein, si was oug diner ceichen
ein. Man liset oug ander, uil manig
wunder, damide din geburd wilen.
uore gekündet ward. Med ich dusent
munde gesagen ich niene künde en
vollen des wunderes, daz uan dir ge
scriuen is. iznemogen alle zungen
gesagen. nog ges . diiiei4 5
eren. nog dines loues enuollen Der
himelischer hof. singet aller dinen
lof. louet dig cherubin. eret dig sera
phin. allez daz herie der heiliger en
gele die godes andouge Stent uofi 10
aneginne propheten und apostolen.
und alle godes heiligen, die frowent
sig iemer diu. kunenclichez mege
din ^iWale muzen sie dig eren* du
bis müder ires heren de der himd 15
und erden, uan eres hiez werden, de
bit eineme Worte gescfif du werft
alle dem alle dinc sint uuder dan
19. vielleicht zu befsern eroügede. vergl. genes, fundgr.
5. ohne zivetfel gesingen, das auch nachher, x, %\f.t mit zungen
for diner ist noch zu erkennen bit alle.
13*
196 MARIENLIED.
dem uiet ne mag widerstan. dem
alle craft gewichet dem niet ne ge 20
liehet, den der eret und uortet. alle
duse werlt. Baz is mir lanc zesa
gene wie her du sis ce himele. iz enis
V oug niemanne kunt. ane den seligen
die da sint. Des eines bin ig uan dir
gewis. daz frowe sus geret bis. durg
die dine groze gude. durg die dine
otmude. durg du dine suvercheit 5
durg du dine groze mildecheit
Van du anerüfen ig dich, frowe nu
gehöre mig. aller heiligeste wif. uer
nim mig sundigez wif. allez daz
min herze, daz fled dir bit flize. l0
daz du mir willes genaden. cedine
me sune "helfen, daz er durg sine gu
de miner missedede uergezze bit
alle unde mir genaden wille bei-
der mine lidicheit du hat mig dik ^
ke uerleit. daz ig uan minen seul
den. uerworte sine hulde. frowe
daz is mir engestlich her umbe so
vorten ig. daz er sine genaden uan
mir sule keren. Van du flien ig %
ce dir numuze daz stan ane dir
wie du mir mäged milde gehelfes
siner hulde. hilf mir wares ruwen
VI daz ich mine sunden. muze gewei
nen. bit inneclichen Irenen Hilf
mir bit flize daz ig du hellewize
niemer ni relide. dad ig oug vermi
de hinne uord alle dine die wider
godes hulden sint "Wnde räche
mig gesterken in allen guden werken,
daz ich bege minen lif. alse die heili
23. enis ist nicht ganz sicher; man könnte auch, und vielleicht
richtiger, izn is lesen. V, 3. vor sus scheint du ausgefallen *u
sein. VI, 4. dad] /. daz.
MARIENLIED. 197
ge wif die uns aller dugende gege
uen hauent bilede. unser müder sa 10
ra du otmudige. anna du geduldi
ge. hester du milde, iudit du wizzi
ge. und andere die frowen. die in go-
des forhten. hie sig so betrageden. daz
sie gode wole behageden. Oug na di 15
ner gude. na diner otmude. müz ig
gescheppen minen lif. des hilf mir hei-
ligez wif/ an dine hant ig begeuen
mig und allez daz min leuen. dir be
velen ig alle mine not. daz du mir 20
willes sin gereit in swelechen minen
noden ig dich iemer ane gerufen Fro
we diner hende beuolen si min ende/
und räche min gewisen. und mich er
losen uz uander grozer not suanne
so der leide dot ane mir sol gescheiden "
den lif uander seien Inder grozer
engeste cum du mir ce tröste/ unde hilf 5
daz min sele werde ce deile. den lie
uen godes engelen. niet den leiden du
uelen/ daz sie mich dare brengen. da
ig muze uinden. du eweliche frowede
die da hauent ce himile/ die fil selige 10
godes kint die dar zu irwelet sint.
Daz ig muze scowen den unsen lieuen
herren. den unsen scheppere, den unsen
heilere der uns gescvf uan niwete. der
vns oug gecoufte/ bit sines sunes blö 15
de uan deme ewigeme dode. "WVer sal
mir des gehelfen, wer sal mig so geluteren
daz ich des wirdich muze sin. daz saltu
ific herre min. gif mir herre dinen ge
ist wantu selbe wale weist, alle mine 20
crancheit. und alle min unwizigheit.
daz ig muze scowen bit den minen
ougen/ din unuerloschen liel daz
ne were du mir niet/ daz is der ewige
i
Jt
«
198 MARIENLIED.
lif. daz is daz ig armez' wif. bit diner
helfen suchen daz la mig herre uinden.
Des sie min bode cedir. dines selues m&der/
owie selig bin ich dan. of sie mig wil- 5
let fore stan. Jflaria godes druden.
maria trost der armen/ niaria Stella
niaris. zufluht des suaderis. porce des
himeles. burne des paradises/ dan ans
du genade uz gefloz du uns eilenden 10
entsloz daz unse rehte uater lant. nu
gif uns frowe dine hant. UTise uns
uz gehelfen uon dere grozer dufenen
• • • •
daz is des duveles gewalt. dar uns in
hat geualt/ eua unse müder nu flie 15
wir alle zu dir. Wir weinen unde
suften. ce dinen lieuen uvzen/ la du
dich irbarmen/ die not die wir armen/
indirre dale helden manege wis uer
dulden. Stella maris bis tu genant. 20
na deme sterren der an daz lant. daz
müde schif geleidet dar iz cerasten
beidet/ geleduns an ifim dinen sun
IX Auf dieser seite ist nur zu erkennen dqfe das was
darauf stand deutsches war. aber alles ist ausge-
kratzt, zu lesen ist nur als zweite häffie der leb-
ten zeile daz er sie behu-
X de naht unde dach, uan aller slahten
ubele daz in gewerren mach, daz er
in geuen wille die sine lieuen hulde
unde celezzes uns gesamene in deme
ewigeme leuene. Jflaria milde ku 5
ningin. nu muzes tu gelouet sin/ der
diner o tarnte, und aller diner gfide/
dar umbe dig crist gen am. ce müder
als iz wale gezam/ daz den aller bez
VIII, 8/ porce deutlich in der hs., aber wohl nur schreüffehkr
statt porte. 19. genau so in der hs. 23. das wort sun kan»
auch, und vielleicht richtiger > vil gelesen werden.
X, $. \0. bezzestes fehler der hs., I. bezzesten.
MARlENLifiD. 199
zesles mau der ie induse werlt quam. 10
daz bezzeste wif gebere du in wiues
kunne were. Bfu muzes tu gelouet
sin maria unse uogedin. trost der
cristenheide. schilt der unser brode
cheide/ maria grä plena du bis uol 15
aller gnaden/ des heib'gen geistes er
cornez uaz. daz er cedisen eren sun
derliche erlas/ uz uan allen wifen.
die der ie geboren wurden. Milde
maria. genedige maria. süze maria 20
dinen lof muzen singen, aller slah
te zungen / und alle du gescheffede
du der is in erden of in himele. diu
Die folgende scite ist ausgetilgt und unleserlich.
GOTTHICA MINORA.
1
Zu band 1 s. 311 ff.
Die s. 314 ausgesprochene beziehung des von Bonaven-
tura Vulcanius herausgegebenen commentariolus docti cuius-
darn viri anonymi auf Richard Strein dürfte der weiteren
besprechung nicht unwerth sein, die a. a. o. genannte hand-
schrift von Leyden (Vul. 92c) liegt in ihrem ganzen inhalte
jetzt vor mir und gewährt bei näherer betrachtung manche
eigenthümliche beziehung. ' ich schildere sie daher noch etwas
näher.
1 . der inhalt. s. 1 enthält a) Alphabetum Gethicum, dar-
unter die worte fuyjtfTGAqQ, <J)|\i|Ui rijt)uui jMj*STQA.euJ>.
aiuuaggelgo thairh marcu anastodetth
darunter b) ORATIO DOMINICA (gothisch) bis auf s. 2>
welche noch enthält SALVTATIO ANGELICA.— s. 3
CANT1CVM VIRGINIS, mit lateinischer Übersetzung über
den Zeilen und Wörtern, bis s. 4. — s. 5 bietet Canticum
Stmeonis, blofs gothisch. — s. 6 bis 10 sind leer. — s. 11
und 12 enthalten die s. 315 bereits besprochenen kammer-
rechnungen oder notizen von Richard Strein, die wir hier
mittheilen.
200 GOTTHICA MINOR A.
s. 11 Ad Cces. Ca. aulicam.
Die key. ml weißst sicher disen bewilligung vnd ist
wol zuerjnnert. vnd diewayl er ein tool verdeinster schuh
So ist der (über der steht jr) mx. will das dasselbige dem
zo
supplicantenn vnuersagelich gereicht werde, Darumb jr M\
beuelch ist dafs jr M koy serlicher (diese drei worte in leer
gelafsenen räum mit schwärzerer tinte eingetragen) hqfcämer
also, vnd das der supplicant nitt lenger auffgehaltenn werde
anzureichen (ausgestrichen, darüber anzuzeien). per tmpe-
ratorem 15* Julij. 69.
praesentata fuit hose requesta 22a Junij zu sehen obs
nicht zuuor den Jesuws* beuelh. oder in recknung
26 Julij 68.
Georg Lanng. solle Georgio Cassandro 200 goldt Gulden
zuestellen
13 Decembris A° p 65.
s. 12 (abgeschnitten und weiter gerifsen) . . auff die ... .
. . Lieber Her hqffzallmaister willet dem supplieäten diese
zwe hondert goldt guldenn van stundan betzalenn, vnd ob
ires jm'ambt nicht hetet aufs bewiegerung**, vnd b am
ersten gelt wider erstaten 19 Julij 68. Vndertzeckent
Strein.
2. innere eigenthümlichkeiten. bekundet schon das letzte
wort vor der Unterschrift des namens Strein, Vnderzeckent
einen Niederdeutschen oder Niederländer, so bestätigen dies
einige über die lateinische interlinearversion zum canti-
cum virginis geschriebene deutsche Wörter, nämlich über
hHjHyeiUftt und humilitatem das niederdeutsche nedricheit,
und über rURiA(Jmtrrjms und superbos — hogdenckende, und
über FjiSQruVft und impleuit — gesedigen***.
Vergleicht man die gothischen texte bei Vulcanius und
hier bei Strein näher, so ergibt sich 1) die gröste ähnlicbkeit
in beziehung der alphabete ; man sehe :
* undeutlich, ebenso das darüber geschriebene er ... . and das dar-
unter, neben reckung stehende Jres maj ztjn.
#* oder aufs bewiegerum; darüber unleserlich ringchen, ob aus
aufibewiegeren gemacht ist ausbringhen ?
*** über tlA6BlAjl und suseepit steht hebet auff.
GOTTHICA MINORA.
201
Vulcanius
Br&6|;QhH
IKAMNQnOjlS
n n <\> z X
b9 c, d9 e, f9 g9 A, eta9
i, k9 l9 m9 n9 o9 p, q9 r, s,
v9 u> y9 z9 eh.
Strein
eta
f\^f\ bb r b 66 fc q Ji H
/
th o
(|)lKAMNöne^S
t uu n y z x
v u z ch
[Ji. B. 6. il gibt Str. in
verschiedenen formen.]
selbe folge der buchstaben; dann dieselben irrthümer,
°% eta9 v st. qv9 dagegen 0 als q, dieselben fehler (g st. j)
dem bei Strein gleich folgenden anfang des evangelii Marci
i Vulcan. s. 66), nur dafs Str. aiuuaggelgo, Vulc. Ai-
nggelgOy überdies noch Marcum schreibt; im gothischen
>en übrigens beide hier <})j\lKh Hjuum.
2) bei Strein folgt das vaterunser, das Vulcan. s. 32 — 34
t. gemeinsam ist hier beiden das 1, s.342 schon bespro-
na Mj\tiS; Vulcanius zeigt (s. 33,4) am ende der zeile
p}>j\ st. yjiiju})jtt bei Strein; des Vulc. auslegung s. 35
lanfsigaima erklärt sich (während er s. 34 abbricht mit
lAj\HS und 35 mit SlQjttMjV anhebt) aus Streins SKUAjtHSSi-
H^ ; Strein schliefst s. 1 mit svasvejah und beginnt s. 2 mit
briggais. uns. in. fraist. \ ubnjai., läfst also aus (durch
;) vais aflötum thai skulam unsuratm jah. Strein setzt
lfach punete zwischen den Wörtern : so nach namo thein. —
udinassus theins. und von himmadaga. an fast hinter jedes
rt bis zum schlufs. Strein hat TiB'eAiN (mit absichtlich ver-
wärztem e) — beweis dafs er in seiner Urschrift wie Vul-
lius richtig UBiAiu vor äugen hatte.
3) in dem bei Strein nun folgenden englischen grufse
ulcan. s. 31) verbindet Str. j\HSTjHj\neij\hj\Jrrj\, eben so
lc. f\HST^n | ajthjtjrrjt; Vulc. bietet ^, Str. nur f^\
gegen im folgenden lobgesang Mariae mit jenem j^N, wie
und im Cant. Simeon. beide ^); beide geben das umge-
202 GOTTH1CA M1NORA.
kehrte n st. u in niHQH und ni<J>j\HS, eben so beide «Jnn^RQA
K)lj\N (Vulc. daher thiu thidol kran)*.
4) im lobgesang M. beide (nach dem silbernen c.) Mtküeid
und Sveigneid, beide auch gleich trennend HlKiA6i&SjU yjkAjk>
eben so &n r<J> j\, welches fk Str. durch articulus erklärt, wie
in Ali h HjMyeiHjM (eben so trennt Vulc.) das h ihm articult)
sein mufs, j\ articulus wieder als iS)ij\6A j\ (eben so setzt
Vulcan. ab). Str. giebt uj\sqj\uj\ (Vulc. richtig H^SQjkHd)
und drüber salutare (salvatore) meum (H6iUfmHj\ !) : beweis
falscher abschrift im goth. wie im latein. — Strein gibt weiter
falsch seiHjHSQS (Vulc. richtig seiujuzas). beide verbinden
wieder j^HlutiMjiN itj\ru\j\rqj\H st. fram himma nu au-
dagjand). Vulcanius Holzschneider sah und schnitt HlSlMlRl-
A6iu(Str. hat jenes i nicht), beide wieder trennen Hj^rl ölS
(nomen ejus), und verbinden (J)6iHQrjlN«vj\ri, wo Str. im bei
beiden falsch mit 6 geschriebenen tyjUtt deshalb nicht den arü-
kel sieht (er setzt blofs timentibvs über), beide verbinden und
theilen ferner (am ende der zeile) mKiA(JmhT^NSr^|hnr&jU$
Vulcanius bezeichnet richtig am ende der Zeilen ns- 1 hjttihlAjV
und tiHjM-lyi^HS und ajui-|sjihs rjmn- 1 njin&s, weil sie
auch Streiu verbindet; er trennt auch lNSj\N-|AW^\ and
rj\MRNj\- 1 Mas , wie Vulcanius am ende HN-|a^iy. Strein
schliefst schon mit j\jttij\tij\iKTeiNS - syj\S(J)e, während seine
s. räum genug bot mit Vulcan. zu schliefsen rodida du attam
unsaraim Abrahama ja fi*aiv ts und aiv. beide geben wieder
gleich rj\ h hju- | yia^ns Vulc, rj\ h. | Ujuyia^us Str.;
Strein fehlerhaft tiA6BU\j\ st. Vulc. hAeiBie^v, beide (mit
oder aus cod. Argent.) (Jnrmjirn zu seinammu.
5) gleichmäfsig nach dem silb. cod. im Canücum Simeo-
nis (Vulc. s. 41) beide (und beide gleichm. getrennt) foty
AeiTjViS ; beide ferner gleich fehlerhaft rjvyjvip))rj* ; während
aber Vulcan. jtfii\QNj\ schneiden liels (ähnlich Str. voraas
J^juin- 1 uqu<v st. Vulc. }^jmri- [ nqn«v), schrieb Str. nur
jtflQNjl, verleitet durch das vorausgehende n. Strein gibt mit
ausgewischtem H blofs Hj\uj\ ] yi&es, beide wieder den glei-
chen fehler (gleichmäfsig getrennt) in j\n j\u«vyjHj<4>qj^ Str.
weiter hin <Jnn&QN, Vulc. richtig (|)in<VQH, Str. endlich ver-
' vgl. bd. 1,310.
GOTTHICA MINORA. 203
m
schrieb <}>eNj\i, strich es durch und wiederholte mit der neuen
zeile t^iNGi.
Alle diese einzelheiten beurkunden- hinlänglich eine und
dieselbe quelle für Vulcanius und Strein, nur dafs letzterer
blofs texte abschrieb, Vulcanius dieselben anders geordnet
wieder gab. natürlicher folgt aber bei Strein, obschon nach
der Überschrift des evangelii Marci nochmals das vaterunser
aus Matth. 6, 9 steht, der engl, grufs — der lobgesang M.
— der lobgesang Simeons (d. i. Lucas 1, 28 — 1, 46 —
2, 29) als bei Vulcanius s. 1 das aiphabet, s. 31 der engl,
grufs, s. 32 das Vaterunser, s. 36 der lobgesang Mariae,
s. 41 der lobgesang Simeons, endlich s. 66 die stelle Marc.
6, 4 (non est propheta nisi in patria sua mit den fehlem
ihist n|qm}tfTns | «ins ye^s nibjun | irjui)u)>ju ssinju.
sieh bd. 1, s. 324 u. 325) und die Überschrift des evangelii
Marci.
2
Zu band 1 s. 377 ff. Gothisches in Spanien.
Paulus Piasecius episcop. praemisl. sagt in seiner Chro-
nica gestorum in Europa singularium (Gracoviae 1645 fol.)
s. 48, wo er von den Gotheii und Vandalen spricht, Quod
vero potissimum, me procurante, Adamus Makovius, dum in
Hispania a. 1622 obiret legationem a Sigismundo m Rege
Poloniae apud Philippum iv Hispaniae regem, perquisivit
ibi summa' diligentia monumenta Gothorum Vandalorumque
ac invenit multa, etiam sacram Hebraeorum historiam*
Gothica lingua scriptam, quae cum a Suecis9 qui erant in
aula Sigismundi regis non pauci viri docti* comparareniur
tum vulgari tum obsoletiori demumque cultiori scriptae lin-
guae Sueticae et Germanicae, nee unicum verbum reperiri
potuity in quo una alteram vocis aut syllabarum* vel ety-
mologiae significationisve proprietate assimilaret. quin imo
et in publicis inscriptionibus vetustis, quae in Suecia plu-
rimae praesertim circa oppidum Telga visuntur, ne minima
* das mute doch wohl das alte testament sein, vorher sagt er in
isla gente9 ex qua natus d. Hieronymus, eadem lingua slavonica sa-
cram Hebraeorum historiam vertit, ut ipsemet in apologia contra
Rußmim testetur.
204 GOTTHICA M1N0RA.
qiddem similitudo invenitoir sermonis vel characteris Gothxcu
illudque vulgare Gutthland non Gothicum sed Germanicum
est nomeny ob bonitatem soli certae ibidem regioni inditum.
quod nolant etiam geographi, ut Petrus Bertius in descri-
ptione Uhus regionis. imagines autem anliquae Gothorum
et Vandalorum, quae ibidem in Hispania alicubi vismtur,
referunt vestitum Sarmatico similem, sed his carptim anno-
tatis ad propositum redeamus.
Hätte der gute mann doch nur eine probe mitgetheilt.
die imagines Gothorum erinnern an das Standbild Theodo-
richs in Neapel (band 1 s. 375); die erklärung von Goth-
land ist nicht schlechter als die noch heute in Schweden ge-
wöhnliche, eben von den Gothen. von diesen selber sagt
aber Piazek s. 48 Gothi, Uli inquam bellicosi Gothi me
Gethae (idem enim sonat utrumque apud omnes erudito*. .-. .)
an sint censendi inter gentes Sarmaticas, aliis disculiendum
relinquo; keinesweges aber seien sie aus Schweden gekom-
men, sondern vom schwarzen meere und von der Donau,
ebenso seien die Vandalen vom sarmatischen flufse Vanda-
lus oder Vistula gekommen.
H. F. MASSMANN.
ERFURTER GLOSSEN.
De nominibus cognationum.
Coloni. locatum agrum colunt. id est anderes lantsexan*
Inquilinus inbvirthich. Indigene. inlendig. ürbanus. bürgere*
Oppidanus burgsezo* Mancipium quicquid manu capi subdi-
que potest. Libertus urigelazin. Libertinus urigela%ins sm*
Manumissus geuriethat. Manumissor dator libertatis. Dediü-
cius ein hantgengo. Genitores a gignendo dicuntor. idem
parentes quasi parientes. idem et creatores a cremento quod
est semen cuiusuis generis masculini nominantur. Auus. se-
cundus pater. auia. Proauus. tercius pater. Proauia. Aba-
uus im pater. Abauia. Attauus v pater. Attauia. Tritauus vi
pater. tritauia. Soboles. filii et filiae a substitutione uocati
sie. Liberi id est filii sie appellati ut secernantur a seruis. Po-
stumus dictus quod post humationem patris nascitur. Nothus a
ERFURTER GLOSSEN. 205
Qobili patre et ignobili matre. Spurius patre incerto matre ui-
dua genitus. quia niuliebrem naturam ueteres spurum uocabant.
Nepos filius filii. Pronepos tercius filius. Proneptis. Abnepos.
quartus filius. abneptis. Adnepos. quintus ülius. adneptis.
Trinepos. sextus filius. trineptis. Patres ante genitores. patres
ante proauum dicti uel nominati. Progenies, filii post nepotem
dicti. Maiores dicuntur ante tritauum patres. Minores omnes
post trinepotem dicti. Agnati ueniunt per uirilis sexus perso-
nas. id est Jitdermaga. Cognati ueniunt per sexus feminini
personas. id est müdermaga. Dicitur etiam proximus magh
id est propinquus et sanguineus. Fratres de patre nati. ali-
quando gelandan. quos Laiini paternitates appellant. Patrue-
les. quorum patres fratres inter se fuerunt. Fratrueles mater-
terae filii. hoc est muidirsuna*. Consobrini aut ex sorore et
fratre nati. aut ex duabus sororibus. Sobrini consobrinorum
filii. Socer et socrus parentes sunt mulieris et uiri. et dicitur
a sociando. Gener uir qui habet filiam. Nurus. femina. Leuir
dicitur frater uiri et feminae. Vitricus priuignus. Patruus.
patruus magnus** propatruus. abpatruus. et sie de amita.
Auunculns. auunculus magnus. proauunculus et sie de mater-
tera. Scemata dicuntur ramusculi quos aduocati faciunt in ge-
nere cum gradus cognationum parciuntur. ut puta ille filius.
ille pater. ille auus. et cetera. Arrabo daturpro coniugio di-
eta quasi arrabona. et dos. Pronuba et paranimpha huuelspce-
persa Obstetrix Matrona heimurouua. Mater.
UDum habens infantem. Materfamilias. plures. Fratrissa. fra-
tris uxor. Lanitrices duorum fratrum uxores. Galus uiri so-
ror. Friuolum est cum eo separantur. ut rursum ad se inui-
cem renertantur. Repudium.
Capilli capitis quasi pili. houethar vel vhas. Pili a pelle, id
est lichhar. Cesaries. ein schorenlach,*** a cedendo vocata.
Coma proprie sunt non ceci (/. caesi) capilli. hoc est lanc.
Greci enim comas a secando caimos nominant, unde et cerin
tondere dieunt. inde et cirri. id est lebdceloccas uocantur.
quod idem etiam Greci mallonem appellant. Crines. wispkas
(so), quod vittis discernuntur dicti. Timpora thiunnebein. sie
* mnidirsuna über unterpunetiertem ex duabus sororibus.
** patruus magnus über propatruus.
oder -lath ; an dem vorletzten bnchstaben ist corrigiert.
m « •
206 ERFURTER GLOSSEN.
nuncupata quia monentur. Vultus geetäna. a uoluntate aahti.
Taotonibus ouer Facies ab effigie. Frons a foramini-
bus ocalorum. Oculi. quod ciliis oculantur. Papilla a pauitate
dieta. eadem et päpnla. Conas ovgan. Corona eo quod ambiat
papulam. Palpebra a palpilacione. Lacrimae a laceratione
mentis. Has Greci dacria dicunt. Cilia eo quod celant ocolos.
Supercilia eo quod superposita sunt oculis. Intercilmm inter
ocolos et supercilium. Gene inferiores partes oculomm uocatae
propter rotunditatem. quas Greci mala dicunt. Maxillae Irin-
nebein.* propter diminutionem a malis. Mandibuiae partes
maxillae. Pinnula. orlappa ab acumine dicta. Nares dictae
quia nos odore admonent ut aliqua sciamus. Olfecisse enim
ueteres scisse dicebant. Praescissores. qui rem praesciunt.
Canni. thesmarmesgethunche. Molares quod quasi molant
atque inmassent. Fauces quod per eas faniur. Arteriae vuinth-
atkren.** dictae quod per eas a pulmone aer fertur. Tolles
per diminutionem toxellas uocamus. quae in faucibus turge-
scere solent. Mentum quod mandibuiae ibi iungantur. Gor-
gulio a gutture nomin ata. Rumen. binc ruminatio. Suk-
linguium dicuntur. quod illic uiscera torta uideantar.
idem lacerti. idem musculi. idem et uiscera. Lingua, xhvnga.
Cubitus elenbogo. uel eleu, quod in ipso cubamus. Utnus se-
cundom quosdam fathem. secundum quosdam elennam. Greci
ulenos cubitos uocant. Talias lenden. Alae o seien, a smintfr
dine alarum eaedem ascillae. quod ex eis brachia excellantur
et monentur eadem et sub Ungulas nägala.*** has Greci
onices uocant. Truncus tota medietas hominis. Torax Grecun
nomen est. hoc est brustlappa. quam Latini aream uocaat
Pectus btiistbein. siue una costa quod sit quasi pexum. Mi*
mille per diminutionem a rotunditate quasi malae PapiHae
vuarxm quod eam infantes quasi papant. dum lac sugunt. Lac
a colore dictum quia Greci leucos album uocant. Ubera qmo4
lacte uberant. Arpina spunna et liquando nece. Pulpa« orspm*
na et est illud durum in aure. Cira quod palpitor eandem et
uiscum uocant quia glulinosa sit. Artus lithe. et aliquando
lim us dicti quod inuicem artentur. Compago membrorttm. qaod
* kinnebein über maxillae.
das erste t von anderer hand übergeschrieben.
nagala corrigiert, vorher stund nagela.
ERFURTER GLOSSEN. 207
sibi compacta sunt neruis. Veslibula vuerfbein. eo quod in-
flexione membrorum uertuntur. Cartilagines dietae
quod leni attritu carent dolore. Terga quia eis iaeemus in
terra. Scapula scoldra. tota medietas inter scapilium. Palae
scoldrin. sie dietae quod in luctando eas premimus. nam Greci
palin luctam nominant. Spondilia rugbein. Spina rugelenda
quia radiolos acutos habet. Sacra spina lendenbein.* hanc
a
Greci ieron osten id est sacrum 6s nominant. eo quod haec a
gentilibus diis hostia dabatur. Renes lenden. quod riuf ab his
obsceni humoris naseuntur. Lumbi hufbein. ob libidinis lasci-
uiam. Umbilicus quod sit umbus iliorum sie uocatur. Ilium
lanco et est Grecum nomen quia ibi nos obuoluamus. Grece
siquidem ileos obuoluere est. Clunes gofen. quod sint iuxta
eulum. Genitalia haec pudenda haec et inhonesta et idem uere-
trum quia uiri est tan tum. Virus proprie humor fluens a natura
uiri. Viscus pellis in quo testiculi sunt. Posteriora dieta quod
retro sunt. Meatus quod per eum meant id est egerantur ster-
cora. Coxae quasi coniunetae axes. Vertebra vuersban. quod
in eis capita femorum uertentur. Suffragines, kämmen, quod
subtus franguntur id est flectuntur. Tibiae scinkan. quasi tu-
bae. Crura schina. quia iu his currimus. Bathma thioth. Ta-
lus enkel. a tolo. nam tolus est eminens rotunditas. Pedes
Greci podas dieuut. Plantae pes antea a planicie. Viscora.
befallet flesc. dictum propter uiscum quod est rmdblood. siue
billistr. Item uiscera intestina sunt, id est tharma. Item ui-
scera uitalia hoc est harlinnethere. Item uiscera capita neruo-
rum ex sanguine et neruis copulata. quod est scoodliran.
Idem tori. idem lacerti. id est senulyran* Idem murüs et per
diniinutionem musculi a similitudine animalium sub terra deli-
tescentium dicti. Pulmonem Greci pleumon uocant. in qua
pneuma id est Spiritus inest. Iecor quod ex eo ignis in cere-
brum subuolat. Fibre. leuerinlappan. sie uocatae quod apud
gentiles in sacris ad Phebi aras ferebantur. Stomachus Grecum
est et interpretatur 6s. et subauditur uentris.
Mitgetheilt von herrn doctor Waitz aus einer in der
amplonianischen bibliothek zu Erfurt befindlichen handr
* lendeinhein die hs.
<208 ERFURTER GLOSSEN.
schrift in octav aus dem 12njh.; aber dq/s diese glomn
aus einer älteren Handschrift abgeschrieben sind lehrt der
augenschetn. .
BONUS.
Gotlichiu maere
waeren uns vreudenbaere
von dir ze sagene,
küniginne aller magene.
der wil ich einez recken,
da soltu minen sin zuo strecken,
daz ich dich lobe nach dinem rehte.
wan mir sundigem knehte
ist gar ze unmügelich.
doeh ist niinem willen niht traglich, 1®
ich si dir dienstes bereite,
min zungen mir geleite
und süeze den Hüten mine stimme,
swes ich in dinem lobe beginne,
du himelischiu küniginne. ^ **
Einen kneht hiet du dir erweit,
der hete in dine gnäde verselt
sinen lib und sin seie.
des wuohs sin 6re
vor gote und vor den liuten.
swä in diu schrift bediute
da er solte dienen,
des erwendete in niemen,
er waere dienstes geneht.
ich hän gesprochn er waer din kneht,
vrowe der engelischen schar.
Hie hebet (hebt V) sich an alsus (svs V) von einem bischoif (P*~~
schof V) hiz (der hiez V) Bonus MF. 1 ff. Lachmann zttr kla£T^
s. 292. 1. Gotliche M. 4. magden V. 6. do MF. ste*~
cben V. 8. svndigen F. 9. vielleicht ist ez g. ze unm.
11. dienst geraite F. 12. beraite F. 15. himelische V, hym«?*"'
sehe M. 16. hite M. 17. De hete in dein genade v. V.
21. kan bedeuten M. 25. gesprochen er were M.
i
BONUS. 209
des wurden alle die gewar
die er näeh bischolflichen £ren
solde wisen unde 16ren
den weg ze dem Ewigen lebene. 30
swaz im unser harre gab vergebene,
daz nam er umb anders niht veile,
denne swen er zuo dem (wegen heile
gevürdern mohte tag und naht,
dar an lag sin vliz und sin mäht. 35
Bonus was er genant,
der name het in wol ermant,
wan er guot hiez und wolde guot tuon.
er het den weisen vor sinen suon,
die witewen vür sin muoter. 40
Bonus sprichet Guoter:
guot tete er zwäre
tougen und offenbare,
er was der dürftegen amman.
allez daz er ie gewan, 45
daz im ze nAtdurft über wart,
daz wart niht unz morne gespart,
er ged&hte ze allen ziten
an sine hinevart witen.
Der von im welle vrAgen, 50
Wachens künde in niht betragen,
vasten was sin gwonheit:
wie selten er [keinen] tak venneit,
er würde bihtig unde sunge.
üf die muoter der barmunge 55
liez er allen sinen gedingen:
da muost im von rehte an gelingen,
eines sites er ouch phlak,
swenne kom der selbe tak
daz man unser vrowen hinvart begie, 60
&8. Di her nach mit bisch. M. 29. solden M. 30. Den wege
. ewigen leben M. 31. vergeben M. 32. Daz man vmb anders
M. 33. ewigen M {immer -igen). 34. ze tag vnd ze naht M.
38. gute hiez M. 39. hete M. 40. sine M. 47. morgen M.
5£. gew. M. 54. bichtige M. 57. do mfste M. 59. kome M.
. F. D. A. II. 14
210 BONUS.
so verlie er daz nie,
er waer über naht an sime gebete.
eines beilegen nahtes er sam tele,
zuo einen hochziten
(diu sache sol witen 65
guoten liuten werden kunt getan),
dö sach er den himel offen stän,
got wolt wunder mit im begän«
Daz aller schoenste sank er vernam,
als ez in wol von rehte gezam 70
die gotes kint sint genant,
daz nieman $6 schamez vant
von wunneklicher wise,
[daz hörte er] zem fersten ein teil lise,
dar nach ie baz unde baz. 75
der harre siner psalmen gar vergaz.
D6 sach er ein sträze,
diu dühte in zuo der mäze .
als er [&] in den buochen het ges&n
in der himelischen Jerusalem, 80
sam si wesen solde
uz durch gesotem golde,
wol gezieret üz und innen
von berlin und von gimmen,
rehte alsam ez braune: 85
daz was micbel lieht an sunne,
da enschein der niäne noch der sterre.
ey waz wunne der harre
in dem münster sach aleine
die heilegen alle gemeine, 9°
si beguoden lachen,
sam si in ein senfte wolden machen,
die dö fuoren ze tal,
rehte gegen dem beLesal
da dirre lag eukriuzestal. 95
62. Er were — sinem gebet M. 65/. werden hinter fei *•
78. in fehlt Jf. 79. gesän] so M. 86. lachte M. 87. !>•
eascneine — stern M. 88/. ey was wunne vnd was ern. Derfcerre
sach in dem mvnster alein M. 95. Do dirre läge en krtn^Ud &•
BONUS. 211
Die koere wären underscheiden
von jungelragen und von meiden,
als si der vorwise solden phlegen
und den magden antwurt geben.
mit wunderlicher stimme 100
beleiten si die kiineginne.
der zwelifboten h£rschaft,
ir orden was ßrhaft,
dö si si fuorten under banden.
ein stat si erkanden, 105
vor den alter fröne
saz diu maget schöne
und hete uf ein guldin kröne.
Harte was der bischolf erkomen.
er het im ein winkelstat genomen 110
da er wände in saehe niemen.
dö vrägten die boten wer da got solde dienen.
'Bonus' sprach diu fröne maget,
cder sol werden her für geladet,
den ich dar zuo wirdigen erkenne 115
daz ich in zuo miner gnözschaft nenne.'
die rede er harte widersaz,
er smukte sich zesamne baz
hinder den philaere.
daz gebot duhte in swaere, 120
er enphalch sich gote in sime gebete.
do entweich diu sul von der stete
wol zwelif kläfter wit :
daz [zeichen] gesach man dö und nimmer sit.
Bi der hant viengen si den hörren, 125
si fuorten in mit ören
da diu fröne maget saz.
getröstet wart er aber baz
vorweise M. 101. beleitent M. 106. dem M.
eholfe M. 110. hete M. 111. Do M. 119. ?
^enoschaft erkenne (: erkenne) M. 118. iv samne M,
eiler (: swere) M. 121. in sin gebet üf. 124. vnd
l» seit M. 125. Bi handen viengen? 127. Do — mag-
14*
1
212 BONUS.
daz er sines unmuotes erwant :
si gesegent in mit der hant. 130
dö reichten im die engel h&re
daz messegewant mit grözer Are.
als er vür den alter gie,
manegen zäher er dö lie,
die im in sinen buosmen fluzzen 135
und die himelwät beguzzen,
wan er sich unwirdik erkante
da in diu maget zuo benante.
und ein wunder daz geschach,
do er daz gebete vor dem alter sprach, 140
so man tuoi zuo einr islichen messe,
dö sprächen die zweifboten gewisse
die wären indulgenciam.
daz duhte den hörren tröstsam.
Üf huoben die [himelischen] degene 145
daz ambet schöne und ebene
daz des tages ze singen was
von ir diu gegenwürüc saz.
wem geschach solhes ie iht mär
daz die erzengel hör 1^
im reichten daz opher an
unz diu messe ein ende nam
und stuonden gezogenlichen an
unz der bischolf sine gehorsam
den zwelifboten erzeigte 1**
vor den er sich [nider] neigte?
si gäbn im urloub zuo dem segene
und neigten sich gar hingegene.
dö sprach diu maget fröne
erain dienstman Böne, lW
hab dir ditz messegewant ze löne/
Dö wart diu künegin Marjä
131 /. her : er M. 136. himelwät so M. 138. do M. 141. einer *.
142. zwelifboten gar gewisse M. 143. die] Den M. 145. ta-
gen M. 153. an] dan? 155. erraichet M. 156. vor dem -
naiget M. 157. Si gaben — - segen ^hingegen) M. 162. kvneginne
Maria M.
BONUS. 213
also schiere diu ober bra
die nideren gerüeret
ze hiniele gefaeret. 165
der bischolf staont eine :
sin gebete was reine
unz an die mettine.
d6 k6men die sine
wol geirrten kaplän 170
die im wären änderten.
d6 si träten in den tuora,
si duhte als ein balsamum
allenthalben waere geströuwet,
si wurden groszlich gefröuwet. 175
niht betrouc si ir sin:
si sprächen, got were do mite samte in,
daz erzeigte dd dez bischolf gewin.
er beleip mit in staete,
wan er kom aller von der waete 180
diu dennoch üf dem altar lac.
dö in erschein der liehte lac,
dö lie si der bischolf schouwen
welch ein gäbe er von unser vrouwen
des nahtes het enphangen, 185
dö er frönampt bete begangen.
wizer denne der sn£ was diu wät:
da enmohte nieman keine nät
erkiesen mit den ougen.
ouch zeigte ern ander tougen, 190
wie im diu Stile was entwichen
da er hinder was geslichen,
diu in vor den engein niht getorste verheln.
d6 huoben die phaffen mit heitern kein
schoene gesank von unser vrouwen: 195
l. nidern M. 165. daz si zv himel wart gefuret M.
vnde M. 168 /. mettin : sin M. 177. were do mit samte
177 y. vielleicht si sprachen, got waer da mit in samt, daz
; da der stanc. 179. beleihe M. 180. wan er erkom M.
I. do im erscheine M. 184. welich M. 186. fron ampte M»
9. do — dekeine M. 190. er in M. WJL. do M.
in in niht getorste verheln? 194. dö ho oben si mit h. k. ?
214 BONUS.
sumlicheu begundeo touwen
die heizen zeherbrunnen.
[alle] die daz bedenken kunnen,
die sulen iren muot k&ren
daz si si immer gerne Ären, 200
die muoter des obristen harren.
Dö der bischolf verschiet
und sich dö gotlich beriet
umb einen andern althßrren
der die liute künde gelßren 205
den weg zuo dem & wegen riche,
doch was er sinem vordem angliche
daz er s6 grozer durnehte
künde gephlegen oder mehte.
doch gedähte er im sit, 210
swenn kaem unser vrowen höcbzit,
er wolde an sime gebete benahten
unde mit gote betrahten
ob im diu &re möhte geschehen
daz er solde solch tougen sehen 215
als der vorder bischolf sach.
nu boert wiez im ergie her nach :
in gie dgmüetikeit an,
als noch vil manigen man.
Do er minen trehtin an rief, 220
üf der grßden er entslief.
welch ein wunder im geschach
daz er an allen ungemach
in sin bette wart geleget!
er hete lützel ruowre gephleget, 225
ze metten wakte in der sinegöz.
sin angest wart dd vil gröz
wer in uz dem münster hiete brftht.
196. svmlich M. 200. daz si sein imer M. 203/. viel-
leicht unde si dö got beriet mit einem u. s. w. 206. wege M.
208. durnehte M. 200. mechte aus mocht gebefiert M.
211. swenne kerne M. 212. sinem M. . 217. Nv höret wi ez M.
210. manik M. 224. geleit M. 225. r* gephleit M.
226. sinegöz tmtinnabulum, Schneller 3, 254. 227. sine M.
BONUS. 215
er weste wol deir kintlich het gedäht
daz er sich dem wolde geliehen 230
der unser vrowen so fliziklichen
künde dienen als ich iu gesaget hau.
er klagte daz erz torste ane gän.
doch wart er ein gaot man sit.
küneges kint Davit, 235
her an dise werlt würd du geborn:
läz unser keinen werden vlorn
die dich ze vogtin habent erkora.
•
29. deir] daz M. 232. diente? 233. er klagete daz er ez
i an ergan M. 236. Herre MV. ward V, wmrde M.
verlorn MV. 238. ze vogtin V: zv vogtinne M.
ius (M) der Melker Handschrift R, 18, perg., 14,/%.,
», hinter den strickerischen beispielen s. 212 ff. ab-
ft verdanke ich herrn Fron» Pfeiffer, die ersten 18
die letzten 4 verse theilt Greith spicil. Vat. 62 f. mit
V) der vaücanischen hs. bibl. Christ. n<> 1423, perg.,
j. 1347, 128 bll. oetav. diese hs. ist wahrscheinlich
abschrffi der Melker hs. genau in derselben folge
ilt sie, mit ausnähme weniger, die nämlichen stücke,
anzen zwei und vierzig. Banga in seinem verzeich-
(im aufsefsischen anzeiger 1833, 284 ff.) hat das 20e,
!h in dem seinen (spicil. VaU 57 ff.) das 3* das 29*
das 33* ausgelassen. — von der legende vom bischqf
s hat Hoffmann altd. bll. 1, 327/. eine bearbeitung
tdnischen reimen nachgewiesen.
H.
216
WALTHER UND HILDEGUNDE.
Da Karajan die von ihm entdeckten und in seiner früh-
lingsgabe im j. 1839 mitgetheilten wichtigen bruchstücke
eines mhd. gedicktes von Walther und Hildegunde der k.
k. hofbibliothek übergeben hat, so war es mir vor zwei
Jahren möglich die beiden pergamentblätter nochmaliger
durchsieht zu unterwerfen, ich bekam ziemlich viel heraus,
auch die Zeilen wo oben oder unten nur spuren von buch-
staben geblieben waren ; blqfs ein paar vom buchbinder zer-
knickte zeilen widerstanden» das durch das beschneiden
vom 2n blatte verlorene konnte an einigen stellen leicht und
sicher 9 an andern gar nicht ergänzt werden, das ergänzte
ist hier cursiv gedruckt, das unsichere, erloschene zwischen
klammern gesetzt, die zeilenabtheilung der handschrifi
bewahrt Kartgans erster druck, zu dem ich nur bemerke
da/s die wörterabtheilung am ausgange der zeilen noch
mehr als dort geschah und fast regelmä/sig durch einen
bindestrick bezeichnet ist; 2, 18, 2 steht sogar vrA|*evnde;
2, 13, 1 steht jener strich nach si wohl nur abrückend oder
sollte dem i (si) zufallen.
Neuer abdruck dieser bruchstücke erfolgt hier weil
Karajan, dem ich meine abschrifi in Wien damals gern
übergab, mir jüngst bei erbetener rücksendung schrieb
dafs er so bald an keinen Wiederabdruck kommen könnt,
bei meiner letzten anwesenheit in Berlin aber die dortig^1
freunde dazu antrieben, möge Karajan durch erneute be-
mühung auch die von mir noch gelafsenen lücken ausßU"
len. ein reagens wurde von mir nicht angewendet. *
H. F. MASSMANN.
• [einige bemerkungen die ich hinzuzufügen mir erlaubt k<*&4
tind durch klammern und H. bezeichnet. Haupt.]
WALTHER UND HILDEGÜNDE. 217
1
WALTHERS UND HILDEGUNDEN HEIMKEHR.
a
in.)
wol gehelfen, si ruhten minen win.
von miner hende nemen an. (ic)h gan iv deste baz.
daz ir vns leitet nah den iwern siten. daz svle wir dvl-
den ane haz.
Si enphiengen Volkere, vnd ovch die sine man.
sehzec siner degene. die waren mit im dan.
gevolget von dem Rine. dvrch den wasechen walt.
er laitte so den gast vnd ovch die sine, daz ers vil
wenich enkalt.
; Do sprach der eilende, nv helffet mir bewarn,
daz wir die twerhen strazen iht 1 den landen varn.
wir svln gen leng's. da ist d' vater min.
des antwrt Volk' der vil kvne. des sol ich hvt' sin.
\ Swie wir anders riten. so ist daz div lere min.
daz wir da ze Metzen geste niht ensin.
Ortwin hete drinne / wol tovsent kfner man.
swaz der kvnic hernach darvmbe geredete, mit strite
wrde wir bestan.
5 Er hete wol geraten, si liezens ane strit.
so er aller beste chvnde. so leit er siv sit.
di di ez sahen daz er da mite reit.
die mohte do dem helde noch d' vröwen vor i gerate
deheiniv leit.
6 Wa si die nahtselde. nsemen dvrch div lant.
mit volk'e dem helde. daz enwart mir bechant.
d' kvnic mit sin gvte im schone dinen hiez
Volk' d' was in also werden mfte. daz er sin wenic
vliez.
P Ovz Ortwines lande dvrch Bvrgonde dan.
br&ht si do volk* d* vil kfne man.
ob mä daz sin geleite, so starch niht het gesehen,
so mvs in ouf der selben straze dikche. sin michel ar-
beit geschehen.
5, 3 von ez sahen daz spuren oben an der »eile, die untere hälfte
"** erloschen, [6, 3. /. sinem guote, mit Karajan. H,]
218 WALTHER UND HILDEGUNDfi.
8 Nv hört ovch wie der reke frvt i(n sime) lant.
die boten die er hete dem konige gesant.
die riten röss div gvten. vn fvrten spaehiv kleit
die sagten indem lande, daz er körne vn och vrö Hil-
deg't div meit.
9 Do der khvnic alker. gehorte dise sage.
do entweich im vngemvte. vnd ovch sin langiv klage,
die boten er vlizichliche enphie. vnd ovch. sin wip.
si wrden harte grozer vrevden riche. dvrch den v?m\-
theres lip.
10 Do sprach d vogt von Spanyge so wol mich iwer sage-
ich hete sorge manige. lang mine tage,
daz sin s(in in der) fremde, was mir wol t°vsent iar/
ich sih in gern, swen i got send9 div red ist entlichen
war/
11 Do ez div kvniginne. het mit im vernomen.
ir was von lieben maeren. vil d tneh'en komen.
. von herzen indiv ovgen. weinde si do saz.
si riet wie man si bede wolde solde enphahen. vnde
tet vil willechüchen daz.
12 Do sprach aber der rekche ir svlt mich hören lan.
wie Etzele vnd frö Helche zv zin haben getan,
do sprach der boten einer daz wil ich iu sage
walth* ist vö dem kvnige so gescheiden. daz ez d*e
Hivnen immer mvzen klagen,
13 Ir ettelich' drvnder. daz si i weeren holt,
er hat an svmelichen. vil wol daz versolt.
daz si im immer flvchen. wand er hat in erslagen.
an siner verte vil ir lieben mage. ich kan iv and's oib*
gesag.
14 Do sprach der kvnic edele. ich sol mich vrewen sin-
er mvz wesen herre. inden landen min.
[8, 1. in sime lant bezweifle ich, nicht wegen der in diesem wOT*
nicht seltenen Verkürzung des da live s, aber wegen des sinnes. eher ,n
Silin lant. H.] 9,1. alker] *. 2, 7, 1. 10, 1. blaues D. 11,4. *°1'
de solde so.
WALTHER UND HILDEGUNDE. 219
ej wirt der Hvne purgetör.
swes Ezele vnd sine rechen ie begvnden. da was er
ze allen ziten vor.
Den chvnic spraqh zv den reken. wol 67 alle mine man.
vnd ritet im begegene. er hat mir liep getan.
swer I nv gerne dienet, des vrivt (wi)l ich wesen.
div lant svlt ir mit vns beiden bowen. ir mvgt bi wal-
th' wol genese.
Man sagt im daz in leite, d'ch Gvnth's lant.
Volk' der vil kvne. d' was im wol erkät.
vnd ovch des kvniges reken. driv hvndert od' baz.
do bat er sin gesinde zv im gahen. di täte willechli-
chen daz.
Do hiez ovch sich bereiten des edeln kvniges wip.
ia wolde si beleiten. d' Hild'gde lip.
so si aller beste kvnde. ze Lenges indie stat.
ir vrowen si do wol kleiden begvnde. des si der kunich
selbe bat.
Sin warten sine livte. mit g°zer vngebite.
dar nach in chvrzen stvnden. man sagt im daz da rite.
daz Gvnth's gesinde. mit in indaz lant.
do kom d' wirt mit stolz' massenye. da er vröu Hild'.
vant.
Div kvniginne fvrte. wol sehzec megedin.
die aller schönisten. die d' mohten sin.
vn ovch d' hohsten mage. di mä do bi in vant.
do fvrten och des alten kvniges helde. vil harte her-
lich gewant.
12 si vol drie mile komen waren dan.
von der stat ze Leng'es. in volgen tvsent man.
od' dannoch mere. die zv den gesten riten.
wand si d' kvniginne here. beten
14, 3. 4. die zeilen sind in der hs. so abgetheilt. min. er wirt der
ne pur- | getftr. swes Ezele vnd sine | rechen u. s. w. 15, 1. ro-
J* D. ^0, 1. blaues E. 4. mit heten bricht das erste blatt ab.
220 WALTHER UND H1LDEGUNDE.
2
hildegvnde brvte
1 MV was zehove niemen. wan di da solden siu.
het gesehen iemen. ein schöner magedin.
denne waer Hildegvt do si da heime saz.
da ir des ivngeft kvniges reken dieten. ich gelovb mv-
lich daz.
2 Swaz man wesse vnpilde. di iemen het getan,
er waere denne wilde zereht mvse* stan.
da walther d' vil kvene sines vater lant besaz.
er phlach des landes nach der kröne rehte. wände im
riet div ivnehfröwe daz.
3 Die Walthers mvter. zafle wol die meit.
daz sach der degn gvter. iz was im niht lett.
si schvf ir hovegesinde. vil schöniv magedin.
die bi Hildegvnde. »ze allen ziten mit groze zvhte mv-
se sin.
4 Do div magt edele in ir heinliche saz.
so getet ir chvrzwile/nie dekeine baz.
wä so si des gedahte waz ir d' chvne degen.
& daz er si vö den Hivnen brsehte. het gedienet ovf
den wegen.
5 Dar zv sach er si diche. vrö was in d* m°vt.
ir trivtlich* bliche siv beide dovhte gft.
er liebte swie er kvnde. daz mumechliche ktnt.
das man lobes mvse iehen HildegvnAt. i&
wwcvrowen sint.
6 Swa ie des irrsten böte nften. dvrch daz lant.
es wart den livten allen, mit sime tvn bechant
er wolde hohzile. mit Hildegvnde han.
der riche kvnich mitte mit sinen vrevnden. dar *p
bereiten sich began.
7 Crestvle hiez do wrchen der herre alpker.
ahzec hßr gesellen, vnt waen dannoch Inder mer,
hildegvnde brvte ist schlvfs rother Überschrift. 1, 1. to*
tes N. . [6, %. die ausfüllung dieser zeile ist mir bedenklich,
vielleicht er hiez den Unten allen mit vlize tnon bekant. H.]
6, 4. oder blofs mit* [vielmehr der r. k. mit den sinen vrinnden. B.]
7, 1 . blaues G. [7, 2. inder verstehe ich nicht, wohl unt w»a
WALTHER UND HILDEGUNDE. 221
.... der ieslichen wol zwei hvndert man.
die mit de ... . sehe chomen solden. des werches
gahen man heg an.
Er schvf oveh allen tha/tan. iäget inden walt.
vf manic tyer wilde, der he enkalt.
ouch mvsen vischeere. ovf wage vnmvzic wesen.
si fvnden ir vil in den vnden. die von in
ißkvnden genesen.
Die sinen valchn&re. der^rste peizen hiez.
wie vil man der nezze. mvzichlichen liez.
verren vnde nahen, man der vögele vie.
. . . hiez(e)n a snelle a
in s
E
wie icher de e daz.
gesniten.
di(e) da lieber röss gewnne der kom vil manig dar
gerite.
Die Aohzite walther d'ge . . . . do der walt gelovbet
was
vnd daz die blvme vnd das gras
«Ivnden allenthalben öf den wisen breit.
daz im ds sine geste körnen, so ivas allez da bere(it.)
V vnmvzic waren hie. ze Sporne lant.
da h . . . nv . . . Hildegvnt. kom heim . . . gesant.
ze Arrogön dem lant div maere hiez si sagen.
daz si in chvrzen ziten wolde kröne, bi dem kvning*e
waltheve tragen.
\ Wol was iz in allen. (de)n si / den grdz enbbt.
oveh mvs in wol gev allen, daz si von mang' not.
zen Hivnen was geseeiden. vnd daz si brahte dan.
der A* walthere so rehte löbliche, da vö er ere vil
gewan.
inoch mär. H.] [8, %. vielleicht vil manic tier wilde der herschaft
:alt. H.] [8, 4. wohl die vor in //.] [9, *l. wie w&nic oder wie lützel.
:elnetze sind gemeint. //.] 10, 1. E und die half te der zeile noch atif
• Vorderseite des zweiten blattes ; mit wie endet die erste zeile der
kseite. [11, 4. s6 waere //.] [12, 3. wohl ze Arr. dem lande
re (oder diu m.) h. s. s. //.] [13, 1. Liep was //.] 13, 3. mit
c schließt die zeile. [14, 4. nicht bloft her W.? //.]
222 WALTHER UND HILDEGÜNDE.
14 Des kimiges ingesinde. be(rei)te sich xer vart.
wol . . . sa(z;te er di reken. wol geziret 6f rossen
vn(gesp)art.
#rowen vo Aher.
• • • • • • • • • • • • • ••••••• •• ••••••
15 Ze Engellant. man riten och die boten hiez.
die wege man vil wite?t. gar vnmvzic (lie)z.
zNauarren vn Ch&rlingen. da wart ez ovch bechant.
do rihten si sich gen der hohzite. i daz waitheres lant.
16 Walther gie zerate. ob si daz devhte gvt.
sine man vn sine mage. ob niht vbele gemvt.
Ezel da vo w°rde. ob er die boten sin.
im vnd der kvniginne Helch'n sande. vn ouch daz schon
magdin.
17 Daz wider riet im niemen. da von wart ez sit getan,
sine brieve schriben. man dar zv began.
die er da wolde senden in Ezelen lant.
den selben boten lie man niht gebresten. man gab in
rosse vnd och gewant.
18 Mit den hiez man do rite, di da solten an den Rin.
Gvnth' wol gedahte. vnd ovch die vrevnde sin.
wie er siniv m&re. hete dar gesant.
bi volkere dem stolzen videlaere. in der Bvrg&nde lant.
19 Do sprach der vogt von Rine. vnd w&r iz niht schände
min.
het ich nv tovsent miner beiden, so wold ich gerne sin.
ze siner hohzite. waer ez d' Hagne rat.
so wold ich dar
15, 1. blaues Z.
223
••»
EDICHTE DES ZWÖLFTEN JH. ZU VORAU
IN DER STEIERMARK.
Herr Joseph Diemer, scriptor an der k. k. universi-
tsbibliothek zu Graz fand jüngst in dem regulierten chor-
^rnstifte zu Vor au im codex N. xi eine anzahl zum theil
nz unbekannter deutscher gedickte des 12», vielleicht auch
f llnjh. die kandschrift, 183 pergamentblätter in breitem
fo mit je zwei sechsundvierzigzeiligen spalten und unab-
tetzt geschriebenen versen enthaltend, besteht aus zwei
*£pttheilen9 deren deutscher bis bl. 135 reicht 9 von wo
tos von Freisingen Gesta Fridarici vivique imperatoris
ie Wolfcangus scripsit iubente Bernhardo praeposito von
136b bis 183 folgen, leiden* nur die drei ersten bücher
d zwei blätter des vierten; nach dem einbände fehlen
ya 30 blätter. eine hand des vorigen jh. hat mit bleistift
P den innern decket geschrieben Quid fecisti frater Idio-
quod lacerasti hunc librum tarn prsetiosum? Otto von
eisingen starb 1185, kaiser Friedrich 1190, Bernhard
j. 1202, nachdem er seit 1185 die würde eines präla-
> in Vor au bekleidet hatte (Caesar. Ag. annaL 1, 682.
85).
Der vordere theil der hs. enthält nun folgende ge-
hte.
1. bl. la — 73d die kaiserchronik bis zum beginne des
*uzzuges unter Konrad 3 im j. 1147, mit denselben wor-
ab brechend wie die Heidelberger hs. ihr werth im ver-
teile zu dieser wird sich aus folgender gegenüberstellung
' anfanges eingeben.
Heidelberger hs. Vorauer hs.
les aljnechtigen gotis minnen. In des almaehtigen gotis niinneo.
VW ich dissis liedes beginnen. so wil ich des liedes beginnen,
schält ir gezogeliche uer- daz scult ir gezogenliche u*-
neme." nemen.
i mac jv uil wol gezeme. ia mag ez ech uil wole gezemen.
224
VORAUER HANDSCHRIFT.
Heidelbergs hs.
Ze hörne alle urumecheit.
Iz danket die tunimen arbeit.
Sol man sie icht leren.
Odir wisdum gemeren.
Daz in were nnzze.
Sie ne phlegint nit guter wizze.
Daz si ungerne horent sagen.
Da uon sie mochten haben.
Wisdum an ere.
Un were ie doch urume d' sele.
Vorauer hs.
ze hören alliv frumichait.
die tumben dunchet iz arebait.
sculn si immer iht gelernen.
od' ir wislum geme'en.
die sint unnnzze.
vn phlegent niht guter wizze.
daz si ungerne horent sagen.
dannen von si mohten haben.
baeidiv wistum vn ere.
uii waere iedoch frum der sele.
Das weitere des anfangs in Hoffmanns fundgruben, der
nur z. 42 unerhört aus nv grife wir daz gute liet ane (vgl
z. 2) daz gute her machte. — wichtig ist z. 31 mit c. pa-
lat. mit scophelichen Worten, woraus die übrigen (Münch.
Wolfenb.) bereits schmählichen gemacht haben; Prag, über-
sprang. — der schlufs ist
Heidelberger hs.
Der babes Eugeni9.
Der gewarp alsus.
Er hiez iz clagen drate.
Deme kunrate.
Vn deme kunige Ludewige.
Daz ne stunt nicht lange wile.
Vnz d' abbat Bernhart.
Den uursten geliebete die vart.
Er quam zu dem kunige Kunrat.
Er mancte harte.
Mit sinir suzen lere.
Er spach daz selbe unser herre.
In dar zu erwelde.
Der kunic nicht langer ent-
weite.
die Heidelberger hs. bricht mit dieser Sn zeile ihrer spalte
105d ab9 die Vorauer hat die mitgetheilten schtyfsverse Wr
abgesetzt und schliefst mit bl. 135. ebenso schliefst die
Wiener hs. 2693, die Wolf enbütteler 15, 2, und die Straft-
burger. die Münchener geht nur bis Lothar 2. die an-
deren vollständigen hss. ider jüngeren recension mit dem
anfange Hdch gelobter altissimus), cod. Vindob. 2685, Vin-
dob. lnspruk.9 Carlsruh. 52, Monac. germ. 965, gehen bis
zu kaiser Friedrichs 2 tode9 cod. Waldburg. Zeil, selbst bis
Vorauer hs.
Der babes Eugenius.
der gewarf do alsus.
er hiez iz chlagen drate.
dem ch5nige Chönrat.
unt dem Chonige Ludewige.
daz enstunt niht lange wile.
unze der abbat Pernhart.
den uursten geliebte die vart.
er chom ze dem chunige Chonrat.
er manet in harte.
mit siner suzen l&re.
er sprach daz selbe unser here.
in darzu erweite.
der chönich niht langer netvelte.
VORAUER HANDSCHRIFT. 22fi
Rudolf von Habsburg, das jähr 1 147 wird aus mehreren
gründen das anhaltsjahr ßir dies kunige buoch bleiben
müfsen.
2. bl. 74a — 96d die vier bücker Mosis, von denen aus
der Wiener hs. nur das le buch und der anfang des 2n
bekannt waren (Hoffmanns fundgr. 2,9 — 101, Mafsmanns
ged* des 12» jh. 2, 235 — 342).
3. bl. 97c — 98° ein gedieht von der weltschöpf ung,
bisher unbekannt, 32 Strophen, etwa 340 verse. Schöpfung
durch die allmacht gottes, auch der enget die fielen und an
deren stelle die menschen in das paradies gesetzt wurden;
gott gab ihnen bist und wonne, um bei künftigen leiden auf
die Seligkeiten ihrer ursprünglichen heimat zurückzublicken,
von den höheren geschöpfen verlieh gott dem menschen ver-
schiedene kräfte, von den steinen mannhafte härte der beine
u. s. w. dann wollte er ihn schmücken aus allen vier ele-
mcnten; vom^feuer gab er ihm den reinen sinn, von den
höheren lüften das gehör, von den niederen den gerueh,
von den wq/sem den geschmack, von der erde die stete
regsamkeil der bände und fufse. danach ward mit dem
ersten menschen ein vertrag geschlofsen dafs er mit dem
geböte einen Zweikampf bestehe für das ganze menschen-
geschlecht
Daz er ein einwig rungi
mit demo giboti uur manktinni:
erlange er den sieg, so sollten wir niemals sterben; unter-
liege aber unser kämpf er,
wanti der unsir chempho do geweich,
so fielen wir sämmtlich dem tode anheirn u. s. w.
\. bl. 98° — 100c loblied auf könig Salomo (in 24 Stro-
phen, etwa 240 versen), von den drei männern im feurigen
ofen, und von Judith (in 20 absätzen von ungefähr 200
versen).
5. bl. 100°— 108d ein gröfseres gedickt von der Ju-
dith in etwa 2400 versen, wie die vorgenannten gänzlich
unbekannt.
6. bl. 109"— 115c der Alexander des pj äffen Lamprecht,
»war nur die ersten 1600 verse , doch wird das fehlende
Z. F. D/A. II. 15
286 VORAÜER HANDSCHRIFT.
blatt der Straßburger hs. ergänzt. — Judith und Alexan-
der wird herr Diemer demnächst herausgeben.
7. bL 115* — 125" vom leben und leiden Jesu9 vom An-
tichrist und jüngsten gerickte, aus der bisher einzigen
Görlitzer hs. abgedruckt (fundgr. 1, 127—204)5 hier fehlt
ein, blaU (s. 149, 9 — 155, 15), ebenso gleich im anfange
die geschickte Johannes des täufers. nach dem sehlufse ist
das werk von einer frau gedichtet,
Dizze buch dihtote
Zweier chinde muter
Diu sageten ir disen sin
Michel mandunge was under in u.s.w.
8. bL 125*— 128b loblied auf Maria, ungefähr 800
verszeilen, deren erste dreizehn auf den inneren deekel der
Zwetteler hs. 73 sich fanden, s. Hoffm. fundgr. 1,260.
9. bl. 128c — 129 ein gedieht von 34 Strophen, etm
300 versen, ähnliches Inhaltes wie das unter 3, auf veran-
lafsung des bischofs Günther von Bamberg (1057 — 1065)
verfqfst,
Der gute biscoph gunter vone babenberch
Der hiez machen ein uil gute werhe
Er hiez die sine phaphen
Ein gut lieht machen u.s.w.
er beginnt mit der Schöpfung der weit und des ersten pffl"
res9 dem sündenfalle und seinen folgen, der erlösung durch
den Messias, welche im alten bunde schon Abels und Abra-
hams opfer und Mosis schlänge in der wüste vorbedeutete?
dann von der auferstehung u. s. w. bei der Schöpfung heifst
es auch hier wieder, gott bildete den menschen aus ach£
thdlen, von der erde gab er ihm das fleisch, der ihm ^
ihm der schweif s, aus dem f eisen schuf er das bein, **&"
den wurzeln die ädern, aus dem grase das haar, aus de**-
meere nahm er das blut, von den wölken den sinn und vW
der sonne die äugen, endlich verlieh er ihm seinen geist*
damit er ihn fortwährend behalten, und die erkenntnis*
dafs er sie stets mehren sollte (vergl. seitschr. 1? 1).
10. bl. 129d— 133c von den sieben gaben des h. g<*~
stes und von der siebenzahl überhaupt {die 7 gaben de*
geistes, die 7 sieget des buches in der Offenbarung, die 7
VORAÜER HANDSCHRIFT. «27
en der astronomen, die 7 Wandelsterne am himmel, die
ffß der woche> mondwechsel, lauf der sonne, entstehung
ausbildung des menschen, die 7 altersstufen^ die 7 freien
te und grade der Verwandtschaft, die 6 alter der weit,
T hauptschmerzen des menschen, bei deren letztem der
erfolgt) ; gegen 900 verse. als verf ist genannt ein
iter Arnoltb, vielleicht der abt Arnold zu Bonneval,
le Septem douis spiritus schrieb, vertrauter freund Bern-
s von Clairvaux (1113), dessen lebensbeschreibung er
\/ste.
11. bl. 133d — 135 gedieht vom himmlischen Jerusa-
(nach offenb. 21. 22). 'in der minne seines namens, der
iimmel besefsen, die erde umfangen, die regentropfen
klet, zu seinem dienste die engel erwählet, beginnen
dieses liedes; sehr furchte ich dqfs etliche schelten,
dem himmel reden wir selten u. s. w.
2. Ottos von Freisingen leben kaiser Friedrichs, s. oben.
SCHEN, 23 april 1842. H. F. MASSMANN.
••
PREDIGTBRÜCHSTUCK.
vw.a verzage nit ich bin der der dinen lip vn diu
sele geschaffen hat.- Ich bin der der die edelkeit
diner sele vn diner uature erkeunet. da von er-
barmetost du mir vn fvr von himelrich vsser mi-
5 nes vater schoz daz ich dich suchte vn wider-
brehte zv diner edelkeit. Ach lieber mensche
sprach er Ich bin diu vater da von minnote ich
dich so sere daz ich alles min blut vz goz. nv
merke wie mir din v . . . e be . . . den het. da
10 von bin ich wol jjelich den velt blvmelin an mi-
nen kleidern. Ich bin och gemeine allen dien die
min geruchent. Min tod ist gemeine, min genade
ist gemeine, min himelrich ist gemeine. Ich vn
min vater vn der heilig geist sin gemeine allen
15 dien die trostes ald genaden gerent von rechte
.. herzen, dien will ich mich selben geben mit vol-
15*
228 PREDIGTBRÜCHSTÜCK.
lern tröste. Vn nach disem eilende wil ich selbe
ir Ion vn ir vröde sin. mir ist nieman ze am
mir ist nieman ze svndig. Ich bin ein eherer vn
1 vw.b alles daz dem tievel enphallet daz lise ich | vfvn
5 eheren ez. Nv h&rent des gvten gottes gvti er
gelichet sich einem eberer. Alz ir wol sebent da
die riehen lvte snident da gant die armen lvte
nach vn eherent. Ze gelicher wise tvt vnser
herre. Der tievel ist der riche man der snidet
10 leider vber alle die weit manig edel sele die got
köfte mit simc wirdigen blvte. So ist vnser herre
der arme man vn gat alles nah in eherende. Vn
swa im ein sele mag werden die zvket er an
sich. Vn des manet er den menschen vn sprach.
15 0 we mensche gedenke daz ich ein eberer wor-
den bin dvr din beil. Er sprach och lieber men-
sche gedenke wie ich dich gesvehet han. Ich liez
himelrich min rechtes erbe, vn fvr vf ertrieb vn
wart mensche. Vn liez mir min herze in minem
20 libe vf tvn. vnd min zarten sele gap ich von mir
ze scheidenne. daran gedenke vn erbarme dich
vber mich eilende wan ich han mich dnr din liebi
Irtv.a verellendet da von gib mir din herze daz | ichvF
ertrich ban gesvehet. gedenke noeh an mich vi
25 kere dich zv mir vn gip mir din herze zv einer*
rvwe vn din sele zv einer mihnerin wan des ha*>
ich gegert. Nv kere wider lieber mensche zv den»
svzen vellblvmelin. er ist so vol miltekeit vn er—
bermde daz er dich gvtlich enphahet. Owe eil
30 menschen die sich ie von disem lieben veltblvmei
kertin. die keren hvte wider mit rechter trvw
zv siner genade. vn svehen trost an sin erbermd
mit rechter demvtekeit. Wan er sprach selbe all
die mich svehent mit demvtige herzen die su
35 genade vn trost an mir vinden. Nv svndirwi^^
zen daz vnser herre nit allein ist ein veltblfm^
alz er sich selben nemet. Er ist 5ch sinen beic*-""
lichen frvnden ein lylie in dem beslozenen gartet» -
Wan ze gelicher wise alse man des lylien ze al—
PREWGTBRUCHSTUCK. 229
len ziten sicher ist in dem beslozenen garten
rw.b Also ist got ze allen ziten ia dem | vridcsamen
herze. Wan der mensche der sich flizet daz den
vride behalte vzwendig mit eime ieklichen men-
5 sehen beidv an Worten vn an werken. Vn der
öch inwendig hat ein lvter gemvte ane nid vn
ane vbeln willen der ist wol ein beslozzener garte,
der sin herze also beslvzet daz alle ärgwan vn
alle nid da vor mvz beliben. Vn 5ch sinen munt
10 also beslvzet. daz er nie manne nit arges sprach
hinder im noch vor im. Vn alles daz ze gvte vn
ze tvgenden keret das er sihet ald höret, der
mensche ist wol ein beslozener garte, in dem
garten wil got rvwen svzeklich vn frvntlich mit
15 der lieben sele. Zv der sele sprach vnser herre
mich het sere gelvstet daz ich din antlvte gesehe.
So mag dv sele wol sprechen, alz si sprach in
der minne bvche. Kvme her nider min geminter
in dinen garten, nv kvme min gemahel. min garte
20 ist wole geblvmet mit aller bände, tagenden raa-
vw.a nige altekeit vn ist da vndergemischet | mit dem
grase inneklicher begirde nach dinem biwesenne.
da die sele sattet nach aller genvgede. nu kvm
her minner der minne dv da vb er triffet alle sinne
25 kvm in dinen garten, der alvmbe mvret ist mit
* vorhte dine liebi ze verlierenne. Vn darzv mit
hvte ze allen ziten dine heinlichi vn dine frvnt-
schaft zebehabenne. Nv kvm her zvcht vn schäme
stand an der porte vn hvtent daz dv vn din min-
30 nerin mit enkeiner vnzveht werden erweket. Nv
kvm her min vnbevaher vn min minner. din garte
ist wol beslozen mit dem sloze rehter demvtekeit.
So sprach denne vnser lieber herre. Ich wil
nider gan in minen garten vn wil gesehen die
35 bome in . dem tal die blvmen vn daz gras. Vn
wil schowen ob die reben blvgen. Nv merkent
dis. die böme in dem tal das sint die reinen tu-
gende in der sele. Vn die. schönen reben daz ist
vröüchi in gote. swaz dich an gange daz dir das]
230 PREDIGTBRÜCHSTÜCK.
2 vw. b ein vrhde in allen dine . .
.... solt dv rechte Aemuetige vröde mit gote
ban in diner begirde. daz dv zXweg vröliche ge-
rest arbeit kvmber vn not haben in der minne
5 dines minners. d ... die reben in der sele die
blvegent schöne vn wnnesam swenne der mensche
vrcelich ist in widerwertekeit. Vndalweg begeret
daz er arbeit dvr got trage. Vnder dien bömen
vn bi dien reben rvwel vnser herre. als er selbe
10 sprach. Ich han gervwet vnder dem schatten mi-
ner gemahelen, vn die frvcht ir . . . den het mich
gespiset. Vnd die spise ist mir gar svze in mi-
nem mvnde vn miner kelvn. Nv svnd ir wüsen
daz ein ieklich gvt ron vnserm herre vröde vä
15 tust git. In disem besYozenen garten des reinem
herzen sint got vn dv sele zesamene gemehelt.
daz ist ein wwwneklicher bongarte vnd ein para-
dise der vrcsde vnd lust da ... .
2 rw. a . . ^ . fuge | •
20 t sprach dise
frvndinne han ich gar sere geminnet vh bin men-
sche worden dvr ir liebi. Vn han arbeit dvr si
geüten al da her von minen kintlicben tagen. Ich
bin ein minner worden ires schönen wolge*to/fea
25 antlvtes. Vnd ir mt/tneklichiv geschepfede ha^
mich zv einem minner gemachet, dar vnbe starW
ich an dem cruce daz mir minv frvndin wrdez^""
einer minnerin. Vn daz ich vn sie lieblich i&
samne gef^get vn gemehelt wrdin. vnd ist daz ge—
30 schehen in dem Äeslozenen garten da rfwet got
vn dv selige sele mit ein andern, da nietet sieb
dv sele einer sxzekeit Alz si sprach in der minne
bvche Ich saz under sime schatten des ich fe
gerte. vn sines svzen wvchers nietet ich mich.
35 daz wort ist nit so ze verstenne, als ob si sprtf-
che ich han mich gesezzet
• • • • et ze •■•••••«•■••..••
2 rw, b ze . . . n | scam sincr
menscheit. Vnd lief vf ze wartenne hvngerigu au
PREDICTßRÜCHSTÜCK. 231
den edeln wvcher siner gotheit. Vü ich ellendv
ze kvlenne vnder den schatten des heiligen gei-
stes. 0 we svzu sele wie rechte minneklich
disv rvwe ist. da got rvwet in dinem paradyse
5 daz ist din geblvmtes herze in allen tvgenden.
Vnd din sele rvwet vnder sime götlichen schat-
ten, gesach got die sele du mit rechter begirde
rvwet vn erkvlet wirt vnder dem schatten des
heiligen geistes. Du sele mag wol genesen vor
10 aller vreise. Zv der sele sprach unser herre in
der minne bvche. 0 dv min aller liepstu wie
schöne dv bist in dime zarte. Nv merkest we-
der der zart gotes si hin zv^ der sele. oder von
der sele zv gotte. Vn welu sele diz zartes wir-
15 dig si. Entrvweu daz sint die dvrnechtigen die
demvtiges herzen sint. ez sint nit die valschen
geislichen, noch die glichserin. ez sint och nit
die hinderrede spvlgent vn verkerde. ez sint die
deniv
Doppeltes quartblatt, pergatnent, an einer seile be-
tten, abgelöst von dem einbände eines buckes in octav
r Universitätsbibliothek au Marburg, die abkärzungen
atffgelöst, ergänxungen cursiv gedruckt.
HARBURG. DR DIETRICH.
!R DIE BEDEUTUNG DES NAMENS ZIU.
fe spärlicher unsere n achrichten über diesen gott, einst
der bedeutendsten, vielleicht den ersten, fliefsen, um
;rthvoller ist jede auch die geringste aufklärung über
wesen. die folgende auseinandersetzung versucht es
s licht wenigstens über seinen namen zu verbreiten.
irimm stellt in der mythologie s. 31 den namen Ziu
gm lat. deus und griech. Zevg zusammen, und das ist
was das letzlere wort betrifft unbezweifelt richtig 5 ge-
ie Zusammenstellung mit deus spricht aber einmal das
q vollständig gleichstehende griechische fttog, dann aber
ens das Jw- in Jupiter, das, wie wir weiter unten zei-
232 DIE BEDEUTUNG DES NAMENS ZIU.
gen wollen, dem Ziu und Zevg entspricht, so dafs jene Zu-
sammenstellung nur möglich wäre, wenn man annehmen
wollte, alle diese Wörter seien untereinander identisch, dies
anzunehmen verbietet aber das sanskrit, wo das Ziu und
Zfvg entsprechende wort djaus (himmel), das dem deus und
&eog entsprechende dävas (gott) ist, was wir zunächst von
Seiten des lautes nachweisen wollen.
In deus und &eog sowie in dävas sind «, o, a, wie die
declination ergibt, zum stamm gehörig und wir behalten
demnach als wurzel de, &s, und däv, woraus hervorgeht
dafs das griechische und lateinische den halbvocal v verlo-
ren haben*), der indess im griechischen, wie ich vermute,
nicht ganz verschwunden ist, sondern die aspiration auf den
anlaut übertragen hat. denn es ist, um von einer verwand-
ten erscbeinung auszugehen, im griechischen häufig dafs eine
im auslaut einer wurzel stehende aspirata ihre aspiration,
wenn diese nach irgeud einem lautgesetz schwinden mub,
nicht ganz aufgibt, sondern dieselbe auf den anlautenden
consonanlen überträgt; man vergleiche #(>/§ mit TQiipg, *(>*-
cpw mit TQt\po{icu, &ütit(0 mit hd(ptiv u. a. m. nach demselben
lautgesetz zeigt das griech, ftvyuxr\Q ein anlautendes # statt
des d in skr. duhitd (f. duhitar)% goth. dauhtar, weil das
griechische kein inlautendes h hatte und statt dessen die
entsprechende gutturale media setzte, der ausfall eines di-
gamma, das sich ganz den aspiraten anschliefst, hat nun zu-
weilen dieselbe erscbeinung herbeigeführt und diesem umstände
verdankt z. b. dvQa sein # gegenüber dem d von dvdr f»
und dvdr am n., die thür; ein noch augenscheinlicheres Bei-
spiel ist yiuQÖg (fett, glänzend) verglichen mit skr. pivaras
mit derselben bedeutung, neben dem maQog ebenso wie das
einfache nitov neben pivän besteht, welche zugleich zeigen
dafs das erwähnte lautgesetz nicht in allen fällen durchge-
drungen ist und den mangel fernerer beispiele erklären, dem-
nach dürfen wir, denke ich, nicht zweifeln, das griech. &tk
dem lat. deus und skr. dSvas an die seite zu stellen, und kön-
deon im dorischen d'svszzi'&eos gehört v nicht zur wurzel (ist also
nicht aas einem früheren djgamma vocalisiert), da 6v durch contraction
aus eo entstanden ist.'
DIE BEDEUTUNG DES NAMENS ZIU. 233
neu ans nun zu der zweiten reihe der oben zusammengestell-
ten Wörter wenden. ,
. Die richtigkeit der Zusammenstellung von Zevg und Zfu
brauchen wir nach Grimms Vorgang nicht weiter zu erör-
tern, und es bleibt uns nur die mit skr. djaus und zwar
zunächst ebenfalls nur von der seite des lautes zu rechtfer-
tigen, dies wort hat drei verschiedene stamme, von denen
es seine casus bildet, nämlich div9 dju und djö9 deren letz-
tere in den casibus erscheint, die Bopp die starken nennt,
diese verhalten sich zu den schwächeren wie im griechischen
die .wurzelform des 2n aoristus vieler verba zu der des prä-
sens, z. b. wie ecpvyov zu qjfvy-co, und die Verstärkung be-
steht hier wie da häufig in der vorsetzung eines vocals (im
skr. immer a oder d9 mit denen u in 6 und au übergeht,
im griech. a, e, o) vor den einfachen wurzelvocal. die bei-
den formen dju und djö reducieren sich demnach auf die eine
ursprüngliche dju; diese erscheint nun in der declination
des Wortes nur in den casibus, deren endungen mit einem
consonanten beginnen, wogegen sich die erste form div vor
allen voealisch anlautenden endungen zeigt, demnach müfsen
wir auch dju und div als identisch ansehen und zwar das
letztere als das ursprüngliche, da v im sanskrit nur vor r
und j erscheint und vor allen übrigen consonanten sich vo-
caHsiert oder verschwindet, daher hier nothwjendig in u ver-
wandelt werden muste, also diu, woraus sich dann unmit-
telbar die andere form dju entwickelte, da das sanskrit nicht
zwei vocale neben einander duldet.
Gehen wir nun zur declination des Wortes über, so zeigt
eine Zusammenstellung der griechischen und entsprechenden
indischen formen sogleich die formelle Verwandtschaft von
djaus und Ztvg (wobei wir das bei Boeckh im corpus inscr.
sieh findende digamma zu hilfe nehmen).
nom. djaus Zevg
gen. divas Jifog
dat. Xdivö /i '
loc. \divi
acc. div am Jifa
voc. djaus Zev
hierbei ist nur zweierlei zu bemerken, nämlich erstens dafs
234 DIE BEDEUTUNG DES NAMENS Z1U.
im noin. und voc. f an die stelle von dj getreten ist; die-
ser lautwechsel erklärt sich jedoch leicht, wenn man erwägt,
dafs £ ein doppelconsonant ist, der hier, wie die casus obli-
qui zeigen, aus einem d nebst folgendem zischlant besteht,
welcher sich bereits dem vorhergehenden consonanten assi-
miliert hat, wogegen er im sanskrit noch auf der ursprüng-
lichen stufe verharrt ist. zweitens würde man an der stelle
des griech. ev eher das vollere ccv erwarten wie es z. b. ia
vctvg verglichen mit skr. naus (gleicher bedeutung) erscheint
indess zeigt gerade dies wort am besten die möglichkeit einer
Schwächung aus au in tu, indem es im ionischen ab nfit
erscheint und die grammatiker eine form vcvg aufbewahrt
haben, die vielleicht nur den genitiven vedg and vmv in
gefallen 'ersonnen ist, aber nichts desto weniger die richtige
Stammform der letzteren ist, in denen das v nur, nachdem
es früheren lautgesetzen gemäfs in digamma verwandelt war,
in der späteren sprachperiode nothwendig verschwinden muste.
Die dritte Stammform des indischen Wortes, nämlich dju,
erscheint nur im pluralis vor consonantischen endungen, hat
aber dem römischen namen des gottes den Ursprung gcgfr
ben, indem nur das anlautende d9 da das römische nie #
im anlaut hat, aufgegeben ist und so Ju-piter für Djupiter
steht, die casus obliqui dieses namens lafsen die erklärong
sowohl aus dem stamm dju als d/6 zu, indem neben ihnen
nach Varro auch Jovis als nominativ stand, dies wort erfor-
dert nun aber noch eine erklärung in bezug auf seinen zwei-
ten theil, die uns zu gleicher zeit über die bedeutung dtf
oben zusammengestellten Wörter näheren aufochlufs giebt.
Das wort fiter in Jupiter schliefst sich nämlich eng aa
das indische pitd (s. pitar)y dervater, an, und es kann kein
zweifei sein, wenn wir die bedeutung von sanskr. (fy'aus,
der himmel, und das lat. sub Jove berücksichtigen, dafs J*-
piter den himmelvater bedeutet, diese annähme gewinnt noch
gröfsere bestätigung, wenn man ferner erwägt dafs auch Ho-
mer den Zfvg fast immer noch naxrjQ nennt, und die durch
den leider zu früh verstorbenen Rosen uns eröffneten schätze
der vedas entscheiden endlich vollends, bisher war uns aas
den epischen gedichten das wort djaus nämlich nur in der
physischen bedeutung bekannt, in einigen vedahymnen er-
DIE BEDEUTUNG DES NAMENS ZIU. 235
cheint es nun aber als der personificierte bimmel, und die-
;r wird in einer derselben (Rosen Rig-Veda s. 177) pitd
fmts9 vater Z*vg9 vater himniel, genannt, und ihm die tnäid
rühmt, mutter erde, zur seite gestellt, gerade wie im ho-
erischen Zev ttottiq yij ts (irjftrnjy und so denke ich kann kein
weife! an der bedeutung von Zevg als bimmel sein, womit
inn zugleich dieselbe für Ziu gewonnen ist. was aber die
>nn betrifft, so sehen wir dafs sich das angelsächsische
V» (gen. Tives) am nächsten an die indische grundform
w anschliefst, diese ist nun als Wurzel auch sonst noch
>rhanden und bedeutet leuchten, glänzen, der himmel ist
so der glänzende, eine durch die gewöhnliche vocalver-
ärkung von i zu £ geschehene ableitung von div ist nun
>er d£vas9 was demnach ursprünglich der himmlische heifst,
id nun, wenn wir anders recht haben, auch beweist dafs
ms und &tdg nicht mit Ziu und Zevg in eine reihe gestellt
erden können.
BERLIN. A. KÜHN.
IBER DIE GESCHICHTLICHE GRUNDLAGE
DES GRAFEN RUDOLF.
Im jähre 1828 gab Wilhelm Grimm fragmente eines mit-
telhochdeutschen gedichtes aus dem 12n jh. heraus, unter
dem titel Grave Ruodolf, deren trefflichkeit in ausfübrung und
Erstellung nach seinem vorgange ebenso anerkannt wurde
als ihr Zusammenhang, die motive und der abschlufs des In-
halts völlig räthselhaft blieb, unter diesen umständen bat
jeder versuch hoffnungslos geschienen historische gestalten
aufzusuchen mit denen die figuren des gedichtes zusammen-
hangen könnten, und je gröfser die lebendigkeit ist mit der
die brachstücke den zustand des königreichs Jerusalem vor
1187 vergegenwärtigen, desto mehr hat man den vertust des
8*ftzen auch wegen geschichtlicher auf klärungen die es viel-
teicht enthalten hätte bedauert, ich gestehe freilich dafs ich
dieses gefällt nicht theile und bei der sichtlichen freiheit der
Stellung nicht glaube dafs wir hier für kenntnis der that-
s*chen irgend ein neues gewonnen hätten, — höchstens sonst
236 GRAVE RUODOLF.
schon festgestelltes hätte schärfere beleuchtung erhalten ; —
desto lebendiger ist mir aber immer der umgekehrte wünsch
geblieben, ob nicht trotz alles ungünstigen Scheines darch
geschichtliche Untersuchung fernere aufklärung über den baa
des gedichtes zu gewinnen wäre, wie weit ich nach mei-
nem dafürhalten in der Verwirklichung dieses Wunsches ge-
kommen bin mögen die folgenden bemerkungen darlegen:
ich stelle fürs erste, um die nöthigen vergleichungspunkte
übersichtlich zur hand zu haben, den inhalt der vorliegen-
den fragmente zusammen.
König Gilot von Jerusalem gibt ein glänzendes fest, sich
gegenüber setzt er einen heim aus Flandern, der seinen sota
an der seite hat.
Ein pferd ist beim zügel gefafst und soll weggeführt
werden, des grafen knappe Apollinart wird es gewahr und
bringt eilend den Faris in sein behälter.
Nachricht von einem kriegszuge, wir fiengen einen der
das schönste ross an der hand führte.' — 'habe dank männ-
licher that* u. s. w. die ritte r nehmen nacbtlager nnd zie-
hen auf Rudolfs bitten am vierten tage nach Jerusalem^ wo
sie mit geläut und heiligthum empfangen werden, am fünf-
ten tage kommt ein böte von Scalun, cich war da, derselben
bürg also nah dafs ich sah in das land.' es soll krieg ge-
ben, Rudolf ermahnt zur tapferkeit, der könig dankt ihm,
'herr, ihr seid kommen in das land durch gottes ehre/
Vorgänge bei der belagerung. Girabobe führt von der
bürg herunter ein gespräch mit Rudolf, bietet für die gefan-
genen gold und silber, das Rudolf zurückweist, er habe ge-
nug aus seinem lande mitgebracht. Girabobe bat die weiber
in der bürg geschoren und in waffen gesteckt, er zeigt jetzt
diese recken, könig Gilot befiehlt seinem heergrafen* die
wachen zu henken weil sie so viel volkes in die borg ge-
lafsen, nimmt darauf aber den von Girabobe dem grafen vor-
geschlagenen frieden an. alle werden feierlich in Jerusa-
lem von dem cardinal von Bethlehem und andern empfan-
gen; Rudolf, von könig berufen, reitet in den palast, sein
*' ich glaube, der eonnetable wird gemeint sein, vergl. seine fw-
ctionen bei Ganciani 5, 148*
GRAVE RUODOLF. 2SI
adel, seine Schönheit wird gerühmt, die frauen blicken nach
ihm in minne, der könig ehrt den kindischen helden, der
gegen arm und reich gleich liebenswürdig ist und dem könige
gegenüber wenigstens nicht blöde auftritt, schon früher, anf
einen ausruf des erstaunens, 'ist das wahr?' antwortet er
ihm scharf genug, 'denkst du, ich sagte was ich nicht auch
vernommen hätte?' jetzt, als Gilot meint, er möchte einen
hofhält wie den des kaisers bei sich einführen, lacht Rudolf
laut, 'was denkst du? wessen unterwindest du dich? könige
dienen dem kaiser, dir will ich guten rath geben — .'
Liebesscenen zwischen Rudolf und einer dame, wie sich
weiterhin zeigt, der tochter des heidenkönigs Halap, an des«
sen hofe sich Rudolf hier befindet. Gilot sendet aus dem
christenlande, entbietet dienst und minne und fordert Ru-
dolfs auslieferung mit gebundenen bänden, er sei untreu im
dienst gewesen und habe ihm den herzog und seinen söhn
benommen. Halap will Rudolf zu gerichtlichem Zweikampf
stellen, sonst aber nicht ausliefern.
Rndolf kommt zu dem heere, das mit grofser Streitkraft
vor der bürg am meere liegt, gelangt mit list durch das be-
lagernde heer in die bürg, richtet die gemüter wieder auf,
und als Halap zum entsatz herannaht, macht er einen aus-
fall, ohne jedoch anders als mit flachem Schwerte auf die
Christen zu schlagen. Gilot erliegt dem Girabobe: man sieht,
die bürg am meere ist wieder Scalun.
In Constantinopel. die Fürstin weist alle bewerbnngen
des griechischen königs zurück, erhält in prachtvoller taufe
den namen Innengart, und läfst nur immer nach Rudolf for-
schen, ob er noch am leben sei. Rudolf liegt in einem hause
gefangen aus dem er mit mühe und noth entkömmt, gott
llfst ihn sehr für seine missethat büfsen. elend versteckt er
sich in einem dornbusch, manch barter schlag war ihm ge-
geben und mancher stofs, tiefe wunden, sehr grofse, hat er
gewonnen, rücken und bauch war ihm geschlagen dafs es
niemand sägen kann, ein wunder dafs er am leben blieb.
Rudolf und die königin entfliehen mit ihren schätzen.
heimlich aus Constantinopel, die königin wird müde, sie ma-
chen ihr ein lager auf blumen, Bonifait, Rudolfs neffc, be-
reits früher ihr kämmerer, halt wache. Überfall von räubern,
238 GRAVE RUOQOLF.
Rudolf erwacht, sieht Bonifait und fünf räuber bereits todt,
erlegt die übrigen und beklagt den neffen.
Dies ist alles was uns zur begründung irgend einer as-
sicht vorliegt; anfang und ende sind also ganz im dunkel,
und auch innerhalb der fragmente selbst sind die lücken
höchst wesentlich, den anfang unserer betrachtung, wenn sie
nicht ganz im blinden rathen soll, mufs eine möglichst genaue
Zeitbestimmung bilden, und ich denke, um über 1187, den
allgemeinsten termin, hinauszugehen wird man eine Unter-
scheidung zunächst festhalten müfsen. nämlich Grimm ge-
winnt ein zweites datum aus Rudolfs äufserung dafa könige
dem kaiser « dienten, eine thatsache die damals nur zur zeit
Wladislaws von Böhmen, 1158 bis 1173 vorgekommen sei.
ans dem gleich anzuführenden gründe trage ich aber kein
bedenken diese erwähnung nur auf rechnung des deutschet
bearbeiters und nicht einmal des französischen Originals, zu
setzen : dafs die handlung des gedichtes selbst nicht in die
erwähnte periode passe ergibt die einfache bemerknng dafs
so gut wie Jerusalem christlich, Ascalon dort saracenisch ist.
man gewinnt dadurch nicht mehr 1187 als letzte oder 1158
als früheste, sondern 1153 als äufserste grcnzbestimmuBg,
und überhaupt müfsen die bändel mit dieser Stadt, die im
gedichte eine so beträchtliche stelle einnehmen, uns auf si-
here bestimm ungen führen, es ist zwar unmöglich, aber für
unsere zwecke auch nicht erforderlich, eine würkliehe und
förmliche belagerung Ascalons durch die Franken nachzu-
weisen die den kämpfen Gilots und Girabobes entspräche:
es wird uns vielmehr darauf ankommen eine periode in der
geschiente des königreiches aufzufinden in welcher der krieg
gegen Ascalon eifrig genug geführt wurde um einen. dickter
darauf aufmerksam zu machen und ihm allgemeines interesse
für dessen darstellung zu verheifsen. gehen wir in dieser
rücksicht die einzelnen regierungen durch, so werden wir
zunächst die ersten jähre Balduins I von vorn herein aus-
schliefsen müfsen. die damaligen kämpfe mit Ägypten waren
einmal von anderer bedeutung, ein umfafsender krieg zweier
nationen, wo Ascalon freilich als waffenplatz seine grobe
Wichtigkeit hatte, aber niemand daran dachte es als gegen-
GRAVE RUODOLF. 239
slaad des Streites zu betrachten ; zweitens war auch der er.
folg ein verschiedener, die Ägypter wurden abgewiesen, waren
darum aber nicht weniger übermächtig, wahrend umgekehrt
in unserem gedicbte Gilot zuletzt eine niederlage erleidet,
im ganzen aber kräftig genug den Ascaloni.ten gegenüber auf-
tritt, später erscheint als das einzige streben Balduins I die
besetzung der türkischen seeplätze, und nur in seinen letz-
ten jahren versuchte er sich in abenteuerlichen zügen gegen
die ägyptische grenze, wobei aber gerade Ascalon nicht im
mindesten berührt wurde, unter Balduin II wurde 1125 ein
einzelner streifzug gegen die Stadt unternommen, sonst aber,
durch umstände und vielleicht durch richtige einsieht bewo-
gen, gieng die normale richtung seiner politik in abwehr und
fortschritt durchaus gegen die syrischen und mesopotamischen
feinde, von Fulco will ich sogleich reden und vorher be-
merken wie Balduin Hl zwischen 1143 und 1148 nur den
unglücklichen zug gegen Boszra versuchte, wie 1148 könig
Konrad allerdings die belagerung Ascalons vorschlug, selbst
dortbin gieng, sich aber von den übrigen forsten verlafsen
fand, worüber sein brief an Wibald das nähere und damit
die erklärung des Nie. Ambian. gibt, dafs die iterata fraus
auf die Christen, nicht auf die Saracenen geht, also zur er-
klärung unseres gedichtes nicht benutzt werden kann4, dafs
noch weniger als dies unternehmen die endliche belagerung
von 1153 im grafen Rudolf gemeint ist erhellt aus dem ziem-
lich schlagenden umstände dafs damals Ascalon erobert wur-
de, im gedichte aber die Christen unverrichteter sache ab-
ziehen müfsen.
Nur die regierung Fulcos von Anjou ist noch zurück,
und hier scheinen sowohl die Verhältnisse gegen Ascalon als
die zustände im allgemeinen der art gewesen zu sein um in
poetischer bearbeitung gebrochen ein bild wie das unserer
fragmente abzuspiegeln, das auftreten Emadeddin Zenkis würkte
in einer den syrischen Franken auch sonst geläufigen weise ;
wo ein kräftiger gegner auftrat vermieden sie die kämpfe
mit ihm, statt sie zu suchen ehe jener völlig erstarkte : so-
bald Zenki seine macht in Aleppo gegründet halte war von
* ep. Wib. 127.
240 GRAVE RUODOLF.
christlicher seile keine rede weiter von einer offensive gegen
ihn and die nordgrenze überhaupt, vielmehr wandte sich die
einzige ihnen nicht abgenöthigte thätigkeit dem jetzt beinahe
ungefährlichen süden zu. nicht mit be wüster planmäf&igkeit,
sondern jenem factischen Verhältnis folgend versuchte man
die ersten schritte auf dem wege der 1153 zu der einnähme
Äscalons und 1168 zu dem angriffe auf Ägypten führte:
langsam heranrückend setzte man sich fest in der umgegend
der Stadt und engte sie durch eine reihe starkbesetzter er-
stelle ein, so dafs 1138 die Ascaloniten urbem per gyrm
praesidiis inexpugnabilibus va IIa tarn erblickten nnd in völ-
liger mullosigkeit darüber an den chalifen berichteten, da war
1132 Baitnuber (später Richards I mehrmaliger lagerplatz),
dann näher 1134 Bersaba, 1137 Ibelin, 1138 die hohe Blau*
chegarde befestigt worden*, von deren thürmen man in die
Stadt hineinsah und jede kriegerische rüstung bemerkte, nicht
anders als der böte an könig Gilot berichtet, 'ich was da,
ich sah in das land.' von diesen bürgen wurden die wenn
auch unbedeutenden doch lästigen plünderungen der Ägyp-
ter gehemmt und ein kleiner krieg ununterbrochen gegen
Ascalon selbst gerichtet; der könig, der patriarch, die barone
hatten den grundstein der castelle legen helfen; man siebt
wie dies, in etwas gesteigert und concen friert, den kämpfe*
des gedichtes vollkommen entsprechen muste. und in der that,
die kräfle des reiches brachten es zu wenig resultaten da-
mals aulser diesen befestigungen : abgesehen von den folgen-
losen zügen nach Antiochien, zu denen Fulco sehr gegen
seinen willen genöthigt wurde, weifs Wilhelm von Tyrns
nur die Vernichtung eines räubernestes zu erzählen, einer
befestigten berghöhle, wie man sie auch sonst aus syrisches
kriegen kennt, der punkt war berufen wegen seiner festig-
keit, und nur die ankunft des grafen Dietrich von Flandern)
ebenfalls 1138, gab den mut, seine hilfe den ausschlag bei
dem unternehmen : ich meine, es wird auch hier nicht zu
* diese Zeitbestimmungen weichen von Wilken ab, so wie der In-
halt mehrerer sonstigen behauptungen von ihm und den übrigen mir
bekannten geschienten, ich mufs die nähere begründung einem andern
orte vorbehalten und beziehe mich nur im allgemeinen auf Wilh. von
T. 14.
GRAVE RUODOLr\ 241
«wagt sein in den anfangsworten des gedicbtes eine remi-
iscenz an diese Vorgänge zu finden.
Die Wahrscheinlichkeit hier im vierten decennium des
thrhunderts den geschichtlichen aufenthalt des grafen Rudolf
n entdecken wächst mir aber noch in weiterer hinsieht,
rie Ascalon und Flandern treffen auch die griechischen ein-
üfse zu, nicht als wären sie später geringer gewesen, aber
amals tritt durch den angriff Kalojohannes der Wendepunkt
in mit dem eine neue bedeutung der Byzantiner für Syrien
eginnt. seine persönliche tüchtigkeit, nicht minder die sei-
es sohnes Manuel, war den dortigen Franken wohl bekannt;
as unzweideutigste Zeugnis darüber legt die politik der kö-
ige von Jerusalem seit dem zweiten kreuzzuge, legt ferner
i ausdrücklichen Worten der erzbischof von Tyrus über Ma-
nel ab. wie umfafsend waren nicht Johannes asiatische plane
s Vertreter der Christenheit den islam in dem kerne seiner
Acht, im chalifate, zu vernichten; dafs die erwartungen
iderer nicht zurückblieben ist in jeder weise anzunehmen r
neb 'dann noch als nach dem stürze der Monkaditen in Schai-
ir die eifersuch t der Franken seine Fortschritte auf Klein-
sien beschränkte, für einen dichter der von vorn herein
•
iebt das detail der ereignisse, sondern ihren kern im äuge
atte, lag demnach Stoff in hinreichender weise vor um einen
onflict zwischen dem kaiser und dem rechten haupte des
dam zu schildern ; was irgend ein emir errungen und er-
itten hatte wurde auf Zenki, den sanguinus rex Alapiae,
len könig Halap, übertragen, — ein process, der sagenpoe-
»ie so geläufig wie kein anderer; — mit einem worte, so
konnte Halap selbst der unterliegende in Schaisar und seine
tochter nach Constantinopel geführt werden, denn von einem
ähnlichen Standpunkte gehört die bemerkung hierher dafs ge-
nau dieselbe zeit es ist in der die ersten geschichtlichen
Qachrichten über liebesverhältnisse zwischen Christen und
Türkinnen niedergeschrieben wurden, vor 1130 kenne ich
:ein beispiel davon, der fanatismus von 1097 verdammte er-
'berungen dieser art statt sie zu preisen, jetzt aber wird er;
'*er wie in anderen gebieten, durch die gesetze ritterliches
L**d sinnliches wesens gebrochen, es ist eine umwandelung
Uf der bedeutende theile der syrisch - fränkischen geschichte
Z. F. D. A. II. 16
%& GRAVE RUüDOLF.
beruhen, hier iu unserer frage ist es Orderic Vi Ulis 4er in
jenem Zeitpunkte die betreffenden erzählungen vernahm und
aufzeichnete; man roufs die erfolge christlicher rittemhaft
auf diesem felde in seiner farbigen darstell ung nachlesen an
sich au überzeugen welch frische popularität damals diese
dinge im abendlande gehabt haben müTsen« was geschicht-
liche Wahrheit anlangt, so ergeht es ihm dabei natürlich nicht
anders als dein Albert von Acben in seinen raystiscbritter-
licben neigungen ; es ist einmal unerläfslicb die beiden mü-
fsen auch weibliche herzen und nicht blofs feindliche Schwer-
ter besiegen ; so erfindet sich die sage ihr detail, wenn sie
es nicht vorfindet, gelingt es uns nach sonstigen indicieo
den grafen Rudolf in einer geschichtlichen figur zu entdecken,
so wird darin wenigstens kein beweis gegen die idenütat
liegen dafs ein Verhältnis der arl in der erzählaqg etwa des
Wilhelm von Tyrus mangelt.
Fafsen wir alles zusammen, die griechischen gesebieh-
ten, die liebe zu der heidnischen königiu erlauben, AscaloB»
könig Halap, der graf von Flandern führen geradezu dantf
hin den Stoff unseres gedichtes in der regierungszeit Fulcos
zu suchen, hiernach wird jetzt schon wer einige wifsensekaft
dieser periode zur hand hat' nicht mehr zweifeln von wel-
chem ereignis ich reden will ; es gibt nur eines, so viel tw
bekannt ist, bei dem sich irgend eine mögliebkeit des ver-
gleichen zeigt, und ob ich dies eine mit recht hierfaerzieke
möge der leser aus der folgenden erzählung beurtheileR, is
der ich die Vergleichungspunkte mit dem gediente wörtlich
nach Wilhelm gebe, im übrigen mir aber vorbehalte mehrere
fehler und unVollständigkeiten des autors nachzubefsern.
Es ist allgemein bekannt in welchem zustand von schwä-
che könig Philipp I die centralgewalt Frankreichs seiaea
nachfolger Ludwig hinterliefs : eine menge sogar der kleinen
barone stand in offener widersetzlichkeil und Ludwig konnte
anfangs nicht von Paris nach Melun, nach Etampes, oder tob
Etampes, von Orleans gelangen ohne sich mit diesen castel-
lanen herumzuschlagen*, einer der berufensten war {Ingo
die belege dazu finden sich beinahe sämratlich verzeichnet bei
Bauquet 12, ind. geograph. unter Pusacium. ich bin so ausführlich
weil gerade hier Wilhelm von T. 14, 15 so mangelhaft ist.
GRAVE RUODOLF. 243
Eberhard, castellan von Puiset, einer bürg nicht weit von
Orleans, der schöne aber der ruchlose von Orderich bezeich-
net, der keinen kaufmann des weges ziehen liefs und mit
einer bände verzweifelter gesellen die ganze umgegend in
schrecken hielt, in vielfachen kleinern und gröfsern handeln
sehen wir ihn schon unter Philipps regierung, das bedeu-
tendste war dafs er im jähre 1106, als Boemund I ganz Eu-
ropa zum kriege gegen Alexius aufrief, seinem bruder Gui
die Verwaltung der chatellenie übertrug und sich dem nor-
mannischen helden anschlofs. wir begegnen ihm in diesem
kriege mehrmals in ansehnlicher Stellung, er spielt eine rolle
bei den friedensverhandlungen, besucht nachher Constantino*
pelr pilgert nach Jerusalem *, und kehrt dann wieder zu dem
alten treiben in die heimat zurück, hier war indessen Lud-
wig zur regierung gekommen, mit dem festen entsehlufse
eine befsere Ordnung herzustellen ; eine bürg nach der andern
wurde gebrochen und bald genug fand sich ein anlafs auch
den herrn von Puiset zu beseitigen, einmal befreite ihn zwar
graf Theobald vonBlois und Champagne (zwischen 1115 und
1123), zum zweiten mal aber erlag er der königlichen
macht, er selbst wurde gefangen, die bürg geschleift, die
besitzungen eingezogen, unter diesen umständen suchte er
nun von neuem, durch mehrere anläfse eingeladen, den
Orient auf; könig Balduin II war sein vetter von mütterlicher
seite**, ein anderer verwandter, Walram von Puiset, hatte
sich 30 eben in glück und unglück neben dem könige aus-
gezeichnet ***, genug Hugo, seine gemahlin Mamilia, eine ge-
borene Roucy, mit ihm, langte in Palästina an und erhielt
sogleich die grafsebaft Joppe als erblehn, starb aber bald
darauf, und Mamilia brachte Joppe ihrem zweiten gemahle
Albert, einem bruder des grafen von Namur, zu. aber auch
diese beiden starben nach kurzem besitze, und nun meldete
siefr als nächster erbe des lehns der mann auf den es uns
endlich hier ankommt.
Mamilia mufs wie 1123 so auch schon 1106 ihren ge-
mahl auf seinen fahrten begleitet haben, wenigstens läfst sieh
* Anna Comnena and Orderich.
" Wilh, von T. 14, 16.
•" Orderich.
16*
2te GRAVK RUODOLF.
nur so die augabe Wilhelms retten, dafs der jüngere Hugo
in Apulien geboren und bei seinem verwandten ßoemnnd er-
zogen worden sei. wann er überhaupt nach Syrien gekom-
men läfst Wilhelm unbestimmt, sicher ist er nur dafs er nach
dem tode seiner mutier (etwa 1127? es träfe das mit seiner
Volljährigkeit nach französischem lehnrecht überein*) Joppe
ohne Schwierigkeit erhielt und mit könig Baldnin stets in
gutem vernehmen stand, hier fährt nun Wilhelm in folgen-
der weise fori, mit könig Fulco gerieth der graf aas ver-
borgenen Ursachen sehr bald in hader; nach einigen soll
Fulco geargwöhnt haben Hugo führe zu vertraulichen ver-
kehr mit der königin Melisende, wofür in der that gar man-
ches zu sprechen schien, denn der graf war jung, von statt-
lichem aussehn und zierlichen formen, ausgezeichnet durch
ritterliche thaten und in aller äugen beliebt, mit vollen blin-
den schien die natur ihm alle Vorzüge gespendet zu haben $
ohne zweifei hatte er im königreich keinen gleichen an
Schönheit freigebigkeit uud kriegerischer erfahrung ; dazu kam
seine nahe Verwandtschaft mit der königin, der tochterBal-
duins II. — andere freilich widersprachen jedem gerächte (fie-
ser art und behaupteten das allein sei grund des hadere ge-
wesen dafs Hugo, etwas hochfahrend und anmaßender als
billig, gegen den könig sich weniger unterwürfig zeigte als
die übrigen Kirsten und manchen befehl eigensinniger weise
vernachläfsigte.
Hier bleibe ich einen augenblick stehen und frage oh
man sich bestimmtere ähnlichkeit wünschen kann als zwischen
diesem jungen grafen Hugo, dem schönsten manne des rei-
ches, der den könig wie seines gleichen behandelt, dem man
die liebe der königin ebenso zutraut wie die ritterlichste
lapferkeit, und uuserm kindischen helden, unserm Rudolf,
der den Gilot auf jeden zwei fei hitzig zur rede setzt und
die stolzen ideen des königs fröhlich verlacht, den die firauen
minnen, an den die liebe von arm und reich sich heftet?
auch die äufsern Verhältnisse stimmen: Hugo sowohl als Ru-
dolf sind eben erst aus dem abendlande angelangt, and in-
dem ich mich der Verwandtschaft mit Balduin, dem belgischen
die Unsicherheit des syrischen ist hinsichtlich dieses pnnktes a«
Wilken bekannt.
CfLVVE RÜODOLF. 245
grafen, erinnere, komme ich auf Grimms frage zurück, ob
nicht der herr aus Flandern oder sein söhn etwa Rudolf
selber sei, geschichtlicher weise also nicht Dietrich, sondern
die beiden Puisets, vater und söhn, deren ankunft der dich-
ter hier nur zusammenfaßte? ich lalse es dahingestellt; es
ist gleichgültiger, da ja, wie wir sahen, sich auch für Diet-
rich geschichtliche analogien ergaben : zunächst folge ich der
lauf bahn des jüngeren Hugo weiter.
Sein eigener Stiefsohn, der herr von Cäsarea, wie man
sagte auf anstiften Fulcos, trat gegen ihn auf mit der klage
auf bochverrath 5 Hugo forderte ein gericht der pairs, dies
aber erkannt« auf Zweikampf; Hugo blieb aus irgend wel-
chen gründen aus und wurde in contumaciam verurtheilt. in
dieser noth ergriff er eine mafsregel die allerdings damals
ohne beispiel war und erst in den letzten Zeiten des reiches
nachahmung gefunden hat, die Wilhelm deshalb mit recht
als eine unerhörte bezeichnet, er warf sich den Saracenen
in die arme, segelte nach Ascalon und bat die Ägypter um
hilfe gegen seinen lehnsherrn. der vertrag kam zu stände,
Hugo gieng nach Joppe zurück, wo er sich befestigte, die
von Ascalon begannen den krieg und streiften bis Arsuf,
Fulco belagerte den grafen in Joppe ; darauf brach auch Tadsch
el Moluk von Damascus los und eroberte die wichtige grenz-
stadt Paneas, deren inhaber mit den übrigen baronen vor
Joppe stand*, die sache gewann gefährliche bedeutung für
das ganze reich, denn mit Hugo verbunden war auch Ro-
manus von Puy, herr von St Abraham und besitzer der
transjordaniseben landschaft, so dafs also fast die ganze süd-
grenze sich in offne feindschaft gegen das reich versetzt hatte.
Dies nun ist Rudolf bei Halap, der letztere stets als
repräsentant der saracenischen fürsten überhaupt genommen,
Rudolf und Girabobe in der belagerten bürg am meere, mag
nun Ascalon selbst oder Joppe gemeint sein, die niederlage
* dies geschah vordem 31 o oct. 1133, da Abulf. a. 527 davon be-
lebtet, da nun Fulco kurz vorher erst aus Antiochien zurück gekom-
men war, nach Wilh. v. T. 14, 10 ziemlich gleichzeitig mit dem tode
des patriarchen Bernhard, so fällt der streit mit Hugo zwischen juli
u*d november 1133 (nieht 1132, wie Wilken hat). Bernhard starb im
"6n jähre seiner amtsfdhrung und war im juli 1098 eingesetzt.
246 GRAVE RUODOLF.
Gilots gegen Halap, der einnähme von Paneaft durch die
Damascener entsprechend, wie man siebt sind alle einzeln-
heiten auf das freiste bearbeitet, das gesammtverhältnis da-
gegen steht in unverändertem lichte und man kann sich leicht
überzeugen dafs alle abweichungen dazu dienen sein wesen
nur reiner lebendiger und vollständiger zu entwickeln.
In jener noth nahm sich darauf der patriarch Wilhelm
der sache an und bewog beide parteien zu der Übereinkunft,
Hugo solle drei jähr lang freiwillig das reich meiden, der
könig die grafschaft so lange verwalten, nach ablauf dieser
frist aber alles vergeben und vergefsen sein, bis znr über*
fahrt gieng darauf Hugo nach Jerusalem zurück, und hier
trat ein Zwischenfall ein über den ich wieder den erzbischof
von Tyrus wörtlich reden lafse. der graf spielte Würfel auf
dem tische eines pelzhändlers Alfani vor dessen hause in der
kürschnerstrafse, als ein bretonischer ritter, den jener mit
dem spiele beschäftigt nicht weiter beachtet hatte, ihn plötz-
lich anfiel und vor den äugen alles volkes mit hieben und
Stichen auf das gefährlichste verwundete, sogleich entstand
ein gewaltiger auf! auf, der ruf der nichtswürdige» tbat flog
durch die Stadt, alles erhob sich, und öffentlich war die rede
in jedermanns munde, ohne des königs mitwifsen habe das
niemand wagen dürfen, jetzt sehe man des grafen hnsehoM
und den hafs des königs, den er ohne grund trotz aller Ver-
dienste auf Hugo geworfen habe ; kurz die sache des grafen
war populär mit einem male, alle schritte gegen ihn wurden
reiner bosheit zugeschrieben, nun entkräftete Fulco aller-
dings die meisten dieser vorwürfe durch die umsiebt mit der
er die Untersuchung und bestrafung des mordversuches an-
ordnete; der graf blieb in Jerusalem bis zu seiner heilung
und verliefs dann das land in tiefer betrübnis, theils wegen
der zuletzt erfahrnen unbilde, theils weil er gezwungen war
seiner besitzungen beraubt in fremden landen hilflos zu bet-
teln, er gieng so nach Apulien, fand hier ah könig Roger
einen beschützer und erhielt von diesem die grafschaft Gar-
gana ; indess starb er eines frühzeitigen todes ohne Palästina
wieder gesehen zu haben.
Zunächst will ich hier anknüpfen an das aufsehen wel-
ches Hugos Schicksal in Jerusalem gemacht, den anlbeil den
GRAVE RUODOLF. 247
alles volk daran genommen hat. Fulco erscheint durchaus
in gehäfsigem lichte; es war, wenn dieser Standpunkt dich«
terisch geltend gemacht und die gesinnung des königs in pla-
stischen thatsacben ausgedrückt wurde, wahrlich ein gerin-
ger schritt, zu dem mordversuch das gefängnis und zu Hugos
traurigem scheiden die äufseren bedrängnisse hinzuzufügen
in denen die fragmeute des gedichtes uns den grafen Rudolf
»eigen, allerdings steht historischer weise Fulco etwas befser
da . als nach dieser annähme Gilot im gediente ; es kommt
uns aber auch viel weniger darauf als auf die meinnng der
zeitgenofsen an, und hier läfst ja Wilhelms bericht die Sym-
pathie des Volkes für Hugo deutlich genug erkennen, man
nehme dazu wie vieles in Fulcos würklicher erscheinung ein
vorurtheil dieser art begünstigen musle, die schwäche des
alters, die Planlosigkeit der regierung, der wunderliche man-
gel alles gedächtnisses, endlich in Hugos sache der ausgang
selbst, wo es zu einer gerichtlichen fest Stellung des unrech-
tes niemals kam, — und die entstehung eines bildes wie es
in Gilot erscheint wird nicht weiter in Verwunderung setzen.
Eines noch will ich, da die fragmeute uns hier verlafsen,
nicht urgieren, aber wenigstens erwähnen, dieselbe theil-
nahme wie bei dem mordversuche zeigt Wilhelm auch bei
dem abscheiden Hugos aus Palästina; statt ihn einfach von
Joppe nach Brundusium überfahren zu lafsen nimmt er das
interesse für den bettler in fremden landen in ansprach, wie
wenn das gedieht eine hier unmittelbar sich darbietende ge-
dankenreihe verfolgt und ausgebildet hätte? der armut helfen
zwar Irmengards schätze ab, aber die Verbannung bleibt;
ehe sie in die neue heimat gelangen ziehen sie von land zu
land und sehen die nähe und die fremde unter strengerem
oder milderem geschicke. wenigstens käme man damit auf
kein der damaligen literatur fremdes gebiet; man erinnere
sich an herzog Ernst und den heiligen Brandan, und, um eil
beispiel unseres kreifses anzuführen, an die ritter Balduins II
hei Orderic, die von Chortbert nur durch das innerste Asien
nach Antiochien zurückkehren können, es wäre ein motiv
mehr für den dichter gewesen gerade dieses Stoffes sich zu
bemächtigen.
Und hiermit, scheint mir, kann ich schliefsen. ich wüste
248 GRAVE RUODOLF.
kein wesentliches element in dem gedichte das nicht irgend
einer richtung, einem Verhältnisse von speciellerer oder all-
gemeinerer bedeutung in der angegebenen zeit entspräche,
läfst sich dies aber bei einem historischen gedichte nachwei-
sen, so mufs man trotz aller abweichungen anerkennen, ein-
mal dafs der dichter die richtige Stellung zwischen geschicht-
licher und poetischer Überlieferung einzuhalten versteht, zwei-
tens dafs die freie ausbildung des einzelnen nicht mehr als
grund gegen die identität des Stoffes benutzt werden kann.
und hierauf vor allem mufs es uns ankommen : was die ein-
zelnen geschichtlichen thatsachen angeht, so ist nur das eine
erforderlich dafs sie dieser identität nicht geradezu wider-
sprechen, das wesentliche und positive liegt in dem beweise
dafs aus der historischen bpgebenheit als ganzem vermöge
richtiger ästhetischer behandlung die vorliegende gestak des
gedichtes entwickelt werden konnte.
BONN. VON SYBEL.
WITEGE MIT DEM SLANGEN.
Sphragistische aphorismen, von C. P. Lepsius. erstes
lieft (aus den neuen mittheilungen des Umring, sächs. Ver-
eins besonders abgedruckt) mit drei steindrucktafeln. Halle
1842. enthalten schätzbare beitrage zu der siegelkunde des
mittelalters. auf der zweiten tafel sind in sorgfältigen nach-
bildungen Siegel der schmiedezünfte bekannt gemacht, wel-
che besondere aufmerksamkeit verdienen, das gewöhnliche
siegel dieser gewerkschaften enthält die natürlichsten Sym-
bole ihres handwerks, hammer und zange. als beispiel ist
das siegel der schmiede zu Stettin, das nach der form der
buchstaben zu urtheilen in die mitte des 14n (15 ist ein
druckfebler) Jahrhunderts gehört, merkwürdiger sind drei
andere von den schmiedezünften zu Halle Mainz und Augs-
burg, die in dieselbe zeit fallen mögen ; das hallische ist einer
Urkunde vom j. 1327 angehängt und vielleicht das älteste,
hier ist noch zwischen hammer und zange jedesmal eine
schlänge gesetzt, welche in dem mainzischen und augsbur-
gischen eine kröne von drei spitzen trägt, die in jenem sich
WITEGE MIT DEM SLANGEN. 249
1 kugeln, iii diesem in drei blumen oder kleeblätter endi-
en: in dem mainzischen ist ferner ein gekrönter adler ne-
en die schlänge gestellt, wie ich vermute der deutsche
eichsadler. statt der kröne steht in dem hall i sehen ein seebs-
ckiger stern über der schlänge, unter derselben aber ein
alber mond. diese abänderung erklärt sich daraus, dafs man
as .hallische Stadtwappen, zu welchem diese beiden zeichen
ebören, noch anbringen wollte; der stern verdrängte die
rone. der verfafser hat den Zusammenhang des siegeis mit
er alteu sage von Wieland und seinem söhne Wittich rich-
ig bemerkt und aus einander gesetzt, ich will seiner aus-
ibrung einige nähere bestimmungen beifügen.
Die Wilkinasage beschreibt an zwei stellen (cap. 33.
56) Wittichs rüstung. sein schild war weifs und mit ham-
ler und zange von rother färbe bezeichnet, weil sein vater
in schmied war, und über diesen zeichen standen drei kar-
unkelsteine, um die königliche abkunft seiner mutier anzu-
teuten. sein heim von dem härtesten stahl war mit nageln
eschlagen, und es war ein giftspeiender lindwurm von gold,
ien man schlänge nennt, darauf eingegraben (thar vor ä
wrkadur ormur, sä er slangi heitir c. 33. d Tians hialmhetti
r skrifadur ormur afraudi gulli9 sä er slangi heitir c. 1 56).
lieses zeichen trug er auf seinem haupt, damit jeder daran
seine tapferkeit und seinen zornmut erkennen sollte, auf
iattel waffenrock und fahne war derselbe lindwurm ange-
>racht.
Wir finden hier alle einzelheiten des schmiede siegeis.
die kröne mit drei spitzen und den kugeln darauf, welche
dort die schlänge trägt, ist ohne zweifei aus den drei kar-
ftmkelsteinen entstanden, welche über hammer und zange in
dem schild angebracht waren, die schlänge, da sie als helm-
zeichen nicht auf dem schild vorkommt, scheint unpassend,
aber diese Verbindung zeigt sich auch in einem mit den sie-
gln ziemlich gleichzeitigen gedieht, in Dieterichs drachen-
L*mpfen (heldens. 268), wo das zeichen in Wittichs fahne
beschrieben wird, ein kamer und ein zange von golde rät,
ln nater diu ist von golde (I. silber) wiz. und so konnte
le sage oder ein Volkslied die schmiedezunft veranlafsl ha-
Cl* sich 'durch aufnähme der schlänge in ihr siegel, die einen
250 WITEGE MIT DEM SLANGBN.
der berühmtesten helden mit ihrem band werk in verbindnug
brachte, zu verherrlichen, die dänischen kjämpeviser (1,4.
18. 80) unterscheiden aber noch bestimmt den schild mit
hammer und zange (der drei karfunkelsteine geschieht hier
keine erwähnung) von dem heim.
In den dänischen liedern, wie in dem schwedischen (bei
Arwidsson 1, 16) wird der heim Blank genannt, seltsam ist
diese Verwendung des adj. für einen eigennamen, aber sie
bestärkt mich in der Vermutung dafs er aus Slange entstan-
den ist, weil man diesen namen für einen heim sich nicht
zu erklären wüste, es würde damit stimmen dafs in den
ältesten Zeugnis, im Biterolf (heldens. 147. 148), der heb
selbst Limme heifst, wenn ich dieses unverständliche wort
durch lindwurm richtig erklärt habe, die stelle im jüngeren
Titurel (heldens. 173), Witege mit dem slangen entscheidet
hier nichts.
Freilich konnte der ganze heim den namen Slange fäh-
ren, wenn eine schlänge darauf eingegraben war, aber eine
stelle in dem gedieht von Ecke nach der bearbeitung Kaspars
von der Röhn (heldens. 226) leitet mich auf eine weitere
Vermutung. Ecke spricht hier zu Dieterich von Bern
c — helt, wiltu mich bestdn?
der heim und den ich vffe hdn>
den wirkt Wielant mit sülen.
in sant ein künec her über mer:
er revacht ein k'dnecrich mit der wer.
guldin ist er in mitten.
nu las dir von dem helme sagen,
ob dich dar nach belange.
% er ist so meisterlich besiegen,
guldin sint im sin Spange;
dar in verwirkt ein warmes schal.
swie vil man swert drüf sbüege,
dd von gewint er doch kein mal*
diese Strophe findet sich nicht in dem lafsbergischen text
(wiewol str. 78 von dem heim die rede ist), noch ift den)
slrafsb. und augsb. druck, allein Kaspar von der Höhn W
sie ohne zweifei in seiner quelle vorgefunden, zwar ist nick*
von dem heim Wittichs die rede, aber doch von einem
\'
WITEGß MIT DEM SLANGBN. 251
Wietand geschmiedet hat und der ganz gleicher art scheint
gewesen zu sein, nicht eine schlänge war als zeichen dar-
auf eingegraben, sondern die schuppige haut einer schlänge
hinein verarbeitet, die dem stahl die übernatürliche stärke
Verlieh, so dafs kein schwert nur eine spur darauf zurück-
lassen konnte : wie die dänischen lieder (1 , 28) sich aus-
drücken, 'viele Schwerter waren darauf zerbrochen/ mir
seheint es aber angemefsner dafs Wieland, der ein alp ist
(beiden s. 388. 389), dem heim übernatürliche kräfte verleibt,
als ihn mit zierrat schmückt/
Kannte man überhaupt in früherer zeit den helmschmuck?
er scheint mir erst im 13n jh. aufgekommen zu sein, das
bild auf der spitze des heims finde ich zuerst bei Wolfram
(Parz. 39, 16. 736, 10. 739, 16) und bei Wirnt, der es diu
zimier nennt; üf keimen diu lieht schinenden mal Nib.
1943, 4 (in einem späteren lied) scheinen dasselbe zu be-
zeichnen (vgl. Andreas und Elene s. 92), könnten aber auch
auf zierrat an der seite gedeutet werden, in den gedichten
des 12n jahrh. habe ich nichts dabin bezügliches gefunden,
im Rolandslied, da Wo der heim Venerant beschrieben wird
(117, 7 — 16), wäre gelegenheit dazu gewesen, auch in den
bildern zu der pfälz. handschrift sind die belme ganz einfach
und schmucklos: nur kaiser und könige tragen zugleich die
kröne, die aber nicht auf der spitze des heims sitzt, son-
dern die stirne umgibt. Waltbarius 334 imposttit capiti rubrUs
cum casside cristas stammt wohl aus Virgil.
Demnach wäre glaublich dafs in den früheren sagen (die
von Wieland gehört zu den ältesten) der vater seinem söhne
einen heim schmiedete dessen kraft nicht blofs in dem stahl
lag sondern zumeist in der eingewürkten schlangenhaut. es
wäre nicht das erste mal dafs in der späteren quelle sich
das ursprüngliche allein erhalten hätte.
Endlich noch ein zeugnis von der Verbindung des hand-
werks mit der sage, das älter ist als jenes Siegel, in einer
Urkunde vom jähr 1262 (Lang reges ta boic. 3, 181) steht
juxta domum Welandi fabri. möglich dafs ein Schmied sich,
* Vulcanus ist gott der schmiede, selbst schmied, and lahm wie
Wieland, dessen grofs vater oder ahaherr Vilkinus in irgend einem be-
zug stehen mufs zu Vulkan. JACOB GRIMM,
252 WITEGE MIT DEM SLAJNGEN.
oder das volk ihm, den altberübmteu namen beigelegt hätte;
mein bruder glaubt dafs nach herkömmlicher sitte an dem
haus ein bild von Wieland gestanden habe.
WILHELM GRIMM.
SCHON MEHR ÜBER PHOL.
Neueutdecktem pflegt sich bald anzuschließen was vor-
her, weil alle bezieh uug fehlte, noch unbeachtet blieb, so
auffallend der heidnische name Phol zuerst erscheinen moste,
bietet er sich glücklicherweise an andern stellen weiter dar,
und alle zwei fei über seine mythische echtheit sehwinden.
Das wichtigste ist dafs die traditiones fuldenses und pa-
tavienses ihn in uralten ortsnamen gewähren; glänzendes
zeichen für die nothwendigkeit diese sprachquelle sorgfältig
zu erforschen.
In den fuldischen Verzeichnissen begegnet bei Schannat
s. 291 n° 85 die merkwürdige stelle Widerolt comes trau-
dit saneto Bonifacio quiequid proprietatis hahuit in Pho-
lesbrwinen in provincia Turingiac*. Pholesbrunno ist das
heutige dorf Pfuhlsborn unfern der Saale, von den Städten
Apolda Dornburg (dem alten Doringeburc) und Suiza gleich
weit, etwa anderthalb stunden abgelegen *\ man wird aber
aufserdem denken dürfen an Falsbrunn, Falsbronn, auf dem
Steigerwald, an der rauhen Eberach, zwischen Prölsdorf und
Theinheim, auf würzburgischem boden, nicht fern von der
- * meinem freunde Dronke, der auch den codex verglichen nad die
lesart genau so gefunden hat, verdanke ich diese mittheilung.
"'Staatshandbuch des grofsherzogthums Sachsen-Weimar 1£40 s. 138,
in noch ungedruckten Urkunden des kl osters Hausdorf erwähnt, eine
undatierte, etwa zwischen 1285 und 1310 ausgestellte hat Ludolphus
de Phulsbom; eine von 1356 dominus Heinvicus de Phulsborn, eine
von 1362 Henricus dictus Schonehufe phbanus in Pfolczbttrn, vergib
Schmidt die Lobdaburg bei Jena (Jena 1840) s. 126. in der ehemali-
gen vogtei Dorla (im kreifse Mühlhausen) kommt eine wüstung Pfuhl-
rode vor (Förstemann neue mitth. 2, 272) oder Fulrode (Wolf gesch.
4es Eichsfeldes 1, 104). das dorf PfuUendorf bei Gotha (gewöhnlich
Foliendorf genannt) heifst in urk. des 14n jh. Phulsdorf. PfuUendofJ
und Pfullingen in Schwaben sind bekannt.
PIIOL. 253
bambefgischen grenze, ungefähr in der richturig zwischen
Eltmann am Main und SchlüTselfeld : zwar in einer spätet
fcu Franken gerechneten gegend, doch früher konnte er wie-
derum zu Thüringen gehören, das sich südöstlich noch wei-
ter, bis ins bairische gebiet, erstreckte.
Den andern gleich beziehungsvollen namen liefern mir
die traditiones patavienses in einer zwischen 774 und 788
fallenden Urkunde, Pholesauwa*. späterhin wird Phole$owe9
Pholisowe gefunden **; und es ist das jetzt noch bestehende
iorf Pfalsau {auch Pfahlso geschrieben) im niederbairischen
landgerichte Griesbach, pfarrei Höhenstadt, etwa vier stun-
den von Pafsau liegend.
. Schwerlich ist der genitiv eines dieser namen auf einen
menschlichen eigner oder besitzer zu deuten, bei der gro-
Osen Seltenheit des eigennamens Phol, den wie Wuotan, Do-
nar sterbliche sich beizulegen anstand nahmen, dürfen sie uns
verschollenen Pholsdienst bezeugen, und dem gewicht der
einzelnen Zusammensetzung wird durch das übereintreffen
ier beiden sichtbar hinzugefügt.
Pholesbrunno wird also mythisch gefafst werden müfsen,
licht wie Hrabanes prunno (Eccard Fr. or. 1 , 674), Lul-
'anbrurma (Lüntzels Hildesheim s. 22), Botinbrunno, Seal-
jhobrunno, Hapuchoprutmo, und solcher örtlichen benennun-
jen mehr, des gottes Verhältnis zu dem brunnen verstehen
n\t freilich nicht, in der nordischen mythologic kommen
infser Balders brunnen auch Mirnisbrunnr und Urdarbrunnr
ror, der quell in welchen Odin dem weisen Mimir sein äuge
m pfand setzte und das heilige wafser der hörn, wie wenn
*bol und Mimir in naher berührung ständen ? der letztere
st dem nordischen glauben wo kein gott, doch ein göttliches,
erhabnes wesen, bei welchem selbst Odin sich rathes zu er-
tolen nicht verschmäht, ja es scheint dafs Odin und Mimir
lern begriffe nach einigemal in einander übergehn. man bat
licr die benennungen Vidrmimir, Vidrir, Heiddropnir und
Hoddropnir zu erwägen. Saem. 195h werden Heiddr aupnis
* M. B. vol. 28 pars 2 n° 23 ; das im reichsarchiv zu München
iegende diplom schreibt pholefauuua.
- M. B. 28, 2 s. 30 n° 33. 29, 2 s. 263; daselbst s. 264
n einer tradition des 12n jh. Huck de p/iolut.
254 PHOL.
haus und Mhnishößtd hinter einander genannt, ein Pholes-
houbit wäre nur erst aufzufinden.
Auch die Zusammensetzung mit aue eignet sich ganz zu
der annähme eines altheidnischen cultus. nicht nur auf ber-
gen wurden die gölter verehrt, auch auf inseln oder von bä-
chen und flüTsen eingeschlofsnen auen, da wo fruchtbare wie-
sen trift, wälder schatten gaben, so das castum nemys der
Nerthüs in insula Oceani, so Fosetes land mit seinen weiden
und quellen (mythol. s. 144). nach nordischen göttern bei-
fsen Odinsey (Onsöc) in Norwegen (fornmannasögur 12, 33)
und Odinsey (Odensee) auf Fühnen, sonst auch OdmwS
(vS heiligthum, geweihter ort) benannt; pörsey (wäre ahd.
Donaresouwa) fornmannasögur 7,234. 9, 17; Hfcsay (Läs-
söe im Kattegat); vielleicht Niardey (f Niardarey) forum,
sog. 2, 6. 3, 593 ; andere mehr, wie gerichte und Zweikämpfe
häufig auf auen und inseln statt fanden, scheinen sich auch
die christlichen kirchen gern solche platze auserlesen zu ha-
ben, eine menge klosternamen in Deutschland gehn ans auf
-aue9 z. b. Reichenau in Alemannieu, Breitenau in Hessen,
ein hersfeldisches nonnenkloster zu Aue an der Geisa wurde
von abt Ludolf uach Blankenheim an die Fulda verlegt;
merkwürdig wird in einem gedieht ies 13n jh. vom nonnen-
kloster Aldenburg in der Wetterau bei Wetzlar der ausdruci
gebraucht in der megde omve (Diut. 1, 357). nun können
solche aueu aufser nach göttern auch nach beiden oder spä-
teren eigenthümern genannt sein, wie z. b. im Norden Sdm-
sey, Vißlsey nach Sdmr und J^ißll, oder jene Reichenau
(Augia dives) früher Sintleosesouwa, nach einem gewissen
Sintleot*, augiae insulae dominus 9 hiefs, der seine besiUimg
* schlechtere formen Sintluz, Sitil/ac, Sindloch, stehen Pertx 5»
147. Eccard Fr. Orient. I, 348, das allein richtige Sintleoz sichert
Neugart episc. Constant. s. 536 und cod. dipl. Alem. n° 18H (a.- 816)-
diesen eigen namen durfte Graff 4, 1123 nicht unter HL bringen, !■••
gebührt gleich den übrigen Adallioz, Rcginleoz, Wotfleoz, Mru9dI*o*
ein reines L, wie die vergleich ung des bekannten isländischen U(fliotr
z= Wofflioz lehrt, das altn. adj. liotr turpis, de forum oder was es
eigentlich bedeutet habe, mufs also auch in einem ahd. iioz, Itxt* *»f~
gestellt werden, und in einem goth. Huts, wovon liuta hypoerita, ver-
sutus, dolosus.
PHOL. 255
der kirche hingab, allein wie bei Pholesbrunno ist auch bei
Pholesouwa die anwenduug auf den golt vorzuziehen.
Ich wüste den eigennamen Phol als menschlichen wie-
der nur aus einer andern Urkunde der trad. fuld. (Pistor.
1, 142) anzuführen, wo Signum Voles steht, Scbannats ab-
druck n° 483 aber Vuohs liest, weder Wol noch Vuol z=z
Fußt erscheinen sonst, aber VqI =: Phol befremdet nicht,
Dronkes fuld. glossen liefern phuoza pedes f. vuoza; so wird
noch später gar oft z. b. phiehe = viehe geschrieben (weislh.
2, 290), Phumberg neben Vünemherg (Böhmers cod. fran-
cof. n° 61. 74). deqnoch mufs das beinahe festgehaltene PH
in Phol Pholesbrunno Pholesouwa bei künftig einmal zu
versuchender deutung des namens angeschlagen werden.
Darum sei noch eines andern eigennamens, wenn schon
unsicher, gedacht. Resch annales ecclesiae sabionensis (He-
ben, später Brixen, in Tirol) liefern 3, 672 den seltsamen
mannsnamen Heitphöl, in einer commutatio inter Albinum
episcopum et Oudalricum (aus dem lOn Jh.). dieanmerkung
728 zu dieser Urkunde gibt jedoch Heitphoc, wodurch man,
wenn' zweimal verschrieben wäre, auf die lesart Heitpholc
geräth, und in der that enthalten andere bairische Urkunden
Mtfolcus (Ried. n<> 40 a. 848), Heidfolch (Ried. n<> 72
a, 890), Heidfolc (Meichelbeck n° 634), Heidfloc ^Meichelb.
b°502), Heitvolc (Längs reg. 3, 15 a. 1251). man vergleiche
Sigifolc9 Sigißoc (Mcichelb. n<>427. 663). folc, obgleich den
tagrif von agmen, cohors ausdrückend, könnte doch wie das
entsprechende slavische polk, pluk in mannsnamen vorkom-
men; das zeigt der berühmte name Svatopolk, Svatopluk,
wenlepolch, ja die Versetzungen polk und pluk9 Heit/blc,
Beitßoc9 Sigifolc, Sigißoc rechtfertigen einander, das ahd.
ktü, ags. hdd bedeutet ordo, ordo sacer, religio, das altn.
htidr honor, dignitas, und erinnert man sich der eddischen
nymphe Heidr, der mythischen namen Hetdrün, Heiddropnir,
*• gliche unser Heitfolc dem slav. Svatopolc (d. i, agmen
saerum) aufs haar, aber selbst die form Heitphol lafse ich
noch nieht fahren, sondern halte für möglich dafs phol und
pbolc sich berührten, und hätte die versuchte Zusammenstel-
lung zwischen Phol und Mimir irgend grund, so würde selbst
Seitphol gemahnen an Heiddropnir.
256 PHOL.
Aber noch stärker Pholcsbrunno an Balder, und die
gleich nach dem ersten eindruck des gefundnen derikmals
behauptete identität zwischen Phol und Balder. denn von
jenem Baldersbrunnen, mit dessen wafser der siegreiche gott
sein durstendes heer labte, weifs ja Saxo grammaticus s. 42,
noch heute führt Balder sbrönd zwischen Kopenhagen und
Roskilde den namen ; sollten nicht andere örter mehr, auch
des innern Deutschlands, dafür zeugen? Chmels regesta Ro-
perti n° 1069. 1074. 1836 aus späten Urkunden von 1400;
1404 haben ein Baldebrun, Baldebum unweit Hagenau, das
aus Balde&bnmn, Balder sbrunn verderbt sein könnte*, und
• [lBaldebrunno auf der Eifel' erwähnt Graff 3, 311, leider wie
gewöhnlich ohne angäbe seiner quelle, ich schliefse hier eine, ange-
drückte urkonde an welche zu der deutung von Baldebrunn aus Bai-
*
dersbrunn ein ähnliches beispiel gibt, sowie die nachfolgenden bemer-
kungen verdanke ich sie der gütigen mittheilung des hn hofrath Gers-
dorf. 'In nomine sanete et individue irinitatis amen, not Eckinhar-
du* burggrafius dominus de Starkinberch omnibtts Chritti fideUbui
hane literem visuris in perpetuum. quoniam ad modum aque de-
fluentis mundi huius figura praeter it secum rapiens in obliuionem ™-
rum gestarum memoriam necesse utique est ut que memoria indigent
quibus subsistant indieiis mvniantur. unde et presenti indicio per-
kennt constare voluimtts nocioni quod quidam noster fidelis Hinkamt
de Baldershaln obtento super to consensu seniorum noslrorum et no~
stro qvedam ex Jus que de iam dictis senioribus nostris et a iwbir
nomine feudi habuerat duodeeim videlicet agros cum UgnU sitos.i*
campo iuxta villam Hart inrode quorum longitudo perienditur a pn-
tis ville in Luthwinshain usque ad agros illorum in Hartinrode. h-
titudo vero a metis lignorum marchionis rustici de Frankenowe usque
ad semitam qua itur de Lutwinshatn in Hartinrode in dotem perpe—
tuam ecelesie Korbüen vendidit legitime etc. festes huius rei tmt
nobilis vir auuneutus noster Heinricus iunior aduocatus de P/auet do-
minus Rewse auuncit/us noster de Gera etc. datum in Starkinberdk
anno dni m, ccc. xxvti. vi. Idus lunii. — Baldershain, jetzt Bälden-"
hain, ein zum herzoglhum Altenburg gehöriges dorf, liegt in einer sehr
fruchtbaren von laub- und nadelholzwaldungen vielfach durchschnitte-
nen gegend am anfang des sogenannten Reichstädter grundes, andert-
halb stunden von Ronnebnrg, zwei stunden von Gera, an der ehern*-'
ligen strafse von Gera nach Altenburg. die in der Urkunde genannten
dörfer sind sammtlich nur ungefähr eine halbe stunde nach osten Süd-
osten, und westen davon entfernt, in alter zeit gehörte Baldershain
unstreitig zum gau Geraha, nicht zum gau Plisni. — sollte nicht
auch in der nähe des Thüringer waldes oder in Oberfranken ein
PHOL. 257
Leitern sich hier blicke, nicht nur auf die jüngeren sagen
on Karl dem grofsen (myth. s. 103. 104), der uns mit glei-
bem fug Wuotan wie Balder verträte, sondern selbst auf
üastor und Pollux im hain der Nahanarvalen bei Tacitus
Genn. 43)? den Pollux kürzen eidschwüre in Pol, dafs er
nserm Phol ganz ähnlich wird, und die römischen Casto-
es erscheinen am brunneu der Juturna rosse tränkend.
Halten wir das gewissere fest, dafs Phol nach Thürin-
;en gehörte bestätigt nun Pholesbrunno einleuchtend, Pho-
esouwa weist auf Baiern, Heitphol noch südöstlicher. Thü-
ingen und Baiern (oder alterthümlicher ausgedrückt, Her-
nunduren und Markomannen) verehrten also diese gottheh;
ob andere deutsche stamme, ist uns noch verborgen.
JAG. GRIMM.
DIE UNGLEICHEN KINDER EVAS.
Hans Sachs, dessen poesie am reinsten und eigensten
a den fabeln und schwanken waltet, deren Stoff und umfang
einer Lebenserfahrung und ganzen Sinnesart am meisten ent-
prach, hat einen lieblichen, dem hauptiuhalt nach ihm be-
fcits überlieferten mythus dreimal verschiedentlich behandelt,
Herst 1553, 23 sept., in dem spiel, wie der herr Evae kin-
er segnet (band 3 theil 1 bl. 243), dann 1553, 6 nov. in
et comedie der uugeleichen kinder Eve (band 1 theil 1 bl. 10
— 18), endlich 1558 in dem schwank von den ungleichen
-indem Eve (band 2 theil 4 bl. 83), jedesmal trefflich und
'iisgezeichnet, doch wird man kaum anstehen der letzten
indramatischen erzählung noch den Vorzug zu geben, es ist
Latin alles abgerundet und bis ins eiuzelne vollendet, der
lichter scheint von dieser fabel gar nicht ablafsen zu kön-
nen und wiederholentlich band an sie zu legen um ihr endl-
ich die gelungenste form zu verleihen.
gleichnamiger ort sich finden? in meinen Sammlungen finde ich Jo-
fonn Truclistfs von Baldersheim ritter, den P. Jovius im chronicon
^hwarzburgicum (vergl. Schbttgen und Kreysig diplomatar. 1,257) als
Qöterhändler der gräfin Margareta von Schwarzburg in Sachen der
tarrschaft Brauneck in Franken im j. 1403 anfuhrt.' — H.]
Z. F. D. A. 1k 17
258 DIE UNGLEICHEN KINDER EVAS.
Als Adam und Eva aus dem paradies vertrieben waren,
bauten sie die unfruchtbare erde und erzeugten viel kinder
mit einander, nach dem verlauf der zeit liefs ihnen der all-
mächtige gott durch einen engel entbieten dafs er zu ihnen
kommen und ihren haushält schauen wolle, da war Eva froh
der gnade gottes, kehrte und schmückte das ganze haus mit
gras und blumen und begann ihre schönsten kinder zu ba-
den strählen und flechten, legte ihnen neugewascbne hemden
an und ermahnte sie wie sie sich vor dem herrn höflich nei-
gen, ihm die hände bieten und züchtig prangen sollten, ihre
ungestalten kinder hingegen barg sie ins stroh und heu oder
versteckte sie ins ofenloch, aus furcht der herr werde sein
misfallen darüber äufsern. als nun gott der herr eintrat,
standen die schönen kinder in der reihe, empfiengen ihn,
neigten sich, boten ihm die hände dar und knieten nieder,
der herr aber fieng an sie zu segnen, legte seine hände auf
den ersten knaben und sprach 'du sollst ein gewaltiger könig
werden,3 zu dem zweiten cdu ein fürst, \ zu dem dritten 'du
ein graf,' zu dem vierten cdu ein ritter,3 zu dem fünften
'sei ein edelmann,3 zu dem sechsten 'sei ein burger/ zu
dem siebenten esei ein kaufmann,3 zu dem achten cdu werde
ein gelehrter doctor!3 gab ihnen also allen seinen reichen
segen« Eva jedoch dies mit ansehend und die milde des
herrn erwägend gedachte, ich will auch meine angestalttn
kinder holen dafs sich gott ihrer erbarme, lief hin und langte
sie aus dem heu, der krippe und dem ofenloch und fährte
sie vor gott, eine unlustige gestrobelte grindige russige grobe
schlüchtische rotte, da lächelte der herr, sah alles an und
sprach cich will sie auch segnen,3 legte dem ersten auf seine
hände, fdu sollst werden ein bauer,' dem andern cdu ein
fischer,3 dem dritten 'sei ein schmied,3 dem vierten csei ein
lederer/ dem fünften 'ein weber,3 dem sechsten cein Schuh-
macher,' dem siebenten 'ein Schneider,3 dem achten eein baf-
ner,3 dem neunten 'ein karrenmann, ' dem zehnten 'ein Schü-
mann,3 dem eilften 'ein böte,3 dem zwölften edu sollst ein
hausknecht bleiben, dieweil du lebest!3 wie Eva das alles
anhörte, sagte sie 'herr, wie theilst du deinen segen'so un-
gleich? hab ich doch alle kinder geboren und deine gnade
sollte über alle gleich ergehn.3 der herr aber versetzte 'Eva,
DIE UNGLEICHEN RINDER EVAS. 209
das verstehst du nicht, mir gebührt und ist noth dafs ieb
die ganze weit mit deinen kindern versehe; wenn sie alle
fursten und herrn wären, wer wollte körn bauen, dreschen,
malen und backen, wer schmieden, weben, zimmern, bauen,
graben, schneiden und nähen? jeder soll seinen stand ver-
treten, dafs einer den andern erhalte und alle ernährt wer-
den, wie im leib die gliedert da antwortete frau Eva racb
herr, vergib! ich war zu rasch, dafs ich dir einredete; dein
göttlicher wille geschehe an meinen kindern/
In dem spiel ist alles umständlicher angelegt und aus-
geführt. Adam, der im schwank gar nicht mithandelt, ver-
nimmt des engeis botschaft und heifst Eva die kinder putzen
und baden ; sie bringt aber nur einen theil und versteckt die
andern in die streu und hinler den herd. als gott einge-
treten ist und mit Adam und Eva geredet hat, wendet er sich
auch zu den kindern, läfst sie beten und das Vaterunser her-
sagen; dann segnet er sie durch händeauflegen und macht
den ersten zum könig, den zweiten zum ritter, den dritten
zum Bürgermeister, den vierten zum kaufmann; hernach
nimmt er sie mit, ihnen den lustgarten zu weisen, unter-
dessen bereut Eva ihre häfslichen kinder vor dem herrn ver-
borgen zu haben, Adam räth sie noch herbei zu Schaffen,
und als der herr wieder eintritt und scheiden will, kommt
sie eilends mit den vier umgestalten kindern gelaufen; sie
sollen niederknien und beten, könnens aber nicht, auf Evas
bitten läfst es der herr die armen kinder nicht entgelten und
legt ihnen auch die bände auf; der erste knabe soll ein schu-
ster, der andere ein weber, der dritte ein schäfer, der vierte
ein bauer werdeu. Eva beschwert sich über die ungleiche
austheilung, wird aber zur ruhe verwiesen.
Die comödie, nur wenige monate nach dem spiel ge-
dichtet, scheint Überarbeitung desselben, vermutlich auf äu-
fseren anlafs, um sie auf mehr personen einzurichten, un-
ternommen, viele worle und ganze sätze sind aus dem spiel
eingeschaltet, die hauptänderung besteht darin dafs Abel und
Kain namentlich auftreten, Kain sich nicht waschen nnd
schmücken lafsen will, auch hernach mit den übrigen unge-
horsamen kindern verkehrt betet und gottlose reden ausstöfst.
Abels und Kains opfer und der brudermord kommen mit in
17*
260 DIE UNGLEICHEN KINDER EVAS.
die handlang, Satan und sein gefolge erscheint persönlich;
dadurch wird die segnung der ungleichen kinder und der
unterschied der stände zurückgedrängt, so dafs von manchen
schönen ausfuhrungen abgesehn der haupteindruck der co-
mödie doch dem des spiels nachsteht, es ist wohlgefälliger
dafs die im segen hintangesetzten kinder nur als ungestalt
und vernachläfsigt, nicht als boshaft dargestellt werden.
' Daraus leuchtet recht des diehters liebenswürdige Be-
scheidenheit hervor, dafs er jedesmal seinen eignen stand,
den des Schuhmachers, aus der mitte des verabsäumten und
geringen geschlechts entspringen läfst.
Hans Sachs, der alles dichtet und docfe nichts erdiel-
tet, sondern gern aus einer namentlich angeführten quelle
beglaubigt, nennt sie im eingang des spiels nicht ; bei der
comedia aber läfst er den herold sagen dafs sie
ursprüngklich hat sugericht
im latein Philippus Melanctkon9
und nun zu gut dem gmeinen mon
auch in teutsche sprach ist gewendt.
und vornen im schwank heifst es wiederum
die gierten haben sugericht
vor jaren ein lieb/ich getickt.
von Melanthon ist aber unsere fabel eben so wenig ursprüng-
lich ausgegangen, er erzählt sie dem comes Joannes a Wedi*
in einem brief vom 23n merz 1539** und sagt facere non f+
tuiy quin adjicerem narratiunculam9 quae in quodam po+
mate extat9 non illam quidem historicam, sed venustam d
crudite conßctam9 admonendae adoleseentiae causa, ut co-
gitet et discrimina ordinum divinum instituta esse, et wd-
* Jobann iv graf von Wied, ein freund und anhänger der reftf-
niation, war durch Peter Medinann, vertrauten rath erzbfcchof Her-
manns von Köln an Melanthon empfohlen worden, im mai 1543, a*f
der reise nach Bonn, sprach Melanthon bei dem grafen zu Wied ei»-
(J. St. Reck gesch. von Isenburg, Ruiikel, Wied s 160).
"** epistolae selectiores aliquot Ph. Melanthonis editae a Casparo
Piiicero. Viteb. »565. 8. s. 342 — 363, und cpistolarum Ph. M. über
primus edittts a Casparo Peucero. Viteb. 1570. 8. s. 377—397, *°
auf der letzten seite fälschlich 1536 für 1539 gedruckt steht, es gi*1
auch einen einzelnen druck, ad com item Joannem a JFeda epistob>
Frßneoßirti apud C. Egenoiph 1539 auf zwei octavbogen.
DIE UNGLEICHEN KINDER EVAS. 261
ique eiabarandum esse, ut vir täte suarn persona/n tuea-
"• das gedieht worauf sich hier bezogen wird mufs doch
15h lateinisch abgefalst gewesen seiu, weil sonst kaum eru-
te confietam gesagt wäre, was von Hans Sachsens vor-
g abweicht ist folgendes, kein engel bringt die botschaft
11 gottes vorhabendem besuch, sondern* Eva schaut zum
ister aus und sieht ihn mit den engein nahen, sie hatte
rade schon wegen eines bevorstehenden festtags die kin-
r- zu waschen begonnen,, war aber noch nicht mit allen
tig geworden, die ungewaschenen heifst sie also sich in
u und streh verstecken, aber die gewaschnen dem herrn
tgegentreten. mit ihnen hält nun gott eine förmliche kin-
liehre. Abel sagt das credo weitläufig her, nach ihm wer-
n Seth und die Schwestern geprüft, alle bestehn aufs beste,
nn aber befiehlt der herr auch Cain und die übrigen her-
irufen, deren abwesenheit dem allwifsenden nicht entgan-
)ü war. Cain erscheint trotzig mit Strohhalmen und heu-
sern im ungekämmten haar, er kann das credo nur ver-
ehrt und verstümmelt herausbringen und äufsert sich frech,
rauf läfst der hegr den Abel herantreten, legt ihm hände
tf und weiht ihn zum priester, den Seth zum könig, den
urischen Cain aber zum knecht. als Eva wehklagt, trö-
6t sie gott, reicht den kindern beim abschied die Fechte
id wird von der mutter noch eine strecke weit vom haus
gleitet, bis er sie heimkehren heifst und in eine wölke ge-
ilt gen himmel steigt.
Von dieser anmutigen, reinlichen einkleidung entfernt
ch, wie man leicht sieht, die comedia des Hans Sachs in
elen stücken, indem er einzelne züge ausläfst oder hinzu-
gt, den anachronismus dafs Abel und Seth zusammen auf-
tten ertragen beide Vortragsweisen.
Es gibt von Erasmus Alberus ein gespräch zwischen
°#, Adam, Eva, Abel, Cain, von der schlangen verfiih-
**g und gnade Christi, Berlin 1541 , wiederholt Erfurt 1544,
&s ich mir nicht habe, zur einsieht verschaffen können, um
11 ermitteln ob darin aufser den biblischen Vorgängen im
Ladies auch noch die fabel von den ungleichen kindern be-
irrt wird, man darf es bezweifeln, weil sonst auf dem titel
ohl der Unterscheidung der stände gedacht wäre*
262 DIE UNGLEICHEN KINDER EVAS.
Wichtiger aber ist ans eine stelle aus Agiieolas Sprich-
wörtern, die über die jähre 1558 1553 1539 hinauf, bis zu
1528 zurückweist, ich hebe darum die ganze erzählung nach
dem plattdeutschen Magdeburger druck aus, n° 264 bl. 127b.
Etlike seggen yn schertzes wise, de vörsten, heren vnde
eddellude hebben eren ortsprung dar her, do Adam radede
vnde Heua span, krech Heua vele kinder. vp eine tid wolde
vnse here godt tho Heua ghan vnde beseen, wo se kusheMe,
nu hadde se euen all ere kinder vp einmal by einander
vnde wusek se vnde smuckede se. do öuerst Heua vnsen
heren godt sach kamen tho sich, hadde se sorge, he mochte
er eere vnküscheit vorwiten, dat se so vele kinder hadde,
vnde ging tho vnde vorstach etlike ynt stro, etlike ynt how,
etlike in de auenkulen9 de alderhöueschten öuerst behielt ee
by sich, vnse here godt sach de smuckeden kinderken an
vnde sprack tho einem also, du schalt ein köninck wesen,
tho dem andern, du schalt ein vörste syn, tho dem drüd-
den sprack he, du schalt ein eddelman syn, tho dem veer-
den, du schalt ein börgermeister syn, tho dem vöjften, du
schalt ein schulte, ein vagdt edder amptman syn. do nu
Heua sUth, dat ere kinder, de hervor weren, so rioilißk
begauet weren, sprack se, here9 ick hebbe nooh mer km-
4er, ick wil so ock hervor bringen, do se nu quemm, we-
ren se vngesmucket9 swart vnde vngestalt, dat har hengedi
en vuU stroes vnde hoüwes, do sach se vnse here godt &
vnde sprack, . gy scholt buren bauen, köye vnde swyneke*
den, ackerlUde, etlike van ium schollen in den steden haut-
werc^e 4n¥m9 bruwen% backen vnde den ersten hm*
Neben dieser mehr zu dem schwank als zu den dfamftfl
und Melanthon stimmenden darstellung der fahpl sei nofth
etati Spätere, schlechtere aus dem schlufs des 16p jh. bei-
g?&WM> wie sie in Georg Rudolf Widmanns wanhaßigm
histQlißn von den grewlichen vnd abschewlichen winden, so
#• J^A- Faustus. jiat getrieben. Hamburg 1599. 4. 1, 237.
?38 ^getroffen wird,
Aufm war sonderlich ein astronomus, und wie manß-
kulier t9 so kßb er viel kinder gehabt, als er aujf dem erz-
reich und außer seinem vertoiebnen fand dem paradis seine
DIE UNGLEICHEN KINDER EVAS. 2Ö3
ming vmb Damasco hette, verhiefs ihm gott, er wolle
* ein zeit einmahl kommen und sehen wie er lebe, da
mm der herr auf ein zeit visitiert, war des Adams hüt
behausung beschlofsen, der herr klopffet an, als aber
m und sein weib Heua durch ein loch den herrn ersa-
erschracken sie sehr, denn sie schemten sich9 das sie
liel kinder haben sotten, der herr würde ihnen diqfs
nutzen, derhalben sie behend etliche kinder in die win-
und andern örtern ve?%schoben, eines ander das hew9
ander under das dach, das dritte under die garben,
viert in ofen, das funfft in den keller, das sechst un-
difi ki(fen, item under das weinfq/s, eins in ihren alten
;, in ihr bereit tuch, damit sie hat die kinder bekleU
woüen, etliche under das leder und so fortan, die
nsten kinder aber, so schön von angesicht und haar,
er in der stuben9 da nun der herr in die behausung
in kam, und ihnen den segen wünscht, gab er denen
'ern, so er gesehen und umb ihn stunden, die handt,
e zu den eitern, seid friedlich, erschreckt nicht vor
wie ihr zuvor gethan habt, den alhie bleibt mein se-
! segnet derhalben die kinder umb ihn und sprach, ei
n kindlein, wachset und mehret euch, du sei kbnig,
t, graff, Jurist! und theilte also alle empter ai(s. da
die eitern sahen, zu was hohem stand sie gesegnet
len, gedachten sie an die andern kinder, begehrten ih"
Wohlfahrt auch und zogen die ungeschaffne kinder her-
sagendt, herr, hie sindt noch mehr meine kinder. da
der herr mehr solcher kinder sähe, da sprach er (tuch
benedicite über sie und sagte, sei du wechter, baur,
*er9 acherman, kemmichfeger, gerber, decher, keller,
'er> bender, kürfsner, Schneider, schustert daher nun
j weldt also begabt worden*
3q unbeholfen und verworren hier alles vorgetragen wird,,
n doch einzelne abgehende oder hinzutretende umstände
Iefsep dafs Widman weder aus Hans Sachs noch aus
ipthon und Agricola schöpfte, sondern einem andern
iftlichen oder mündlichen hericht folgte, der herr findet
haus verschlofsen und klopft an, Adam und Eva er-
tuen ihn durch eine lucke; auch bei Melanthon schaut
264 DIE UNGLEICHEN KINDER EVAS.
Eva durch das Fenster und sieht gott von weitem kommen,
während ihn bei Hans Sachs eine botschaft des engeis ver-
kündigt, den von Widmann und Agricola vorgegebnen Be-
weggrund, dafs Eva wegen der menge ihrer kinder verweis
von gott fürchtet und einen theil davon zu bergen sucht,
kennen Melanthon und Hans Sachs nicht ; es ist viel müt-
terlicher dafs Eva die schönen ausliest, die häfslichen ver-
steckt; doch stimmen darin Agricolas und Melanthons eräh-
lungen dafs Eva beim waschen der kinder für den festlag
von dem besuch überrascht und die ungewaschnen bei seite
zu bringen genöthigt wird, bei Hans Sachs läfst erst nach
empfangner botschaft Adam den befehl zum scheuern des haa-
ses, zum streuen der maien und schmücken der kinder er-
gehn. die catechisation mangelt in der letzten darstelldng
ganz, doch wird in ihr das verstecken und hernach der un-
terschied der ämter mehr im einzelnen ausgeführt.
Alle solche abweichungen machen eine lebendige und
allgemeinere Verbreitung der sage von den ungleichen kin-
dern Evas im ganzen laufe des 16n jh. wahrscheinlich, die
gar nicht auf einen der angeführten erzähler zurück geführt
werden darf, vielmehr schon früher, namentlich im 15n jh.
und länger bereits gangbar gewesen sein mufs. vielleicht
war jenes lateinische gedieht, worauf Melanthon sich bezieht,
noch im 15n jh. abgefafst; im 16n werden die lateinischen
dichter schon zu namhaft, ihre arbeiten stellen sich durch
wiederholte abdrücke sichrer, das ältere und fast volksmä-
fsige umgehn dieser sage wird am sichersten dadurch erwie-
sen dafs sie auch in den kreifs dramatischer Vorstellungen
aufgenommen war. schon zwölf jähre vor Agricolas Sprich-
wörtern im j. 1516 oder noch früher, im j. 1509, wurden
zu Freiberg im erzgebirge feierliche spiele gehalten, deren
Joh. Bocerus in seinem gedieht Fribergum in Misnia (Lipfr-
1577. 4. folio K. z. verso) und daraus Michael Neander ht»
seiner orbis terrae succineta explicatio (Lips. 1597. fc-
s. 140 — 146) gedenkt, eine im morgenblatt, jahrg. 180*^
n° 278 mitgetheilte nachricht enthält darüber folgendes. Ir*
pfingstf eiertagen den 11. 12. 13 mäi 1516 sind die lu<f*
solemnes, so man zu Freiberg gehalten, auf öffentlicher**
markte mit großer pracht und kosten agiert worden, a***
DIE UNGLEICHEN KINDER EVAS. 265
«Mi der herzog Georg zu Sachsen neben seiner gemahlin
td ganzer hofhaltung, tote auch viel andere hohe und nie-
•ige Standespersonen zugegen gewesen und zugesehn. hier-
i hat ein ehrsamer rath zum actore verordnet Hans Hü-
lfen, den damaligen stadtrichter, und ihm Hans Pfef
rn, der hernach stadtvoigt worden, zugegeben, sieben
kr zuvor 1 509 ist genanter Rudolf gleichfa/s actor ge-
*sen neben Nicolaus Perner, dem ßirstlichen schqfser. man
t aber3 wie gedacht, alle drei pßngstfeieftage nach ein-
der agiert, den ersten tag ist die geschickte gespielt wor-
» von dem fall der enget, von erschaffung und fall der
mschen, von aus jagung derselben aus dem paradiese und
n den ungleichen hindern Adams und Evas, wie sie gott
r herr angeredet und examiniert, die personen dieses tags
\d gewesen gott der himmlische vater, Raphael, Michael,
tbriel drei enget, Cherub auch ein enget, hucifer, Belial,
tan drei teufet, Adqm, Eva, die schlänge, Abel, Setk,
red, Henoch, Methusalem, Lamech sechs gehorsame
iams söhne; Rain, Dathan, Achan, Nabal, Esau, Nim-
i sechs ungerathne kinder, samt dem ehrenholde, den
weiten und dritten tag wurden Vorstellungen aus dem neuen
tament und die des jüngsten gerichts gegeben.
Hieraus ist freilich nicht genug über die innere behand-
ig der fabel - von den ungleichen kindern zu entnehmen ;
aber in Hans Sachsens comödie die sechs gehorsamen und
jhs ungeraten siin Eve ganz mit den nemlichen namen auf-
;ten, so darf man voraussetzen, dafs der nürnbergische
Bister mit der hergebrachten einrichtung des älteren spiels
;kannt gewesen sei und daran nichts wesentliches abgeän-
Jrt habe, solche spiele werden aufser Nürnberg und Frei-
irg an manchen andern orten Deutschlands aufgeführt wor-
in sein, allem anschein nach schon während des 15n jh.7
iewohl sich unter den mir bekannten fafsnachtspielen des
dz und Rosenblüt das von den ungleichen kindern Evas
At erwähnt findet, noch weniger ist es mir gelungen in
Q mhd. dichtungen irgend eine spur der fabel zu gewahren.
Wozu also hier sie genauer untersuchen? ich traue ihr
frnoch ein weit höheres alter zu.
Durch die poesie und den Volksglauben unserer vergan-
266 MB UNGLEICHEN KINDER BVAS.
genheit ziehen auch faden geistlicher Stoffe die- der christli-
chen, biblischen quelle unangemefsen waren, nicht die apo-
kryphischeu bücher sind damit gemeint, welche in frühen
Jahrhunderten fern vom deutschen boden entsprungen mehr
auf gelehrtem wege allgemeinen eingang fanden, ganz abge-
sondert von diesen erscheinen in kleinen vereinzelten sagen
ziigen und selbst namen hin und wieder beziehungen auf
gestalten des alten oder neuen testaments ; sie gereichten zu
unschuldiger erheiterung oder ausschmückung des glauben*,
die kirche liefs ihnen weder billigung noch tadel angedeihen.
dahin rechne ich aufser vielen thier- und pfianzennamen, die
auf Maria oder den teufel angewandt wurden, zumal alle
Überlieferungen, in deren mittelpunct sanct Petrus und noch
einige andere heilige sich bewegen, seine Verleugnung des
herrn, der hahnkrat, selbst das durch den schlüfsel empfangne
himmlische thürhüteramt benahmen ihm gleichsam an würde,
wenn auch nicht an gewicht, und erleichterten den anflog
weltlicher sagen, fafst man dessen art und weise näher ins
äuge, so werden sich leicht uralte, heidnische Überbleibsel
ergeben, welche duldsam und fast unveränderlich färbe und
gewand des neuen glaubens annehmen durften, ihr dasein
und Ursprung wäre sonst kaum zu begreifen.
. Wie nun Petrus bei jedem anlafs gern aus der himm-
lischen wohnung in die alte irdische heimat zurückkehrt, wo
er sich mit seinen freunden letzt oder mit Spielern und
landsknechten umtreibt, so sind mir die Wanderungen der
getter auf der weit ganz besonders ein zug unsrer einhei-
mischen mythologie, das alte testament läfst gott den heim
nur im paradies vor den erstgeschaffnen menschen, hernach
noch vor Noah und Abraham leiblich erscheinen \ später rich-
ten engel seine befehle aus» in der griechischen fabel wer-
den Zeus Hermes Apollon Athene und andere himmlische
dem sterblichen geschlecht häufig sichtbar und nicht minder
oft zeigen sich in der nordischen zumal Odin Thor flaenif
und Loki. so besucht Thor seine freunde die Tbellebönder
zur brautlauft ; diese schöne norwegische sage (bei Faye s.4)
kennt auch eine schweizerische Überlieferung, begnügt sich
aber mit dem einkehrenden zwerg statt des gotte$. vor allem
gehört hierher das eddische lied. von Rigr dem wanderer,
DIE UNGLEICHEN KINDER EVAS. 267
lern ich gerade unsere sage von den ungleichen kindern an
lie seile stellen möchte, unter jenem namen zieht Heimdallr
ier gott zu den drei menschenpaaren und gründet den unter-
schied der drei geschlechter, dieser mythns von dem ein-
kehrenden, die stände festigenden gott mag von frühe an in
manigfacher form bei den heidnischen Deutschen umgegan-
gen und fortgepflanzt worden sein, er trug sich zuletzt in
geschickter anwendung unvermerkt auf Adam und Eva über.
ius dem blofsen gegensatz zwischen Abel und Cain, aus
}em über Cains nachkommen gesprochnen fluch allein leitet
lieh nicht die Umständlichkeit der ganzen erzählung, der
lurch das fenster gewahrte besuch gottes, sein anklopfen,
lie festliche ausschmückung des hauses* und derkinder, ihr
iteilweises verheimlichen und die genau ausgedrückte glie-
lerung der stände her. zwar weicht ab dafs hier die kinder
schon geboren sind, in der edda erst nach des gottes anwe-
senheit geboren werden, dafs hier alle von einem paar, dort
rou dreien ausgehn; doch diese Verschiedenheiten konnten
ider musten auf den langen wegen der alten fabel leicht
erwachsen, im eingang der VöluspA heifsen alle menschen,
lie meiri ok minni (gröfsern und kleineren), rnegir Heim"
lallar, des gottes söhne, und wenn der umziehende Petrus
schon in gediohten des zwölften oder gar zehnten jh. nach-
zuweisen ist, wird auch jener göttliche besuch bei Adam
ind Eva, den ich höchstens bis zum jähr 1509 hinauf brin-
gen konnte, viel ältere grundlagen in der geschichte unsrer
Hiesie ansprechen dürfen.
JAC. GRIMM.
* kam kann at sal, $udr kor/du dyr, vor hurd hnigin, hrhtgr
u*r i gatti, gtick kann inn at pat, go{f var stvdd. S#m. 103\
268
ÜBER UMLAUT UND BRECHUNG,
Etwas iii meiner jüngsten darstellung der deutschen vo-
callaule ganz neues, die annähme von brechungen, woran
auch altn. und ags. grammatiker nicht dachten, hat noch
kein aufsehu erregt, aufser bei Adolf Holtzmann, der neulich
in den Heidelberger jb. 1841 s. 770 — 777 und, wie er pflegt,
sehr scharfsinnig darüber gesprochen hat. er fafst die merk-
würdige eischcinung nur anders auf. während ich die hre-
chung des * und u vom umlaut des a trenne, bringt er die-
sen damit zusammen, und nimmt ahd. umlaut des a durch
?', des i durch a9 des u durch a an, woraus e9 e und o,
nach meiner bezeichnung, entspringen, die sache ändert sich
nicht, sie wird nur verschieden erklärt.
Es wäre hübsch und einfacher, käme man mit den drei
umlauten des a, i9 u ab, d. h. könnte man überall die e9 e, o
abhängig machen von einem i und a der nachfolgenden silhe,
noch vollständiger würden füuf altn. umlaute erwachsen, zwei
für a in e und ö9 je nachdem i oder u folgt, zwei für u iü
o und y9 insofern a oder i folgt, einer für i in e bei nach-
folgendem a9 so dafs auf a durch die nachstehenden vocale
zweimal eingewürkt würde, ebenso vielmal auf u9 nur ein-
mal auf i. geborgen bleibt der reine vocallaut in allen fäl-
len, wo jedem derselbe vocal folgt (a — a9 i — i9 u — u) und,
weil i lediglich durch a afficiert wird, auch wenn ihm ü
nachtritt (i — u). für den umlaut ergeben sich die formein
e — t, ö — u9 e — a9 o — a, y — i. die Wichtigkeit der. regel
leuchtet zumal ein, wenn abgefallne vocale der zweiten oder
dritten silbe aus beschaffenheit des vocals der ersten erra-
then werden sollen.
Meine bisherige darstellung entzieht die formein e — a,
o — a dem umlaut und überweist sie der brechung. gründe
welche sonderung des gebrochnen lauts von dem umlaut an-
rathen sind nachstehende.
1. die brechung scheint älter als der umlaut, von den»
der goth. dialect durchaus noch nichts weifs, der ahd. blofs-
UMLAUT UND BRECHUNG. 269
den beginn, nicht die Vollendung aufzeigt, e und o dagegen
sind schon dem goth. ahd. und allen übrigen dialecten be-
kannt, wenn gleich in abweichender gestalt.
2. im goth. hängt die brechung blofs von den conso-
nanten r und h ab, in den übrigen sprachen von consonan-
tischen und vocalischen einflüfsen zusammen, so jedoch dafs
jenes r und h überall hoch, wiewohl auf andere weise, sie
bedingen, aufserdem aber auch zumal im ahd. nachfolgendes
«gefordert wird, während nachfolgendes i und u beide das
i und u der wurzel schützen, mir schien als ob aus blofs
consonantischer brechung der Gothen sich im fortschritt eine
consonantisch vocalische im ahd. ägs. und altn. entfaltet habe,
späterhin sogar ist, zumal im mnd. mnl., die vocalische aus-
gedehnt worden auf formen die ursprüngliches i und u in
der letzten silbe haben, z. b. sege ahd. sigu, vrede ahd.
fridu, scheuen ahd. scinun. auch die schwed. dän. präte-
rita vierter reihe nehmen im pl. e für i in die wurzel, und
sonst viele subst. zeigen solches e9 z. b. schied, dän. sm'ed
faber, led artus, altn. smidr, lidr. das nhd. sommer schwed.
sommar dän. sommer nnl. zomer zeigen o, da doch mhd.
sumer ahd. sumar auf ein goth. sumrus (wie widar9 pipar
auf viprus, bibrus, gramm. 1, 147. 453) schliefsen lafsen,
also der brechung nicht unterliegen sollten, dennoch schritt
sie vor.
3. umlaut durch i zeigt sich in den flexionen weit sich-
rer als brechung durch a. zwar in ahd. conjugation erster
mhJ zweiter reihe gewähren hilfii hilfis hilfit helfamte
wl/ht helfant; tisii lisis lisit lesamfo lesat lesant (und
***** trotamSs statt tritu tretamös liefse sich theoretisch
re**Wuten) zureichende beispiele, neben welchen in dritter
e*h« tragu, tregis, tregit, tragamös «miaut weist, der nä-
mlich an anderer stelle vortritt, auch in fünfter reihe bie-
Jt sich das part. scopan, logan dar, da doch in vierter nur
J**fc«/f tripan nicht scenan trepan steht 5 erst jene späte-
5** mundarten gewähren würklich scheuen, schreven f. ahd.
***<m, scriban. dies i in scinan erklärt sich Holtzmann
as einem übergewicht des i und i in vierter congujatiou,
0 «iafe das einzige particip nicht zum e habe gelangen kön-
le?*- doch war ei in seein, treip (nd. scMn9 dräf) dem e'
270 UMLAUT UND BRECHUNG.
nahe genug, in der declination* erscheint aber gar kein ge-
brochner im Wechsel mit ungebrochnem vocal ; man hätte ihn
namentlich ahd. in den ersten starken declinationen zu ge-
warten, denn wie neman nimu sollten perc9 wec9 nest9 got,
hof im instrumental pirku9 wiku9 nistu9 gutu9 hufu9 vorzüg-
lich fem. wie gepa9 peta9 erda9 giwona im dat. gipu9 pifa,
irdu9 giwunu zeigen, konnte hier wiederum das i und u in
der wurzel nicht durchdringen? oder sind die u der flexion
unorganisch, wie das der dat. pl. auf um statt am in den
ersten declinationen ? weshalb mit recht kein wikum9 nistum,
gutum9 pitum9 irdum9 giwunum erfolgte, dürfen wir aber
uns einlafsen auf solche Verdächtigung der würksamkeit ahd.
flexionsvocale, so müsten wir auch dem u in der prima sg.
lisUy nimu9 hilfii kraft abstreiten die brechung zu hindern,
weil goth. lisa9 nima9 hilpa gelten, in den zweiten decli-
nationen sollte das thema i wenigstens im dat. sg. der bre-
chung räum lafsen, doch nirgend begegnen die formen sereta,
scelta9 vohsa f. scrita9 scilta, vuhsa, obschon der nom, sg.
nach abgelegtem thema i sogar rückumlaut gewonnen hat,
ast9 gast, pale, anst9 arn9 womit die umgelauteten casus
esti9 gesti9 petgi9 ensti9 erni tauschen, man mufs in den
zweiten declinationen Übergänge aus erster und dritter an-
schlagen, und den ahd. dritten gewährt das thema u schütz
vor brechung. längst entsprach keine ahd. flexion genau
mehr dem goth du des gen. dat. sg. wer wollte den nom.
masc. und-neutr. erster decl. nach abgelegtem thema a der
flexion gebrochnes e9 o in der wurzel statt i9 u zutrauen,
wo sich die reinen laute zumal vor doppelconsonanz bewahr-
ten? nie erscheint fesc für ßsc9 so angemefsen das e io
lescan, lisku scheint, im ganzen folglich darf der mangel
der brechungen in ahd. declination, neben den entwickelten
umlauten, diesen ein lebendigeres, jüngeres, jenen ein zä-
heres, älteres prineip bezeugen.
4. den umlaut sehen wir fast ganz von vocalische»»
die brechung wesentlich von consonantischem einflufs ab-
hängig, es ist doch bedenklich, das goth. ai in bairan, vmr-
* ich nehme jetzt nur drei starke declinationen mit dem thema
a, i9 u an, wie ich anderwärts (in einer academischen Vorlesung) ent-
wickelt habe und in der grainmatik umständlich ausführen werde.
UMLAUT UNO BRECHUNG. 271
pun anders aufzufafsen als das ahd. e in peran, werf an,
allerdings macht grofsen unterschied dafs das ahd. e theils
aasgedehnter iheils eingeschränkter gilt als das goth. ai> es
findet sich auch in yneman9 lesan9 kepan = goth. niman,
tisan, giban9 und hört wieder auf in pirit9 wirfit =2 goth.
bairip, vairpip. ein goth. naiman, laisan, gaiban wäre
unglaublich, eher liefse sich denken dafs bairip9 vairpip nahe
an birip9 virpip grenzten, doch gerade wie h und r goth.
breohung veranlagen, welcher vocal auch nachher folge,
hindern ahd. m und n, wenn andere consonanten daneben
stehn, alle bjrechung, wenn auch a folgt, es heifst primman,
rinnan, limfan, pintan, prinkan, dinsan und im particip.
prumman, rirnnan, lumfan, puntan, prunkan, dunsan, nie-
mals premman promman, so dafs diese durch fährung des
t, u völlig der des goth. ai9 aü in bairan, baüran gleich*
steht, und der von vocalen bedingte Wechsel des reinen und
gebrochnen lauts nur in den übrigen ahd. formen zuläfsig
wird, freilich in den meisten, den umlaut des a durch i9
sobald er einmal platz gegriffen hatte, scheinen consonanti-
sehe einwürkungen wenig zu kümmern, es heifst spannu
spennü, gangu gengis9 fara Jerü, wahsu wehsis, die
in position verbundnen m und n hemmen aber die brechung
auch in Substantiven erster decl. wie sind, ivinl, hrinc9
munt9 stimna, stunta, im gegensatz zu chneht, wolf9 helfa,
walla, herta.
5, der ahd. mhd. umlaut stätigt noch andere unterschiede
günstig, wo im analogen fall die brechung unwürksani scheint,
dem* wie von den adj. lengi, herti, Jesti die rückumlauten*
den adv. lango9 harto, fasto gebildet werden, dürfte nun
aneh neben im, durri ein adv. erro9 dorro stattfinden, wenn
schon nicht der »position zugefallen neben lindi ein advr
lendo* die analogien lafsen aber im stich, irran goth*
wrayan hat ein darr an goth. paürsjan zur seite, so schön
das transitive durran abstechen würde von dem intransiti-
ven dorrdn. nie erscheint ahd. dorah per, immer durah*
soll es erklärt werden aus einem vorgewicht von duruh,
durih? goth. pairh zeugt eher für -ah. in Ordnung sind
turi janua und tor porta, turili ostiola, doch gleieh stat und
steti wechseln tor und turi nicht, sondern der reine oder
272 UMLAUT UND BRECHUNG.
gebrochne laut haften im einzelnen wort wie sie sich einmal
festigten, warum behauptete sich kein alts. hiru gladius,
wie heran birid, sondern heru = goth. hairus? warum
alts. ehu = goth. aihvus? da doch sidu, tyidu, sinu gelten,
warum mhd. mete mulsum neben site mos = goth. midus
und sidus, wie zu vermuten steht? ahd. scheinen mitu ul
metu zu schwanken, warum schon bei Tacitus Nertkus,
Hermunduriy kein Nirthus, Hirmunduri? die goth. brechung
vor r und h ergibt, auch von dieser seite, sich als die äl-
teste, freilich heifst es ahd. hiruz = goth. hairtus, alto.
hiörtr, also für hiruzu, während donar mehr zu goth. punrs
als zu punrus berechtigt.
6. rathen es diese erscheinungen zusammengenommen
an im ahd. und mhd. umlaut und brechung abzusondern, so
begehren es noch entschiedner im ags. eigenthümliche. denn
während der umlaut des a in e, des u in y ordentlich er-
geht, weicht die brechung des i und e9 des u in o öfter
von der ahd. ab und richtet sich wieder nach consonantein-
flüfsen. so bleibt namentlich der reine lant meist schon w
einfachem m und n : niman ahd. neman, numen ahd. noman,
aber auch andere Wörter führen ihn durch, z. b. gif an ahd.
kepan, gifen ahd. kepan; ongitan ahd. intkezzan, ongüen
ahd. intkezzan. hingegen bricht sonst die prima sg. präs-
den vocal: ete ahd. izzu9 bere ahd. piru, stele ahd. säht*
brece ahd. prichu, wo man anzunehmen hätte, der ausgaog
-e mufse ursprünglich gleich dem goth. -a, nicht wie im ahd-
-u gewesen sein, obwohl jene niman, gifan, ongitan aneb
hier nirne, gife, ongite behaupten, in der zweiten and drit-
ten person tritt freilich itst, it; birst, bird,- stilst, stfö?
briest, bried .ein. was ferner u angeht, so haftet es ags. *
wo es nach ahd. regel zu o werden sollte, z. b. in fuget
ahd. fokal , punor ahd. donar, vulf ahd. wolf; doch in 4fr-
ren, brocen9 »vollen, vorpen stimmt es zu ahd. poran, pr9-
chan, suollan, worfan. von besonderer Wichtigkeit ist mi**
weiter dafs neben i und e häufig eo stattfindet und zwar mit
beiden wechselnd, nicht nur wird vita und veota procer*
fridö und freodo geschrieben, sondern auch efor aper ud«
eofor, gefon oceanus und geofon, fela multum und feofa
feder perina und feodor, setel thronus und seotol; ja es
UMLAUT UND BRECHUNG. 273
:önnen die drei formen frido9 Jreodo, Jredo gelten, e uud t
erhalten sich gar oft wie die ahd. z. b. in den ableitangen
Wre abd. gifidiri, von Jeder; gevidere tempestas, ahd. gi-
ntiri, von veder. eo habe ich als ursprüngliche, der Ver-
tagung in e vorangehende brechung dargestellt, die dem goth.
rt noch näher steht, und das wird dadurch bestärkt dafs sie
viederum vor r haftet, zumal wenn durch einen zweiten
rtnsonant position erwächst; veorpan, beorgan, hveorfm
Reichen dem goth. vairpan, bairgan, hvairban mehr als das
ihd. werf an, pergan, huerpan; nur vor st, sc gilt e'9 b&r-
ftan, perscan nicht beorstan, peorscan. auch scheint für
ein höheres alter des eo zu sprechen dafs ahd. spuren von
ähnlichem ia oder io vorkommen, die bald verschwinden, so
das neulich aufgefundene sioxa (oben s. 5) = ags. seotu.
ohne zweifei ist also eo ein laut der uns das Verhältnis zwi-
schen goth. ai und ahd. e vermittelt und nicht gestattet letz-
teres lediglich von dem vocalischen einflufs des folgenden a
abhängen zu lafsen. dazu kommen noch die ag$. ea und ä,
welche neben dem reinen a auftreten, ja dessen Übergang in
o, die ich sämtlich lieber der brechung als dem umlaut ver-
gleiche, ea hält sogar gleichen schritt mit eo in bearh,
werp, cearf von beorgan, veorpan, ceorfan, entwickelt sich
aber auch vor positionalem / in healp, gealp von he'lpan,
tflpan und in andern fällen, weder dieses ea für a in den
starken prät. vearp, healp, ahd. warf, half, noch das ä in
fäf oder geaf, am wenigsten das ä in dag, däges, scröf,
scräfes, ist aus folgendem a abzuleiten, weil dieses gerade
tat reinen laut in da gas, daga herstellt, wie es das u in
fagum, scrafu thut. o in gomel, noma, svongor wird durch
m Und n gewürkt. und die mnl. spräche hat vor positiona-
lem r gebrochnen laut ae für a (gramm. 1, 279), da sie doch
för i blofs verengtes e zeigt, ich geschweige hier der an-
*ci*ii mnl. so wie der friesischen vocallaute die noch ein-
jagen.
7. aber die altn. spräche zeigt uns jene ags. i, eo in
regelmäfsigerem Wechsel gewisser flexionen, dergestalt dafs
tifcr das ursprüngliche i nur durch ein nachfolgendes i der
ea4ung gehalten wird, hingegen sobald a oder a folgen, die
Hebung ia oder deren umlaut iö eintreten, welcher letztere
^. F. D. A. 11. 18
274 UMLAUT UND BRECHUNG.
auch da statt fiudet wo u früher vorhanden, später wegge-
fallen war. es tauschen demnach angenehme formen wie
biörn biarnar birni, Niördr Niardar Nirdi, nnd freilich
dieser eiaflufs des i scheint dem von i herrührenden umlatte
des a in den analogen formen lögr lagar legi zu gleichen,
ist aber kein umlaut, da der umlautende vocal niemals den-
selben laut zeugt, vielmehr mute man sagen dafa in Um
die flexion i den urlaut schütze, in legi das a umlaute.
HolUmann will dies altn. ia für jünger halten als das e,
und allerdings fällt die abwesenheit jenes in den starken
conjugationsformen auf, es heifst bera, gefa, nicht bhre,
giafa; doch sehe mau das gramm. 452 aufgewiesne biarga,
gialda (wieder im positionsfall) und erwäge wie gangbar die
ags. beorgan, weorpan gerade in starker form sind, auf
der andern seite ist altn. e weiter vorgeschritten» als aM.
und ags, ; man sagt selbst brennet, r'enna für brhina, rhm*
(gramm. 454) neben spinna. ja es nimmt den ganzen ag-
präs. ein: et etr% gef gefi* > nem nemr 9 berg bergr, väif*
verpr, obschon in dritter reihe umlaut des a in e gewfirk*
wird, el elr, stend stendr. ein nicht undeutliches zeiche«»
dafs hier umlaut und brechung auf andern gründen ruhen -
in die Ursachen des wechseis zwischen t, ia und e überaU
zu dringen ist schwer genug; von den adj. iafn und duufr**
die auf gleichem fufse stehn, wird sowohl efna als dbfSr
geleitet; ahd. behaupten epan und epanon den selben laut»
pidirpi aber schwankt seltsam über bald in pider pi, bald i**
piderpi d. h. umgelautetes pidarpi, und die nemliche Unsi-
cherheit ist in pidirpan piderpan pidarpan piderpan. offen-
bar war hier die ausspräche nicht mehr mit sich einig, d*
sie doch in den meisten andern fällen die laute reinlich
sonderte.
Was endlieh die bezeich nung der beiden e betrifft, *°
ist sie mir gleichgilüg, sobald man sich darüber einmal vor-
•
ständigt. Holtzmann will e für e (wie altn. o für #), da-
gen e für e\ welches e unleugbar dem gebrochnen o Mufser-
lich gleicher stände*, ich hatte e vorgezogen um an das
ursprüngliche t zu erinnern und weil der typus unser»
' sekon Lach mann in seiner auswahl hatte f = p, folglich eZZ'
angenommen. |
UMLAUT UND BRECHUNG. 375
uckereien nicht abgeht, dies spricht auch für das nord.
dem man in Dänemark schwerlich wieder entsagen wird,
fs in ahd. hss. ae und f für 6% e und e erscheinen weifs
ler.
JAC. GRIMM.
VORANGESTELLTE GENITIVE.
Nicht blofs wurzeln formen rectionen, sondern auch
azeine Wortstellungen erhalten sich in der spräche lange
hrhunderte hindurch, ich will hier einige fälle behandeln
o der geriitiv dem Substantiv das ihn regiert beständig
»rausgeschickt wird, in eigennamen und zusammensetz un-
sn verhärtet sich diese fügung häufig, aber auch dem losen
tnitiv pflegen in gewissen redensarten wir noch heute im-
er den. vorrang zu lafsen, z. b. wenn es heifst von rechts
sgen9 aus leibes kräften, seiner hände werk, so setzte
e alte spräche dem mit einer präposition verbundnen worte
wfe, bedeute es nun das vorderste oder hinterste, jederzeit
fcu gen. voraus. Hildibrant was 4o folches at ente ; that
ewurdi is aldres at endie Hei. 82, 10; dryhten sinne drio-
gnefand ealdres ät ende Beov. 5576; pd väs sund liden
tfetes ät ende Beov. 446; wenn Andreas 221 mit vorge-
gebner präp. ät meres ende gesagt ist, möchte man auch
i zu lesen vorschlagen meres ät ende. mhd. belege sind
ir folgende zu band, gie des hoves an ein ende Gudr.
518,4; wiset des hoves an ein ende Rab. 197; triben be-
ut des heres unx an das ende altd. bl. 1, 342; ich kum
' on ein ende Nib. 791, 3; umoizzer dinge kam an ein
wfe Greg. 1197; nu bin ich ze wäre diner meere an ein
*de körnen Hahns Stricker 4, 283; ich bin des yf ein ende
%(tht Silv. 5190. noch in späteren Volksliedern meine ich
diesen zu haben gieng des weges an ein ende, denn aller-
es sind solche fügungen eher episch als dafs die höfischen
chter sich ihrer gern bedienten, sicher findet auch die
lr*se statt er kam sins libes an das ende, wie gestuont
** libes an der freide Gudr. 495, 4; da* man so mani-
*n recken sehe sins libes in der freide Bit. 11376; reit
18*
276 VORANGESTELLTE GENITIVE.
sins libes en freise Er. 6096 ; miner s&le ze freise Haupts
zeitschr. 1, 318, und ähnliches, die analogie bald der vor-
gesetzten genitive (aldres, libes) , bald der von der präp.
abhängenden Substantive schlägt dabei an, man dürfte auch
bei at orde, in der mitte gleiche Stellungen erwarten, aas
der goth. spräche gehört hierher das bekannte seine misso,
entsprechend dem altn. sin d milli.
JAG. GRIMM.
BESCHREIBUNG EINER IM JAHRE 1507 Zu
ZERBST AUFGEFÜHRTEN PROCESSION.
Am aus gange des 15« und im anfange des \6n Jahr-
hunderts, wahrscheinlich bis zum jähre 1522, in welchen
die Stadt Zerbst ßir Luther sich erklärte, ward daselbst
jährlich eine procession9 oder richtiger ein geistliches stra-
fsenschauspiel, aufgeführt.
Mehrfache abschriften von beschreibungen dieser pro-
cession in poetischer- form sind im geheimen archive der
sladt Zerbst vorhanden, ich habe dieselben, die niemand
bekannt sein konnten, da das archiv seit fast zweihundert
jahren unberührt stand, bei anordnung desselben aufge-
funden und der vollständigsten, in eichenholzschalen ge-
bundenen, die im jähre 1507 stattgefundene darstellung be-
schreibenden handschrift nachstehende mittheilung entnotn-
men. über den zweck der procession gibt am fäglichsien
folgende Urkunde vom jähre 1506 auskunft, durch welche
beglaubigte abgeordnete des stadtraths beitrage zur besträ-
tung der processionskosten nach dem grofsen brande sam-
melten welcher am 30« april 1506 die Stadt zum vierten
theile in asche gelegt hatte.
ZERBST. FRIEDRICH SINTENIS.
Vor allenn Cristgloubigenn frommenn szeligenn leuthenn
was wirdenn Standis Addir weszenn Die sein vnnd wiih
diesszem vnuzern offin brieffe in demnth zue der ehre gotts
irsucht werdin Bekennenn wir Burgermeyster vnd Rath-
manne Richter vnnd Scheppenn der Stadt zcerwisch
ZERßSTER PRÖCESSION. 277
Szo alsdann manichenn fromen menschin bwusth, das
hier zue der Erbietunge des Allmechtigenn gotts vnnszers
szeliehmechirs Eynn Erlich processien bedeutnnge der bit-
tern ghenge. die christus vnnszir heill vmme erloszunge Al-
ler menschlicher gesiecht zue seynen hymmelischenn vaters
durch denn smelichin todt ghanghen ist, der gleich gottis
auszerwelten heillige phyn vnnd martir zcue bedenckeqn,
Alhier vorordenth vnnd auff gericht isth, Jerlichenn in dem
Achten tage des heiligenn leichnams, mith koszperlichenn
ffiguren des Aldenn vnnd nawen testaments Welche gherin-
ge Erebiethunge der Erwirdigiste In goth vater vnnd herr
herr Raymundus* Bebstlicher legat vnnd Cardinall In kor-
tzin Jaren Alhier Irschenenn Dergleichenn der hoechwirdi-
giste In goth vatir Irleuchtenn hochgeboren ffurst vnnd herr
herr Ernsth Ertzbischoff zue Magdeburg primat in germanien
Administrator der kirchin zcue halberstadt hertzcogk zue
Sachsszenn lanthgraffe In doringhenn vnnd margkgraff zue
meysszenn vnnszer Gnedigister lieber herr, Ingleichenn vnn-
szir Gnediger herre von Brandinborch** vnnd Merszeborgk ***
Alles bewagenn vnnd Sulche processienn vnd Erbietunge
Angesehenn den schattzs der kristlichen kirchin Angegriflin
vnd zelien ablas dar zue gegebin vnd Allen mylden hanth-
reichern dys zue Irhalden Sodhann Schatzs nach vormel-
dunge der brieff mithgeteilt wie wol Rustunge vnd kostunge
etzwas gestandin Isth doch leyder brandis vnd feurs noeth
vorszeriget vnd beschediget wurden, wir bewogenn ewer
mylde hanth betlichen zue irsuchin Deshalbin diessze kegin-
wertige vnszer huszbesesszin gloubwirdige bothen Ahn ewer
alle gunsth vnd liebe geschickt Wollen die Ere vnnszers
zelichmechers betrachtin ewer zelen heil bedenckenn. Den-
selbigenn vnnszern bothen die mylden Almuszenn zue sul-
cher Ehre obir die Irgangenn schodin bey euch zcuebittenn
* der cardinal Raymundus gierig am 19» Januar 1503 auf seiner
reise nach Magdeburg durch Zerbst und ward daselbst aufs feier-
lichste empfangen, vergl. Beckmann ehr. von Anhalt. 6, 3 *. 13.
•** Zerbst gehörte zum bisthume Brandenburg und zwar unter das
archidiaconat des prob st es zu Leitzkau.
*** fürst Adolf zu Anhalt war damals beim Merseburger bischof
Thilo v. Throte presbyter9 ward 1507 von ihm zum coaajutor ange-
genommen und sein nachfolget 1514. vergl. Ludw. Reliq. 4, p. 461.
27S ZERBSTER PROCESSION.
vorgonnenn vnnd selbst mittetheilenn vnd auff emhanten
tagk hier Irscheinenn Die belonunge vonn gote der aller
woltethe eyn beloner isth zunehemen, Wollen wir ouch vmk
eynen yderen Bszundern willich vnd gernhe vordienenn.
Diesszes zu warhafftiger vrkunde habin wir vnnszir Stadt
Secreth vndenn Ahn ghehanghenn der gegebenn isth nach
cristi vnnszers heim geborth Thausentfunffhnndert vnd In
Sechssten Jare Sonthages Vocem Jocunditatis.
Aufsere avfschrift der handschrift.
Eyn spruch von deutung vnnd Irklerung der ffiguren dy
in der processien gehenn Donnertags in der heiligen pbin-
gistwoche Im fnnfzcehenhundersten vnd Sibenden Jarn.
Innere aufschrift.
Ordenunge vnd bestellunge der procession.
Die ölsleger.
Die scheppung der werlt nach der schepfer
ffigura
Des scheppers hoge gewalt
Ist sichtlich mannigfalt
Hymmel vnd erde vnd was do in ist
Hat got gemacht allis auff eyne frist
Aller wunder letzt vnd ent
Ist das wirdig sacrament
Schaw 0 mensche deyne speysze
Dy iesus marien szone der weysze
An sich selbem hat gegebenn
Der seien trost vnnd rechtis lebenn
Do got den menschen macht
Was er Reyn vnsterblich geacht
Die Bader
Eynen Bora mit eyner slangen. Adam vnd Ena naket
mit qnesten wan der rym geleszen szo sol der engel Adam
vnd Eua vszslan
ffigura
Alsbalt aber vnszir vater adam
Den verbotten appel zcue sich nam
ZBRBSTBR PROCESSION. 27»
Erslang er den ewygen todt
Des viel dy menscheit In borte nodt
ffigura
Der engel slug ohn aus dem paradeysze
Als dysse figur tliuet weysze
Nackent enelendig vnnd bloes
Darnach hob sich Eyn boszheit groes
Browerknechte
Cayn mit eyner klauen Ahell erlichen gekleydet
Alia figura
Abraham eyn konnigk Melchisedech wein vnd brot
ffigura
Cayn slet abel seynen bruder todt
Der Im kein leyt gethaen hodt
Dy syntflut that gantze werlt vortrincken
Dan dy sunde soll allwege vorsinckenn
Alszo bleib der mensche in sunden sweben
Abraham hub an in horszam zcue lebenn
ffigura
Den ehrete konnigk melchisedech mit brot vnd weyn
Das solt dyszes sacrament bylde seynn
Hegenten *
Abraham mit eynem geczogen Swert ysaac seinen Son
y der hani
ffigura
Abraham brachte seynen szone gote zcue ehren
Vnuorschont seyn leben zcue vorsehrenn
Des Andacht got angesehnn hol
Dy Irloszung er do Im bot
Das aus seynn gesiechte
Wurde geborn der Irloser rechte
Die Szever vnd dressier
Jona* in dem walfissche
ffigura
Jonas von dem walfische versiungen
Am drytten tage war Im gelungenn
Domit ist wurden künde
Der Irstentnys die froliohe stunde
* inhaber von altären und den damit verknüpften einkünften.
2ßO ZERBSTER PROCESSION.
Die lakenmecber
David eyn konnigk mit eyner harpfen vnd knechte
ffigura
David Eyn konnigk lobesam
Dornach eherlich quam
Das kreucz cristi in der harffe
Dorauff gezcogenn alszo scharffe
Die murmeyster
Irer viere als geschigkten zu wandern tragen eyne wyn-
truben vnd eynen garten £ngadi gehit vorn
ffigura
Engadi der lustiger weyngart
Dor Inne ist der balszam wolverwart
Auch vil ander schone blumen
Domit wir dy newe ehe berohmen
Der zcyperbom vnd trubelen dor an gefunden seyn
Reich vnd trubar gaben sie weyn
ffigura
Yrir zcwe Eyne trubele swerlich trügen
Bedewt vns nach cristlichen fügenn
Gottes irlosung den vbirfloes
Vnd des herrn Jesu mylde gnad so groes
Der verslossener gart ist muttir vnd maget
Dor Inne Irgrunet got vnd mensch vns betaget •
Hir abe wir zue sagenn hann
Vnd heben mit salomon ahn
Die lakenmecher
Salomon eyn konnigk mit seyner mutter vnd öre hofge-
synde
ffigura
Davidis szon konnig salomon
Sas in seynn konniglichim tron
Mit kostbarir schöner zcyrde
Vnd kronete seyne muttir wirde
Alszo hat got seyner muttir bewyszen
Dorvon er ist genyszen
Daraus ist cristus gespalt
Nach vylen Jaren wol gezcalt
Maria Eyne Juncfrawe reyn
ZERBSTER PROCESSION. 281
Doraus got irsprossen vnd geborn alleyn
Mit warer menscheit
Die vorstender vnszer lieben frawen
Ortus conclusus mit seinem anhange tragen die bruch-
jsere *
Die besuchunge marien zu Elizabet vber das gebirge
czwen engelen im rym leszen sullen sie sich vmbfangen
hlich
ffigura
Höret ir cristen lewte
Was ich hewte bedewte
0 groes gnade vnd barmhertzcigkeit erczeyget
Do sich got in gnaden zcue vns hat geneyget
Der von hymmel ist gekommen
Vnd die menscheit an sich hat genhomen
Das wir alle werden getrost
Hat ehr in vnszir nature erlost
ffigura
Höret merket vorsteit dysser verslosne garte
Beczeyget vns mariam dy eddele zcarte
In dem sich got selber vorsloes
Vnnd sich mit allen gnaden In sie ergoes
ffigura
Höret der pusch moysi brante von fewre vnuorczert
Also maria entpfingk vnd gebar vnuorsert
Juncfraw vnd muttir gottis vorwar
Ahn allen wandelt vnd mangel gar
ffigura
Mercket dys bedewt dy rwte aaron bluete
Beczeyget mariam dy do brachte dy blume allir gute
Ir magetthum behilt vnd ewige keuscheit schone
Gotts szon entpfing von hymmelischen trone
ffigura
Dysser thron bedewt mariam zcart
Dy do vor der erbsunde von gote wart bewart
Mit vil tausent gülden Schilden
Bleyb vnuormagkelt dy reyne vnd mylde
* strafse einer vor Stadt von Zerbst.
232 ZERBSTER PROCESSION.
ffigura
Dysse güldene geslosne port
Bedewt das maria was vnd bleib eyn Juacfraw vor
vnd nach der gebort
Vnd bleibet vinmer vnd ewig geslossen
Der gebort wir allezcue ewigem heyle haben gnossen
ffigura
Die person bedewt den engel gabriel gesant
Do ehr die Juncfrawe vorslossen fant
Brachte ir allis heyles grossen groes
Was sie allis leydes bloes
ffigura
Dys bylde bedewt wie der ewige eynhorn
Quam zcue marien der Jancfrawen auszirkorn
In den keuschen schoes der ewige heylant
Von dem hymmel mit allen gnaden sich swant
ffigura
Dysser vier hundeleynn Jaget
Got von Ewigkeit hat gesagt
Frede vnd gerechtigkeit
Warheyt vnnd barmherzigkeit
Habenn got alle vier vormocht
Vnnt mit ir iaget zcue wege gebracht
Das got von hymmel quam
Vnnde die menscheit an sich nam
ffigura
Dysse figur thuet euch bekant
Wie got seyn Eygen szon hat gesant
Vnd wie die Juncfraw von dem heiligen geyste wart
swanger
Dancketh das got ewig mit eynander
ffigura
Das hat gabriel bereit
Der engel mit seynem grussze
Macht er widder süsse
Des sunder bitterkeit
Maria ist wurden bereit
ffigura
Alsbalt sy iesum hat entpfangenn
ZBRBSTER PROCBSSION. ttS
Ist sie in das gebirge gegangen
Zcue Elizabet yrir frundynne alt
Drey mont ir gedynet mannigfalt
Darnach hat maria gezcelt ane smertze
Jesum das nemet alle zcue hertze
Die Wantsnyder
Die gebort christi mit dem husischen darinnen maria
eyn kindichen sollen die vfczogere* tragen
ffigura
In eyner krippe geleget
Grosz armut gepfleget
In eynem armen hawsze zcue falle
0 gros armut vbir alle
Dor In gelydenn vil iammer vnd zcwangk
Im ist gebottenn lob vnd dangk
Die Wantsnyder
Die heiligen drie konnige wol gerüst hilgetom in ore
e weiszen vf die Sterne am husichen
ffigura
Vonn den heiligenn konnigenn drey
Mit golde murra wiroch do bey
In lyebe vnnd grosser andacht
Hann sie das oppher gebracht
Sy filen nydder vff yre knye
Wie wol sy ohn funden vntir dem vyhe
Nach irkenten sy mensch vnd got
Der yr hertze Machtet hot
0 wy wunderlich ist herre deyne gebort
vnszere lieben frawen vorstender
Joseph ein erlich man wol gekleydet mit eyner Haschen
taschen Maria vf eynem Esell mit eynem kynde Joseph
len esell leyden
ffigura
Maria nam des nächtig ire liebes kint
Wie wol es weynte sere vnd swynt
Vber berg vnnd vbir thad
In. armut ane zcall
die leute, welche die bierfäjser aus den brauheUern zogen;
t versendete damals jährlich zehn bis fünfzehn tausend fqfs bier.
284 ZERBSTER PROCESSION.
Zcog sy In egiptenn laadt
Dor was sy mit Joseph vnbekandt
Das macht herodes der vngetrewe
Dem taet es sere rewe
Aus hessigem boesenn raethe
Die Becker
Herodes eyn konnigk mit eyner krönen vf eynem pferde
eyn czepter in seiner hant
Item wolharnischtere knechte mit spysen kindere darvff
steckende
Item iiii frowen Swartz gekleydt demutig die hcnde
wringende Alszo das die mentell von den schuldern hengeo
sollen sich stellende zcu weynende
ffigura
Begingk er mort vnnd vbillhaet
An kinder vnter zcwenn jarnn
ffigura
Ahn dy muttir thaet er auch vbilfarenn
Sehet wy Jammerlich sy weyne
Vmme yre kint szo kleyne
Die barbirer
Johannes baptista mit eynem lipkleyde Eyn lam im arme
mit czwen fingeren dar vf wiszend Ecce agnus
ffigura
Johannes der allirheligister man
Mit seym finger zceygete er ahn
Dasz lam gotts iesus crist
Der vnszir yrloszer ist.
Die barbirer
Jesus mit eynem tufell der tufel in der hant steyne vnd
Eyn rym Si filius dei es pp.
Jesus eyn ryme non in solo pane pp. czwe engel m*1
rymen Et angeli pp.
ffigura
Nach der tawffe sobalt
Wirt iesus gefurt in den walt
Abir vonn Jesu do vorwunnen wart
Der tewffel eyn schalgk von art
Jhesus zcue vnuszrem trost gekomnienn
ZERBSTER PROCESSION. 285
Die ankunschen*
Jhcsus mit xii apostcllen barftis ihesus mitten inn vnd
diademata
ffigura
•Hat czue sich zcwelff Janger genommen
Mit den zcog er widder vnnd vort
Vnnd segete seynn heyliges wort
Die czymmerlewte
figura herodis cum decollatione Johannis konniglich ge-
det in sampt seine frowen vnd tochter iiii wapener vnd
unger Johannis in korhemden
ffigura
Herodes rieht zeue eyn grosz essenn
Seyns bruder weyb bey Im gesessenn
Sy harffte sang vnd sprang wylde
Darvmme wart der konnig mylde
Vorhyesch ir allir bete vnuorsagt
Herodiaden yr muttir sy befragt
Johannes howbt in eyner schussel sy bat
ffigura
Gar balt wart gewbet dy thaet
Im gefengnisz verlor sant Johan seyn leben tewre
Das langest bey den wylden thyrn vngehewre
Sycher vnnd lebendig behilt vnuorlorn
Benympt nach sundiger weyber has vnd zcorn
Nymandes leyder nympt zeue synne
Wie yrbermlich der gerechte kompt von hynne
Johannes Jungern ane vorzeage
Brengen Iren meyster erlich zeue grabe
Die lynwefer
Die erweckunge laszari vsz dem grabe ihesus mit ii
rackten fingern lasarus im grabe mit gefalten henden
ffigura
Grosse wunderwergk er thaet
Vom tode lasarum Irwecket haet
* der Ankuhn, grojse vorstadt der Stadt Zerbst , oder vielmehr
eigene stadl (wie die neustadt Magdeburg), unter forstlicher ju-
)tion.
Jt
2*> ZBRBSTBR PROGESSION.
Als sich irvolgete die zceyt
Dor an vnnsir heil gantz leyt •
Die boddeker
Jhesus vf eynem Eszel mit vfgerichten fingern
xii apostel ii junge Juden vorn die tüchere werfen
ii junge Juden die palmen werfen vnd singen hie est pp.
ffigura
Am palmtage alszo sehyr
Satzt er sich auff eyn thyr
Vnnd reyt zeue Jherusalem in dy stat
Das volgk ym grosse ehre that
Nach dem heyligen abintessenn
Die kannengisser
Jhesus vnd Judas Jhesus eynen rym quid faeere de cre-
visli celeriter perfice Judas eynen Rym egone sum Domioe
ffigura
Hat Judas ehre vnnd trewe vorgessenn
Des Abintes in dy nacht spaet
Er den herrn vorrathenn haet
Die ackerlewte
Den ölberch mit ihesu vnd iii apostellen als er ange-
richtt is
ffigura
Der herre In eynen garten gyngk
Dor Inne vnszir irlosung anphingk
Vor drey seyner Junger zcyttern wart
Zcum oelberge karte er seyn vart
Seyn augenn slug er auff zeue got
0 welche angest vnd noel
Er gelydenn in liebes brunst szo heys
Vergoes auff dy erden blut vnnd sweys
Mit willen sich vor vns begab
Der verreter lies nicht ab
Er viel zeue ym swynde
Mit der pryster vnnd ander gesynde
Judas drang sich zeue ym Eyn
Der herre sprach 0 frunt meyn
Die Gerwer vnd Schuster
Jhesus mit Juda der yn kusszen sali hie sullen die v°'
ZÄRSSTER PROCESSION. t&T
xii apostell von ankun zu disser figuren komen vnd
ige vor dem Sacrament stehen bisz das Jhesus gefan-
irt die apos teilen sollen wegk louffen Judas sal haben
1er hant eynen groszen Rym Aue rabi in dem sollen
sum angreifen Jhesus mit iiü gewapente Juden ange-
gebunden vnd getrecket
unas cum ihesu hir sal ibesus gebunden gehen vnd
als eyn biscop vf der eynen sehe vf der andern seite
ide der die hant zum slan vfhebet vnd eynen Rym in
hant Sic traditur ponlifici vff dem markt im rym sal
nidderfalien
ffigura
Mit dem kues mensch vnd got
Brengestu bysz in den sweren tot
Jhesus ist gesucht mit fachelen wapen holtzern vnd
luchten
Gefangen gebunden vnd gefurt mit vnzcuohten*.
ffigura
Do lyeffen dy Junger wegk in gemeyne
Vnd Hessen iesum yren hern alleyne
ffigura
Vor Annas der herre irstlioh stutfdt •
Hertlich geslagenn an seyne wangen vnd munt
t Die bruwerknechle
petrus mit eynenn langen mantel eyn diadem In ey-
nt eynen rym Nescio quid dicis In der lincken hant
rym Non noui hominem
u ichlicher seilen Eyne maget mit rymen die eyne
cum Jhesu nassareno eras Die andere: Et hie erat
esu nazareno
ffigura
Petrus ist von fragenn Eyner mayt
Wurden vorschrockenn vnnd vorzeazt
Das er mit tewren swerenn
Vorloychent iesum vnnszren lieben hern
idere lesart dieser beiden Zeilen:
IrberaUch wirdt Jesus gefauge
Gefurt mit ernstlichem zwaqge
288 ZERBSTER PROCESSION.
Ehr der hane drey gekregt
Grosz weynen er dor vmme pfleget
Eyn Erbar Rath
Cayfas cam ihesu gebunden gefurt
ffigura
Cayphas der ander richter was
Vor dem aus neyt vnd has
Falsche zceugen seyn gebracht
Die han vil logene vbir iesum yrdacht
Seyn har gerauft am harte
Auch am howbte gezcogen mit der swarte
Vor zcorn Cayphas seyn kleit zcueryssen hat
Vnschulde den hern besagt mit bonsprecher tat
Frytags frühe mit dem tage*
Must der herre eyn ketten am halsse trage
Schuster
Jhesos mit iiii Juden Eyne ketten am tialsze pilatus vf
der rechten sehen Eyn weisz holtz in seiner haut vnd ii
banner vor om
ffigura
Vor pylatus gefurt zcue vorrichtenn
Dy Juden tatenn vil klegede yrtichten
Eyn Erbar Rath
Herodes schon gekleydet Eyn krön vnd czepter vor im
Jhesus vor om mit eynem weiszen kleyde vnd klatzere daran
iiii Juden die ihesu gebunden leyten i
ffigura \
Herodes der vierde richter was
Von dem zcue pylatus gefurt fürbas
Vor eynen thoren gewogen dy Ewige weyszhcit
Bespottet mit eynen langen wyszen kleit
0 wolch Eyn Jammer vor allen
Irbermlich vbir "dy blocke gefallen
Dy vnden am kleyde gemacht
Szo slym ist marienn kint voracht
De Schuster vnd Gerwer
Jhesus an der sewlen czwey die in howen mit ruten
* diese beiden zeilen, die im originale an dieser stelle stehn, F'
hören zu der folgenden figur.
ZERBSTER .PR0CESS10N. 289
•9
ffigura
Ahne sache lies pylatus iesum an eyn sewle bynden
Irbermlich gegeiselt vorn vnnd hyndenn
Dor an liessenn sich dy Juden nicht genugenn
Sy thaten forbas befugenn
Die Schuster
hesus vf eynem stule ii die im die kröne mit stehen
ken Eyn jude mit eynem Rore Eyn rym Aue rex Ju-
n
ffigura
Eyn dornenn kröne mit smertze
Honlich gehalten geehret yn schertze
Noch rieffenn dy vntrewe lewte
Krewczyge ohn balde hüte
Die Schepfen
ilatus schon gekleydt Jhesus ym leibkieyde mit eynejn
mantel Eyn dornenkron vff seinen houbte
knechte Eyner binden eyner für mit «ynem becken
i eynen rym Ecce homo
ffigura
Pylatus nam den herrn leyte
Ahn Ein fenster hoch vnnd breite
Ach sehet Jammer an den menschen vnd armen
Lasset euch seiner Irbarmen
In grosser liebe vnnd gedult
Die Snyder
esus mit eynem crucz vf dem rücken Eyn altman die
t tragen ii Schecher mit crucen iiii Juden die in fuh-
Juden die die Schecher füren ii kleine Juden die in
Wur die Strassen weit sein sollen die Schecher ne-
gehen wur enge hinden
ffigura
Ist iesus gefurt ane seyne schult
Zcum tode seyn kleit in dy wunden gebacken
Eyn swer krewcze auff seyn nackenn
Als thaten sy Jagenn
Eynenn altenn der must helffen tragenn
D. A. II. 19
•\
290 ZBRBSTER PR0CESSI0N.
ffigura
Mit zcwen buefenn in rechter vnschult
Lest sich iesus ftirenn mit gedult
Die Cramer
Eyn wolgeschigkte frowe die dy feronica treget demu-
tig gekleydet Eyn cruce vfgerichtt
Tenebre
Maria demüttigliken geschigktt
Johannes bey marien in einem weiszen mantel Eyn
blosz Swert zu marien gekert
Darnach maria magdalena mit eyner bnxszen
Maria kleopfas swartz gekleydet yre namen in yre hende
Centurio ritlichen zu pferde geschigkt vf ichlicher Sei-
ten ein knecht In seiner hant eynen rym vere filius dei erat
isle Longinus mit eynem yfgerichtem spere wol gekleidet
Eynen jungen der in leydet
ffigura
Veronica das edel weib vnd milt
Erwarb des herren angesicht vnd bilt
Tenebre facte sunt et hie pausätur fiat Brevis pulsns
in turri
ffigura
Das kreweze ist aufgericht
Wer das hewte ansieht
Der gedencke an dy martir groes
Vnnd seyn heiliges bluet das do floes
Das tregt der prister in seyne hant
Dancken wir iesu dem rechten heylant
ffigura
Dem volgete maria mit trawre
Dy vorgoesz yre trene tawre
Dor zeue Johannes bey der muttir gehet
Maria Cleophas auch do bey stehe!
ffigura
Magdalena steyt auch in rawenn
Mit trenen vnd gantzenn trawen
Dy cristlich kirche was do nioht
Dan in marien das heylige licht
ZERBSTER PROGESSION. 291
ffigura
Centurio der ryff vor aller schar
Dis ist gotis son vorwar
Dem heran langet men Etzigk her
ffigura
Longinus reichte das scharffe sper
Vrbanus richard*
Die begrebnisz vnnszers lieben hernn
ffigura
Der herre nach seynem tode herbe
Als er vor vns wolde sterbe
Lies er sich legenn Im, steinen grabe
Dy drey marien wolden nicht gehn darabe
Warer got vnd Mensch Im grabe gelygenn
Dy gotliche sele zcuer hellen gestygenn
Mit selbest niechtiger thaet
Die altvetere yrloszet haet
Die Sniede
Die vferstentnisz Jhesu mit eyner fahnen eyn liebkleydt
it v wunden Desz sal bey dem grabe sein ii wolgern&te
epener vnd ii engeile mit weiszen tuchern
Item ii greber darinne ii personen mit weiszen mutzen
id mit gefalden henden
ffigura
Am drytten tage irstandenn ist
Vnnszir lieber herre ihesu crist
ffigura
Andere mit cristo irstandin seynn
Dy geben dem glowbenn scheynn
Die ackerlewte
S. Steffan als eyn Ewangelier ii Juden die Steffanum
-rffen Steffanus sal ein rot in der haut haben
ffigura
Stephanus der merteler miidt
Ist der Irst der des leydens bildt
An sich volbracht haet
Die boddeker
xii apostell ichlicher sein marter czeidien in alben ,-a.n-
* ein Zerbster bürger.
19*
292 ZERBSTER PR0GESS10N.
geczogen Dyademata vf yren haubten Die nhamen dar inn
geschreiben vnd ichlicher eyn rym des geloubens eynen ar-
tikel vor siner brust
ffigura
Hyr volget der heylige raet
Der zcwelff gotliche böte
Petrus andreas irwelt von gote
Johau Jacobus der grosse
Symon Judas seyn genösse
Bartholomeus vnnd matthias
Mattheus dorzcue thomas
Philippus Jacobus der kleyne
Das seyn sy in gemeyne
Dy ganze werlt han sy bekart
Vnd den cristen gelowbenn gelart
Ir bluet han sie alle vergossenn
Eyne grosze schar der mertelere
Die Schütmeyster
S. Sebastian an eynersewlen im libkleydemit pfeilen durch-
macht Eyner mit eynem bogen eyner mit eyner armburste ne-
ben ym
ffigura
Sant Sebastian der heyliche herre
Mit pfeilenn ist er durchschossenn
Sein bluet miltlich geflossenn
Vorstender S. Valentini
S. jurgen vf eynem pferde ritlich im harnnisch
Eyn juncfrow mit eyner krönen kostlich geczirt die sal
den trachen leiten
ffigura
Sant Jörg in gotts dynst hat thuen wachen
Vnd irstochenn den gresenlichenn trachen
Vorstender S. Bartholomei
St Lawrentz als eyn leuite eyn diadem vnd eyn rost
in der hant vnd eyn ror
S. Ciriacus mit eynem diaken rocke Eyn diadem
Eyn tewfelsbilde bey im
ZERBSTER PROGESSION. 2M
ffigura
Saut lorentz vnd Ciliax zcwene leuitenn
Hau mit yrem tode thun streitenn
Vorstender S. Nicolai
S. lefin eyn biscop huth vnd korkappe Eyn slapp Eyn
sänge mit einer czungen
S. nicolaus als eyn bisscoff mit eyner körkappen vnd
üte Eyn stab vnd iii klosz gold in den henden die hant
ur benedictio vfgerichtt
ffigura
Sant liuinus hat ane zcunge gesprochen
Sant Nicolawes hat vil vnrecht gerochen
Die korszner
S. Gregorius gefiirt als eyn babist mit eynem hüte vnd
«€m crntze
S. jeronimus als eyn cardinal mit eynem hüte vnd crntze
S. ambrosius als eyn biscoff
S. augustinus als eyn biscoff Eyn crntze mit iii stralen
Sollen alle jre nhamen an yren hnten haben
ffigura
Vier lerer sollen wir merckenn
Die han dy kirchen thun sterckenn
Gregorius Jheronimus dorbey
Ambrosius Augustinus von sunden frey
Die Slechterkoche
S. Michell als eyn engel czirlich geschigkt Eyn crutze
** seinem houbte Eyn stola am halsze crutzweisz vnd sal
%en eynen tewfel an der kethen
ffigura
Sant michael den tewffel verwann
Szo schriebet in geheym sant.Johan
Die Szeler
S. Cristoff barfusz Eyn kindt vf seinem nacken Er vnd
s kindt Diadema crutze vf dem houbte das kint sal ii fin-
r vfrichten vnd eyn alt mennichen eyne laterne vor sich
gen
ffigura
Cristofferus am lybe groes
Seyn bluet vor chrislo vorgoes
294 ZBRBSTER PROCESSION.
Vorstender S. Gertrudt *
Anna demutlich gekleydt bey annen eyne junckfrow in
marien weysze Eyn kindichen in ihestis weyszc angetzogen
mit eynem diademate
Eüzabet in höflicher demut mit eynem minister in irer
hant Die nhamen alle in ire hende
ffigura
Anna EUzabet dy heyligen frawen
Thun ir hy mit schawen
Die Möller
S. Mauritz selb sybende Swartz beramit vnd in bar-
nissche mit einer syden fancn Mauritius ein rot schilt mit
eynem gelen crutze glitten harnissche alle crutze vor den
boubten vnd sehortze vber die lenden
ffigura
Sant moritz mit seyner heyUgenn legion
Han auch der merteler krön
Sechstausent sechshundert sechs vnd sechzcigk man
Sollenn wir In Ehrenn hann
Vorsteher der elenden **
xiiii nothulfer mit diademata vnd crutze vf ore houbte
Jhesus kindes weysze im mittel
S. wendelinus ein hirte mit eynem hörn Sacke vnd
tassche
ffigura
Vierzcehn notheUTer seyn gezcelt
Von gote sunderlichenn auszirwelt
Vorstender corporis cristi**
S. katherina schön eyne krön vnd martir czeichen
S. margareta eyne krön vffs schönste geczirt eynen tra-
chen vff yrem arm
S. Barbara mit eynem tonn kelche vnd hostia
S. dorothea eyn knebichen bey der hant mit eynem
roszenkorbe
Darnach folgen junckfrawen 9Zo viel der sein kan yrt
martirczeichen vnd nhamen in ore hende
* kapeile zu Zerbst.
'* geistliche brüderschqften zu Zerbst.
ZfiRBSTER PROCESSEN. 296
ffig*ra
Saat katheriua uiargaret rcyun
ffigura
Barbara dorothea nicht allein
ffigura
Sundere Andere Juncfrawenn ane zcall
Dy han gelyden grosze martir vnd quall
Dy nbamen tragen sey in yre hent
Zcum rechten vbir sey han gelent
Die lakenscherer
S. ursula konniglichen geezirt iii strale in ore haut vor
ein knabe mit eynem czepter Eyner der ir die kleider
icbtreget
Darnach sollen ir folgen szo vil junckfrawen als man
nmer darzu vororden kan in weyszen kleydern crutze vor
e houbte pfeile strale vnd andere wapen in ire hendt iiii
id iiii bey eynander
ffigura
Sant vrsula mit yrer schar
Han vorloren ir leben gantz vnnd gar
Vor cristus dem herrn gute
Dy alle mit yrem bluete
Han gebawet dy cristenheit
0 mensch zeue andacht dich bereyt
Dan kurtz ist deyn leben
Got wirt nach den wereken das lohn geben
Tisscher vnd maier
Der todt im libfarwen kleide mit eyner wolgeschickten
denkappe Sal langszam sleichen Eyue senszen zum hawe
seiner hant tragen geleich vf der straszen bleiben
ffigura
Gedencke der todt kompt gewyslich
Abir dy stunde ist gantz myslich
Die knochenhawer
Das hymmelriche Jhesus forne daran mit eynem regen-
)gen szo geschigktt das man inn funff wunden gesehn kan
■ der eynen Seiten maria eyne junckfraw demuttich gekley-
it vnd mit gefalden henden
vf der andern seilen S. Johannes mit eynem diadema
296 ZERBSTER PROC ESSION.
ouch mit eynem libkleyde vnd mit gefalden henden in dem
hymmelhausze lwten pfiffen trummel vnd allerley: seitenspill
szo vil man das habe
vor dem hymmel sollen sein kinder weisz gekley dt von
allerley stenden Babist Bisschoff Cardinal vnd pfaffen Die
helffle sal haben einen engell im stricke gehen zu der rech-
ten hant mit frolichem gemute
Die andere helfte der kinder von allen stenden obin be-
rurt Sal eynen teufeil füren in eyner kethen Die kinder vf-
recken ire hende wenen vnd heulen als vorthnmet
Item am regenbogen zur rechten sehten eyne lylige
Eyn rym venite benedicti patris mei
Zur lincken seiten Eyn Swert Eyn rym Ite maledicti
in ignem eternum
Eyn engel sal bey dem gerichte tragen ein crutze mit
allen wapen vnszers hernn
ffigura
Schaw den richter sytze
Dy boszen zcuer hellen in dy ewige hytze
0 welch vnlust vnnd swerir hon
Dy guten weyst er zcue hymmelstron
V orstender. des hospitals
x wolgesmuckte juncfrawen v mit bernenden lampen fro-
lich vnd v mit geneyten lampen trurich vnd weynende
ffigura
Bedewtenn dy zcehn Juncfrawenn
Dy ir thuet schawenn
Funff tragen bernende lampen vnuordrossen
Funff han das oel vorgossenn
Eya wy ferlich ist vnnszir weszenn
Wollen wir hyr geneszenn
Ist vns noet vnd behuff
Das wir geyssen vnnszir gebet vnd ruf
Zcue Jennigem am ent
Wirt getragenn in des pristers hent
Der vnszir trost vnnd heil
Seyne gnade ist das seyl
Do mit wir gezcogenn werdenn
Sich got ist bey vns auff erdenn
ZERBSTER PROC ESSION. W7
Des alleyne hir ingedenckenn
Dorzcue deyne andacht sol lencken
Dysze figuren thun iesum bewyszenn
Er wil vns mit seynem leichnam speysen
Gyb lob vnd dang o cristenheit
Ane spot habe Innigkeit
Eytelcheyt saltu hewte meydenn
Gedenck seyn heyliges leyden
Darzcue wil man hyr in eyne sache*
Billich gebort vns Inen zcue lobenn
Synget mit andechtiger stymme zcue gote Irhoben
Incipiatis Crist du bist mild vnd guth
Die schoknechte
Öie helle
ZUR LEX SALICA.
über die ausdrücke die in den stellen der lex salica,
eiche von gräbern und deren Verletzungen handeln, vor-
»mmen und nicht aus älterem Latein sich erläutern.
^ir begreifen unter den in der Überschrift bezeichneten stellen
ejenigen welche in der von hn Laspeyres besorgten nicht ge-
ig zu rühmenden synoptischen ausgäbe der lex salica, die uns
»erhaupt bei unsern Studien die trefflichsten dienste geleistet
t, s. 46 — 51 unter den Überschriften De corporibus eocpo-
itis oder De eo qui mortuum hominem expoliaverit zusam-
engestellt sind, und bringen die erörterung der einzelnen
isdrücke, wie sie in den handschriften und paragraphen auf-
nanderfolgen, in registerartiger weise zum vortrage.
1. St quis hominem mortuum (al. corpus occisi homi-
i) antequam in terram mittatur, expoliaverit (malb. chreo
' in einer andern handschvift stehen hier folgende Zeiten
- Er gebe vns seynen sege
Hir bleibt in der nege
Es wirt hir Jhesus vor vbbirzyhe
Fallet alle auf Ewer knye
Betet an seyn fleis vnd Mut
Danckende vmb seyn bewisenes gut
i
296 ZUR LEX SAL1CA. „, . ...
mosdo, al. cAeo tnosido, al. ckreomardo, aL muther) u. s.w.
der erste theil dieser malbergischen glosse welcher cfcw
lautet (cAeo ist Schreibfehler) ist genau das gälische crairfA
d. i. der menschliche leib, leichnam; mosedo, mu$ido$ mu-
sedo, murdo sind offenbar das gälische mortadhf murtadh
(spr. murto), welches jetzt mord bedeutet; aber in ältere»
zeiten mag das wort wie das entsprechende deutsche eine
allgemeinere bedeutung gehabt und nicht sowohl homicidium
als facinus clandestinum bedeutet haben« der Wolfenbütt-
ler codex hat iu einem entsprechenden paragraphea noch die
glosse norebero; das wort ist gälisch, nämlich nur schmach-
voll, und ein jverbalsubstantivum von beir nehmen, weg-
bringen, welches jetzt irregulär breith lautet, aber regulär
beireadh lauten müste. norebero bedeutet Schmachvolle weg-
nähme, schmachvoller raub.
2. St quis hominem mortuum (al. corpus tarn sepultum)
exfodierit et expoüaverit (matt, thurnichalt, al. turnt cale,
al. turnecale, al. thurnichale)^ wargus (al. virgo) sit t. e.
expeüisset (al. expulsus de eodem pagd) usque in ddem iZ-
Iwn quam ipsa causa parentibus defuncti faciant emendare,
et ipsi parentes rogare ad iudicem debeant, ut et liemtt
inter homincs habitare u. s. w. das wort tumichalt (so
scheint die richtige Schreibung) kommt überein mit gälische«
torran das grab, und cailte oder caälte verdorben, zieht
man die Schreibung cale vor, so ist es cailleadk das zu-
grunderichten, verderben; tumichalt zerstörtes grab, tum
cale Zerstörung des grabes. dafs das wort toürgus oder
virgo keltisch und von den Kelten erst an die deutschen
Stämme gekommen sieht man einmal daraus dafs angelsäch-
sisch vearg oder altnordisch vargr ohne wurzel, vielmehr
selbst erst ausgangspunkt für einige ableitungen ist, sodann
daraus dafs vargus bestimmt als keltisches wort bezeichnet
wird : Sid. Apoll, ep. 4, 6 vargorum nomine indigenae Iß-
trunculos nuncupant. offenbar ist hier die bedeutung /«-
trunculus nur die speciellere, gewissermafsen conventioneile;
die allgemeine bedeutung ist Ausgestofsener, verfolgter, eantl,
die eigentliche grundbedeutung aber ist Elender, denn es ist
die aspirierte form des gälischen mairg, also mhairg (spr.
ZUR LBX SALICA. 889
*H*rg> oder wmrgY d. i. jammervoll, unglücklieb« — die län-
gere fafsung de» paragrapheil im Wolfenbütteler codex bat
noeh et qui ei9 antequam componat cum parentibus, ante
pene. aut tor, qui tale dederit (oder nach anderer fofsung
et quieunque antea ei aut panem aut hospitale sive uxor
swe praxima ei dederit, und anderwärts mit noch eini-
varianten). ich halte die worte pene auttor für malber-
giscb, entsprechend dem gälischen bean umgehen mit jemand,
behandeln jemand in einer weise, ead*\ negatives präfix, und
devra der ausgestofsene, verbannte, ein Verbalsubstantiv
von bean würde beanadh lauten und behandlung, Umgang
bedeuten; ead-deöra (ea-deora) der nicht verbannte, pene
auttor bedeutet Behandlung als nichtverbannten, und so über-
setzen es auch der Pariser codex und die emendata, gut ei
hospitium dederit; das wort panem scheint aus misver&taad
des malbergischen pene erst hereingekommen.
3. St quis homtnem mortuum super alterum in. naufutn
(al. in qffo9 al. in aufa, al. in nachao, al. in naufo, al.
in nofo) aut in petra, quae vasa ex usu sarcophagi dt-
euntur, miserit (mall), idulgus, al. hidulgus) u. s. w. die
Verlegenheit des sdireibers ob er ff oder ch schreiben solle
ist erklärlich, da es sich hier um einen laut handelt der
zwischen f und ch in der mitte liegt, wie zuweilen das aus-«
lautende englische gh. dieser laut, der im auslaut einsilbi-
ger stamme ganz jenem englischen gh ähnlich, nur mit stär-
kerem hauche gesprochen wird, wird gäliscb gh geschrie-
ben, und offoy aüfo, achao ist gälisches uagh das grab, das
todtenlager. das n9 das in der malb. glosse bald davor steht
bald nicht, gehört ebenfalls dem keltischen lautsystem an,
wo in gewissen lautverbindungen bei vocalisch anlautenden
Substantiven ein n vor den stamm gesetzt werden mufs,
* einzelne dialecle mochten auch das i stärker und ausschliefsen-
der hervorheben, und so die form virgo entstehen, im jetzigen Irlän-
dischen vertheiien sich diese dreierlei aussprachen des ai (als a, ä\ t)
an verschiedene worte, z. b. tarn (spr. takn) rumour, aingeal {%yv.
ingeiy angely air (spr. ärr) lawful.
** dem' malbergischen au entspricht mit seltenen ausnahmen eay
und das aut der malbergischen glossen ist fast stets ead, z. b. pedero
aut freodoy verschrieben für pedero aut treodo, ein kalb was Hiebt
zur heYde gebftrt (ead-trtudaeh), was noeh mit der matter lauft.
300 ZUR LEX SALIGA.
idulgus (mit dem h verhält es sich ganz gleich wie etat
hinsichtlich des n erwähnt ward) ist gälisch eiti furchtbar
(das wort wird besonders zu bezeichnung des gespensterhaft
furchtbaren gebraucht) und olcus frevel, idulgus = graa-
senbringender frevel.
4. St quis aristatonem (al. cheristaduna, al. arestätb-
nem) super hominem mortuum capulaverit (malb. mandoado)
aut silave (al. selave), quod est ponticulus9 super hominem
mortuum deiecerit, de unaquaque {malb, chreoburgio) u.s.w.
das wort aristaton wird in der emendata durch staplum er-
klärt, die gloss. Est. fügen das wort banculas hinzu; der
codex Estensis hat sonst scaplum9 was für staplum offenbar
verschrieben ist. das wort staplum ist offenbar deutsch,
stapely der höhebau zu welchem stufen fuhren, auch der
thurm. aristaton ist gälisch a riastadk (spr. a risto) die
einfafsung und tuam das grab, — aristaton die grabeinfafsung.
banculas halte ich für verlesen oder für verschrieben für
banculac; das wäre synonym, banc quers trieb, furche, ein-
fafsung, grenze, und adhlac das begräbnis: es hiefse auch
grabeinfafsung, — die malbergische glosse mandoado erscheint
in der emendata latinisiert als mandualis mit dem beisatze
quod est stnictura; es scheint aus den gälischen wortea
mam der hügel und dual die einfafsung, der rahmen, zusam-
mengesetzt, = die grabhügeleinfafsung ; mandoado wäre
dann für mandoalo verschrieben, silave oder selave (Wol-
fenbüttler Codices haben auch salive9 sillabe) wird durch
ponticulus (porticulus bei Herold scheint ein Schreibfehler)
erklärt, die Verschiedenheit der Schreibung erklärt sich aus
den gälischen worten die zu gründe liegen, sail die bewah-
fung^ und uaimh der grabraum, das grab, wenn man schriebe
seluatw, so wäre die ausspräche genauer ausgedrückt, aber
doch nicht lautlich genau, was überhaupt mit unserm aipha-
bet nicht möglich ist. offenbar war es der überbau, die
brücke über dem grabesraum, über dem todtenlager (off oder
aufrz: uagh; ave oder abe-=. uaimh) , welche das einstür-
zen des darüber errichteten aristaton verhinderte und die
leiche vor diesem bedrücktwerden behütete, an dieses be-
drücktwerden der leiche scheint sich gespensterhaftes ange-
knüpft zu haben, wie man aus dem oben erwähnten verböte,
ZUR LEX SALIGA. 301
eine leiche auf die andere zu legen, schließen darf., — zu
bezeicbnung aller dieser unter 4 erwähnten grabfrevel zu-
sammen hat nun die heroldische glosse noch das wort chreo-
burgio, wozu als anders und zugleich falsch geschriebenes,
übrigens sonst gleiches wort chlebarbio des Pariser codex ge-
hören mag*, auf jeden fall ist letzteres in chrebarbio zu
ändern, die richtige lesung scheint chreoburdio oder vhreo-
bardio, von creadh der leichnam und buaireadh die Störung.
5. Si quis tombam (al. tumbam) super mortuum homi-
nem expoliaverit (malb. turnichalis u. s. w. das wort tur-
niehalis ist schon oben erläutert; tumba oder tomba ist gä-
lisches tuam das grab.
6. Si quis basilicam super hominem mortuum expolia-
verit (malb. ehre ottar sino) u. s. w. die glosse ist offen-
bar abzutheilen chreo ttarsino d. i. gälisch creadh der leich-
nam und darsa das haus, die wohnung, das gebäude.
Von diesen freveln ward, wenn wir die bufsen über-
blicken, am härtesten gebüTst das legen einer leiche auf die
andere, über noch einmal so hoch als der raub in einer,
über dem grabe errichteten kapeile, über viermal so hoch
als die meisten anderen grabstörungen, und nur das ausgra-
ben eines schon bestatteten leichnams und die beraubung
desselben hatte noch höhere bufse. offenbar aber hat das
gesetz verschiedenartige grabeinrichtungen vor äugen, gräber
mit einer kapeile (basilica) darüber, gräber mit einem ein-
fallenden und deckenden auf bau (aristaton)^ gräber mit einem
durch einen vorbau umfafsten erdhügel (mandualis).
H. LEO.
* der heroldische codex hat auch zu chreoburgio am ran de bardio.
*
>' ,
302
MITTELNIEDERLANDISCHES OSTERSPIEL.
Vor einiger zeit erlaubte mir herr bibliothekar Bottrop
hieselbst mit gewohnter freundlichkeit die durchsieht der im
verflofsnen sommer aus dem ehemaligen Slawantenkloster bei
Mastrieht an die hiesige königliche bibliothek gekommenen
handschriften. ich fand darunter nur eine von Wichtigkeit
ßir die altniederländische literatur9 und aus ihr sind die
nachstehenden mittheilungen entnommen, sie ist gegenwär-
tig bezeichnet n° 377 und enthält 247 pergamentUätter in
folio* nach einem zwei blätter einnehmenden Inhaltsver-
zeichnisse folgen von bL 3 v. bis 232 v. 47 predigten, von
welchen ich wegen der seltenkeit altniederländischer prosa
zwei kürzere aufs gerathewohl herausgegriffen habe, bis
dahin ( gehl eine und dieselbe deutliche, feste, wahrschein-
lich dem ende des 14« jahrh. ungehörige hand. mit bL 232',
dem ende der 20« läge, bricht die letzte predigt plötzlich
in der mitte eines wortes ab, und es folgt von bl* 2339.
bis 247 v. das leider sehr verstümmelte osterspiel, welches
ich als ältesten Überrest niederländischer dramatischer pot-
sie vollständig wiedergebe, die hand ist mit der vorherge-
henden ziemlich gleichzeitig, ich glaube aber nicht sehr
zu irren, wenn ich die predigten sowohl als das osterspiel
mindestens ein halbes Jahrhundert älter achte als die hand-
schrift. — die Orthographie habe ich unverändert gelqfsen,
trotz ihrer grofseh unregelmäfsigkeit, weil das osterspiel,
wahrscheinlich auf der grenze entstanden, im texte wie in
den reimen deutsche und niederländische formen und Wör-
ter mischt, ich begnügte mich deshalb aufser der inter-
puncUon einzelne kurze anmerkungen und verbefserungen
am rande beizufügen, einige parallelstellen welche herr
dr Jonckbloet hieselbst mir gefälligst mittheilte sind mit 1
bezeichnet.
Derselbe machte mich aufmerksam dafs das von herrn
von Karajan in dieser zeitschr. 1, 97 ff. mitgetkeilte bruch-
'■■•■ .1
MNL. OSTERSPifiL. m
siück einer niederländischen bearbeitung der Karlssage zu
den brabantischen yeesten des Jan d& Klerc gehört, in der
ausgäbe von Willems {Brüssel 1839. 4.) boek 2 v. 2180
— 2475 s. 146 — 156.
HAAG 5 april 1842. JULIUS ZACHER.
bl. 233c Dit is begin9 wie vnse here die werelt zen irsten
begonde ze machene ende aUet des he begerde, ende
sprag dus Ego sum alfa et o.
Vnse here zu sich seiner
Ich ben ende en aneginne.
gewor got gerechte miime!
Hie macht vnse here dat irste9 dat was himel ende erde.
Nu wil ich dat gewerde
himel ende erde,
inde wille hauen schone 5
engele in minen trone,
die minen lof sengen
inde immer in vronden rengen»
Hie sengent die engele gloria in ewcelsis deo. darna
besach sich Lucifer in die drmdiicheit inde sprach dus
Ich sien in minen claren schin
dat is mich dünke werdich sin 10
dat ich minen stul in oisten
sezze ende gelich dem hoisten.
nu pruuet gesellen alle
wie uch dit beualle.
Ein enget Satan vor si alle spricht
233d Vns dunckit gut de selue wain, 15
dar umbe wir dich gestain.
Hie wirt Lucifer virstosen, ende spricht vnse here
Lucifer, din ouermuet
hait dir benomcn al dat guet,
inde dat der himel beueit,
8. rengen. vergl. Minnen Loep, hs. der königl. hibL im Haag,
bl. 30b Wye in den eersten (grael van minne) ringhet voert, Daer rneest
onsedicheit in valt, Die sal hebben in syn behalt Male, waer hi hene
gaet. /.
304 MNL. OSTERSPIEL.
dat der zu vrouden was gereit 20
ende alle dinen gesellen.
nu vart zu der hellen
da ir quelit inne
van disen aneginne
immer sunder ende 25
in iemerlich mes wende.
Hie werden die engele duvele ende spricht Beizebub
Owe leider ende owach!
dat uns die doirheit ie geschach
die uns dus hait mishandelt;
want uns schonet is vorwandelt 30
in eine arge vorme.
na eime leitlichen worme
sin wir nu alle geschaffen.
wir daden als arme äffen
dat wir uns des ane nomen 35
des wir inmochten vollekumen.
Hie machet vnse here die werelt.
Nu so wil ich machen
wale duen gerachen
alle creaturen
{hier fehlt ein blatt.)
234* Vnse here quam in paradis ende spach zu Adame ^
Sage Adam wo bes du? 40
wat hais du begangen nu?
Adam sprach zu vnsen here
Here, ig han dine stimme gebort,
van uorten so ben ig zestort,
went ig nacht ben ende blois,
des is mine schemede grois. 45
Vnse here zu Adame
Adam wijs dir geschyt
dat du in hais behauden nyt
dat ig dir hadde geboden?
went van miner genaden
so must du hauen w°nne 50
oner al ersehe kunne.
MNL. OSTERSPIEL. 305
n zu unsen here
Dat wyf, dat du mir geues, here,
die dede ic, ende hör lere,
dat ich mig han uirgessen
inde van dem appel gessen. 55
' here zu vorn Yven
Eua, war umbe hais du brait
minen man zu der gedait,
dat he sig dus hait vergessen
ende van der vruchte gessen?
Yuf zu unsen heren
Here in9 dait is selue niet! 60
dis slange hi steit mir dat riet.
here zen slangen
Slange, went du dit hais gedaen,
234b so in saut du nit reichte gaen,
mer du saut crufen ende slenden.
dig up dinen bugge wenden; 65
alle die werelt sal dig vlin,
dich bespien, node ane syn.
here zu vorn Yuen
Wyf, nu si dir dat gesait:
went du dit hais zu brait,
ende minen man bedrQgen, 70
so si dir dat zu plogen
dat dir ende allen wiuen
die vrut van vren liuen
sal kumen zu bit iamergeit
inde bit groisser arbeit. 75
here zu adame
Adam, went du den wiue diu
me gehordes dan dat gebot min
her umbe ich dich vorwise
vsser den paradyse,
dich ende alle dine nakumen, 80
den si ewige vroude benomen
l. ic ist corrigiert aus mid; es muß wohl mir oder ic heifsen.
i. cruipen, kriechen, zu slenden vergl. alyntworm, lyntwonn
.243*.
F. D. A. li. 20
306 MNL. OSTERSPIEL.
immer eweliche
van den himelriche.
ende als du kumes zu der erden
so muz dir sur werden 85
in dinen sueize din broit
durg des bitters bungers noit,
als du salt hacken ende roden.
dat geschie dir zu vngenaden
dat beide, distele ende dorne, 90 '
wasse under dinen körne.
234* Hie driuet Cherubin, der engele, Adame ende
Yuen usser dem paradyse mit einen swerde.
Adam ende Yue, ir hait versümt
vg. dit paradis nu rinnt
inde ilet ber vore;
ich muz buden dise dore. M
Vnse ' here spricht die Intfarmeherthigkeit ane
Virnemet vuer Gerehtigeit,
ende docher, vor Intbarmicheit,
wes ig ug nu vragen sal:
of einichen kende dat geual
immer geschien muge, 100
dat dar zu duge
dat mit einichen sinne
dat erue wider gewinne
dat usser sines vader hant
ze voren erfliche is gewant 105
ende willentlige is gegeuen
einen andren al sin leuen?
Die Intbarmicheit spricht
Ich was ie ende sal immer syh
din dohter, ende du der uader min.
intfarmicheit ben ig genant, 1^
de name is mir van dir bekant.
in woldis du dere nit infamen
die up dig scrien ende karmen
wie wers du dan der vader min,
of wie bliue ig die dohter din, 1^
96. /. vor (vrou) 97. /. dohter
\
MNL. OSTERSPIEL. SOf
4d die ie einsamen waren gader,
ig din dohter ende du min vader,
inde immer müssen wesen ein
ende vngesundert in vns zwein.
vader dar vmbe is dat min rait 120
dat du irlois dine hantgedait.
na du vp dine gotliche arme
ende vederlicbe dig irbarme
ouer Adams ende Yuen kent
die al ze lange in noden sent! 125
\ei%e ze fVairheide
Dohter, vor Gerechtigeit,
gef mir rait ende vnderscheit
wie ig bit retate ende bit rainnen
wider muge gewinnen
dat ig gegeuen ende gewant 130
ban ertliche in eins ander hant.
rairheit antwürt
Ig ben genant gerehtigeit,
de name van diner gotheit
an mir is geruet ende gegeuen,
ende wir sin vngesundert bleuen 135
iemals, ende sullen immer sin
vngesundert. vader min,
dedis du infarmicheit,
wa bliue dan die gerebticheit?
her vmbe setz ich den rait an dir, 140
want it unmugelich duchte mir
dat einich kent sich vnderwnde
des erues, des sin vader gunde
sinem audren manne ze voren
15* e dat kent worde geboren. 145
in were, oft mugelich were,
dat eine mait ein kent gebere
ende bliue mait als si was e\
dat selue kent, ende niman me,
mothe mit reichen witzen 150
dat selue erue besitzen
. /. mobte — rehten
20
*
306 MNL. OSTERSPIEL.
dat erflich was us gegeuen „
e dat kent gew°nne sin leuen.
Vnse here zu sich sprach
Want Dauid, min prophele, sprag,
des is leiden roanich dag, 155
gereitheit ende vride hant sig gekust.
intfarmicheide hait gelust
ende wairheide, dat si in ein
sich han verdragen in hon zwen.
nu willich dat irvollet werde 160
van miner irbarmunge die erde.
her umbe ieuellet mir ze dune
dat ich wille machen sune
intuschen die gereicticheit
inde die barmheerzicheit, 165
inde wille dun bit desen vride
als ich mit Abrahame dede,
deme ig einen wider sande
den he vor sinen sun virbrande,
da mide ich ienen troiste 170
inde leidichte Ysac van den roiste.
also willich genenden
ende sal Christum dat lamp senden
der nie schuldich inwart.
235b de muz up ertriche dun die vart, 175
da he den kelter trede alleine,
vp dat mine hantgedait gemeine
mit sine dode werde irloist
inde van ewiger pinen gelroist.
Vnse here in sich sprach
Nu willich dat werde kunt 180
durg miner propheten munt
dat ich wille senden
minen sun; de sal sich wenden
in einer meide lichame
ane menschliche schäme, 185
inde mine goitheit
bedecke bit der minscheit;
17*. genenden, vergl. ffuydee. op Stoke 2, 328 ff. 187. 7. bedecken
MNL. OSTERSPIEL. 309
di pine ende maniche noit
liden muz binz in den doit
durg den minsche, de vor erst 190
is zer hellen ende vorderst,
inde bait geweset lange
in des duuels bedwange.
nu dunckit mir nu wesen reit
dat ig loise minen kneit, 195
des ben ich uirsunnen.
ich wille dat werde vorwuneu
mitz Criste ant cruce, de uorwan
an deme holze minen man.
Ecclesia sprecht zu Balam
du uan irste Balam, 200
sage wat dir vore quam,
we sal der losere sin?
willich sint die reden din?
Balam antwort Ecclesien
Van Jacobs könne
heft sich eine w°nne, 205
ein schone leide sterre,
de sal schinen verre
ouer alle die werelt breit,
allit dat sich ruret ende geit
sal ime wesen vndertaen. 210
sine krait in sal zegaen
nummerme nog nimmerme.
himel, erde ende se
sal weruen al an siner hant.
he sal alle die lant 215
beduengen al geliche.
dat wisset weirliche.
na spricht zu Ysaiam
Ysaias, godis drut,
sage uns ouer lut
van der gebort heirlich 220
so gut ende so namentlich.
s zu Ecclesien (Ecce virgo . .)
Got sal ein wonder geuen ;
SIO MNL. OSTERSPIEL.
»
ouer alle die leuen
sal gaen ein kent zeuoren,
dat werden sal geboren 225
van der maget eine,
die sal wesen reine
da dat kent sal kumen'af
ane mans gemeiscbaf.
Ecclesia zu Virgilis
Heiden man Virgilis, 2S0
235a du saut uns ouch machen wis
van der heiliger gebort.
sage, wie sint dine wort?
Virgilis zu Ecclesien
Ho van hiemelriche
sal kämen wnderliche 235
eine nuwe gebort,
die sal werden gevort
van aller hande creaturen,
vor die nit en kan geduren
beide, doit ende leuen, 240
he sal si beide mugen geuen.
Hie sent unse here Gabriele zu Marie zen irsten male.
Gabriel, virnem mig reithe !
van Dauides geslete
han ich ein müder erkoren,
manich zijt hie beuoren, 24,5
di mich maget sal gebaren
(dat sal der helich geist bewaren)
ende na geburde sal maget Minen,
reine vor allen wiuen.
Maria is si genant.
zu Galileen in dat lant,
in die stat van Nazaret
da vindis du si in ore gebet.
Gabriel spricht zu Marien
(Ne timeas Maria etc.)
Maria, wie gebers du so?
Halt dig, reine maget, vro, ^
24?. /. rehte 243. L gesiebt«
MNL. OSTERSPIEL. SU
du hais vonden genade
J36* van den bimelichen gode.
7 antwort den engele
(Quomodo fiet istud. etc.)
enget van himelriche,
id dunckit mich wnderliche
dat it immer me geschie, 260
want ich man bekandc nie.
el zu Marien spricht
(Audi Maria virgo fpc fcs etc.)
Maria, maget reine,
in baf vortc engeine !
dat kent, dat du salt gebaren,
dat sal der heiligeit bewaren. 265
i zen engele spricht
(Ecce, ancilla domini etc.)
Such, die godis dirne ben ich,
heilich engel, inde an mich
volge die susze boitschaf din,
want der vrouwet sich die sele min.
sia zu Marien spricht
Aue ! reinicheide spigel, 270
inde meitlicb ingesigel,
rose aller wiue,
so wale dinen liue
dat du ie wordes geboren,
zu himele so bis du irkoren. 275
der genaden anegiune
heil dir kunincginne
von Dauites kunne!
id sal eine w°nne
van dinen liue kämen 280
I36b die der werelde sal ururaen.
du salt dragen crone
in den hoisten trone,
in den himelriche,
immer eweliche. 285
wnet der engel zo Joseppe ende beuilt ome Ma-
ien in sine hude. (Josep fily dd\)
312 MNL. OSTERSPIEL.
Josep, Dauites kuirae,
du salt vrouden w°nne
mit dinen ougen scbouwen
bi der reiner juncvrouwen.
keir vm mit vroen müde, 290
nem Marien in dine bude.
in la si niet, stant bore bi,
inde wes aller vorten vri;
went der beliebe geist
de sal duen sin volleist 295
an der beilicher gebort
di die mait sal brengen vort.
Hie deit der engel den hirden kunt dat Jesus gebo-
ren si.
(Annunctio uobis gaudium magnnm.)
Ir hirden up den uelde, geit,
heft up nr boft ende uirsteit,
ich brenge ug liue mere : 300
der werelde loisere,
den die engele ban irkoren.
de is alzehant geboren.
Der hirden ein spricht zu sirne gesellen
Höre gesellekin, hoire
in des himels koire * 305
wie die engele sengen,
die di boitschaf brengen
dat dat kent geboren si
dat die werelt machen vri
sal. bit groissen eren 310
la uns da hiue keren.
Der ander hirde sime gesellen
Geselle, wir willen ane vaen
dat wir zu Betleim willen gany
inde machen meren
dat bit groissen eren 315
geboren si dat selue kent
deme weder ende went,
himel, erde ende se
dinen sulen immerme,
MNL. OSTERSPIEL. 313
als uns der enget sathe 320
de vns die boitschaf bratbe.
ste hirde zem andren
Vrouwe dich geselle sere,
ich dich liue mere.
die boitschaf die der engel brate
indc bit vrouden sathe 325
vns hint an diser nait,
dat is gescheit van godis crait;
want ich sach dat kindolin
ligen in der kribben sin.
mm ein bode ende sprag ssen hirden das
(Quem vidistis pastores dicite. etc.)
Er hirden, wie gebert ir so? 330
mig dune ir siet van herten vro.
saget, wat hait ir uirnomeu,
of wat is uch zu voren kumen?
In der engel trone
soige wir also schone 335
dat vile selich kindolin
dat der werelde here sal sin.
iment die dri kuninge ende uolgent deme sterren
xde sukent dat kent ->
(Hoc siguum magni regis est.)
Dit is ein zeigin sicherlichen
des kuningis van himelrichen
dat he nu geboren si. 340
volge wir hine alle dri
so wäre uns leideit der sterre.
golt, wirouch ende merre
wil wir ime zu offere dragen
inde eweliche lof sagen. 345
unten die dri küninche in die stat ende vragen
n be dat kent.
L nach ich fehlt das verbum. 326 /. /. nacht : kracht
oren nach 333 fehlt die Überschrift zur antwort der hirten,
in der hs. überhaupt von der fra%e des boten nicht getrennt ist.
>. /. saghe (saghen)
i
314 MNL. OSTERSPIEL.
(Vbi est qui natus est rex Iudeorum).
Wo is he nu, de is geboren,
de zu kunincl^e is erkoren
ouer alle iuzge diet?
einen sterre han wir gespiet,
herus van da die sunne up geit, 350
de uns dat bekant deit
dat geboren si dat kent,
237* dat weder ere nog sent
so eidel nie geboren wart,
dat suke wir up diser vart. 355
Hie kumpt der bode zu Herodes
Here, uirnem in dinen genaden,
hie sint kumen nuwe boden
ze Gersleim in die stat;
vor woer sage ig dir dat
si weruen an din ere. 360
. höre kunninc here,
si sagen ongehorche reden,
want si willen ane beiden
ein kindolin, dat is geboren,
dat die engele hant irkoren^ 365
zu keisere ende zu heren.
ouch willen si vonneren
dat it geweldich sule werden,
beide in hiemel ende in erden.
»Herodes zu deme boden
Sage, wat hais du vernomen? 370
we is, dat do sal komen,
de muge sin gelich?
wie sal he bedwengen mich
inde driuen u& minem trone?
so mir mine crone ! 375
mich moithis uile lithe
dat ijt ander ricthe.
Der irste riddere zu Herodes
Des du nit, here min,
di boden, die da kumen sin,
376 /. /. mich muotets vile lihte dat ict anders rikte.
MNL. OSTERSPIEL. 315
die du houe kumen, 380
vnze da hais uirnumen
wes si hauen gedait;
so maich du bit diner mait
den kuninc vordriuen
inde selue kuninc bliuen. 385
)des zu den riddere
So gebiden ich dir
dat du si kumen dus vor mir,
dat ig van on dat höre.
di$ dunckit mig ein dore.
ridder zu den känicinngen. primus
Got grus ug hereu alle drij ; 390
wilt ir wissen wat id sij?
Herodes, min here,
intbudet uch mere
dat ir sult ze houe kumen,
want gerne hedde min here vernomen 395
war umbe ir sijt kumen here.
dat is sines herzen gere.
drier känincke spricht ein
Gerne kume wir ze houe
deme keisere ze loue,
inde ime sagen dat, 400
wie ende umbe wat
(of it ime it mach vromen)
dat wir ns sin kämen.
kument die dri küninege vor Herodes ende sen-
gent Viue rex in eternum.
*des Saluet (/. Salutat)*uos gratia inea.
irste kuninc sprich zu Herodes dus
Heil dir, kuniue here !
din lof ende din ere 405
musze immer irmeren sich.
)des antwordet ze hant
Siet willekume ir heren migi
mine genade si uch bi.
ine weis wanne ure einich si
316 MNL. OSTERSPIEL.
oc wat ug vs hait geringen. 410
dal sali ir mig, ir beim, sagen.
Der irste ktininc zu Uerodes
Keiser, geweldich here,
der hais vns gearagei merc
we wir sin, ende wanne wir komm.
dal saut du schire han vernomen. 415
Arabien, dat riebe lant,
dat wiraet al an miner hant,
ende wat da ridei one geh
dat is mir zu dinste gereit.
Der ander ktininc zu Herodese
AI dat lant von Tarsvs 420
«
inde menieb bebt wvs
sin mir vnderdenich,
der ben ich al geweldich.
Der dirde ktininc zu Herodese
Kaldewen al dat riche
han ich geweldencüge 425
in miner hant bedungen,
beide, alden ende hingen;
inde dise beren die hie staen
237 d sint mir zu dinste underdaen.
Nu spricht he nog me
Nu weis du, keiser, we wir sin. 430
nu wille wir dig och dun schin
war umbe wir sin kumen vs.
Ysaias ende Virgilius
inde andre propheten 4an gescreuen
van eines kendis leuen. 435
des wir sere ruken
van hercen, ende gein suken.
Herodes spricht zen küninc
Ir heren di sich kuninc nennet,
sait wa ane ir dat irkennet
dat dat kent nu si geboren. 440
wat is ug kumen ze voren,
441. /. oreu
MNL. OSTERSPIEL. 31T
of wat (hebt) ir uirnomen,
we is dat da sal kumen?
? kunincke zu Her ödes, primus
(Vidimus stellam eius)
In Oriente verre
sage wir einen sterre. 445
dar ane han wir bekant
dat nu geboren is in't lant
ein kent also herlich
dat nie enwart des gelich
nog nimmer en deit 450
als uns lert vnse wisheit.
*odes zen känincgen
Ir heren di vor mig sit kumen,
van deme dat ir hait vernumen
vraget na deme kende.
238" so wa mant irgen vende 455
dat sult ir mich sagen.
min offer willich ime dragen
ende na uren seden
wil ig it ane beden.
primus:
Kunincinne Marie, 460
edel ende vrie,
wir brengen dig gauen
dinen kende zu louen,
deme wir sin underdaen;
liflich salt du si entfaen. secundus. 465
i'e anbot wider du*:
So wale sal uch des immer sin
dat ir wodet geruken min
zu eren minen kende
her in dit eilende
verre vsser vremde lant 470
inde mig dise ere hait bekant.
i42. hebt fehlt, nach 459 eine liicke von vier teilen.
I. woudet
318 MNL. OSTERSPIEL.
Hie varent die künincge inweg. terciwt
Vrovwe zu dinen eren
wille wir henne keren.
Hie kumpt der enget ende sait dait si gein einen an-
dren weck zu Marien ende Joseph.
(Audite verbum domini gentes)
Ir heren hört mich ende versteit;
ich rade uch, dat ir nit engeit 475
238b dea selaen wech den ir sit kumen,
want ich ben uch. zu vromen
heir gesant virholentliche
van den hoen hiemelriche.
Der bode zu Herodesse
Here in dinen genoden 480
nu bis du uirraden.
die sich künincge hant genant
die sint gekert in or lant
andren wech dan si quamen,
want si dat uirnamen 485
dat du si vaen woldes
inde uirderuen soldes.
nu müz he kuninc bliuen
de dich wiit vordriuen.
Herodes riddere spricht ein secundus
Halt dich kuninc bit genaden. 490
ich sul dich wale raden
dat du bit diner gewalt
den genen vorderuen salt
de sig des virmessen hait,
of du volbrenges minen rait, "-495
dat he sule kuninc bliuen
ende dich bit ge weide vordriuen.
Herodes spricht zen riddere
Dinen rait willich vollebrengen
bit aller slathen dengen,
inde dich geen ze lone 500
mine guldine cronc.
De ander ridder zu Herodese
Here, du dine riddere senden
MNL. OSTERSPIEL. Jlft
widen in allen enden,
inde du alle die kindolin
die bennen zwen iaren syn 505
so wo si se venden doit slaen.
id in mach nimmer so irgaen
dat kent in si dar vnder
do dise so manich wonder
lange aue hain gesait. 510
so bliues du here in diner mait.
es sume riddere spricht
Du hais mich wale geraden.
vp riddere ende boden!
duet doden alle di kindolin
die bennen Zwen iaren sin. 515
>/ kumet su Marien ende heisit si vlien zu Egip-
n voert.
(Descende in Egyptum.)
Joseph, nem Marien wäre
mit ire kende, ende vlu al dare
da ir nimanne en syt bekant,
dat is in Egypten lant;
inde also lange al da bes 520
wint doit is Herodes.
iment die riddere Herodes ende sukent di kent.
ichel sprichet dus su in
Wafen! wat sal mir geschien
van den luden, die ich sien
so balde kumen herwert?
wat sulen ire gerothle swert 5?5-
inde ire vreslich gebere?
mich wondert uile sere
war umbe si herwert rennen
of wes si gesennen.
it man doit die kent. — prhnus
Gef her din kent, baude wyf, 530
wilt du behalden dinen lyf;
want ig müsset doden
van des kunninz noiden.
su den ridderen
SSO MNL. OSTERSPIEL.
Here got van hiemelriche,
du müsse dis iemerliche 535
doit vor dinen ougen sin
van deme liuen kende min.
want haddis nu uirscholt.
nu willich mine ungedolt
gerne laissen bliuen, 540
went si wouden entliuen
Jhesum, dinen liuen sun,
van deme der kuninc Salomon
lange ze uoren hait gesait;
want dus wale Ionen mait 545
minen kende ende mich,
des biddich liue here dich.
Hie kument die riddere zu Herodesse wider. — Se-
cundus
Höre, here, wat ich dir sagen :
die kent haen wir irslagen
in al dat lant van Juda. 550
iomer worte wir alda.
Der enget zu Joseph
(Tolle puerum et matrem eius)
239 R Joseph, liue bode,
stant up uile drode,
nem Maria bit der haut,
strich zu Juda in dat lant 555
went si doit sin ende gestoruen
die no des kendes sele woruen.
Hie uert Maria ende Jhesus ende Joseph zu Egypten
(1. uit Eg.). Hie was Jhesus zwelf iure alt. Ma-
ria zu iren sune
Jhesus, sun, horis du,
du hais wale dat auder nu
dat du wale bit uns mait gaen 560
in den tempel, ende uirstaen
wat man in den tempel deit,
inde wi man dat hogezide begeit.
Jhesus zu siner müder
538. etwa want wat hadd'is nu virscholt?
MNL. OSTERSPIEL. 321
Müder, bit ug gaen ig gerne.
des iusteit mich nit zu inberne, 565
geit uore, ich benz gereit
vch ze uolgene eade gemeit.
ginc Jhesus in den tempel vnder die luden ende
sprach
Er iuden, ig hume zu ug her,
dat is miues herzen ger
dat ich bit ug wil disputiren 570
inde offenbare probiren
inde bit reden machen wis
dat ir geleit syt up ein ijs,
went ir den ewe haut unrethe
de uren geslethe 575
hie beuoren wart gegeuen
Moisi in einen stein gescreuen.
ouch weis du wale wat Daniel sprag
hie beuoren manichen dach:
als heilich giste der heiligen wirt gesant, 580
jutschaf, so uel us diner hant
die kunincliche rüde
in eine vremde hude.
fas su Jhesus
Jhesu, wir vuirsten dieh wale.
du spriches ungehorte zale. 585
he in is noch nit gesant,
dat is vns wale bekaut,
de uns sule troisten
inde kumen van den hoisten.
•us su Cayfdse
He is van einer maget geboren, 590
as Ysaias hie beuoren
inde alle die propheten screuen.
dat in is nit achter bleuen
nog in mag nit achter bliuen.
himit wil ig dich wider driuen 595
dins ungelouen hie zestunden.
sage, wo wirt irgen vunden
580. /. als der heilig geeste wird gesant
, F. D. A. II. 21
322 MNL. OSTERSPIEL.
ein kuninc uuder uren kunne,
deme got des gunne
dat he gesaluet werde 600
ze kunincge up die erde,
als got hie beuoren dede?
begef dine lucheliche rede.
Cayfas zu Jhesusse
239° War umbe solde wir geswigen des?
went he nog mit kumen in es, 605
de uns zu troiste sal sin gesant.
Mesias so is he genant
des wir alle wardende sin;
dar umbe la die rede din.
Jhesus zu Cayfase
De messias, des beidet, 610
mit deme wert ir uorleidet.
he in sal nit kumen van gode,
want he is des duuels bode
mit deme dat he wirken sal
inde die werelt uirleiden al, 615
al binz an die selue zyt
dat die selue werelt syt
dat on Cherubin irsleit
inde siner valsheit wider steit.
Cayfas antwrt Jhesusse
Jhesu vns w°ndert sere 620
dat du so sware lere
vns ze koirnisse sais
zu der iugede die du hais.
Jhesus zu Cayfase
An is mine mensgeit zuels iar alt,
mine wisheit is manichfalt, 625
die an mir wirt bekant
van ime de mig hait gesant.
Hie kumet Maria ende Joseph ende venden Jhesum vnder
den iuden in ire schale, dus spricht Joseph zu Jhesu
610. /. des ghi beidet 622. cornisse, Versuchung, vgl. coringe.
Felthem sp. hist. 3, 22, 64. Jonckbhet specimen e NH. neerl. (WA-
sp. h. b. 3) *. 100. 127. 624. i. AI is
MNL. OSTERSPIEL. 323
239 d Wes silzes du, Jhesu, hie airborgen?
wir han groissen sorgen
dich gesut, wale zwene dage, 630
inde gedriuen sware clage,
waiit wir diu intboren
ende dich wonden han uirloren.
sus antwort
Wat ist dat ir mich suket
inde min nu geruket? 635
in wist ir nit dat ich mus sin
in dinste des vader min,
den he uns hait beuolen,
als gude kinder sulen.
kumet Jhesus zu sente Johanne baptisten ende wilt
van ime gedofit sin
Johannes, ich käme zu dir 640
dat du di doiffe geuis mir.
annes zu Jhesu
Genade, liue sceppere!
mich wndert harde sere
dat ich solde doiffen dich.
ich bidde dat du heilich mich. 645
ms antwort Johannesse
Min oitmuet will ig dun schin,
dat ig gedouft van dir wil sin,
dat kirsten ewe da mit geste
ende der iutzaf ater ge.
dar umbe ganc vort ende du 650
des ich dich han gesprogen zu.
e stimme van den himele sprach
240 a (Hie est filius meus dilectus.)
Dit is min sun de mir beuellet,
in deme ich mich han uirsellet;
den gehört in allen stunden
so wert ir in den besten vonden. 655
Jhesus gedoufet was du ginche in ein einnode up
einen stein sich beiden, dit sack Lucifer ende sprach
629. /. met groissen 630. /. gesoekt 649. dat ittedseap,
ff. 2, 201. vgl. Gr. gr. 2, 521. /. achter
21*
324 M^L. OSTERSPIEL.
Horis du, dief Satban,
mich w°iidert sere, we de man
si, de sitzit up deme steine
in sinen gebeide alleine,
sunder essen ende dranc. 660
nu uichtet mig in min gedanc
da he de selue minsche si
de uns kumen moithe so bi
dat he rouuet uns die helle..
nu var, Sathan, liue geselle, 665
inde nem des wäre
dat he uns namals nit endare.
Sathan zu Lucifere
Meister, dat willich gerne düen.
ine wille nimmer geruen,
ich ine kume ime so bi, 670
dat ich wisse we he si,
mit miner schalcheide,
e ich van ime gescheide.
Hie kumpt Sathan zu Jhesu.
Gut man, wes sitz du hie so eine
vp diesen harten steine? 675
240b hais du einis hungers noit,
nem dise steine ende magge broit;
ich weis wale dat kans die list
of du godis sun bist
Jhesus zu Sathan
Niet in vrages du des, 680
wistes du wat da gescreuen es,
dat man in brode alleine
leuen moithe deine
dan int wort godes
inde int duen sins gebodis. 685
Hie vurte der duuel Jhesus vp den tempel ende- sprach
Of du godis sun bist,
Val her nider bit diner list,
du weis wat da gescreuen steit,
662. I. dat 667. daren, schaden. 670. ich ist zu Mg**
680. /. vragdes
MNL. OSTERSPIEL. 325
die engel kuwen dich ger-eit,
die dich bewaren inde würen, 690
dat dich die steine ruren
in mugen hende nog wusse,
so dat dijt si vnsusse.
*,sus zen duuele
Id is gescreuen du bes uirloreu,
dun salt dinen sceppere nit bekoren. 695
? viirt der duuel vnsen here up einen berg ende sprag
Nu val nider hie ze steden,
ende wolt du mich ane beden
so bist du here al disser lant,
die geue ich dir an diner hant,
so wat du hie mait gesien, 700
240° of du an mig wolt gien.
se here sprag
Wat soude mig dine richeit,
want al da gescreuen steit
dat aireiste datz din val,
ende man nit ane beden en sal 705
dan got, dinen here,
aller denge sceppere.
Sathanas, nu snelle
dich wider in die helle.
na dinem werke dir geschie, 710
du in hais numme ze dune hie.
kumit unse here ende vindet Petrus ende Andreas
gande up deme mere vischende ende sprach zu
vn dus
Peter ende Andris, laisset staen
vr seif, ir must bit mir gan.
ich sal uch uugen zu anderen saggen
inde vitschere der lüde machen. 715
690. /. vureo 701. gien, mhd. jenen. Maerlant (?) geestel.
'nhte (it. werk. d. maatsch. v. lett. 5 deel % st, s. 27). Zech
sehe1, merc ende bevie, Zages tu meeren ronwe ye Daß da an mi he-
vonden? Wat mocht ic mere doen dor die Dan hangen, sterven, proef
* ghie, Mit aldns swaren wonden ? ebend. «.61 Doe god die werelt
le wieden — Ontflo Noe met zinen lieden Entie aen ghelove ghieden
ie arke metten dieren. J.
326
MNL. OSTERSPIEL.
Sente Peter sprach
Meister ende here,
gerne dun wir dine lere,
AI no dinen gebode
inde no dines selues rode;
dar urabe saut du uns here säen 720
wat lone dat wir sulen haen
alle sachen achter loissen
inde vns zu dinem dineste soissen.
Vnse here spricht zen aposteV
Dat seilt ir han ze lone,
240d ir sult sitzen up den trone 725
mit mir, ende urdeil geuen
vuer die doit sin ende leuen.
Vnse here zu sente Petere
(Petre, amas me? — Tu scis dne)
Sage Peter, mins du mich?
(Sente Peter zu vnsen here)*
Du weis wale, here, ig minnen dig.
Vnse here zu sente Petere
(Pasce oues meas)**
Van nu vort ende allewegen 730
salt du miner schafe plegen
ende hauen sie in diner huden
inde bit den worden godis vuden.
Sente Peter zu unsen here
Meister, dat is mine begerde
dat din wille an mir gewerde. 735
Jhesus spricht
(Tu es Petrus)
Du bis Peter, up disen steine
so Stiche ich die kirge reine,
inde beuele dir eweliche
den sluzel van den himelriche,
di da cloppent die la in, 740
si sulen alle intfangin sin.
Sente Peter sprach
1%% achter te laten ? * fehlt in der hs. '• Vn—9 Pmwet]
diese beiden Zeilen sind in der hs. umgestellt. IM. L stiebte
|ik
MNL. OSTfiRSPIBL. «KT
Here meister, du mir kuut,
of man sule sieuen stunt
alle die sündigen intfaen
of sie zu b&ezen willen staen. 745
e here sprach (Di mitte sep.)
Ja Peter, ze siuen ende siuenzich stunden,
24lft ende so decke als he wirt vonden
in sunden inde he die will Serien
Genade sal man ime uirlien.
ia zu unsen here
Here sun, willen gaen, 750
of dirt gut duncket gedaen,
zer bruloit Johans, dins neuen,
deme ein brut hait gegeuen
de riebe wirt Architriclin,
da müdes du der ur°nde din. 755
is zu siner müder
Müder min, id dune mig zucht
dat wir zu der brulucht
inde zu anderen unsen vrunden gein
inde ire vroude nit vors mein.
ittriclin
(es scheint etwas zu fehlen*)
\a zu iren sune
Hie in is, meister, ingein win, 760
dar umbe du dine geuade schin,
dat ein zeigen hie geschie
von dir, dat dat volc gesie.
f (zu*) siner müder
Wijf, wat soude mir ane genomen?
mine ure in is noch nit komen. 765
duet wasser in die kragen gissen,
vp dat sijs alle genissen
di her zu urouden kumen sin,
id sal wandelen sich in win,
inde drait si Architricline, 770
dat he dreneke van den wine.
r*0. /. wij willen 753. /. bruilöft 755. /. vriende
fehlt.
328 MNL. OSTERSPIEL.
Architriclin spricht
' Dis win dunckit mir der beste,
24 lb went hene up dat leste
gehalden hait sinen vrunden,
inde wilt dit zeigen bie uorkunden. 775
Hie kämet Maria Magdalena.
Vrout ug alle, iunc ende alt,
went die vroude is manichfalt
die men syt nu ouer al
vp den berg inde den dal.
man hoert vor den walde 780
dat uorgangen is dat kalde7
went die blumen sprengen
inde die uogele sengen.
dat uelt cirt sieb ouer lut.
an der erden drengen vt 785
manicherhande blumen
der ich nit inkan genuinen.
der uogel sanc wirt offenbor,
inde die lucht wirdet cloer.
uorgangen is vns og dat sure. 790
des vrout sig manich creature;
der nog hait geweset bange,
die vrouwet sich bit blidem sänge.
also willich e it lanc
van vrouden sengen nuwen sanc. 795
Hie singet Magdalena
Alle creaturen
vrouwent sich der liuer zijt,
rosen blumen hure
siet man springen wider strijt.
si woren versunden, 800
si hant or leit vorwonden,
sie dun uns den sumer kunt.
24 1C susze, suuerliche,
werde ich vrouden riche
dat deit mir diu roder mimt! — 805
nu hait ir van der zijt gehört
779. /. inde in 800. /. verswunden
MNL. 0 STEH SPIEL. 329
• beide, sanc in wort.
nu mut ir vopwert leren,
wilt ir den sen keren
ze minen worden reichte, 810
juncvrouwen ende knechte,
went min lere si is guet; *
ig han ir selue decke lesuet
bit vrouden ende bit schalle.
dar umbe rade ich ug alle 815
dat ir willet uolgen mich.
ig sal ug machen vrouden rieh.
au schouwet alle gemeine,
grois ende deine,
wie ich schire minen HjL 820
als ein w°nnencliche wijf
sich van reichte ciren sal
an iren lijf, al ouer al,
also sult ir uch ciren,
inde vren lijf orniren, 825
ende behagel machen,
dat mans muge lachen.
dus nemet einen spigel,
da ir reichte als in ein sigel
muget ur gedene beschouwen. 830
* beide, knapen ende iuncurouwen,
ir sult an ure hende trecken
zwene henszen, ane vlecke,
die uch die hende wale bedecken.
24 ld ir sult ouch umbe ur houet strecken, 835
ir iuncvrouwen, ein quac,
de uch ur hair al sunder lac
muge leigen ende richten,
bit eime kambe sult ir suchten,
dit is sicher die lere min. 840
ir meide, ir sult ug halden fin,
als ig duen, intgeen die knechte.
J07. in] /. inde 808. leren ist leimen. 813. besäet] besoect.
520. /. eiere 830. gedaente, gestalt. 837. gebreck, lack;
:tus, macula. Teuthonista 39°.
330 MNL. OSTEKSPIEL.
beschouwet min gedene rechte,
ich wil ug sagen we ich si.
edel bin ich ende vri, 845
ouch ben ich wale bekant,
Magdalena ben ich genant,
(ich in haus ingeine schäme),
Maria is min reichte name.
ich säen uch sunder waen, 850
Magdalum is mir vnderdaen,
eine burch herlich ende guet,
dar vmbe vrouuet sig min mnet.
Lazarus de is min bruder.
ich in haen vader nog müder, 855
sunder mine suster eine,
siet, dit is si die ich meine,
si steit enen dore gelich,
des gehaut ug ane mich.
went si weis eine ander zale 860
die mich "nit en beuellet wale.
Martha zu Marien spricht
Maria, du sais dat min zale
dich nit beualle wale.
242* weis du, war umbe dat dat is?
r ich wil dirs machen gewis : 865
went dich nit in is bekant
got, nog van ime gesant
troist ende mintie,
dat hais du dine sinne
an der werelde nun gelait. 870
des inbes du nit wale bedait
dat du dine sinne dig leis drigen.
die werelt inkan nit dan ligen
inde bit sunden umbe gaen,
dar ane wilt du volstaen. 875
des is din name sich verwandelt
went du dich dus hais gehandelt.
849. Magdalum, castrum in littore maris Galilaeae, *c in tribu
Zabuhn, a quo volunt Mariam, de qua Math. 27, 56, Msgdalenüm esse
nominatam. s. 03* des anhangs zur Pttlgata, Paris, DemtlHm 1792. 4*
MNL. OSTERSPIEL. 331
Maria sulde man dich nennen
so moichte man dich bekennen.
der ewangeliste hait uns gelert 880
dat din name si umbe gekert,
ende sis eine sunderinne genant
wijt ouer alle die lant.
rdalenw zu Marthen
War umbe is mir benomen
min name wat so mag dat vromen 885
dat ig min vroude sule laizen
of miner vrouden mig gemazen?
tha zu Magdalena
Maria, ich wille dirt sagen
went du mig beginnes vragen.
dine vroude in is nit gut, 890
want si is ze umbehut.
si is suntlich ende vnreine,
242 b si is ouch alze sere gemeine.
want suntlich werc sin veruuazen
van godis munde; wolt du si laiszen, 895
ig wil dir dar zu geuen rait
wie si dir sulen dünken quait.
ia zu Marthen
Ja, liue suster min,
rait mig up die truwe din
al dat mich mag wesen gäet, 900
want mig dunkit ig ben vnurut.
%tha zu Marien
Wolt du dan uolgen miner lere?
na zu Marthen
Ja ich, nu ende immermere.
tha zu Marien
So höre' mig wale ende uirstant:
spigel, henschen ende gewant 905
salt du balde van dir duen.
dun salt og nimmer geruen,
183,/f. etwa min name, of wat mag dat vromen dat ig — gemazen ?
\aupt scheint die gante stelle v. 874 — 884 mehrfach verdarben.
332 MNL. 0 STEHSPIEL.
dun sulis sukea den heilaut,
de van himel is gesaut
vus zu einen troiste. 910
he was, de irloiste
Israhel van Egypten lange,
he was, de on och sande
van den heimel dat suze broit
in der uuschten, si haddens noit. 915
nu es he up ertriche kämen,
also als wir baen uirnumen,
ende wilt zu ime bekeren
den sundere bit siner leren,
he eleit zechen manichualt. 920
an ime gelouuet iünc ende alt.
nu so salt du up staen
inde uollencliche da hine gaen
da du vendis disen here,
Jhesum, den irlosere. 925
he sal dich machen sunden vry
ende troisten och dar bi.
Maria zu Marthen
Marta, ich begenne z' uulen
wo diese wort hine sulen.
got deit mig sine genade schin. 930
si vliszen in dat herte min
als ein riuir nu ze'stunt.
gebenediet so si din munt.
ich wille min herte keren
na alle derre leren 935
die Salomon der küninc,
de uil wise iuncgelinc,
bit sinen munde gesprochen hait.
dat dunckit mir der beste rait.
he sait van der idelcheit, 940
da die werelt mit umbe geit,
dat sy quait si ende vql sunden.
nu willich anders mig Vormunden.
ich wille us duen dit gewant
912. /. lande 915. /. woesten 920. /. deit
MNL. OSTERSPIEL. 333
da ich mide ben gescbant, 945
inde wille di sunden vorwert laiszen.
nu var, dattu sis uirwaiszen!
du hais mig decke gedaen leide,
spigel der unreinicheide.
242d ich wille zen spigel gaen 950
in deme die gedene staeii
reichte volmacht ende wale,
da man sich alzemale
in beschouwe sunder leit, —
dat is die driueldicheit. 955
Hie biddet Symon der siehe Jhesum zu essene mit ime.
Here ende meister min,
ich bitte dig, ouet muge syn,
- dat so la mich al hie wessen,
of du dar hem wls kämen essen.
Jhesus zu Symone
Ja ich, Symon, dine spise 960
yorsaen ich nit in geiner wise.
Maria Magdalena spricht
Man spricht einer hande zale
die han ich gehauden wale,
dat niman zu houe in sule kumen
(also as it haen uirnumen) 965
hene si chirst dar geladen,
of id mag ime wale schaden.
des in mach dog nit loiszen,
die sunden han mig so uerwazen,
an sal man wenich up mich ruken, 970
ig muz dar den gienen suken
den ig da kenne in Symons hus.
genant so is he Jhesus. .
ich wille vallen an sin uüse
inde bidden also süze 975
dat he wille mins intfarmen,
want he is, de durg uns armen
wolde minsche geboren werden
van Marien up der erden.
957. /. ofet 965. /. ict 966. /. ze irst 970. /. al sal
834 MNL. OSTERSPIEL.
zu sinen uusen wil ich gain 980
ende achen sinen ruche stain,
waiit ich sain ug dat introuwen, \\p*
. in dar sin antlitze nit beschowen.
Hie kämet Maria Magdalena in Symons hus9 inde gois
ir salue up Jhesus houet. Dit sach Synum ende
sprach das
[ch sien mit den ougen min \}m
dat mich ein wonder dünkit sin 985
van ime den ir meister nennet,
dat he dise niet enkennet
die an sine uusze lyt.
he inkent si wale nyt.
were he prophete van gode gesant, 990
so were si ime wale bekant.
si is eine sunderinne gemeine.
mich dune dat he is wisse deine.
Jhesus zu Symone spricht
Symon, in wenig sal ig dir sagen,
dat in sal dir nit mishagen. 995
Symon zu Jhesu
Nein id, here meister min,
sage mir den wille din.
Jhesus zu Symon
Zwene knechte schuldich waren
zu einen thiden hie beuoren
einen manne eine deine guit. 1000
243b des so waren si vnurut
wa mide sit gelden moiten
of si zu der gülden doiten.
der ein was schuldich den seluen bere
wuf hundert penninege, inde nit mere; 1005
der ander nunzich mit reichte.
die zwene kneichte
ime gegelden inkünden.
zu den seluen stunden
nam is der h'e gude gedolt 1010 1
he uorlois in ire scholt.
981. /. achter sinen rugge
MNL. OSTERSPIEL. SS6
du sage mig, Simon, sunder wanken,
we sonde inie alremeist du danken?
m zu Jhesu
Here meister, dat sain ich dir,
so dus willes volgen mir, 1015
deme he uirlies die meiste scbolt,
alre meist was he ime holt.
s zu Symonne
Symon, du hais wair gesait,
inde dit vrdeil reichte uolbrait.
dit wyf sis du Symon wale. 1020
ich quam zu dir al sunder zale,
du ingeuis minen uuszen niet
wasser, als dit wyf hie liet
liait gedaen bit iren trenen.
ouch insalt du des nit wenen, 1025
si in haue gedruget bit iren hare,
beide stille ende offenbare.
og is dich me uirgeszen
sent ig hire ben gesessen
43° des kussens uan dinen munde. 1030
sug, al van der seluer stunde
dat si in dat hus getrat,
so hait si begangen dat
reine ende susze,
inde gekusset mine vüsse. 1035
du in salt dig nit müden sere,
ig wil dich vorwisen mere.
sent dat ich zu dir ben kämen,
so hais wale min wort vernomen
van disen dat hire is geschiet. 1040
nu in hais du Symon niet
min hoit begossen bit der saluen,
diese hait mig in allenthaluen
mine uuze gesaluet wale,
dat sult ir wissen al ze male. 1045
dar umbe säen ich dir dat,
alzehant up dieser stat,
•13. du = doe. 1031. süg st. sie, vide.vergl. 266.
**:
336 MNL. OSTERSPIEL.
dat si der sunden genade vint,
want si van herten sere mint.
Maria du saut up staen ' 1050
inde vort in vrcden gaen.
din geloue hait dich gesunt
gemagt nu zu diser stunt.
Jhesus zu sinen apostelen
Ir heren, laist uns up staen,
dat dunkit mich wale gedaen, 1055
inde laist uns gaen in dat lant
dat Judea is genant.
Peter zu Jhesu spricht
Meister, wat soude dig dat gedaen?
243b du bes ze kune, als it verstain.
wat wilt du da mide meinen? 1060
die iuden wouden dig dog steinen.
Jhesus antwort
Noch wist ir wale, dat it sin
zwelf stunden an den dage schin.
so we bit den dage wandelt,
he is de sich wale handelt. 1065
wilt he euer in der nait
gain, dat si uch gesait,
he muz an den wege sneuen
went he dat lyt hait begeuen.
Maria Magdalena
Höre her zu mir, iungelinc. 1070
ich wil dir sagen ein deine dinc.
wolt du uns ein boitschaf driuen?
einen brif sule wir dir scriueu
zu Jhesum, unse here,
de ime sal clagen vns beswere. 1075
De bode zu Marien
Ja ich, vrouwe, ich ben bereit.
loen mir minre arbeit.
Maria zu den bode
1059. /. ict 1066. aver, aber. 1068. sneaven, dqficere,
vacillare, adversa pati. KU. 1069. /. licht, vergl. 1184.
\
MNL. OSTERSPIEL. 337
Dinen Ion wil ich dir geilen
so mich got behuet dat leuen.
Der bode zu Jhe.su
Höre, meister ende here, 1080
ich säen dich eine nuwe mere.
dich entbident ende dun kunt
zwa gesusteren na zestunt
di dich han usser maissen lijf,
244* si sendent dig disen brijf, 1035
inde entbident dich dar inne
hören dinst ende höre minne,
inde willen dat dir si kunt
dat ir bruder is ungesunt,
Lazarus, der vrunt din. 1090
des du ime dine helpe schin.
Rhesus zu den bode
Die suchde sal wesen sunder noit,
sine sal nit dragen zu der doit,
mer an ime sal sin gemeert
godis name, ende ouch geert. 1095
hesus zu den apostelen
Nune muge wir nit langer staen,
wir müssen da hine gaen
zu miner liuer urunde hus.
alda slefet Lazarus.
den so willich, of ich mach, 1100
intslafen dun up disen dach.
ente Peter zu Jhesu
Here, wir venden dat geleissen :
slefet he so is he genesen.
hesus zen apostelen
Ich wilt ug sagen offenboer
(want ig weist wal vorwoer) 1105
dat he doit is ende begrauen.
dat wil ich uch nu sagen,
inde wil mich vrouwen sere
vmbe uren wille immermere,
vp dat ir gelouuet des. 1110
ine was da nit, des sijt gewes.
Z. F. D. A. II. 22
338 MNL. OSTERSPIEL.
244b Sent Ditmmois gen apostelen
Owie ! got ende here,
dit is uns eine kranke mere.
geit dane, gesellen, loist uns weruen
dat wir bit ime mögen steruen. 1115
des so is uns groisse noit.
decke reikede he uns sin broit,
inde sine susteren beide. ■ ^
des is mir alze leide.
Hie kämet der bode ende satt Marthen dat her Jhe-
sus kume.
Martha, du salt up staen 1120 |1,fl
ende balde her us gaen.
nit en mache lange merre,
Jhesus in es henne nit uerre.
r
Martha loufet intgein Jhesu.
Here, vns hait gewesen bange,
dat du van uns also lange 1125
hais geweset sunder noit.
nu so is uns bruder doit.
wers du bi uns bleiuen
behalden, so hedde he it leuen.
idoch so wisse wir al gader, 1130
wat du biddes dinen vader,
dat he dinen wille deit,
waat sin rait an dir nu steit.
Jhesus zu Marthen
Halt dich des al sunder waen.
din bruder, he sal up erstaen. 1135
Martha zu Jhesu
Ich weis dat^wale, dat he sal
244 c vp erstaen, hait heis geual,
also ich han virnumen,
als got zen urdel wil kumen.
Jhesus zu Marthen
Dat uperstentinisse ben ich, 1140
des salt du gelouuen mich,
inde in der wairheide bekant.
dat leuen ben ich og genant.
MNL.. OSTERSPIEL. 339
we gelouuet ane mich,
were be doit, he wecket sich. 1145
ende allet, dat da Leuent es,
so id gelouft (des sijt gewes)
an mig, he instiruet niet;
want ich ben dat geware lijt.
Martha geloufes du des? 1150
ha zu haut
Here, ich bens gewes
dat du bes godis sän genant,
de in dise werelt is gesant.
ha zu Marien
Maria, ich san dir liue mere,
dat unse meister ende unse here 1155
is kumen zu unser sericheide.
nu stant up, ende la uns beide
heimeliche zu ime gaen.
ich han lange bi ime gestaen
inde ime geclaget vnse noit 1160
dat unse bruder si nu doit.
stant up ! he ruft dich alzehant.
vnse ruwe is ime wale bekant.
Maria ginc zu Jhesus. dit sack ein iude inde
sprach
Mich dune Maria is up gestan.
zu den graue wilt si gaen 1165
inde iren bruder weinen,
Lazarum, den reinen.
wir willen alle bit hoire
zu den graue gaen her uure.
Maria unsen hei%e sack, du vil si se sinen uussen
ende sprach
(Dne, si hie fuisses, Lazarus etc.)
Vrünt, here ende meister min, 1170
wa hais du so lange gesin?
hetz du bi uns mugen wesen,
so were uns bruder wale genesen.
56. serichede, trauer, Unglück, vergl. Huydec. op Stoke b. 3 v. 4.
22*
340 MNL. OSTERSPIEL.
Jhesus zu Marien
Sait mir, wa hait irne gelait?
Maria zu haut
Here, dat si dir gesait! 1175
wilt du bit uns da hine gaen,
wir dun dich kurteliche verstacn.
Der irste iude
Vor wor si uch dat gesait,
he hait sine minne an ime gelait.
des dunkit mig, hen kans geloissen, 1180
he weinet inen usser moissen.
Ein ander iude
In künde he dat nit gemachen,
de bit als gemelicher Sachen
deme blenden wider gaf sin lijt,
dat Lazarus in sturne nijt? 1185
Jhesus geit zen graue
245* Tastet ane, heft up den stein.
Martha ze hant
Ey here, durg got nein!
{Martha singet ende spricht)
(Ecce iam fetet, quadriduanus est)
Here, id is hude der uirde dach
dat ine her in legen sach.
Jhesus zu Marthen
Martha, ich säen dir minen sen, 1190
dat du niet en suis zuiuelen
of du wolt sicherliche
beschouwen godis riebe.
(Hie bit Jhesus sinen vader)
Vader van himelriche,
ich danc dich sonderliche 1195
aller genaden der du mig deis,
want ich dat wale weis
dat ich van dich ben gehört
inde nie mine beide inwart zestort,
dun dedis minen wille 1200
offenboer ende stille.
nu biddich dig als minen vader
MNL. OSTERSPIEL. 341
vmbe diser wille alle gader
die hie umbe stände sijn
dat dine gotheit werde schin, 1205
ende dat on allen werde bekant
dat ich van dig ben gesant.
?r Jkesus)
(Lazare, ueni foras)
Lazare, du salt up staeii
inde usser disen graue gain.
loist ime af die bende 1210
an uussen ende an hende.
sendet vnse here sente Petere ende sente Johanne
vmbe eine eselinne.
Peter ende Johannes,
in di stat di uor uch es
sult ir al beide gaen,
da vent ir eine esselinne staen 1215
inde ire iunc gebunden,
die brenc mir nu zu stunden.
wilt dat iman widersaen,
sait, ur meister wil si haen.
e Peter zu Jhesu
Here dat si gerne gedaen, 1220
na den eissei wil wir gaen.
bodc zen apostelen
Ir heren sait, wat sukit ir hi?
war umbe inbendit ir dit vie?
e Peter zu den bode
Gut man, uns meister sal drup riden.
dar umbe in salt du it nit beniden. 1225
vor woer salt du wissen dat,
he. hait ze dune hie in der stat.
bode zu deme volke
Hort ir heren eine mere,
hie kumet Jhesus, der lerere,
her zu ug gereiden, 1230
einen eissei hait he beschreden.
dunkit ug allen gut gedaen,
intgegen ime wil wir gaen.
342 MNL. OSTERSPIEL.
Eyn phariseus spricht
245 c (Aue rex nr fili Dauid.)
Willekume sijs du here,
der werelde scheppere, 1235
vau Israhel kuninc herlich,
Dauites sun geweldich.
du bis van dines vader haut
vns zu troiste gesant,
als der propheteu bugge han inne, 1240
van der werelt aneginne.
des sis du gebenedijt
vau nu vort zu aller zijt.
Di kindere sungen gloria laus.
(Gloria, laus et honor tibi sit)
Hude si dir lof ende ere,
Crist, der werelde losere, 1245
in deme dat di kusche iuget
in dir sere wirt erhuget.
ebreis vole kämt dir intgegen
mit palmen ende blumen allerwegen
inde gert dat it dich intfange 1250
beide bit loue ende bit sänge.
Jiie drei/ her Jhesus us den temple die koflude
Ir misdedige, henne vlijtl
in disen tempel insult ir nijt
driuen meisdait ende rouf
nog uorweselen vren kouf. 1255
Hie bleif her Jhesu in den tempel, ende niman Ma-
den zu essene sunder Martha.
Here, wilt du mit uns gaen
245d inde dat in guet uirstaen
dat wir han invnsen hus,
da is vnse bruder Lazarus.
da wil wir dir in guden truwen 1260
deilen des uns is uirluwen.
Jhesus xu Marthen
Vor Martha, gerne willich gaen
mit uch essea, ende infant
1261. verliehen. i*63. /. ctetftu»
MNL. OSTERSPIEL. 348
des ir halt in vren huse$
inde wir venden Lazaruse. 1265
va Magdalena kumet in Symons hus, da her Jhe-
stis saz, ende gois ime up sin houet aromata dat
gecrude. Dit sag Judas ende sprach
Dit were bas achter bleuen,
ymbe dit gecrude were gegeuen
zu lichten gedinge
dri hundert penninche,
ze geuene den armen 1270
der man sich sal irbarmen,
"us antwort sinen i$ngeren
Gedouget ug, laist bestaen !
want si hait wale an mir gedan.
bi ug sult ir alle zijt die armen
venden, der laist ucb irbarmen. 1275
mich in muit ir niet sien
in aller zijt, dat mus geschin.
dit is bekennisse,
dat man hi ane wisse
bedutnisse van minen graue, 1280
246* inde ich den doit ze lidene haue.-
phariseusy ein iude9 sprichet dus
(Quid facimus, quia hie . . .)
Ir heren, wilt ir nemen rait
vmbe dat sich hi erbauen hait?
hi in disen lande
heft sich eine nuwe schände. 1285
hie kumet des duuels bode
inde mach sich zu einen gode.
vch allen is he bekant.
Jhesus is he genant.
sin vader was eyn eimmerman. 1290
ig weis dat wale dat hene wan
an eynen wiue Marien.
sins wille wir uirzien.
sin koggelspel dat is so grois
1278. betekenisse? 1293. «ns willen wir rennen, wir wollen
vor ihm vorsehn, venien prospicere, cavere, praeeavere.
344 MNL. OSTERSPIEL.
ine weis nirgen sin genois. 1295
nuwens so hait he gedaen
dat ime eyn dode na gaen.
dat is de selue Lazarus
de hude mit ime in sin hus
zer tafelen hait gesessen 1300
inde hait gedrfinken ende gessen,
des nie inplagen ander doden.
helpe wir vns vs diser noiden!
inde dencken, wie wer den rait gegeuen
dat wir benemen ime sine leuen; 1305
want zu grois wirt sine gewalt.
ime volget jänc ende alt.
virnement dit die Romere
aldus gedane mere,
246b si nement vns dat laut, 1310
inde antwordent in vremede haut
vnse wijf ende vnse kent.
here Cayfas, nu vent
eynen rait de vns si gut,
da mide wir wale sin betrat. 1315
Cayfas antwort
(Expedit nobis)
Er heren, mirkit alle
of ach min rait beualle.
wir sien dat volc irre gaen.
dan dunckit mir nit gut gedaen.
besser ist dat eyn man sterue 1320
dan die werelt al vorderue.
Der irste iude spricht
Nu hört wat ich dar zu sage:
niet an den heilichen dage
insult ir dis begennen,
wilt ir den man vorwennen. 1325
Hie kumpt Judas zen rade
Alleine inplit mans nit ze houe,
ich muz dog mit vrloue
mich zuchen an disen rait.
ich weis wale wa it hine gait.
MNL. OSTERSPIEL. 345
ist als ich gemirken kau, 1330
so geit die reide Jhesuai an.
will ir reichte stan dar na,
ich wen, it ug andirs nit vorva,
ir inweruet mine minne,
dat ine uch gewinne. 1335
ich were ug harde gut daran.
246c he is ein sere wis man.
he is ach decke entgangen
als irne umbe vahgen
haddet alle gemeine, 1340
inde up irne druget steine.
nu siet wat ir mir willet geuen.
he wirt ug wale, sal ich leuen.
as zu Judase
Judas, dine zale
behait mir sere wale. 1345
wilt du uns bit truwen weruen
so in mait du nit verderuen.
vnder vns haen wirs geual.
dan af in mache ingein geschal.
wilt du ouch gedinge machen 1350
van aldus gedaner Sachen,
wir geuen dir uil schone
drizsich pennincge zu lone.
p wider
Da in rede ich nit wider.
gef mir nu ende euer sider. 1355
berichtet vre knechte
dat si mirken reichte,
so wen ich küsse vor sinen munt
den grifet ane zer seiner stunt.
nu hört wat ig hie mide meine 1360
dat ich hie dus kume alleine
- inde ich ualle in vren rait,
went id is vmbe vndait.
dat mich soude vrumen
dat is mich benumen. 1365
16?. /. ende u
34* MNL. GSTERSP1EL.
246d Maria quam van vrunde haluen
mit einer kostlicher saluen.
si were so wo mare bedde begert
drihundert penninche wert.
die gois si in implit. 1370
dat in behade mir nit.
des was ich ein kemerere.
of si virkoit were
so were der tinde penninc min.
der penninche sulden drissich sin. 1375
id sule mig hinderen oue vrumen,
des schaden willich na kämen.
Cayjas zu Judase
Judas, du reides reichte.
we mich in schaden brechte
des wolde ich immer na kämen, 1380
id solde hinderen oue vromen.
nu du vns dis Sicherheit,
dat wir dit venden al gereit.
Hie sendet her Jhesus sine apostelen in eine stat.
Peter inde Johan,
Jacob, mine villeiue man, 1385
in die stat sult ir gaen.
dat sult ir wissen sunder waen.
dat sult ir venden hude
eynen man den ich ug dude.
he dreit ein legeilen an der haut, . 1390
vol wassers, dat si ug bekant.
ir sult ime sagen mere,
dat ur meister ende ur here
wile sin paschen
(es fehlen mehrere blätter)
247 ■ of ich der martilien muge in sijn 1395
voirlaissen, oft si der wille dijn.
niet na minen wille, vader,
mer na den dinen allegader.
. . . i : i . .
1370. in ontplit? unbedachter weise ¥ pliet, cura% ebservßtie)* ift/i«"-
MNt. OSTERSPIEL. 3*7
unse* here wider ende vint sine iungere slajende
ende sprach
on, dormis? Non potuisti vna hora vigilare me-
cum, et Iudas non dormit. Quomodo non dormit,
sed festinat me tradere ludeis«)
Slefes du Peter, liue kent?
die wort van mir gescreuen sent. 1400
also sint si volle brait
hint, an dire seluer nait,
van einer enstelicher Sachen.
in moites du nit in wenich wachen,
als Judas deit, de sich bereit 1405
wie hie die Juden an mig geleit,
inde begint dar streuen
dat he beneme mir dat leuen.
ir sult ur slafen laissen stau,
inde rufen minen vader an 1410
dat uch der duuel nit bekore.
der geist, de is gereit doch zwore,
ouch wie der licham si ungesunt,
den doit zu lidene nu zerstunt.
geit uns here anderwerf beden.
Herteliue vader min, 1415
of id nit anders in mach sijn,
dat ich nit inmag intwenken
ine musze van disen kelge drenken,
247 b ig in wille die martilie nit entsien,
din wille musze an mir geschien. 1420
kumet unse here, ende vindet sin iungere sla-
fende, ende geit sich dirdewerf beden up den
berg.
(Pater, manifestaui nomen tuum ete.)
Vader, ich han in aller stunt
dinen name gemachet kunt
den luden die du hauis mich
gegeuen, vor die bid ich dich,
in in wille nit rufen ane 1425
' /. Hie comt unse
348 MNL. OSTERSPIEL.
vmbe die werelt dinen name.
went ich zu dich sal uaren, vader,
so bidde ich vmbe mine vrunt algader.
Hie kumet Gabriel ende troistet tmsen here.
Here Jhesu, durg dine gude
nu salt du dm vngemude 1430
loissen ende och dine clage.
vorstant ende hor wat ich sage :
dir inbudet sicherliche
din vader, got van hhnelriche.
ich ben as van ime gesant 1435
•eyn bode, Gabriel genant,
de ze diner müder
Marien der guder
wart gesant vm des minschen noit.
dar umbe so mfiz du den doit 1440
liden, de dich sal geschin.
van dinen vader is he vorsien.
247° den mfiz du doigen nu zestunt. .
war umbe it is datz dir wale kunt.
dar umbe la din ungedout. . 1445
id is umbe die irste schont,
di da in den paradyse
sich irhuef in maniche wise.
her umbe mfist ze rade gaen
got, din vader, sunder waen, 1450
wie ende mit wilcher Sachen
den minsche wider vri moichte machen.
he sig du genande,
Jhesu, dat he dich sande,
inde gaf dir dat ze dune 1455
dat du suis machen sune
tuschen dich ende dinen vader
inde der werelt allegader.
nu ist kämen an der zijt
dat zebrochen wirt der strijt, 1460
want du hais die sune vorbrah,
als hie vore is gesait.
nu troiste dich Jhesu, liue name,
MNL. OSTERSPIEL. 349
du salt lidcn sunder schäme
vmbe des minschen wille den doit, 1465
ende stürzen och din blut roit.
dan sal dich nit wesen leit,
want van dir gescreuen steit
dat du suis werden sunder noit
geleit als ein schaif zer doit. 1470
nu vair ich wider in dat lant
dan ich here ben gesant.
ere zu den apostelen
d Slafet kinder, nemet raste;
Judas de so nekit vns vaste
mit allen den viende min. 1475
steit up, laist ur slafen sin!
wat so sal die lange rue?
dis minschin sun der wirt itzu
getreckit in der sunder hant.
vrunt, dat si uch bekant: 1480
we so hait zwene rocke
de so loufe uppen stucke
virkoufer einen ende gelde eyn swert.
des is urber ende wirt begert,
weme id sie lief oue leit. 1485
went alse gescreuen steit,
ich sal den schaef hirde slaen,
sin schaef sulen gespredit gaen.
inde als ich uperstanden ben
vor gaen ich uch in Galileen. 1490
*eter zu Jhesu
Here zwey swert sint hie.
wat wolt du dat der mit geschie?
Peter, der is gnuch der mide.
gedouge wir uns nu zu stede.
u den luden lief.
Ir heren, hört wat ich ug sage. 1495
id is iezu vor deme dage
dat Jhesus in gebede
liet, na unsen sede.
350 MNL. OSTERSPIEL.
wilt irne vangen oue slaen,
so must ir balde bit mir gaen. 1500
Dit horten die luden ende
I
Et uos similes hominibus. etc.
bl. 3* Dese wort spreect onse here te sinen jongeren ende
teen igeliken menschen, ende spreken de wort aldus indi-
schen : gi sult gelic sin dien menschen die beiden hares he-
ren, die geuaren es ter bruloyt, dassin gereet inlaten. dese
brüdegoem es got, ende die brat es sin menscheit. die hef-
te r te himel geuurt. ende in den iuncsten dage so wilter
her weder comen. ende sprect onse here in den ewange-
lien: siet dat gi bereet sijt, want gin wet nit wanner nog
welges dags des menschen kint compt. dats dar bi want wi
alle tweere menschen kinder sin. ende hi en es nit dan
enes menschen kint ende gots. ende daer tue dwangen die
M. dassich got mensch macde, ende die menschen te gode,
als dar vore steet, dar onse here sprect, dat wi gode wer-
den, dat macde allene die m. want m. es so edel ende so
werdech, dasse den menschen ane allen dengen gode gelic
mact, in der maten dat hi heme gelic mag werden, nu sprect
hi dat wi gelic sulen wesen dien menschen die beiden hars
heren, die geuaren es ter bruloyt, als hi weder compt, das-
sin gereet in laten. ende die dus hars heren beiden, si su-
len drie denc hebben, wille sis wale beiden.
Dirst es dasse waken sulen. ende sulen waken dor drie
denc. dirste darse ombe waken sulen dats dat hen nit ver-
stohlen werde, dander es dat hen tfur nin verlessche, op
dasse heme ligt eniegen brengen. terde es dasse bereet sin
den brüdegoem in te laten. — si sulen den irsten waken
dat hen der scat nit verstoln en werde, dar af Sprect s. Pau-
lus: wat maech ons verstolen werden dan die sile? derre
«
MNL. PREDIGTEN. * $51
wacht der diuel lallen tiden, datter ons die verstele. ende
bidien steet ons vlitelic te waken dat wi die befanden, wi
snln oec waken op dat tfur nin lessche. dit für en es an-
«
ders nit, dan die genade ons heren. ende dir genaden sal
der mensch dogenllike wagten ende plegen, ende sal telken
tiden dir genaden tu leghen mit gnden werken, mi lest in
den anden wet, dat got geboet dat elken tijd een vur bernde
in den altare, ende der hude van den wette sult dat vur
maken, ende alloes tu leghen dat nin verleschde. geliker
wis es ons geboden, dien de genade ons heren in den her-
' ten bernt. ende der hude van den weite dat es des men-
schen bescheidenbeit. die sal dat vur der genaden stoken
met guden werken, ende sal die dogde vffenen vlitelike, die
heme got gegeuen heft, met singene, met lesene, met bedene,
ende met eenre igeliker guder arbeit, als vele als hi vermach,
ende na dien dat heme got genaden heft gegeuen die sal hi heme
weder genen. want en wilt hi die genade nit vffen so menret
se in gode. alsoe sprect s. Paulus: geft weder die genade gode,
gi verlisse anders, onse here sprect oec in den ewl. : so wi die
genade verbergt, dire van gode heft, ende nit en vffent, die
nempt hi heme ende gifse een anderen, darse nutter es. die
prophete sprect : in wil nemmer rasten eer ic come in die
heilecheit gots ende an hare dat iuneste. also sprect hi sei-
ner in Apoc. : ego sum alpha et 0, ic ben begen ende ende,
ende also sprect der prophete dat hi nemmer en raste, hin
com ten begenne ende ten ende dat got es. hi sprect oec
meer: memor fui3 ic gedagteane gode, ende mi weder vu-
ren drie denc. due ic ane gode dagte due losts mi, enjle
bidien vffendic gude werc, ende mi tevloet min gest van. dir
sutecheit die ic in minre gedechten ane gode vanL mi lest
van der coninginnen Hester, du se vor den coninc Assuerum
solde gaen, due erueretse hare sere. want. der coninc had
dien sede, wi vor heme quam ongerupen, hi must den doet
liden. ende tenen male must die conioginne vor heme comen
ongerupen. ende due ciretse hare met edelen clederen. ende
da se vor heme sulde gaen, due vurtse eene jonefrouwe met
hare, die bare die cleder op ligde. ende du se den coninc
ane sacb, due dogt hare dasse der coninc een deel verbolgelic
352 MNL. PREDIGTEN.
ane sege, ende verscoet alsoe sere dasse al bleee wart, ende
neigde sich op die joncfrouwe. bi den coninc Asswero es
betekent onse here Jhesus Christus, ende bi der coniginne
Hester es betekent die sile. want als die sile begint te ge-
denckene ane gode ende ane die schoenheit des himels, so
en rast die sile nemmermeer, eerse met hare gedegten come
vor gots stul, ende stict dan har ogen in din godeliken spi-
gel. ende alsoe als mi lest van der cög. dasse verscoet,
due har dogte dasse der coninc verbolgelic ane sege, alsoe
geschiet der silen, alse met hären gedegten vor gode compt,
ende sich got an sulker maten geft te bekenne, also dasse
sin anschin bekent, ende van dien anschine verschit die sile.
ende bidien dat der coneginne dogte dat har der coninc een
deel verbolgelic ane sege, bi dir bolgescap es betekent ene
wandelinge dis anschins. die wandelunge geschiet als die
sile hare oegen stict in gode, ende sich got har geft ter-
kenne. so verscit die sile, inde der lighame verlist al sine
cragt, ende trect sich dbuet (/. tbloet) allet enwert. want therte
heft so grote beruringe ontfaen, dat der mensch bleec wert,
ende neigt sich dann der geest op den lighame ont der mensch
wider te sich seluer compt. terde, darse ombe waken sulen,
dats dasse gereet sin den brudegoem in te latene als hi^compt
alsoe sprect onse here: ic sta, ende cloppe tes menschen
herten. selech sinse die mi in laten. met hen willic ho-
getide h ebben, hie sprac oec in der n. büke, dq mi op,
min liue suster ende tortelduue, ende laet mi hogetide hebben.
Dänder es, si sulen wale gesiert sin als danschin Stem-
pels., omaverunt faciem templi. mi lest in den auden wet
van den temple, dat was gecirt met güldenen cronen ende
met güldenen scilden, ende waren ane die orde des tempels
ombehange op geslagen met güldenen vingeren. gelikerwis
sal der mensche gecirt sin. dat sprect s. Paulus: onse
lighame es een tempel des leuentgen gots. sent wi nu een
tempel gots sin, so sulwi gecirt sin met eenre guldenre cro-
nen. s. Jo. sag ene vrouwe, die hadde die sonne tenen
cleede ende den mane tenen vutscemele, ende was gecroent
met xii ligten sterren. hi sprect oec:. ich sach een teken
an den himel, dat was wonder groet, ende was ene vrouwe.
MNL. PREDIGTEN. 353
det möge wi beteken ane onser vrouwen. want si hadde
wale die sonne tenen clede, da se die ewege sonne onlfine,
ende si ende got eren gemeinen son te gader hadden. si
hadde oec den mane tenen Vütscemele. dal was die böse
•
werelt, die hadse versmaet. si was oec gecroent ende es
noch gecroent in himelrike mit xii sonderliken eren. ende
dat hi sprac: ene vrouwe een wif, dat meint hi dar mede,
dasse mnder ende magt es. wi mögen oec dese betekeninge
keren ane ene igelic sile die gots tempel es. die sonne, dar
die sile mede es gecleet, dats die gre, die onse here den
goden menschen geft in den gebede. die mane, dats die böse
werlt. die salder mensch versmaden ende vlien. als S. Pau-
lus sprect : mi es die werelt te meste worde vor min oegen.
regte als of hi sprake: ic hebbe die werelt so verworpen
ende versmaet, dat ic nit meer op hare en agte dan offe een
mest wäre, dafna wert die sile gecroent met eenre cronen,
die heil xii sterren. das sin xn gemein sterren des himel-
rics, die een igelic mensche lieft dire oc ni heft (?). hi ge-
wint vi sonderlike vroude ende gecirde an din liue, ende vi
an dir seien, aldus sal die sele gecronet sin, die gots tem-
pel es. wi sulen oec gecirt sin met güldenen scilden, alse
dat tempel. also sprac Dauid, domine ut scuto. oy here,
du best mi gecroent metten scilde dins guden wüten, an den »
seilt sin drie orde. dar bi es ons dit betekent. en ort dat
sin ons heren gebot ende sin leringe. die sal der mensch
vlitelike hauden, ende sinen rade na volgen. dander ort es
ene igelicke regele, terde es die settinge die mer ons set
ende heit. dat sal der mensce gullike ende vrolike behau-
den, ende sal sin herte dar tu ordeniren, dat willeglike ge-
horsam sie sinre meesterscap ende sire ordenen. alse der
mensce dese drie ort heft so es hi wale gecirt vore gode,
ende es een tempel des leuende gots. dat tempel was oec
gecirt met inj ombehangen. dat sin iiij dogede, die der men-
sche sal hebben die gots tempel es. der erste es ontfarme-
cheit, die der mensche sal hebben ouer enen igeliken men-
sce, alse uerre alse hi mag. ende sal met eneu igeliken men-
schen dragen wat so herae mescomt, het si an liue, ogte an
seien, ogte an herten, ende sal uor heme bidden. der ander
es gehorsamheit, die sal der mensce willeglike lesten, met
Z. F. D. A. II. 23
354 MNL. PREDIGTEN.
harten ende mit liue. der derde es geduldecheit. dermensce
sal gednldeglike sine ordene dragen ont in den doct. der
uirde ombehanc ende der leste, dats otmuet. der mensce
sal oetmudelike alle sine werc uolbrengen. ende sal ontfar-
mecheit, gehorsamheit ende geduldecheit ciren met der oet-
mndecheide. met desen vier ombehangen sal dal tempel goto
gecirt sin. ende dese ombehange sulen op geslagen sin met
güldenen uingeren. also sal der mensce alle sine dogede
ophefeu metter Mn., ende sal sine sele ende gode te samen
nechgelen metter M\ en geliker wis, alse een vingeren roat
es sonder ende, also es die Mn. sonder ende, want alse
aUe dogede tegaen, so blift se stedeg. want sis eweg. mi
leset van Moyse, di wart geworpen in een water, ende wart
vonden op din watere, ende mi bragte dat kint der coni-
ginne, ende si hilt drie dage. bi din es ons betekent een
igelic geestelic mensce. Moyses sprect een mensche di vt
enen watere es getrect. dat sin geestelike lide. di sin ut
yn watere getrect derre vlitender werelt. want geliker wis
alse dit water ulit ende onstedeg es, also es die werelt alles
tid ongetruwe. also sprect ene wise urowe : wi uliten hennc
alst dat water. also sprect die screft: een igelic dinc iltdat
werde, ende dat sins sec nit meer en sie. also es die un-
. getruwe werelt alse dat water. vt din watere sin gesteifte
lide getogen in geesteliken leucne. dar in sulense dri dage
weiden gaen iegen dat himelrike. der erste dag es gans ende
regt ruwe. der ander dag es ganse ende regte bigte al der
sunden. der derde dag es stedege bvte toten ende« mi leset
in den adden wet, dat onse here gebot dat mi een tempel
macte, ende dat cirde met drin uarwen. met witter ende met
roder ende met himel varwen. bi der witter uarwen es be-
tekent die kuscheit ene gestelike scame. daraf sprect S. B'.:
ic weet ene harde scone doget, si es geheten geestelike
scame. si .es harde guet geweten, si es een heimelic vrint
gots. si es een behutinge der kuscheit, ende een stuel ende
een beginsel der dogede, ende ene bereidinge des hertea,
ende ene ouergulde alre dogede ende alles gudes. bi der
roder uarwen es betekent gedencnisse ons heren marteleo.
dar sal der mensce bedinken al dis dat bi dor ons leden heft,
ende wie grote minne hi ons dar mide toende. ende dar
MNL> PREDIGTEN. S55
sal sich die sele uerwen mettin Müde dat ut sinen hertea
vloet. also sprect S. Agnete : ods heren bluet es mi ene
uarwe an minen wangen. hofsce urouwen plegent sich te
verwene met witter varwen ende met roder. also sai sich
di sele verwen met kuscheide ende met gedenckenisse ons
heren martelen. dat lempel was oec gecirt met himeU var-
wen. dar mide es betekent begeringe ende M*., die wi su-
len hebben tin himelsce lande, ende die Me. salt ons toenen
ende mit gode verbinden, also sprect S. Paulus: die Mc. es
een bant dar onse bere bitter seien mide wilt gebunden sin.
S. Agnes sprect oec: die Me. es een sntebant: sibintgode
ende die sele sutelike te samen. hi sprect oec: oy Me. du
best ene edele doget, ende best die nit en begers allene te
hebbene. du deeist di al den genen die in der minnen sin.
so sprect dan S. Paulus : die M*. es edel, ric ende gewel-
deg, ende stat also metter M\ si mact den riken arm ende
den armen rike. ende wi sonder M\ es, die es arm, al wäre
oec alle die werelt sin. ende wie oec die Me hefl di es rike.
aldus sal die sele gecirt sin met drin uarwen alse dat tempel.
Terde es wie degene dun sulen, die hars heren beiden,
die ter brulogt es geuaren. dats dat si sulen geduldechlike
beiden, also dats hen nit en verdrite, of hi te lange mert.
si sulen geduldechlike beiden dor dri dinc. die geduldecheit
meret din loeii. so der mensche geduldeger es in sinem bei-
den, so sin loen mere es vor gode. dander es, si hoget
die werdecheit. so der mensce merre werdecheit hefl, so
hi hoger wert vor alt himelsce her. terde es si breit die
nroude des himelrikes. so der mensce merre geduldecheit
heft, so sine uroude mere es vor gode, ende an heme seluer
ende an alt himelsce her. also list mi van S. Mertene, die
was also geduldeg dat hi seide: here wiltu ic leue, wiltu ic
Sterne, wat gi wilt dat willic, v wille gewerde an mi. mi
lest van enre urouwen, die hit Rebecca, die drug twe kin-
dere, ende die kint cregen in der müder ohder sig. bi dir
vrouwen es betekent der gude sente Merten. die drug twe
willen, die cregen onder sig. dat was doet ende leu$n. wat
gots wille wäre, dat dat oc sin wille were. were dat gots
wille dat hi leuede, sowoldehi leuen, gode tedioste. wolde
oee got dat hi storue, so wolde hi stcruen gerne, op dat hi
23*
356 MNL. PREDIGTEN.
ter himelscer gelorien queme. got geue ons guden wille,
ende din also te haldene dat sin ere ende onse orber sie.
Amen.
XXI
Dets wie sich got gelict eenre blumen.
bl. HO* Refloruit caro mea etc. Alsas sprect onse herc
dor dd. mont. min vlesch es weder gebloit. na saldi mer-
cken dat sig onse here gehet eenre blumen, ende die blane
heft ses bladere. derre bladere sulwi mercken drie ane sinrc
mensheit, ende drie ane sinre gotheit. ane sinre mensheit
was oetmudecheit, kuscheit ende gehorsamheit, onse bere
Jhesus xpc was der oetmudeehste mensche die ie geberei
wart, hi was also sere versmaet, dat noit mensche op erl-
rike so versmaet en wart, bi was oec der kuste mensche
die ie geboren wart, ogte emmer geboren sal werden, sia
wort, sin werc, sin gelaet, sin wandelinge ende alle sin le-
nen was also reine ende also kusch alst van regte wesen
soude. want hi es een beginsel alre kuscheit. hi was oec
gehorsam sinen vadere totter doet. want gehorsamheit ban-
den ane een cruce, ende schiet sine edele sele van sinen
lighame, ende stunt an den cruce also iamerlike, dat sinre
liuer müder harte herte tebreken mogte. ende due se also
iamerlike stunt bi heme, ende also hertelike sere weinie,
(want muderlike herte es harde morwe, ende si sagene »
groter noet), due sprac hi te hare: sech, liue müder, waer
din kint staet! dat was also vele gesprokenr sech, liue
müder, wie ic stae l mi sin min vute ant cruce genegelt aet
also scarpen nagelen, dat ic di niet ter herbergen geleidea
en can. min hande sin mi genegelt, ic encan di din oegen
niet gedrogen. min bluet es mi ontfloten van minen herteo.
in can gespreken nog en can di nit getroesten. ende due
sprac hi te S. Jo. ewl\ die bi heme stunt: ecce mater tua.
dat was als vele gesproken: sech, Jo., ic benele di minre
liuer müder; müder, ic beuele di Jo., minen liuen iungere,
tenen sone. dat was een cranc wessel. hi gaf den here
omb den knegt. Owi! nu merct muderlic herte, ende prüft
MNL. PREEIGTEN. 357
wie herleliken wee Marien sinre müder was due si hare kint
so iamerlike sag staen ant cruce ende si den iungere muste
neraen vor den meester. siet of Jhesus gehorsam was.
want wat dreuene in sinre doet ant cruce? — aldus hebdi
gebort wie onse here Jhesus xpe drie blumen hadde an sinre
mensheit. nu suldi oec drie mercken an sinre hoger gotheit.
dats gewaut, schoenheit ende ewecheit. sin grote gewaut
mogdi mercken ane menger creiaturen. merkt dat hi gewel-
deg es himels ende erden, ende al dis dat ie gewart, ende
oee dis noit en wart, ende al dis dat emmer werden sal.
sin gewaut en can niman vol teilen, met enen worde macde
bi himel ende erde, ende alle denc, ende alle creiaturen,
ende es nog al in sinre gewant besloten. dits die blume van
sinre gewaut. nu merct die van sinre Schönheit, van sinre
scoenheit es bouen mate te sprekene, ende es onseggelike,
want sin Schönheit es ongelic eneger Schönheit die mi ge-
uisiren can. ende alle Schönheit es ene donkelheit iegen sin
Schönheit, nu hört een gelickenisse geft een wis man. hi
spreet: die name al dat ie wart ende emmer werden sal,
beide, hout ende stene, blumen, gras, ende al dat bernen
mag, ende van al din een vier maecde, dat worde een harde
groet ligt, ende die dau ene kertce name, ende ontfencket
se, ende hiltse ihegen dat groet vier — regte (sprect hi)
alse die kertce wäre ihegen dat vier, also ongelic es alle die
Schönheit in himelrike ende in ertrike ihegen die Schönheit
die ane gode es. dits die blume sinre Schönheit, nu suldi
mercken sin gotlike ewecheit. dat eweg es, dats sonder ende,
also suldi weten dat die gotlike ewecheit sonder ende es.
ende oec sonder beginsel. hi was altoes, ende hi es altoes,
ende hi sal altoes wesen. siet, dits die blume van sinre
ewecheit. ende aldus es got weder gebloyt. nu sul wi heme
bidden, dat hi ons bloyende ende groiende make, ende ewe-
like te bliuene met sinre ewecheit. Amen.
35S
EIN MÄRCHEN AUS DER OBERLAUSITZ.
Eine nonne ein bergmann and ein schmied wanderten
mit einander durch die weit, einmal hatten sie sich in einem
*
großen finstern walde verirrt, so dafs -sie froh sein musten
als sie endlich in der ferne ein gemäuer erblickten in dem
sie dachten obdach zu finden, sie giengen also darauf zn
und sahen dafs es ein altes wüstes schlofs war, schon ver-
fallen, aber dafs man doch zur noth noch darin wohnen
konnte, darum beschlofsen sie darin zu bleiben und hielten
rath wie sie sich einrichten wollten und worden bald einig
dafs immer eins von ihnen daheim bleiben und die Wirtschaft
bestellen sollte während die beiden andern aus wären.
Das lofs zu hause zu bleiben traf zuerst die nonne. als
nun der bergmann und der schmied in den wald gegangen
waren, besorgte die nonne die küche, und als ihre gefahrten
zur mittagszeit nicht heim kamen, verzehrte sie ihren theil
von der malzeit. da trat auf einmal ein graues männchen
zur tnür herein, schüttelte sich und sprach co wie friert mich !'
die nonne antwortete 'setze dich zum ofen und wärme dich.'
das männchen that wie sie es hiefs, aber bald rief es co wie
hungert mich!' die nonne sagte 'auf dem ofen steht eisen,
so ifg.' da machte sich das männchen über das efsen und
afs in geschwindigkeit alles auf was da war. darüber wurde
die nonne zornig und schalt es dafs es für ihre gefahrten
gar nichts übrig gelafsen hätte, da gerietb auch das männ-
chen in einen grofsen zorn, nahm die nonne, schlug sie and
warf sie von einer wand zur andern, darauf liefs es sie
liegen und gieng seines wegs. am abend kamen die beiden
gefahrten der nonne nach hause, und als sie hungrig ihr
efsen* verlangten und nichts da war, machten sie der nonne
grofse vorwürfe und wollten ihr nicht glauben als sie ihnen
erzählte was ihr widerfahren wäre.
Den folgenden tag erbot sich der bergmann das haus zu
hüten und versprach schon dafür zu sorgen dafs niemand
EIN MÄRCHEN. 339
hungrig zu bette geben dürfte, so giengen die beiden an-
dern in den wald und der bergmann besorgte das ' efsen,
verzehrte seinen theil und setzte dann das übrige auf den
ofen. da trat das männeben herein, aber wie ersehrack der
bergmann, als er sah dafs es zwei köpfe hatte, es schüt-
telte sieh und sprach co wie friert mich ! ' ganz voller furcht
verwies es der bergmann zum ofen. bald darauf fieng es an
xn klagen co wie hungert mich/ cauf dem ofen steht efsen,
so ifs ! ' antwortete der bergmann. da fiel das männehen mit
seinen beiden köpfen über das efsen her und bald war alles
aufgezehrt, als der bergmann es deswegen ausschalt, ergieng
es ihm wie der nonne : das männeben schlug ihn, warf ihn
von einer wand zur andern, liefs ihn dann liegen und gieng
davon, als nun am abend der schmied mit der nonne heim-
kam und nichts für seinen hunger fand, gerieth er mit dem
bergmann in streit und vermafs sich hoch und theuer, morgen
sei an ihm die reihe das haus zu hüten und da solle es
keinem an efsen fehlen.
Als am andern tage das efsen fertig war, kam das männ-
ehen wieder, und dies mal hatte es drei köpfe, es klagte
über frost und der sebmied biefs es sich an den ofen setzen,
als es darauf über hunger klagte, theilte der schmied von
dem efsen etwas ab und setzte es ihm hin. damit war das
männehen geschwind fertig; es sah sich mit seinen sechs
angen begierig um und verlangte mehr, und als der schmied
sich weigerte ihm mehr zu reichen, wollte es ihm mitspie-
len wie der nonue und dem bergmann. der schmied aber
war nicht faul, nahm seinen grofsen Schmiedehammer, gieng
auf das männeben los und schlug ihm zwei von seinen kö-
pfen ab, 30 dafs es eilig die flucht ergriff, der sebmied lief
ihm durch viele gänge nach, bis es bei einer eisernen thür
plötzlich vor ihm verschwand, nun muste der schmied es auf-
geben das männehen weiter zu verfolgen, nahm sich aber
vor nicht eher zu ruhen als bis er mit seinen beiden gefähr*
ten alles glücklich bestanden hätte, indessen waren der berg-
mann und die nonne nach hause gekommen, der schmied
brachte ihnen, wie er versprochen hatte, ihr efsen und er-
zählte ihnen sein abenteuer und zeigte ihnen die beiden ab-
gehauenen köpfe, die sie mit verdrehten äugen anstarrten.
360 EIN MÄRCHEN.
darauf beschlofsen alle drei sich von dem grauen männchen,
wenn es möglich wäre, ganz zu befreien, und gleich am fol-
genden tage giengen sie ans werk, sie musten lange suchen
ehe sie die eiserne tbür fanden bei der das männchen ge-
stern verschwunden war und es kostete grofse mühe ehe sie
sie aufsprengten, da that sich ein weites gewölbe vor ihnen
auf: darin safs ein schönes junges mädchen an einem tische
und arbeitete, sie sprang auf und fiel ihnen zu fufsen, indem
sie ihnen für ihre befreiung dankte und erzählte sie sei eine
königstochter und von einem mächtigen zauberer hierher ge-
bannt worden; gestern mittag habe sie auf einmal empfan-
den dafs der zauber gelöst sei und seitdem habe sie jede
stunde auf ihre befreiung gehofft, aber aufser ihr sei noch
eine königstochter in dieses schlofs gebannt, darauf giengen
sie und suchten auch diese auf und befreiten sie. in grofsen
freuden dankte sie ihnen und sagte dafs auch sie gestern zu
mittag es gefühlt habe wie ihre Verzauberung gelöst sei. nun t
erzählten die beiden königstochter ihren befreiern, in ver-
borgenen kellern des schlofses sei ein grofser schätz den ein
schrecklicher hund bewache, sie giengen nun danach und
fanden endlich den hund, und der schmied erschlug ihn mit
seinem schweren hammer, wie sehr er sich auch zur wehre
setzen mochte, der schätz aber war goltf und silber, ganze
pfannen voll, und dabei safs als hüter ein schöner jüngling.
der gieng ihnen entgegen und dankte ihnen dafs sie ihn er-
löst hätten, er sei der söhn eines königs, aber von einem
zauberer in dieses schlofs gebannt und in das dreiköpfige
männchen verwandelt worden, als er zwei von seinen köp-
fen verloren, da sei die Verzauberung der beiden königs«
töchter gehoben worden, und als der schmied den gräfslichen
hund erschlagen, da sei auch er erlöst gewesen, dafür soll-
ten sie nun den ganzen schätz zum lohne haben, darauf
ward der schätz getheilt und ehe sie damit fertig wurden
hatten sie lange zu thun ; die beiden königstochter aber hei-
rateten aus dankbarkeit für ihre erlösung die eine den schmied
und die andere den bergmann, und der schöne königssohn
heiratete die nonne. so lebten sie in frieden und freude bei-
sammen bis an ihren tod. 4
361
LAUBACHER BARLAAM.
Berichtigung zu s. 126 des In bandes.
Die angäbe dafs von der Laubacher handschrift des Bar-
laam Diefenbach zuerst nachricht gegeben babe ist unrichtig,
schon im j. 1820 hat Benecke in seiner beurtheilung von
Köpkes ausgäbe des rudolfischen Barlaam (Gott. gel. anz.
st. 34) sie mit wenigen Worten beschrieben, deren Wieder-
abdruck nicht überflüTsig sein dürfte.
'Die geschiente des Barlaam und Josaphat, die eben so
gut eine empfeblung des eremitenlebens als des christenthums
beifsen kann, mufs vor Zeiten ein sehr beliebtes buch gewe-
sen sein, nicht nur Rudolf brachte es in deutsche, reime,
der verfafser dieser anzeige hatte vor einigen jähren aus der
zu Laubach befindlichen bibliothek des grafen Solms eine
handschrift in bänden die im j. 1392 geschrieben wurde und
eine von Rudolfs gediebte ganz verschiedene, im ganzen aber
schlechtere bearbeitung desselben Stoffes enthält, als verfafser
derselben wird am schlufse ein bischof Otto genannt, der
reimzeilen mögen vielleicht ein paar tausend mehr sein als
bei Rudolf, auch schliefst sich der bischof genauer an das
lateinische an als Rudolf, so heifst es zum beispiel gleich
im anfange im lateinischen Rebus igitur bene se habentibus
et aureis (ut ita dicam) pennis multis in coelum volantibus
surrexit quidam rex Avennir nomine, dies übersetzt Rudolf
in drei Zeilen ohne etwas von den aureis pennis zu erwäh-
nen; Otto hingegen, dem gerade dieses bild sehr gefallen
mochte,
er gülden gefedere
da» druog sy hen wedere
zuo den hy meischen koren.
nu moget er gehören
was die veder duten
an den guden luten:
wachen fasten
und darzuo lulzel rasten,
362 LAUßACHER BARLAAM.
und arbeiten sere
aldurch die godes cre,
das Jbret en die sele
zuo sante Mychele.
in den selben stunden,
do die lade begunden
als us ze gode streben,
do begunde ein konig leben u. s. w.
als fingerzeig für denjenigen der etwa eine zweite hs. die-
ser arbeit Ottos auffindet mag diese probe genügen; eine
weitere vergleichung mit Rudolfs gedieht gehört nicht hier-
her, nur dies verdient hier noch bemerkt zu werden, dafs
die im zehnten kapitel des lat. buch es erzählte fabel von dem
Vogelsteller (Bon. fab. 92, vergl. Ellis rom. 1, 139) von Otto
übersetzt ist, bei Rudolf aber, man begreift nicht warum,
fehlt/ —
Stuttgart, 10 merz 1842. FRANZ PFEIFFER.
••
BURIDAN UND DIE KONIGIN VON
FRANKREICH.
De Buridano et Noverra historia Johannis Jencz
ineipit feliciter.
Buridanus, nacione Picardus, perspicacis vir ingenii, dum
in alma universitate Parisiensi degeret in collegio Na-
verre, quod omnium collegiorum ibidem est maximom,
quamvis varios libros composuerat ceteraque preclara fa-
5 cinora sequentibus posterisque ad sui sempiternam memo-
riam statuendam reliquit, tunc aliis suis preclaris factis
dimissis solum unum memorie tradere visum est, qnaliter
nephandam mulieris libidinis cedem stultorumque adoles-
centum ac amatorum miserandam cladem et oppressionem
10 mira calliditate prohibuerit. nam quodam tempore ad Buri-
dani aures loquax fama rumorque pervenit de regina Fran-
cie Navarra nomine, qualiter plerosque adolescentes Pa-
risiensis universitatis studentes suecessive ad se iusserat
2. pariensi regeret 4. /. composuerit 5. ad suis sempiter-
nam 6. /. reliquerit /. tarnen //. 8. vielleicht mnliebris
BURIDAN UND DIE KONIGIN VON FRANKREICH. 363
accersiri, quorum nullus ab ea rcverti Visus est. Buri-
danus vero erat vir magna prcdilus solertia. ex regine
palatii situ, quod super aquam Secanam iacet, studentum
perdicionis causam apud se recte rimatus est. ut ergo
5 ulteriorem miserorum amancium submersionem impedire
posset, ad hoc opportuno vestimentornm ornatu regine
curiam lusum ingreditur. dum autem scopbi lado pluribus
secum vario cursu laborantibus certaret, ipse cunctis ce-
lerior cunctisque agilior el in corporis multiplici flexibi-
10 litate cunctis expeditior visus. regina vero Navarra de
pallacio versus eandem curiam ad ambitum egressa Buri-
dani celeritatem miratur, totiusque ludi iocunda celebri-
tas non tantum quantum solius Buridani gracile corpus
eiusque veloces sallus reginam delectare videbantur. nul-
15 lum autem maius solacium Navarra in regis mariti sui
absencia posse habere credidit ut quanto citius velocis sal-
tatoris potiretur amplexibus. nam qui coreä veloces sunt,
eciam in amoreis amasiis expediciores esse creduntur.
nee fit mora. misso nunecio Buridanus vocatur ad regine
20 pallacium. quo veniente, stratis per euneta sedilia tapeti-
bus atque celatis vasis multo auro argentoque fulgentibus
per mense ambitum pro cena ducenda ordine locatis, opta-
tus amator gaudenter suseipitur. cena vero vario eibi po-
tusque apparatu, multiplici sermone, diverso ioco citharis
25 resonantibus in multam noctem splendide ae solenniter
deducilur. dum vero longe dulcis Bachi indulti blanda Ve-
nus utriusque amantis corpore surripere visa estf innu-
meris osculis ultro citroque datis sei*cia sacra ingredi
moliuntur. sed ubi Naverra talibus gaudiis tri um dierum
SO atque noctium spacio perusa fuisset atque libidinis ardore
minuto et communis insanie crescente, ne eius scelere
patefacto publicum sibi scandalum atque dedecus oriretur,
feraineo fraudis vero expers Buridano, ut plerisque dudum
coosueverat, necis boram hiis verbis nunciavit, 'non te
16. /. quam ut 18. vielleicht in amore ceteris amasiis H.
20. tapedibus . 21. selatis 26. 27. /. indultu — corpori surre-
pere H. 28. utro vielleicht e'icie d. i, Eryciaae L. secreüora? H.
29. molliuntur 31. /. et communi insania decrescente
%%. f«plic«m 33. /. feminee
364 BURIDAN UND DIE KÖNIGIN VON FRANKREICH.
conturbet, mi amator, quod post lalia gaudia ultimum spi-
ritum reddere debeas. nam tu non solus haue viam iturus
es. sunt etenim nonaginta novem iuniores te adolescen-
tes, qui post meos amplexus Secane fluetus non potuerunt
5 evadere. non igitur te conturbet, si post dulcia experieris
amara.' Buridanus vero huiusce malicie non iguarus iam
dudum per suos diseipulos navim foeno onustam dispo-
suerat, que geometrica altitudine ad foramen illud, quo
Buridanus de regine pallacio ad Secanam preeipitandus
10 esset, poterat attingere. tali itaque auxilio fretus ad regine
minas lete ac hilariter hiis verbis respondisse, co sere-
nissima domina, o mea flamma, o mens amor, tuus ro-
seus aspectus, tuus dulcissimus amplexus, luum tenerum
corpus meum animum tarn ardenti cupiditate, tarn firmis-
15 simis katbenis sibi ad perpetuam dilectionem colligavitut
nulla mors tarn aspera tamque dura esse possit quin eam
tui amoris causa libentissime subire paratus sim. ymmo
si vivus a te separari debeam, nullam futuram vitam scio
michi amplius fore ioeundam. ut ergo in tuo amore gaa-
20 denter mori valeam, de triplici prece, inclitissima domina,
me securum digneris efficere: pro quibus tuis preclaris
benefieiis in altero seculo incessabilem amorem eternis
obsequiis velim rependere.' regina autem, quam vis cru-
delem sibi cepisset animum, Buridani tum verbis mitigata
25 ita respondit, co dulcissime amator, ex mille ämatorum
numero nullus unquam tarn amasium tamque fidele cor
michi habere visus, nullus unquam tibi similis repertus
est. ea de causa quiequid postulabis vita excepta impe-
trabis, si saltem michi quoquo modo possibile fuerit re-
30 tribuere.' ad hec Buridanus, co clementissima domina, ut
meum corpus, ymmo non meum sed tuum, quo tu perusa
es, si unquam in ripis Secane repertum fuerit, honorifice
sepulture constitui possit vigiliarum atque missarum cele-
bracionibus pro anima tuo amore sauciata consequentibus,
35 quatenus peeuniam ad hec necessariam sub braebio michi
alligare velis primam oracionem offero devotissime/ ad
hanc peticionem regina magnum auri saeculum eius ca-
misie assuisse asserilur. seeundo petit ut auream cathe-
5. expererii 10. vielleicht fretus fertur 16. süm 24. tum] /. tarnen &
BURIDAN UND DIE KONIGIN VON FRANKREICH. 365
nam qaam regina in collo gestabat sne cervici velit ponere,
ut lorqaes ipsa in ftituro seculo Buridani anime appensa
- vclnt memoriale quoddam ipsum in pristinos Naverre am-
plexus posset reducere. qua impetrata nee terliam sibi
5 regina peticionem recnsare potuit, dum orai ut ante omnia
dextram manum liberam habere posset. qua per foramen
ineünatus aque Secane benedixit, ne quis sibi malignus
Spiritus nocendi vim quousque modo habeat. dum sie terna
vive expressa medioere voce aquam benedixit in nomine
0 patris et filii et spiritus saneti, sui diseipuli navim pre-
dietam foramini appropinquanti eius dextram firmiter atri-
puerunt. dum regina ipsa tradit, ipsi trabunt atque ingens
saxum aquam iniciunt, itaque magnus sonus in aqua au-
ditus regine satis faceret aflectibus. hoc cum non contenta
5 adhuc majorem desuper lapidem misit proiieere, ut, si
Teilet surgere Buridanus, non posset. sed fideles diseipuli
ioeunda magistri liberacione vigilantissime potili dulei quieti
eorum trabunt corpora. postera vero die Buridanus in sum-
ma secretorum suorum e gratitudine diseipulorum non le-
0 vium personarum more scelus regine revelare, sed subtili
quadam versucia patefacere in dubiam suspicionem ponere
curavit. nam emptis ferme omnibus aviculis que in pon-
tibus Pariseus haberentur, scripsit hec verba, crcginam
Naverram interficere nolite timere quia bonum si quis
5 consenserit ego non contradico* hiis verbis rotulis inscri-
ptis et collo avium assutis et alligatis omnes volare di~
misit. quas iterum aueeps una cum rotulis cepissent atque
doctoribusmagistris ceterisque universitatis suppositis verba
rotularum ostendissent, quisque legencium se dubitare as-
0 serebat utrum dieta verba reginam inlerimendam an inter-
fectionem eius metuendam affirmarent. cum dubia de ro-
tulis avium fama vago rumore vario per omnem non modo
Universitäten), sed et civitatem Parisiensem volutaret, il-
lud quod diu erat in dubio factum est in ore omnium fere
1. /. imponere H. 11. /. appropinquantes 13. /. in aquam
aque] ita ut H. 14. hoc autem non contenta? H. 18. /. tra-
un t H. 19. /. suorum congratulatione H. 21. /. patefacere et
%2. empli 23. /. Parisiis 27. /. quas cum iterum aueupes
3. /. voliUret
366 BURIDAN UND DIE KÖNIGIN VON FRANKREICH.
populo, quod Buridanus debeat ille faisse qui predicta
scripserat. de quorum verborum intellectu et construccione
interrogatus dicitur respondisse 'lucide scriptum est, ut
qnisque acciperet prout suo liberet arbitrio.'
5 Hec Burida ni solercia ex communi fama cepi Pariscus
et presertini a quodam centenario qui senio confectas ad-
huc vivebat anno domini 1460. is dicebat se dum tdbuc
adolescens esset Buridannm matura etate iam vidisse. in
ecclesia vero, ubi sepultus est Buridanus, ut fecerunt
10 Picardi studentes, de predicta pecunia usque in bodier«
num diem perpetuum ccnsura fecisse narratur pauperibus.
itaque omni die Veneris unus albus francigenus, qui qua-
tuor valet denarios, cuilibet venienti pauperi pro eins
anima in elemosinam datur. regine vero Francie Naverre
15 meretricis silencio populi obliteratus nicbil reliquit aliud
unquam in collegio Naverre pro predicto scelere perpe-
tuus census quibusdam studentibus regina institueret, qui
horas canonicas pro ea in evum decantare astricti sunt,
hec et tanta de Buridano ad postulacionem eommendabi«
20 lis bonarum arcium sectatoris magistri Petri de Gotingcn
ex vago rumore in unum colligere conatuS sum alma in
universitate Lipczensi anno domini m°4c7° quorum Bari-
dani et regine anime requiescant in pace. amen.
1. populo] propalam? 5. /. Parisiis 13. qnilibet
15. in der hs. met*c(>. man könnte das ganze ungefähr so to-
sen, regine vero Francie Naverre memoria silencio populi obliteraU
nicbil reliquit aliud quam quod in collegio Naverre pro predicto sce-
lere perpetuos census quibusdam studentibus regina institueret u. s. v>.
Die obige in einem gemisch von classischem und mit-
telalterlichem latein abgefafste erzählung des NicoL Jentsch
habe ich aus einem noch nicht consignierten papiercodex der
Leipziger Universitätsbibliothek, in quart, der von einer
nachlässigen hand gegen ende des 15» jh. geschrieben ist
wider vermuten fand ich, als ich in Bayles dictionnaire hist.
et crit. (Amst. 1740) den artikel Buridan nachschlug, daß
nach note a höchst wahrscheinlich dieselbe erzählung noch
anderwärts, nämlich in einer hs. des klosters Seitenstetten
in Ob er Ostreich vorhanden ist. in der note hei/st es ,rce feit
etoit d'une notoriete bien publique, du moins dans les pais
BURIDAN UND DIE KÖNIGIN VON FRANKREICH. 367
ätrangers, puis qae dans la Saxe — un maitre ez arts de
l'universite de Leipsic composa en 1471 uu petit ouvrage
sous le titre de commentariolus historicus de adolescenlulis
per Biridanum natione Piccardum ab illicilis cuiusdam reginae
Franciae amoribus retractis. M. Krause qui pag. 186 de son
Journal literaire aleman imprime in 8° a Leipsic en 1715
parle de cette pi&ce comme etant un manuscrit de la biblio-
th&que du monastöre de Seilenstadl dans la baute Autriche,
devroit bien, soit dit en passant, en procurer l'impression.'
bei der berufung auf J. G. Krause mnfs eine irrung vor-
gefallen sein, denn trotz allen nachsuchungen habe ich we-
der in den von ihm redigierten neuen Zeitungen von gelehr-
ten sacken noch in seinem büchersale das citat auffinden
können.
Nicol. Jentsch nennt in seiner erzählung die königm
schlechthin Naverra; aus andern nachrichten erfahren wir
dafs die sage damit die königin Johanna von Navarra
(f 1304)., die gemahlin königs Philipp des An meinte, das
älteste zeugnis dafür scheint das des Robertus Gaguinus
(f 1501) zu sein, der in seinem Compendium super Franco-
ram gestis, Paris 150b fol. im In buche bl. 70 *b sagt, Fue-
runt quoque insignibus feminis sua fala, nam uxores filiorum
Philippi tres addulterii insimulatae sunt, und bald darauf ob
banc impudicitiam insignium mulierum natam fabulam reor,
quae de Joanna Philippi pulchri uxore a rerum imperilis me-
morari solet, eam videlicet aliquot scholasticorum coneubitu
usam eosque ne pateret scelus, protenus exlinxisse et in
Sequanam amnem de cubiculi sui fenestra abiecisse ; sed unum
tantum Buridanuin eo periculo forte liberatum et propterea
sophisma ab eo editum esse crcginam interficere nolite timere
bonum est.' fuit siquidem Buridanus Joanna posterior u. s. w.
Gaguinus selbst hält demnach das gerächt nicht für wahr;
nach seiner Vermutung wäre zu dessen entstehung der um-
stand veranlafsung gewesen dafs die drei gemahlinnen der
söhne Philipps des An, Margaretha Johanna und Bianca,
des ehebruchs angeklagt und die erste und dritte als schul-
dig befunden von ihren männern verstofsen wurden (vergl.
E* A. Schmidt gesch. v. Frankreich, Hamb. 1835, 1,723).
es haben auch andere, wie J. Launoy in seiner Regii Na-
368 BURIDAN UND DIB KÖNIGIN VON FRANKREICH
varrae gymnasii historia, Paris 1677. 1, 14. 15, die gehalt-
losigkeit dieses gerüchts zu zeigen versucht, indem sie der*
zuthun sich bemühten dqfs Buridanus viel zu spät nach der
k'önigin Johanna gelebt habe, allein sie bringen kein ent-
scheidendes zevgnis bei. nach dem verfafser des artikth
Buridati in der biographie universelle (Noel) soll Buridan
im j. 1358 sein nach ihm benanntes haus der picdrdischen
nation vermacht haben und man schliefst daraus dqfs Bu-
ridan vielleicht auch in demselben jähre gestorben sei. dem-
zufolge kfinnte Buridan wohl ein zeitgenqfse der Johanna
gewesen sein, glauben wir mehr der relation des Nicol.
Jentsch, nach welcher der hundertjährige greis, der ihm
1460 in Paris die geschickte erzählte, den Buridan in sei-
ner jugend noch gekannt haben will, so mttfs dann Buridan
noch über das jähr 1370 hinaus gelebt haben, dies erhält
dadurch einige Wahrscheinlichkeit dafs ihn Marsilius ab
Inghen (f 1396) in seiner Oratio dictiones clausulas et ele*
gantias oratorias complectens, Heidelb. 1499. 4. ah zeitge-
nofsen von sich auffährt, wie dem auch sei, so ist gewiss
die k'önigin Johanna bei dieser geschickte ganz unbethei-
ligt; es bestand, ivie wir gleich sehen werden , eine ältere
an der Universität Paris haftende sage, die sich später an
Johanna von Navarra aus keinem andern als dem gründe
anlehnte weil diese kurz vor ihrem tode im j. 1 304 das col-
legium von Navarra stiftete (vergl. darüber Launoy a. a. o.).
Nicolaus Jentsch hat zugleich mit der sage noch einiges
von dieser Stiftung, aber in grofser entstellung, erfahren.
Die sage ist, wie ich bemerkte, älter, wir haben ein von
Martin Schlecht oder Schleich in des Späten ton verfertig-
tes gedickt, welches die herausgeber des wunderhorns 2, 237
vielfach verändert zuerst bekannt machten, in echterer ge*
statt findet es sich in Görres meisterliedem s. 195 und nach
einem fliegenden blatte aus dem anfang des 16n jh. in Ph.
Max Körners histor. Volksliedern, Stuttg. 1840. 8. s. 201,
womit der text in dem Frankfurter grofsen. liederbuche
(v.j. 1599. 8.), #°226, im ganzen übereinstimmt, dieses
gedickt hat ganz dieselbe sage zum gegenstände; in ihm
tritt aber Albertus Magnus an die stelle des späteren Bu-
ridanus. aufserdem dafs in diesem gedickte die sage sich
BÜRIDAJ* UND DIB KÖNIGIN VON FRANKREICH. 369
■ einfacherer gestalt erhalten hat (die zahl der von. der
inigin umgebrachten ist z. b. nicht 99, sondern nur 9)
ird auch nur einer königin von Frankreich* nicht . von
marra gedacht, die9 nachdem es ihr mit Albertus M.
isslungeny auf seine ermahnungen in ein klostet geht* **
im sie noch 18 jähre in reue und leid zubringt. Albertus
F. (geb. 1205) befand sich um das j. 1230 in Paris; nach
m alten Hede mäste es dann Bianca von Castilien (f f 252),
Uwe Ludwigs des 8«, sein mit welcher er verbotenen um
tngs pflog, dafs die ältere sage diese Bianca, auch meinte
>,ht aus einem späteren Zeugnisse hervor, der dichter Jo
innes Secundus machte im jähre 1532 eine reise nach Frank-
ich; in Paris sah er das an der Seine gelegene schlofs
n welchem herab nach der sage die königin Alba ihre
tbhaber durchs fenster in den flu/s gestürzt haben sollte;
hat darauf das folgende gedieht gemacht (ppp. LB,
151. 12. s. 119 und s.276).
In arcem reginae Albae Parisiis.
Cernite flaventes ubi volvit Sequana lymphas
Semirutam, fertur quam coluisse prius .
Effera funestae regina libidinis, arcem.
Nunc ultorc mali üt tempore sola iacet
Et quassata undis ventis habitatur et imbri,
Multa ubi ferales nocte querantür aves,
Cypris ubi mitis flammas exosa cruentas
Chaonias sedem ponere nolit aves,
Qua strix, qua Furiae volitent et plurima fatam
Exululet raucis questibus umbra suum.
Sic domus aeternum numerosae conscia caedis
Impia lalscivae facta luit dominae.
Labuntur lentis et condemnata ruinis
Implorant hominum pendula saxa manus.
Implorant frustra: stant haec rata lege severa,
Instauratricem ne ferat ullus opem,
Aut subeat gladios pretium pietatis iniquae
Et quis adbuc ausit facta nefanda sequi.
En etiam saxis mortem censura minatur
Longaque post cineres stant monimenta mali.
m sieht wohl leicht dafs Alba der latinisierte name ist für.
Z. F. D. A. II. 24
370 BURIDAN UND DK KÖNIGIN VOty FRANKREICH
Bianca, wenn die geschickte auch nichts erwähnt was im-
serer sage historische Wahrscheinlichkeit verleihen könnte,
so hat sie doch mehreres über Bianca von Castüien über*
liefert was die keuschheit dieser königin stark verdächtigt
(vergl. Bayle dict. u. d. artikel C&sl'iWe und Schmidt a.a.O.
s. 487).
Der alte französische dichter Francvis Corheml iit
Villon gedenkt der sage in seiner bailade des dames da
temps jadis (Recueil des plus heiles pidces des poMes Fran-
cois — par Barbazan. Paris 1692. 12. 1, 11) mit folgen*
den Worten 9
Semblablement oü esl la reyne,
Qui commende que Buridan
Fast jette en ung sac en Seine?
und9 wahrscheinlich nach dem deutschen äede9 Eyering, pro-
veriiorum copia 1,4,
Dann als der Albertus Magnus
Nicht (wie andre) so tröstlich was,
Verricht er doch der königin mort
Aus Franekreich durch die vöglein zart,
Den er die zettelin in mund
Dergestalt in jhr schneblin bund,
Das wo sie sich salzten zu essen ;
Der zettelin im mund vergessen
Sie fallen liessen zu der fahrt,
Dardurch jhr mort verrahten ward,
Vnd in jhrn reich vnd garitzen iandt
Ein mörderin alldo genandt,
Die neun Studenten bracht Utahs leben,
Gott wol jhr solche sünd vergehen.
Der durch den abschreiber sehr verunstaltete toset der
erzählung von NicoL Jentsch bedarf noch der verbefserung,
die sich mit hilfe einer zweiten hs. leicht ergeben würde;
durchfreundliche beihilfe des Herausgebers dieser Zeitschrift,
dem ich das ms. vorher mittheilte, sind indessen mehrere stel-
len lesbar gemacht worden deren Herstellung mir nicht hatte
gelingen wollen. — scophiludus s. 303, 7 ist balispiel ; Du-
cange gibt wohl unrichtig scopha pila, QalHce, pale, fir
scophus. HERM» LEYSEft.
371
ZU SILVESTER.
>&• 156. daz (er) dicke und ofte dö
vrömder geste vil gewaa. Haupt.
2. tugentlöse wiht.
0. dtsiu] diu. mir scheint disiu in der Senkung und mit
verschliffenem anstaut zu hart für Konrad. H. — ich
habe dieselbe Vermutung gehabt, aber wieder gestri-
chen weil Konrad, wenigstens im Silvester, jenes de-
monstr. liebt, vergl. 197. 2256, 2306. 3857. 4414.
5039. 5160.
2. verswein.
27. ab ich? H.
25. beide setzen die abschreiben so willkürlich dqfs ich es
auch hier lieber ihnen zutraue als dem dichter gegen
die regel (Lachmann z. Nib. .646, 1). 4874 /. und.
im Silvester Schemen mir die zweisilbigen miftakte
leicht hinweg zu räumen. 12. 104. 1730. 1812. 2133.
2310. 2395. 2847. 4622. 5171 und. 588. 633. 1126.
2627. 2643 dann oder dan. 749 iur. 1054 eim.
1215 wir sin [ber] üf dise erden. 1892 leit {vergl.
2026). 1903 über aircemisch riebe. 2165 prüef. 2228
müez. 2542 geläzen ohne oueb oder oueb läzen. 2673
umb oder um. 2877 uf. 2895. 4755 als. 3073 würd.
3080 selb. 3291. 4098. 5158 und. 3332 so bedarf.
3427 weil. 3498 reht. 3501 muost. 3797 wenn aber
oder wenae ab. 3867 wolt. 3981 swig. 4453 müg.
4632 swenn. 4643 an. 4736 von prime. 4823 runt.
4843 und bnoben. 5022 ezn müge. H. — ich bemerke
dagegen folgendes, beide findet sich gold. schm. 844
in ganz gleicher Stellung und wird durch das Zeugnis
von zehn handschriften geschützt, freilich läfst der
zweisilbige auftakt in den meisten fällen sich mit leich-
Ugkeit wegschaffen,, und ich kann noch weitere ver-
befserungen dieser art vorschlagen. 927 umbe ge-
aist. 1111 waer. 1353 wann. 1904.3086. 3506 als.
24*
372 ZU SILVESTER.
2297 keiner. 3097 irdisch. 3453 od. 3454 sprach er
ist zu löschen, ferner gold. sehn. 847 ders. troj. kr.
1687 uz. 2593 ich wil statt du wil ich. 24651 daz ist
zu streichen. 5383 iu weiz. 15932 oug über ouge zal-
ler. 24651 daz fällt weg. es fragt sich aber zunächst
ob die herbei geführten kürzungen auch alle für Kon-
rad zuläfsig sind: von einigen, z. b. von iur, od,
möchte ich es noch nicht behaupten, dann aber bleiben
noch andere fälle zurück wo sich der zweisilbige
auftakt nicht wohl entfernen läfsty z. b. Silvester 937
man bevalch diu reinen kindelin. 2948 einen men-
schen suln wir machen, 2959 einen menschen sul wir
bilden, die kärzung ein oder einen hat Konrad schwer-
lich gebraucht. 1209 wir sin Pöter unde Paulus.
3450 weder was daz erlriche. gold. schm. 1999 von
der engel süezem schalle, unter diesen umständen
scheint es mir angemefsener die regel noch nicht fest
zu setzen sondern das zeugnis der handschriften zu
erhalten, erlaubt halte ich mir im Silvester nnd für
unde, vergl. zu 113, auch 4720 drin, weil es durch
gold. schm. 5 gesichert war. 2877 uffe hatte ich
selbst schon bezweifelt, s. vorr. xi. -r- [937 könnte rei-
nen, 3450 weder entbehrt werden. 1209 würde ich
an P&tr und Paulus nicht viel größeren anstqfs neh-
men als an sein 209. aber 1263 die getauften gotes
knebte weifs ich nicht mit Wahrscheinlichkeit zu än-
dern, da man gotes nicht wohl streichen darf: viel-
leicht getaufte gotes knehte? leichter läfst sieh 3754
ändern, die geburt entslöz uns [Jesus] Crist. auch
die zweisilbigen auftakle der goldenen schmiede la
fsen sich fast alle durch genauere Orthographie hin
weg schaffen. 146 swenn. 623 dürr., 641 künn. 670
1817 würd. 688. 930. 970. 1374 vrow (wie 74. 1874)
1007. 1322 schön. 1172 müg. 1255 z ei ib. 1269 denn
1279 verr. 1370 het. 1851 grüen. 1881 schier. 1987
manc. 847 würde ich lieber leit als ders schreiben,
es bleiben, außer jenem beide 844, nur drei beispiele
übrig. 14 oder: die hss. schwanken und deuten da-
durch gerade, auf od. 1384 der geschepfde sin ze löne:
ZU SILVESTER, 873
■to lesen nur acg, die pergamenthandschriften wei-
chen ab; doch, glaube ich, liegt in jenem das wahre
der geschäpfde ze ldne, denn sin ist im gegensatze
su dem folgenden der schepfer sich ervrischete ganz
entbehrlich. 1999 das oben erwähnte von der engel
sü'ezem schalle : hier möchte ich sü'ezem streichen. //.]
395. guote war. Konrad liebt die silben zu zählen, warum
sollte er hier die Senkung fehlen lafsen, wo guote
war doch die gewöhnliche redensart wäre? H. —
wir sind nicht gewiss, da die ßexion wegfallen kann,
vergl. gramm. 4, 482. freilich steht auch troj. kr.
158* keine war, aber das entscheidet noch nicht,
denn gleichformigkeit ist nicht nöthig, auch nicht
natürlich, die letzte Senkung fehlt in dem gedieht
nicht selten, z. b. 862. 879. 1030. 1744. 2213. 2987.
3478. — [in diesen beispielen, mit ausnähme des letz-
ten, fehlt die Senkung mitten in einem worte, prisant,
ungeloubhaft (vergl. geloubhaft 1420, dagegen gelou-
behaft 2812), härschaft (aufser 1030 noch 1110.2553),
andäht. (außer 17 44 noch 4435. 4521. 5189), äkust
(aufser 2213 noch 3726), Silvester (aufser 2$87 noch
111. 169. 242. 419. 868. 1225. 1284. 1458. 1464.
1686. 2786. 2987. 3084. 3380. 3389. 3924. 4089.
4549. 4590. Silvestrd 423. 724. 853. 1505. 1864.
2974. 5131. Silvestrum 293). ich fuge die übrigen
beispiele hinzu, urdrutz 5. bischaft 19. 3875. 3892.
4135.4263.4281. Liutolt 80. Justä 105. Cyrimisll6?
Thyraotäus 166. 198. Thymot&nm 294. biscfaof 246.
Paulo 279. Paulus 1408. 1429. 1488. unreht 339.
gesuntheit 493. hantgift534. zwelfhote 582. ursprinc
654. 5032. freislich 728. gotheit 751. 2818. 2940.
3701. 3712. 4095. 4119. Petrus 774. 805. Hdnörä-
tus781. serpant 796. palas 951. 1086. 1748. 4601.
palastl834. sieebeit 1004.2541. meiatät 1019. tump-
lich 1067. gewonheit 1091. billich 1095. 4316.
siechtagen 1222. 1679. 1849. pfafheit 1229. Seraptin
1283. götlich 1427. buochstaben 1482. 4725. gewaer-
haft 1605. Jonas 1653. 1664. samztages 1695. Sau-
los 1801. vriheit 1877. demuot 1977. menscheit2165.
374 ZU SILVESTER.
2784. 3724. 4207. 4374. urloup 2197. wistuom 2211.
2458. abgote 2301 . wärheit 2455. 2643» 2744. 3243.
3941.4531.4946. diensthaft 2480. 5186. volkist 2506.
Botschaft 2567. J6as2749. Gdddlias 2750. Annan 2752.
Kusi 2755. 3467. Davit 2900. 3012. trehttn 2946.
3008. 3462. 3532. 3878. 5138. wonhaft 3057. dürnin
3069. 3184. 4464. Ysäiä 3091. Ysäiaä 3398. wis-
s«*ge 3101. 3151. 3225. wissagen 3277. 3301. 3333.
4321. gewissaget3359. Zachanas 3122. wisheit3137.
Jddas 3161 . J&remias 3187. 3213. dannoch 3475. 3485.
antwurt 3573. 3603. 4002. 4577. 4679. arbeit 3641.
4120. 4140. 4756. välant 3838. 4902: hovart 3839.
3860. vräzheit 3879. 3897. unkast 3977. 4424. 4541.
Jobal 3989. 4083. Tharä 4223. smächeit 4329. urhap
4403. als6 4483. Zambri 4642. 4658. 4741. unlob-
same 4674. freissam 4912. 5040. freissamen 5066.
urteil 4927. einige dieser beispiele würden an sich
nichts beweisen, da mit vollerer form der Wörter sich
die fehlende Senkung gewinnen liefse, goteheit ge«
woneheit götelieh dienesthaft (wie 20 steht) boteschalt
arebeit unlobesame; es bleiben genug übrig denen
man nichts anhaben kann, die goldene schmiede bie-
tet folgende belege, richtuom 55. trotfrit 97. Fraa-
ciscus 155. brfitstuol 307. urhap 357. forest 467. got-
heit 581. 784. 1633. 1651. güetlich 589. Affer 811.
. Cuonrät890. menscheit 961. 1733. arbeit 1067. vol-
leist!138. ursprinc 1141. wirouch 1404. sidin 1417.
gewis saget 1722. zwivalt 1750. trehtin 1939. wissa-
gen 1967. viel seltener als mitten in einem wort»
läfst Konrad die letzte Senkung des stumpfen verses
nach einem Worte fehlen. Silvester 1246 wird viel*
leicht statt dri stunt bejser geschrieben dristunt, wie
gold. schm. 507. unsicher ist dri tage 762. 1545, da
drie tage wohl so gut als in Hartmanns Gregor 1540
stehen dürfte, und bereit was 1749, da bereite gar
zu nahe liegt, muot was 950, iatin wol 2711 werden
des herausgebers wahrscheinlichen Vermutungen wei-
chen missen. 4198 vermutet er dise nÄt für die not;
ml demselben fechte wird man 2053 ditze heil für
ZU SILVESTER. 375
I
Akz heil vorschlagen dürfen. 1544 (nü iuo> mit wil-
len daz ich dir sage würde al vor daz vertrugen, es
bleibt übrig drizic jÄr alt 458. zwei jir 841. iant sin
(«u> ifecA der Herausgeber rieht sin vorschlagt) 928.
sprach er 2988. bröt az 3154. dorn nie 3478. in den
zweitausend zeilen der goldenen schmiede fehlt,- wenn
ich nichts übersehen habe, die letzte Senkung nur
zweimal anders als mitten in einem werte. 1986 diu
saane erlasch und wart sal, 873 diu doch die reinen
bluot birt. allein die zweite stelle ist unsicher, denn
ein tkeü der hss. bietet diu doch den schämen bluo-
mem birt, aus dieser Zusammenstellung, bei der ich
mich absichtlich auf den Silvester und die goldene
schmiede beschränke, ergibt sich die Möglichkeit dq/s
1395 guot war richtig ist, aber zugleich die unwahr-
schcuüickkeit ; denn einfallen muste dem dichter das
üblichere guote war. HJ\
18- gewaltic. denn kein and&r gewaltic ist scheint mir ge-
schmeidiger. H. — aber Konrad legt selten die he-
bung auf ein tonloses e, zumal bei zweisilbigen Wör-
tern, vielleicht bewähren sich nicht einmal die bei-
spiele die Hahn zu Otto 158 a/{/iihrt9 wenigstens
ist gold. schm. 378 zu streichen, und warum sollen
wir den dichter noch geschmeidiger machen als er
schon ist? — [dq/s ich mit unrecht lein ander ge-
waltic ist vermutet habe mufs ich einräumen, ebenso
dafs ich 3725 mit unrecht die lesart der handschri/i
in schütz genommen habe, aber an kein Ander gwal-
tic ist nehme ich immer noch anstofs. denn was ich
von der letzten Senkung bemerkt habe (zu 1395),
dafs Konrad sie mitten in einem worte häufig feh-
len läfst, nach einem worte sehr selten^ das gilt auch
in hinsieht jeder andern stelle des verses. im Silvester
fallen vielleicht einige beispiele durch andere, dem
dichter nicht ungemäfse, betommg hinweg, 1958 und
lie vliezen tougen. 2978 daz sun vater unde geist.
4483 bok gegen bökke also, einige stellen erledigen
sich wenn man genauer schreibt, 229 hiez er que-
len unde skhn, 346 ich wil dich quelen harter. 4724 an
376 ZU SILVESTER.
die schalen silberm. 4899 der stier verloren hat sin
leben, hierher gehört auch 2439 mit guoter schritte
vollekomen (schrifte wie 2771). vom herausgeber sind
verbefsert 665 und guot geniste (Jur guote genist) haßte
und 3279 daz anrehte (Jur nnreht) waenest du. unver-
ständlich und verderbt ist 3426 der uns wart noch ge-
d4ht. bei 1039 den wagen nf dem er saz wird man fra-
gen können ob nicht hier das 2897 verworfene (s. zu
1325) äffe stehen darf, wodurch der vers alle Senkun-
gen erhält wie 1642. leicht zu ändern ist 4981 den
pbarren daz er geniset in disen pharren daz er
gniset. von den beiden seilen 4952/1 daz er tot unde
leben Beide mac vil wol geben, die hinter einander
Ronrad gewiss nicht so geschrieben hat, ist die zweite
sicher durch gegeben zu verbefsem, vergL 4961/
daz du wider mäht gegeben Dem ohsen ein gesundez
leben: die erste zeile weifs ich mit Wahrscheinlich-
keit nicht zu ändern, endlich gehören nach der ge-
wöhnlichen betonung hierher 338 und wärt sin zöro
alse groz, 4612 ich weiz einen gotes nämen. in der
goldenen schmiede steht 695 wazzer fiur erde luft,
aber Ronrad kann die unorganische aber nicht seltene
form fiwer gebraucht haben. 1310 kann man vielleicht
lesen din heil sime glücke. 432 f. würde ich maudel-
kerne vorziehen, denn Ronrad kann neben der star-
ken form auch die schwache gebraucht haben, und
er zog sie vor, wenn die folgende ansieht richtig ist.
Senkungen, aufser der letzten, läfst Ronrad mitten
in einem worte im Silvester mehr als achzig mal,
in der goldenen schmiede ungefähr dreifsig mal feh-
len, unter so vielen beispie ten ist beinahe kein ein-
ziges völlig sicheres von fohlender Senkung nach er-
ster den vers beginnender hebung. denn Silo. 2515/
sit du von den touben Abgöten bist getreten beweist
nichts ehe man nicht darthut da/s Ronrad nicht abe-
göten sagen konnte, welche form hier und da er-
scheint. 380 heifst es man sol dich underwisen Daz
Thymot&us niht enwas Meintaetic, wand er las In sins
edeln herzen muot. hier hat Grimm bereits bemerkt
ZU SILVESTER. 377
dafs in (Christum), fehlt, ich möchte aber dieses in
nicht zu anfange des letzten verses einschalten, son-
dern so schreiben, Meintaetic, wände er in las In sines
u.s. w. so ist mit dem anstoße des sinnes hinweg-
geräumt was mir bei Konrad ein metrischer anstofs
scheint, es bleiben drei verse übrig (2759. 3922.. 3963)
in denen die erste Senkung des verses nach der er-
sten silbe des namens Archöl oder Ark&l fehlt, da
aber, wie in der anmerkung zu 2759 angegeben wird,
die kaiserchronik die legenda aurea und das passio-
hal einstimmig Aroel haben, so scheint mir bei Kon-
rad Arob&l die richtige Schreibung; daraus ward
zuerst Archel, dann Arkel. wenn also, wie es scheint,
Konrad an dieser stelle des verses die Senkung selbst
mitten im worte nicht leicht hat fehlen lafsen, so dünkt
es mich unwahrscheinlich dafs er sich dies nach einem
worte eher erlaubt haben sollte, ich hatte also 4750
meine Vermutung frechen unde geilen für sicher, denn
ein dichter wie Konrad gebraucht zwar manches äel*
tene des verses wegen, schwerlich aber gegen seine
metrische gewohnheit ungewöhnliches wo das gewöhn-
liche ihr vollkommen entspräche. 4049./I wo die hs.
Davide und zide gibt, möchte ich nicht lesen ouch
sprach zuo hern Davit Göt in der alten zit : sollte der
dichter nicht geschrieben haben ouch sprach zuo hern
Dävite Got in der alten zite ? freilich Davites in den
ahd. Wiener fragmenten (n, 18. vm, 21.23) beweist
dafür nichts. 1104/1 heifst es ich, der mit miner hant
Han überwunden elliu lant: hier will ich mich aller
Vermutungen enthalten und glauben dafs durch die
fehlende Senkung der nachdruck des ich erhöht wer-
den soll, aber 1418 ist, glaube ich, zu schreiben kein
■ander got gewaltic ist Wan der vil reine süeze Crist :
jvor dem folgenden worte konnte got leicht autfallen,
und der Zusammenhang fordert beinahe dieses wort,,
denn vorher geht des kaisers meirvung dafs Petrus
und Paulus mügen — vil üz erweite göte wesen. H.~\
»38. und gerne leisten d. g., abhängig von niht. ich gebe
zu . dafs ungern möglich ist, aber auch der ausdruck
378 ZU SILVESTER.
dünkt mich, bei verbindendem und, passender wem
und gerne geschrieben wird. H.
1897. drftne Benecke (Gott. anz. 1841 s. 728). es mäste wohl
des ftne heifsen; aber das erlaubt das versmq/s nicht.
vergL Walth. 31 > 10 sich dran Uzen.
2156. müezent. denn Uzen 2672 ist wohl 1* phtr. praes.
conj. H. — Hahn hat schon vorr. zu Otto s. 9 anm.
die 2a plur. praes. auf -en bei Konrad nachgewiesen;
dazu Jüge ich troj. kr. 21266 ir versehen im reim auf
speben. in einem spätem gedieht (aitd. wälder 2, 142,
240. Hätzlerin 129b) ir erkalten : spalten.
2550. du] ich glaube dnn (= du in), gerade wegen 2280.
2320. vergl. noch 2880. 4880. H. — ich hatte es auf
D&vides riche bezogen, aber allerdings wird es befser
mit der jiiden got 2545 in Verbindung gebracht.
2674. swederz, vergl. 2681^. H. — sweiders hat die Hand-
schrift, und teil keifst hier partei, wie 2838 der Ju-
den teil.
2765. der eilift. H.
2779. siner B. und H. — ich glaube auch, siner ist rich-
tiger, aber ich bin nickt ganz gewiss, vergl. Grajf
präpos. .82. Iwein 3273.
2782. einen (druck/.).
2876. wellent daz.
3437/*. vielleicht
und an der schritt; gelesen ie
daz got den Ersten menschen hie (—den ersten men-
schen der hier war). H.
3451. Adam.
3725. mit der handschrift s6 wsere Ad&m&s verinst (oder
'Adämes. H. — 3471. 3498. 3510. 3528. 3688. 3730.
3763 Adam, 3451. 3503 Adam, 3587 Adame, 3512.
3520. 3683 Adamen sind sicher, aber Ad&m&s,'Adäm&s
hier ohne beispiel und fUr Konrad bedenklich.
3837. der wiss&ge Davit, denn da wider «f nur ein schreib-
fehler den der Schreiber, als er das richtige Davit
gleich selbst setzte, auszustreichen vergq/s. H.
$.141. unten in der anmerkung l. 4351 statt 4356.
4307. ze den] ze rede ? H .
ZU SILVESTER.
• <*r wohl am besten hinter bok. H.
• iueh. H. steht mich in der Aandschri/t.
'. frechen, grammatisch mag sich frech verteidigen la-
fsen, aber es ist unwahrscheinlich dafs Konrad ohne
noth die seltene ausdrucksweise gebraucht und damit
gegen seine gewohnheit die Senkung aufgegeben haben
sollte. H. — bei blqfser Wahrscheinlichkeit gestatte ich
noch keine änderung der handschrift, und hier kann
ich nur eine Vermutung sehen* eine Senkung, sogar
zwei in derselben zeile, läfst Konrad nicht allzu selten
fehlen.— [s. zu 1418. H.]
I. triuget B. — ich stimme vollkommen bei. die hand-
schrtft hat trüget, demnach ist auch die bemerkung in
dervorr. Vii und vm zu streichen.
>. triuwen (druck/.).
Ich habe im Silvester allzeit (218.840.3327. 33dl. 3474.
. 3766. 4442. 4474. 4520. 4965. 5026. 5063 offenbar
hrieben , nicht offenbar , weit ich , Schmellers ansieht
rff 1, 163) beistimmend, jenes fiir das richtigere halte,
weil Konrad, wenn auch nur in einzelnen füllen, a : ä
et und anderwärts bei ihn {Engelhard bog. Q 11) offen*
gar vorkommt, wie bei Friedrich dem knechtMS. 2, 116%
re schwanken. Neidhard, dem a und k im reim kaum ei*
unterschied zumachen scheinen, gebraucht offenbar (Be-
e s. 340. 358. 439) ebenso oft als offenbar (Benecke
£4. Wackemagel lesebuch 1, 513, 29). der Meisner
ngb.27h) reimt das wort mit jär und schar, der dichter
ifrieds von Braunschweig mit gevar (Uannöv. hs. bl. 149d)
jär (206*). allein da Konrad das wort vorzugsweise auf
reimt {im Silvester, und Otto 391. troj. kr. 4995« 5063.
J.7391. 10505. 12933.16313.18890.19181.21642.21835)
andere, welche a : ä zulafsen, wieFreidank 23, 17. 42* 5,
itenstein Fronend. 27, 16, blofs offenbar zeigen, so* glaube
jetzt* geht man sicherer wenn man, wenigstens JUr. diese
ter, ein unorganisches offenbar als adj. und adv. annimmt,
ist auch Haupts meinung. dazu kommt dq/ß Gottfried, der,
iel ich wei/s, kein a : ä gestattet, freilich nur einmal (in
lobgesang, bei Wackemagel leseb. 1,431,27), offenbar
war reimt : er gebraucht daneben das adj\ offenbare
380 ZU SILVESTER«
(Trist 10997. 17716. lobgesang str. 56 Hagen, auch
andern, z. b. in Rudolfs Barlaam 322, 40 und in dem un-
echten Hede Konrads MSH. 3, 340*) und das adv. offenbare
(Trist. 15069, vergl. Waliher 7,20. Stricker ged. 3,33.
Biterolf 13286). dieses adj. mag den langen vocal veranlaßt
haben, der in dem ahd. offanpar und offanparo nicht darf
vorausgesetzt werden; ein niederdeutsches uffinb&re kommt
aber im reim auf h&le schon im zwölften Jahrhundert vor
(Hoffmann Jundgr. 2, 136, 15).
ZUR GOLDENEN SCHMIEDE.
lies xxm, 3. 4. aus der kaiserchronik sind einige büß-
sehe gleichnisse von der Jungfräulichkeit anzuführen.
xlix, 5. Dävides. 142. lebermer. 284. brat.
1085. ir 1285. ähte Lachmann. 1466. kuochen.
WILHELM GRIMM.
WATE.
Jacob Grimm hat (oben s. 5) aus dem reime Waten : ge-
raten im Alexander und aus der ags. Schreibung Vada der-
gethan da/s man Wate schreiben mvfs und nicht W&te. du*
bestätigt die Gudrun.
232, 2 (928) da man Waten den alten | bi sinen beiden vant.
357, 1 (1427) der fürste Hagene fragte | Waten und sine man.
507, 1 (2027) dö kam der degen Fruote | and Wate mit si-
ner schar.
509, 4 (2038) zeHagenen dem wilden | hiezen si Waten den
alten dringen.
514, 1 (2055) dö gieng üf Waten den alten | der ktraic mit
gr6zen siegen.
520, 3 (2081) er künde [da] Waten den alten | niht von im
bringen.
522, 2 (2088) er kam ze Waten dem alten | daz was dem
helde leit.
687, 4 (2750) und wil nach Waten dem alten | unde nach
den andern . . . senden.
889, 1 (3555) swä man Waten den küenen | in stürmen ie
vemam.
WATE. ZUR GUDRUN. 381
•25', I (8699) dd sprach Wate von Stürmen | cieh mag iuch
niht verdagen.
1185, 4 (4544) Wate mit sime gesinde | was dem magn&ten
komen al ze n4hen.
1897, 4 (5592) si vorhten Waten den alten | alse einen grim-
men lewen wilden.
1457, 2 (5830) Waten und sine man.
1465, 3 (5868) ich muoz ze Waten dem alten : | swie mir da
gelinge.
1466, 3 (5867) dobestuont er Waten den grimmen. | daz was
dem beide ein 6re.
1468, I (5873) Wate vil zorniclichen | lief Hartmnoten an.
1470, 3. 4 (5883/.) ez was ein michel wunder | daz dd Hart-
mnot
von Waten niht muoste sterben : | vil grimme was der
recke gemnot.
480, 3 (5923) nü st&t der recke Hartmnot | vor Waten in
gr6zer freise.
ille diese seilen können nicht richtig gelesen werden wenn
Ron nicht Wate oder Waten zu einer silbe verschleift.
Einige zeilen lafscn sich nun, da wir die richtige form
fcf namens kennen, leicht aus ihrer Verderbnis herstellen und
dienen so zur bestätigung.
►29, 4 (1318) die frowen erbiten küme | unz si die site an
Waten dem alten erfunden, die hs. hat an dem alten
Waten.
*40, 1 (1359) D6 hiez man Waten den alten | zuo der meide
gän. die hs. den alten Waten.
455, 1 (5821; Üf Waten und sine helde | so grimme man dd
schöz. die hs. wiederholt zutnach und.
508, 3 (6035) nü ner uns küniginne | vor Waten und sinen
mannen, die hs. wiederholt vor nach und.
Ich übergehe die stellen die metrisch nichts gegen Wate
etveisen, wie 759, 2, wo zwar kein verständiger unde Wätn
em alten billigen wirdy aber und Waten dem alten an sich
nanstöfsig wäre, wenn nicht die ermittelte form des namens
ihrte daß es heifsen mufs unde Waten dem alten.
In den wenigen zeilen also in denen dieser Harne mit kur-
384 ZUR GUDRUN.
meine Veränderung dieser stelle, wie die der folgenden,
habe ich schon an einem andern orte mitgetheill, ich
wiederhole sie hier, weil sie von dem neuesten Herausge-
ber übersehen worden ist.
322, 4 (1290) lies daz stüende uns allen schentliche. die hs.
schedlich, was hier keinen sinn gibt.
456, 4 (1826) lies swie si des niht gedachten, ja gewunnensi
der arbeit m&re. die hs. wann sy des icht gedachten.
538, 4 (2154) lies ich kan des niht geläzen, ich engrüeze hieb
willicliche. die hs. han und ich gruesse. auch 1369, 2
(5478) muß kan ßir han gesetzt werden, daz sint vil
(kiiene) degene, als ich gesehen kan, vergL 1374, 2
(5498) als ich mich kan versehen.
646, 1 . 2 (2583/!) lies D6 si heten gerne die porten zao ge-
tan, dö muosten si daz lernen durch schumpfentiure Ver-
lan, die hs. d. m. s. das lernen das schimpfen tewre ward
Verlan, auf schumpfentiure scheint auch Ettmüller (s. 66)
gekommen zu sein, obwohl ich seine meinung nicht recht
verstehe.
662, 2 (2648) lies du hast mit dieneste hiute hie versolt daz
u. s. w. die hs. mir dienst.
669, 2 (2676) lies ez waen den niht geviele die erz wizzen
liez. die hs. ettwan.
686, 3. 4 (2745/!) lies henden: — ja kan ez niemen anders
s6 wol genden (=geenden). die hs. handen und geanden.
693, 1 — 3 (2771 ff.) lies Der wirt wol tüsent helden gap ros
unde wat : diu zugens üz den seiden, so si der ofte Mt
der vehten wolte riten zuo langen str&zen. die hs. rbfs
vnd gewant — so sy die ofift hant — ze — .
707, 1 — 4 (2%27ff.) lies Dö si zesamen wären, von den ich
hän geseit, komen mit ir kreften, äne freude leit heten
zallen ziten die recken unde sorgen, waz in die naht ge-
schähe, si dähten wie leben wir den morgen?' diehs.
an freunde lait und die recken vnd wegsorgen.
H.
385
DIE GÜTE FRAU.
GEDICHT DES DREIZEHNTEN JAHRHUNDERTS.
Die einzige Handschrift in der dieses gedickt erhalten
ist befindet sich in der k. k. bibliothek zu Wien {cod.
2795, früher philo/. 42, Ambr. 435, papier, 45 blätter
kleinfolio, vergl. Hoffmanns Verzeichnis s. 55 wid von der
Hagen im altd. museum 1, 550, der zugleich angibt dafs
die handschrift aus der Handbibliothek kaiser Maximilians
stammt), sie fährt den titel Anonymi poema de Caroli M.
origine et geuealogia. bekannt war das gedieht bisher nur
seinem inhalte nach durch Ferd. Wolfs schrift über die
neuesten leistungen der Franzosen für die herausgäbe ihrer
national -Heldengedichte s. 73 — 97. ich entnehme es einer
abschrift die Schottky im j. 1817 für die Berliner könig-
liche bibliothek {ms. germ. quart 12) besorgt hat.
Der verfafser, über den wir nichts erfahren als dafs
er das gedieht auf den wünsch eines markgrafen geschrie-
ben hat, war ein mäfsiges talent und hatte noch wenig
Übung gehabt; sein werk scheint ein erster jugendlicher
versuch und wenn er sich durch den erfolg desselben nicht
zu weiteren arbeiten ermuntert gefühlt hat, so darf die
Literatur geschickte dies nicht zu sehr beklagen, seine weise
ist die allgemeine epische des 13# jahrh., die durch Hart'*
mann vertreten wird, denn Wolfram und Gottfried zeichnen
sich durch eine zu scharf ausgeprägte individualität aus
als dafs sie für den gesammtausdruck ihrer zeit gelten
könnten, aber auch dieser stehende typus der epischen poe-
sie erscheint hier ziemlich dürftig, die darstellungsweise*
ist arm und eintönig, dies, zeigt sich besonders bei den
übergangen der erzählung, deren das an Stoff äußerst rei-
che gedieht sehr viele bedurfte, selbst mittelmäfsige dichten-
des 13» jh. haben es den meistern abgelernt wie man durch
feine, vorzüglich durch naive Wendungen des lesers aufmerk-
samkeit auf das folgende neue spannt; hier werden wir fast
Z. F. D. A. IL 25
386 DIE GUTE FRAU.
immer mit einem dürren nu oder dd weitergeführt, am
dem wechselvollen Schicksal der heldin erwuchs die schönste
gelegenheit zu genauen ausführlichen Schilderungen und
scharfen gegensälzen ; doch der dichter benutzt dieselbe nie.
dafs er keine psychologische entwickelung, zu der ihn der
stoff aufforderte, gibt machen wir ihm nicht zum Vorwurf;
diese findet sich selbst bei den besten dichtem dieser zeit nur
unvollkommen, allein die herkömmliche ironie der mhd.
poesie selbst, mit welcher andre dichter, die durchaus nicht
originell sind, manche artige wendung erhaschen, steht ihm
nur in geringem mqfse zu geböte, neben dieser armut ist
seine erzählungsweise nicht selten geradezu nachläfsig und
dadurch unklar, besonders bei Unordnung der personen {vgl
z. b. 862^., ^21 ff. wo ich 923 durch Verwandlung von er
in der nachzuhelfen gesucht habe, 1256 ff.), dieselben ge-
danken, ganze verse werden höchst matt bald wörtlich bald
mit geringer änderung wiederholt (man vergL 43,/*. und
685/ = 1445/ 2231/ 2779 /, 364 und 428, 813/
955/ und 2725/, 912 und 1152, 913 und 1063, 1541/
und 2451 f., 1791/ und 2917 /, 1837/ und 2935/,
1847—52 und 2937— 42, 1957/ und 1975 /. vergl. 1251/,
2013/ und 2427 f., 2301 und 2705, 2421/ und 2737/
u. a.), ja es scheint dafs der dichter sogar den grunige-
danken seiner fabel nicht verstanden hat. dieser war ohne
zweifei der ethische, theologisch mystische, dafs gott
mächtig genug sei um die welche seinethalb sich der ir-
dischen guter begeben nicht nur durch seinen himmel
sondern durch noch gröfseres irdisches glück zu belohnen
und vor jeder entehrung zu bewahren, dieser mystische
charakter geht bereits aus dem ganzen gange der sage her-
vor; wenigstens wäre ohne die annähme eines fortdauern-
den unmittelbaren eingreifens der gottheit, welches auch
dort thätig zu denken ist wo der dichter davon schweigt,
dieses zutreffen so höchst verschiedenartiger und zum- theil
sehr ungewöhnlicher ereignisse, die dem dichter stets in die
hand wachsen wie er sie eben braucht, vollkommen abge-
schmackt, unser poet dagegen stellt am schlufse des ge-
dicktes das glück der heldin als lohn ihrer ehelichen treue
dar; aber hierbei wird zunächst nicht begriffen weshalb
DIE GÜTE FRAU, 387
auch der mann glücklich wird, man müste ihn denn etwa
nur für ein mittel zur begründung und erhaltung des glückes
der frau ansehen; ferner geht diese ansieht so wenig aus
der anläge des gedicktes hervor dafs die frau alsdann viel-
mehr sterben, sich selbst tödten müste als eines zweiten und
selbst des dritten mannes bett besteigen, zumal da sie selbst
gar nichts dazu beiträgt dafs sie rein bleibt, ja nicht hof-
fen darf es zu bleiben, sondern nur wider erwarten, das
erste mal durch gottes unmittelbaren schütz (2019 — 2026),
das zweite mal durch ein glückliches zusammentreffen der
umstände {den hafs der königin von Frankreich die, nach-
dem sie dem gemahl entflohen, ihn durch Zauberei der lie-
besfreude beraubt 2433 — 2444), gerettet wird.*
Dafs die fabel ursprünglich von der karlssage unab-
hängig gewesen und nicht früher mit ihr vereinigt worden
sei als der kerlingische und bretonische sagenkreifs so all-
gemein gefallen hatten dafs die dichter jeden beliebigen
stoff durch anlehnung an einen von beiden anziehender zu
machen hofften, haben bereits von der Hagen und Wolf
bemerkt, dafs der dichter einen zug seines Stoffes benutzt
um Pippins kleinheit zu motivieren (3025 — 3030) klingt auch
in seinem munde fast nur scherzhaft, die veranlafsung zur
anlehnung an die karlssage aber war ohne zweifei, wie
ebenfalls schon JVolf bemerkt, die ähnlichkeit welche das
Schicksal unserer heldin mit dem der Berta (denn mit, ihr
wäre sie identisch) hat, wie dieses im roman de Berte au
grand pii erscheint, dafs die wenigen hinweisungen auf
bekannte historische punkte {dafs Karls vater Karlmann ge-
hezfsen, dafs Pippin Karls bruder gewesen, dafs Karls va-
ter nach dem tode des früheren konigs durch einen volks-
beschlufs auf den thron erhoben sei u. s. w.) falsch sind
bedarf keiner erwähnung. ob die übrigen ereignisse die
der dichter als historische gibt (z. b. der krieg des königs
von Spanien und des herzogs von Bretagne mit dem grafen
* auch hier würde ein dichter der wie Wolfram bewustvoll sei-
nen stoff ordnet das erste motiv, gottes schütz, als das gewichtigere
zuletzt gebraucht haben ; doch unser verfafser schlofs sich ohne Zwei-
fel hierin der wälschen quelle an, die überhaupt an der dürftigkeit
des deutschen gedicktes grofsentheils mit schuld sein mag.
25*
388 DIE GUTE FRAU.
von Poitou, die kämpfe des grafen Guido von Auvcrgne,
der raub der französischen k'önigin durch den könig von
Portugal) ganz ode?% zum theil begründet sind, dies zu
untersuchen hielt ich für zwecklos, zumal so lange die fran-
zösische quelle nicht bekannt ist. das gedickt ist weder
der anläge noch der ausfuhrung nach so ausgezeichnet
dqfs wir hoffen könnten bei einer solchen Untersuchung den
geist der mittelalterlichen poesie zu belauschen wie er die
geschickte nach des dickters zwecken umgestaltete und den
gestalten der sage ein flocht, im allgemeinen verweise ich
auf die Vermutungen die Wolf in den sorgfältigen anmer-
hingen zu seiner inhaltsangabe aufstellt und fuge nur die
berichtigung hinzu, die ich hcrrn prof Leo verdanke, da/s
Barria, die heimat unsrer heldin, nicht Bar sondern Berry
ist, wozu es vollkommen pafst dqfs der ritter auf seiner
ersten fahrt in das benachbarte Poitou zieht, dqfs die gute
ß*au von dem ebenfalls benachbarten grafen von ^iuvergnt
angegriffen wird und dqfs die schlackt am Allier (Aller
1080) • statt findet, als besonders auffallend hebe ich nur
den offnen Widerspruch gegen das salische gesetz (2149^.)
und die erw ähnung der 12 fursten {auf jeden fall derpam
Karls) hervor, deren macht so grofs ist dqfs sie den könig,
wenn er ihnen nicht zu willen ist, absetzen (2537 — 68).*
Die zeit der abfqfsung des gedichts lafst sich nicht
genauer begrenzen als durch die jähre 1212 und 1280.
der ganze ton zeigt, dqfs es erst nach der Umgestaltung
welche die deutsche poesie am ende des I2n und im ersten
jahrzehend des 13/a jh. erfahren hat geschrieben ist; daß
es aber nicht ganz an das ende des 13» /A. zu rücken ist, da-
für bürgt eine gewisse einfachheit und natürlichkeit die das
gedieht bei aller sonstigen armut zeigt; wäre es aus so
ganz später zeit, so würde es sicher an Übertreibungen,
eben so wenig lafsen sich von Untersuchungen über den Ursprung
und die fortentwickelung der sage sonderliche resultate erwarten, sie
hat ähnlichkeit mit der legende vom heiligen Eustaehius (*. der Riemer
tat herausgegeben von Keller s. Iföff.), auch, wie schon bemerkt,
mit der sage von Berta mit dem plattfuß; vieles in ihr ist nur all-
gemein hergebrachtes zur phrase herabgesunkenes sagen- und mär-
c hene lernen t.
DIE GUTE FRAU. 389
gesuchtem prunk, Spielereien und anderen auswüchsen lei-
den, auch würde die spräche schwerlich so rein sein, nach
der ganzen Haltung würde ich es, ohne diese bestimmung
durch äufsere gründe stützen zu können, in die jähre
1230 — 40 setzen.
Wenn ich oben gesagt habe da/s Hartmann als repräsen-
tant des mhd. epos dasteht, so ist dies bekanntlich nicht so
zu verstehen als ob die übrigen dichter in denen sich die-
selbe weise findet ihn speciell nachgeahmt hätten, wie
JVolfram und Gottfried eine ganze reihe von dichtem ängst-
lich gefolgt ist; wenige dichter wie Wirnt ausgenommen
war diese Übereinstimmung mehr eine unwillkürliche. Hart-
mann hat die demente seiner poesie nicht geschaffen, wie
jene beiden allerdings vollkommen neues, bis dahin noch
nicht gekanntes aus sich erzeugt haben, sondern nur das
was er vereinzelt bereits vorfand zusammengefafst und hö-
her entwickelt, unser dichter dagegen scheint freilich Hart-
manns werke vorzüglich gelesen zu haben, und er hat sie
in einem mir in der mhd. poesie sonst nicht bekannten
grade ausgeschrieben, man halte folgende stellen zusam-
men die mehr oder minder wörtlich übereinstimmen: 23 f.
= Erec 3687 f, 248 = Erec 4642 {mit Hinzusetzung eines
durch vor luter auch = Gottfr. Tr. 11730), 263 = Greg.
325, 372 = Jw. 7864, 416 = Greg. 1215, 424— 26 = Erec
132 — 34, 605—10 = Greg. 1807 — 12, 883— 85 = Greg.
1983 — 85, (925/. = Iw. 3073/.) 1199 — 1202 = Greg.
1921 — 1924, 1204 = Erec 1520 und Iw. 4766, 1450
= Greg. 323, 1474 — 76= arm. Heinr. 58 — 60, 2421/
(= 2737 /.) = Iw. 365 / und Erec 8361 /., 2425 /
= Erec 7078 und 6351/., 2859/ = Iw. 2533/ wenige
dieser stellen sind so allgemein daß man glauben könnte
de?' dichter habe sie ohne vorbild zufällig auch gefunden,
einen einfiufs Gottfrieds könnte man sehen in den versen
103 — 106, 167 — 174, 301 — 312, 1341—1359, vielleicht
auch in dem gedanken der 2189 — 98 ausgesprochen wird,
so wie in dem häufigen spiele mit liep und leit, das sich
zwar bei allen mhd. dichtem, doch bei Gottfried besonders
häufig findet; dagegen braucht der dichter gegen Gott-
frieds art in Übereinstimmung mit Hartmann auffallend we-
390 DIE GUTE FRAU.
nig französische Wörter, turnier 219, hashart 1094, Amis
1344, schappel 1947, malätes 2631, coadwieren 2677 (zwar
confectur, doch unzweifelhafte), pante 2803, la bonc dame
3022. aus den anfangs zeilen des gedicktes konnte man schlie-
fsen dafs der dichter nicht nach einer schriftlichen quelle
sondern wie Wirnt nach mündlicher erz'dhlung des kaplans
oder des markgrafen gearbeitet; doch scheint diese folge-
rung bei so toenig bestimmten ausdrücken voreilig und las
(6) seite (9) saget (575) können sich auch auf das vorlesen
beziehen.
In sprachlicher hinsieht sind nur folgende durch den
reim verbürgte formen zu bemerken, gesät (: stat 704. 1552,
: bat 957) das auch Hartmann und besonders Riid. von
Ems haben, niet (: schiet 533. 2601.2616.2772, :diet2998),
genaogen (für genüegen 1370) diu kalte (628, \i scheint den
einßufs des i gestört zu haben9 vergl. die conj. prät. der
schio. verba sande, künde, funde und die gehemmte kraft
des a in bindan), diu griiebe 2024. von formen die verschie-
dene dichter verschieden brauchen finden wir folgende im
reim: sie (: ie 246, gie414, lie 1992), prät. ind. von hin,
häte (121. 542. 656 und oft) harte (55) het (: Tdiet 2433),
sint (für Sit, das auch im' reim vorkommt, 1928. 2958),
drin (tribus, 1120), wir sin ind. (1910) und wir sin (3034.
504, in der letzten stelle könnte es allenfalls c&njmcti*
sein und vielleicht ist 1910 wir bin zu schreiben), tete(348.
962) und tet (243 und sonst), dieselben formen brauchen Rud.
Wirnt und der Stricket* neben einander, vgl. gramm. 1, 965;
feminina auf in (2050. 2173. 2216 und oft) inne (302. 1326.
13.33. 1954. 2202. 2229. 2515. 2553) und in (2869 und m
reim auf dar in 2847, da dies wort sonst im reime nicht
vorkommt habe ich diese gewöhnlichere form vorgezogen)^
adv. auf liehe (43. 128. 688 und oß) liehen (889. 2124)
liehe (867) liehen (897), harre (: mferre 93. 230. 855, das
auf kein anderes wort reimt), hu und du stehen nicht im
reim.
Das tnetrum wird oft eintönig und ungefüge, die bei-
den zusammengehörigen reimzeilen werden selten durch den
sinn geschieden ; doch fehlt die Senkung sehr oft und dies
spricht für eine frühe abfafsung des gedieh ts. klingend
DIE GÜTE FRAU. 391
reimende verse zu vier Hebungen erlaubt sich der dichter
wie aufser Göttfried und Konrad von Würzburg toohl alle
dichter des 13» jk. das tonlose e wird im in- und auslaut
innerhalb des verses wie im reim {hier sogar in formen wie
kint dat. 29. 349), so oft es dem dichter unbequem ist, ab-
gewoffen.
Im reime zeigt er ferner folgende freiheiten. er bin-
det n:m auffallend oft und zwar an : am (47. 51. 323 und
noch 20 mal) am : arm (gevarn : arm 2179) an : am (getan : räm
2795) ein : eim (zwein : oeheim 591) un : um (Britün : rum 843)
uon : uom (tuon :ruom 1563) iens : iems (Urliens : Riems 1807);
aufserdem naht : gemacht 2395, bilde : milde 2383 wo der
schreibet* mit richtigem gefühl mute setzt, komen : vromen
2097 (vergl. gramm. 1, 205. Ze ausg.). dafs er ursprüng-
lich geschlofsnes e mit offnem in weste : beste 57, weste:
veste 1201, gerne :erne 581 bindet wird nicht als freiheit an-
zusehen sein, sondern in seiner gegend wurde das geschlofsene
e einiger wörter in der that als offnes gesprochen wie auch
Hartmann das e in weste als offenes behandelt.
Was endlich die beschaffenheit der handschrift betrifft,
so geht dieselbe, besonders die höchst verderbte Orthogra-
phie, aus den auszügen bei Wolf Hoffmann und Hagen
hinlänglich hervor; ich habe daher in den bemerkungen
nur die wörter der handschrift aufgeführt in denen ich würk-
lich abgewichen bin oder die ihrer form wegen in irgend
einer hinsieht bemerkenswerth schienen und führe hier nur
nach an dafs ei für i, schw schl sehn sehr und die ausL
media dort wo sie im inl. hervortritt bereits fast ganz
durchgedrungen ist; dafs das poss. ir bereits als adj. fle-
ctiert wird; dafs sich die adj. flexion iu nie findet, ebenso
wenig ein swer, swaz u. s. w., zwei oder drei fälle ausge-
nommen in denen zw geschrieben ist, sondern stets wer
steht; ferner sind fast durchgehend on für äne, nit, nun,
zwingen, zwahen, färbe, jemand, niemand, verlor, häufig
ich sagen und ähnliche {gramm. 1, 958); nirgend ein dirre,
und es wird nur vn vnd vndd, nie unt oder unde geschrieben.
die handschrift stammt aus dem 15«, vielleicht, wie Graff
Diut. 3, 349 will 9 aus dem 16» /A. ,• es liegt ivenig daran
dies genauer zu untersuchen, neun verse fehlen, nur bei
392 DIE GUTE FRAU.
v. 2404. 2856. 2890 bemerkt Schottin/ die lacken; mögen
Wiener freunde der altdeutschen poesie, wenn sie das ge-
dieht dessen werth halten, und ich hoffe da/s es bei al-
ler mangelhqftigkeit doch gelesen zu werden verdient,
nachsehen ob sich auch die übrigen lücken in der hs. fin-
den, geschrieben ist die hs. wahrscheinlich in Schwaben, I
wenigstens zeigt sie folgende vorzugsweise schwäbische
eigenthümlichkeiten, au für ä, ent für et in der 2. fers.
pl., doch nie im reim, dagegen blofses t einige mal; volle
formen wie lebolen, begegnot, seltan; kilche (2107, doch
1649 kirche) und den abfall des c am ende der Wörter,
vergL Beneckes vorrede zum Wig. s. töf da sich nicht
annehmen läfst dafs das gedieht eine grofse Verbreitung
gefunden, so darf man hieraus, so wie aus des dichters ge-
nauer bekanntschaft mit Hartmann, wohl schlief sen dafs auch
er ein Schwabe gewesen, tadeln wird man es nicht dafs
ich bei einer so gänzlich unverlafsbaren hs. manches ge-
regelt habe was auch in den besten hss. schwankt, dafs
ich z. b. die form vrouwe bis auf die stellen in denen der
vers vrowc fordert durchgesetzt habe, während die hs. stets
auch im reim frow schreibt, bei gleichgiltigem schwanken
wie ode oder aide alder bin ich der hs. gefolgt.
Schliefslich habe ich herrn prof. Lachmann meinen er-
gebensten dank zu sagen für die grofse liebe mit welcher
er mich, wie bei meinen Studien überhaupt, auch bei diesem
kritischen versuche unterstützt hat. die eitelkeit dafs ick
mir bei diesem probestück gei*n den geringen schein eines
eigenen Verdienstes bewahren möchte macht es mir unmög-
lich alles aufzuführen was ihm im einzelnen an dieser arbeit
gehört, möge ich künftig im stände sein ihm gröfseres und
befseres vorzulegen, dafs er zeit und mühe nicht als ver-
loren beklagen mufs.
BERLIN 15 Juli 1842. Da EMIL SOMMEH.
Ein buoch lit ze Arie
daz der künec Karle
hie vor vrumte geschriben,
2. Was der küng (küng nach Schottky, kinig nach Wo{f steh)
3. friimbt
DIE GÜTE FRAU. 393
wie sin geslahte waere becliben
und wie ez dar komen was. 5
der ditze baoch las,
der was von Munferrän
des margräven cappelän:
der seit im diu msere,
wie .ez komen waere 10
und wiez von ßrste huop sich.
dö bat der margräve mich
daz ich diu msere rihte
ze tiutschem getihte.
nu hän ich es begunnen: 15
die ez verneinen kunnen,
unde wellen die gedagen,
sä wil ich in vil rehte sagen
von der besten vrouwen
die man dö mohte schouwen. 20
Ez saz ze Frankriche
hie vor gewaltecliche
ein hfirre biderbe unde guot,
an sinen triuwen wol behuot.
4. plibfi und 5. wyt/ür wie ez. beliben könnte höchstens he\fsen Wie
sein geschlecht lange gewährt, sich erhalten habe, so dafs es dasselbe
wäre wie wite dar (bis auf Karl den grqjsen) komen. ich zweifle
aber zunächst ob sich dieser sinn in beliben hinein erklären läfst, so-
dann erhielten wir gleich am anfang eine matte Wiederholung, und
vorzüglich hat sich Karls geschlecht nach unserm gedichte durchaus
nicht weither (und kann wite dies überhaupt heifsenY), durch viele
glieder, fort erhalten, da Karl selbst erst das zweite oder, wenn man
die altern der heldin mitrechnet, das dritte glied ist; deshalb beson-
ders habe ich auch wite geändert, auch schien mir das gefühl des
Users zu fordern daß das subjeet (ez) wiederholt werde ; und die ver-
befserung wird bereits durch den titel der hs. angedeutet, de Caroli
origine (becliben) et genealogia (dar komen), der wahrscheinlich in der
älteren hs» die der unsern zu gründe liegt übergeschrieben und aus
den anfangs zeilen entnommen war. — über den Wechsel der modi
(waere, was) vergl. Lachmann zu Walth, 29, 34. 6. dis
7. Nunffevran Nunffeoran Nunffeman Ilagen, Nunffecran Schottky,
Nunfferran Wolf, Nümfetran Graff (Diut. 3, 349), Numffetran Hoff-
mann. 15. begännen 16. verniemen (vergl. 361. 725. 1228)
künnen 17. wollen die still gelagn 21. gewallencliche
»
4
394 DIE GÜTE FKAU.
er was Ruopreht genant, 25
Barriä biez sin lant.
er was staete und manhaft
and het an guote wol die kraft
daz man in mit gewalle
wol zeinem graven zalte. 30
an gewalt und an &ren
er künde wol bckären
siniu dinc nach sinem muole.
dö der hörrc guote
bi sinem wibe gesaz 35
zwei jär alder baz,
dö gewan se ein kindelin,
daz schoeneste töhterlin
daz mannes ouge ie gesacb.
diu diet im alle samet jacb, 40
do ez wahsen begunde,
dö jähen im zestunde
alle gelicbe,
beide arm und riche,
ez künde so wol gebären, 45
kaeme ez ze sinen jären,
da wüehse ein saelec wip an.
si jähen als ez sit kan.
Bi im was gesezzen
ein hferre vermezzen: 50
der was disse grävcn mau
und im doch genözsan,
d&r in nihtes dorfte vlöhen
niuwan umbe daz lohen
daz er von im haete. 55
er was al siner raete
der höchste und ouch der beste:
swaz der eine weste,
daz was ouch dem andern kunt:
25. es w. Rupp recht genampt 33. siniu] Dise 37. sy
42. Do Jachent Jm sa zerst. 46. Rem 47. wuchs 48. Do
sprachend als er sich kan 51. dicz 53. Dar Jon aichtz bedwfft
54. Namen 55. hete 56. an seinen Fetten
DIE GÜTE FRAU. 395
f
si waren sament zaller stunt, 60
sameat hie, sament dort:
ez waire wise oder wort,
daz was unbescheiden
zwischen den harren beiden.
getriuwem vriunde ist nütze bi, 65
swie unwert triuwe uü si,
si muoz doch ioier möre
ein houptschar sin der öre.
Der hßrre, disse gräven mau,
ouch ein kindelin gewan : 70
daz was ein sun wol getan,
nu mac et niemen niht hAn
wan als im got wil gunnen:
het er noch zwei gewunnen,
diu wacren waeriiche 75
beide worden riche.
diu zw&ue heten zwei ensam,
die wurden so liebcsam
daz man noch wunder seit dar abe.
diu juncvrouwe und der knabe 80
wären sament zallcn stunden,
daz si gedenken künden
wie holt se einander wseren.
an spräche und an gebseren
minten si sich sunder. 85
da hoeret michel wunder,
si wuohsen in der minne,
ob ich rehte mich versinne,
60. zesament 65. Ain getreu wii fräod. die form nütze (nücz in
der hs.), statt des gewöhnlichen nuz nutzes m.9 habe ich gestützt auf
das ahd. nuzzi/. (GraffH, 1123) bewahrt. 68. hepptschar, vergl.
1339. 69. dis 72. et icbt niemät n. h. 73. günnen
74. gewinnen 77 f. Die zwen herren hett zwene Die wurdent so
lieb seine, ich weißt ensam blofs durch die analogie von bisam mit-
sam zesam zu stützen; aber andere Verbesserungen (etwa die zwene
[herren] heten zwei kint diu wurden s6 geliebe sint (sint im reime
1928 und 2958) schienen mir zu gewagt. 81. zesamemt
82. daz, seit der zeit da/s. 83. sy ainandren waren 84. spra-
chen u, a. gebaren 85. besonder 87. wüchstend
396 DIE GUTE FR Ali.
daz ir ietwederem waere
des anderen swaere 90
leider dan diu sine.
dö starp dem mägetjine
ir vater, der edel hArre.
dö wart diu rede vil m&rre
zwischen den kinden beiden 95
daz si vorhten sin gescheiden
dann umb in der da tot gelac.
si wänden, soltens einen tac
von einander sin gewesen,
daz si iemer möhten genesen. 100
ja h&rre, waz ist minne?
man vindet wunder d rinne.
ez wirt von ir gewalte
der junge als oucb der alle,
der alle als ouch der junge. 105
si heizet wandelunge
baz danne minne.
si verköret rehte sinne
ze wunderlichen dingen.
den niemen möhte bringen 1 10
üf deheiner slahte arbeit,
dem git si liep nnde leil
und machet in vil dräte
an werken unde an rate
als er ein minnsere 1 15
ie gewesen waere.
Nu lac der alte harre tot,
als got von himele gebot,
von dem ich 6 hän gesagt,
dö wart sin husfrowe und diu magt 120
die er ze tohter häte
mit ir vriunde rate
bevolhen harte söre
dem andern an sin öre,
94. der red uil mer 98. soltends eiu 99. aio aodreu
101. Da hörend HO. Die niemät moch pr. 118. bicmel
119. der 121. hetle 122. fründe vnd ratte
DIE GÜTE FRAD; 897
daz er ir pflegen solde, 125
als. er bil liehe wolde.
dßswär daz tet der riche
vil getriuweliche.
er nams in sine huote
mit libe und mit guote 130
uud schuof alle ir saefae
ze ßren und ze gemache
als die sine oder baz.
dö diu vrouwe gesaz
zwei jar nach ir manne, 135
dö starp ouch sie danne
dö der edel weise
von des tödes vreise
verlos sin muotr und sinen vatcr,
manege riche man bäter 140
durch ir bürge und durch ir lant.
in was allen wol bekant,
swelhen si ze staete
zeinem man genomen haete,
dem waer als wol geschehen daran 145
als dem der si sit gewan.
Nu schuof ouch mit gewalte
der tot daz der alle
bcheudcclichen tot gelac
der der junevrouwen pflac. 150
dö starp ir vriunt und ir rät.
dö tet si als der beide hat
sselde unde wisbeit:
si was dem armen vil bereit,
dem riehen h&rrn ze vuoge. 155
ir jähen des genuoge
daz wibes name ie würde
r. wyse 140. batt er. sie lud die fürst en zu sich zum empfange
• lehen, vergl. vür sich biten (*. b. Parz. 344, 22) und unser bit-
, einladen, 142. welchen 145. also 146. genam
U zwang, so viel ich we\Js steht twingen mhd. so wenig als un-
zwingen ohne obfect; doch weifs ich nichts befseres als das un~
hrscheinliche schuof an seine stelle zu setzen, 149. Beschaiden-
len 157. wurde
398 OK GUTE FRAU.
so fri vor valsches bürde
an allem ir gemüete.
si schuof mit mancher güete 160
daz si über allez daz lant
diu guote vrouwe wart genant.
soltich iu von ir dingen
gar zeinem ende bringen,
wie rehte guot si wsere, 165
daz würde ein langez maere,
an ir was vür säze
guot und elliu mäze,
mäze junc, mäze alt,
mäze bluc, mäze balt, 170
mäze diemuot, mäze höre:
an ir gebrast niht mäze m&re,
wan si was äne mäze guot,
da mäze niuwan schaden tuot.
disiu reiue junge 175
diu saz in zwivelunge
wie si ir leben slizzc
daz man ir niht verwizze.
si gedähte cich wil mich Ane man
begän, ob ich iemer kan: 180
mir ist sus sanfte undc wol.
swaz ein vrouwe haben sol
von bürgen und von lande,
von pferden und von g wände,
von rittern und von vrouwen, 185
daz mac ich allez schouwen
in minem hove, swenn ich wil :
darzuo maneger hande spil,
beizen, birsen, unde jagen,
videlen, singen, unde sagen, 190
des hän ich alles gewalt.
158. valscher Barde 162- genamt 167. satze (: masse). vergl.
Walth. 8,24. MS. 2, 21 5a (min wort min doene getraten nie uz rebter
sinne sazen) und 2, 224b. in ihr war als in seiner behausung, in ihr
hatte sich eingemietet. 168. an alle 173. wan/eA/f.
174. Die masz nicinät 180. iemer fehlt. 181. 193. sunst
DIE GUTE FRAU. 399
wie möhte ich scnfter werden alt?
mir ist sus michel baz
dann ich iemen über daz
minnte vür mm selbes lip. 195
ich hdrte sagen, s6 diu wip
roannes minne hindergö,
daz in danne wirs si dan 6.
Mir ist niht kunt umbe man :
als aber ich mich verdenken kan, 200
an in sint zwei dinc leider,
der ich ervürhte beider,
ob ich einen mau haete,
dem waere ich also staete
daz ich nim&r'verlieze 205
. swaz ich in tuon hieze.
baete ich danne daz er sich
enzuete eteswes durch mich
daz er lihte niht verbaere,
daz würde ein sölhiu s waere 210
diu mich vil s6re müete.
so hete ich miner güete
engolten harte s6re.
dannoch vürhte ich m&re,
swenne er uz waere 215
durch ritterlichiu maerc
in turniern unde in striten,
so müest ich zallen ziten
da heime gr6zen angest hän,
wie ez im dort solt ergdn. 220
s6 het ich jugent unde leben
gar einem manne gegeben,
lebte er mir niht danne,
so waere ich ze manne
al ze vrüeje geriten. 225
ez ist bezzer wol gebilen
dann übele gegähet.
20 1 . zwai laid 202. Die i. c. baid 203. etwas, et könnte auch
etewa heißen. 210. Da 211. multe 212. gute 219. hai-
men grossen 222. man gebii 225. früg. wohl sprichwörtlich.
440 DIE GUTE FRAU.
swer also sich selben vähet,
der ist betalle äne sin.
ich wil eht leben als ich bin/ 230
Nu wart der junge harre
balder unde mftrre
danne in dem riche
keiner sin geliche
der bi der vrouwen was gezogen. 235
si tälenz alle ungelogen
die in ie an gesähen,
ob si im gruozes jähen,
schiere kam er üf die vart
daz er loplichen wart 240
ze ritler als ein edel man.
dar nach er dienen began
siner vrouwen als er 6 tet.
daz was ir wille und ir gebet,
wände si in minnet ie. 245
also tet er ouch sie.
ich sage iu wie ir minne was:
luter als ein Spiegelglas,
an aller slahte gevaerc
mit Worten unde gebsere. 250
si gedähte cich sol im holt sin.
sin vater underwant sich min
also schiere, dö min vater slarp.
daz ich dö niht gar verdarp,
daz schuof sin hilfe und sin rät. 255
daz er zuo mir getan hat,
des het ich iemer schände,
bevünde ieman im lande
ald in mime gesinde,
ine waer ouch sinem kinde 260
holt an sines vater stat.
228. selbs vacht 231. wuchs, was ich mit dem adj'ectivt sehen merre
zu verbinden anstehe. 232. mer 233. ich 236. betten all
237. gruez verjachen 245. Wann sy mint 247. sagen wie
(ia fehlt) 249. genar 250. gebar 259. mine
260. ine] Ich
DIE GUTE FRAU. 401
ich weiz vil wol wes er mich bat,
do er an siaem ende lac
und nimer anderthalben tae
nÄch dirre rede werte. 265
d6 bat er unde gerte
an mich vil sfere
daz mir an mine öre
sin kint bevolhen w«re.
vergaeze ich sölher maere, 270
so waere ez vil gar verlorn
swaz triuwen an uns ist geborn.
D6 was aller sin gedanc
als in diu gröze liebe twanc.
er gedähte in sinem muote 275
cji hferre got der guote,
nu geruoche mir geben
die saelde und daz lange leben
daz ich gediene sÄre
die manecvalten 6re 280
die mir diu vrouwe hat getan,
ich muoz anders iemer hAn
der liute spot unde ir haz,
ine getuo eteswaz
daz man spreche und schouwe, 285
swaz disiu guote vrouwe
disem manne liebe tuot,
daz enist niht ein verloren guot.'
Dö gedachtes alle tage
da wider als ich iu sage. 290
'min vater nie gewan
getriuwern mäc noch man
dan sinen vater, dem er mich lie.
solher triuwe pfligens ie,
daz sit unz an ir ende schein. 295
die liezen si uns zwein :
$9. wz 971. ez vil] ich 973. seiner 974. nv zwtngk
(77. nu fehlt. 984. Jnen getüg 989. sy altag 999. getriirer
nagt 993. sein 994. pfitg sy ie 995. an vncz Jr end
chin 996. Do liessent sy vncz zwain. wir haben die treue ererbt.
Z. F. D. A. IL 26
402 DIB GÜTE FRAU.
nü sols ouch s trete beliben.
man vünde noch an wiben
triuwe unde starte,
der in ouch rehte taete. 300
Do erzeigte in diu Minne
daz si ein vüegaerinne
ist über allez daz ie wart,
unde ir .slüzzel h&t verspart
swaz iemer man von minnen 305
möhte gewinnen,
die slüzzel treit si beide
ze liebe und ze leide,
sie sliuzet unde entsliuzet,
ir engiltet und geniuzet 310
manger zaller stunde,
nu beeret wie si begunde
michel wunder stellen
under disen zwein gesellen,
die minne, diu undr in was 315
noch vester danne ein adamas,
die schriet si mit kraft enzwei,
daz si sich kloup als ein ei.
er nam sin teil in sine hant,
diu Minne in überwant, 320
dfer sine vrouwen muoste l&n
und wart der Minne under tän.
Als er in ir gewalt kan,
dö wart er ein trurec man,
ob er die solte hän verlorn 325
die sin herze het erkorn
vor alle die er gesach.
diu Minne wider in sprach
cw6 du vil armer tumbe,
du enweist niht darumbe. 330
swic unde warte mir.
ich löne eines tages dir,
297. sota 298. an den 299. Jn anders och 318. klob
321. dAr] Var oder Nar, undeutlich in der hs. 329. Turne
331. wie v. wart 332. Ionen
DIE GÜTE FRAU. 403
daz du mit saelden mäht leben. •
ich wil dir ein wip geben,
daz dir niemer mfere 335
guotes noch 6re
hinnän vür gebresten kan/
d6 sprach der kindesche man
"vrouwe, ich leiste al iwer gebot
und wil iuch biten durch got, 340
weit ir mir genaedec sin,
so gebt mir eht die vrouwen min,
ob ir der gewaltec sit>
bi der ich alle mine zit
uf gnäde her gewesen bin/ 345
dö sprach diu Minne wider in
cgaebe ich dir nach diner bete,
daz ich nie manne tete,
künege noch küneges kint,
die mir undertaenec sint. 350
so hat mich min wisheit
durch dich vil nidere geleit.
ich wil dir sagen min wesen:
swer mit mir wil genesen,
swaz der Ungemaches lide, 355
so muoz er als ein side
ze aller stunt gewaschen sin,
ald ich geloese mich sin.
mines hoves geselle
ist der himel und diu helle: 360
wan niemen nimts deheine war,
wan als er hat gedienet dar.
von diu scheiden wir uns, daz ist.guot.
du hast deheiner slahte muot
der von schänden vliehe 365
336. Gücz 339. ein absatz in der hs. 341. Vnd wölt
347. geb — - gebett 348. niemät tätt 357. gewaschen, ich kann
diesen sprichwörtlichen ausdruck sonst nicht nachweisen, sehe aber zu
änderungen (gewsehe, gevüege) kein recht. 358. glos 359. meu
nem hofe gleich. 361. Wa niemant man niemetz kain w.
363. diu] dir 365. von scheiden
26*
404 DIB GUTE FRAU.
aide z&ren sich ziehe.
var hin swä du 6 waere
diner vrowen almuosenaere.
da wil ich dich lAzen sin :
gebiutet ez diu vrouwe din, 370
so wil ich dich da bi ir län.
du enhäst gedinge noch wän
daz dir an si üf der erde
immer gelönet werde.'
Dö sprach daz kint wol gebor n 375
'vrouwe, senflet iuwern zorn.
wiset mich, wie ich werbe :
& daz ich gar verderbe,
so volg ich iuwern fcren.'
si sprach 'ich wil dichz l&ren. 380
boesiu wip mide,
und mit den besten lide
swaz dir ze liden geschiht.
swelher man da valscheit giht,
der enhabe keinen wän. 385
wellest du die guotcn willec hän,
wis getriuwe und manhaft,
vliz dich üf ritterschaft :
da mit soltu gewinnen
daz dich die besten minnen.' 390
er sprach cvrowe, daz tuon ich :
got entoete danne mich,
s6 tuon ich durch sie eteswaz,
daz man mich lobet dester baz.
diu mir äue valschen list 395
lieber was und lieber ist,
dann in der werlde ie wurd ein wip,
durch die wil ich minen lip
arbeiten unde twingen.
ze etelichen dingen, 400
366. zerren 368. almüsnere, bettler? 370. min 372. nach
379. euvch gerne 380. es lernen 385. en fehlt. 387. Bis
392. ertött 395. valscher 397. weit stets, doch nicht im
reim.
DIE GÜTE FRAU. 405
ez si min schade oder min vrume,
daz ez ir ze dienste kume.'
Er bereite sich vil dr&te
nach der Minne rate
und beriet sich zehant 405
daz er wolte rümen daz lant
und daz er uz ein jär belibe,
und ob er daz also tribe
daz manz vür guot haete
daz ers noch m£re taete. 410
als er sich bereite,
niht lenger er enbcite,
vür sine vrouwen er dd gie,
also sprach er wider sie.
möhte ich iu und künde 415
genäden mit dem munde
als mirz daz herze meinet!
vrouwe, ir hat bescheinet
an mir vil ganze triuwe:
des ich vil gröze riuwe 420
hän, wie ichz vergelte,
daz man mich niht enschelte.
gebiet mir, vrouwe, ich wil varu.
der himelkeiser ruoche bewarn
iwer werdeclichen £re : 425
ir gesehet mich niemer märe,
in getuo durch iuch eteswaz
daz man mich lobe dester baz.
daz ist wol min wille.3
dö sprach diu vrouwe stille 430
'guotcr, wes hästu ged&ht
ode wer hat dich ane bräht
disen willn und disen muot?
der was din vriunt niht guot,
der dich wil von mir kßren. 435
408. ain Jar tribe 412. lang 413. Von seiner 415. iu] na
416. Gnad 423. Gebiut. noch ihrzen sich die beiden, die hs. macht
hier einen ab t atz. 425. werdenl. 427. Ich getan 428. mich
fehlt 431. Gutt 432. Ad
406 DIE GUTE FRAU.
du mäht mit grözen 6ren
mir hie dienen, daz ist reht,
als wol ritter, als kneht.'
eDaz ist war, vrouwe min :
ja wil ich in iuwern dienste sin 440
swä in allen landen
ich schaffe mit den handen
unde mit der zungen.'
diu lant sint betwungen:
wiltu mir dienen, daz tuo hie 445
in dem daz mir min vater lie :
d& mac ich wol gedienen dir.
wiltu nu scheiden von mir,
wem wiltu denne läzen mich?
si sint gedigen an dich, 450
die mir guot solten sin :
der vater und die muoter min
diu sint leider beidiu tot.
dannoch haete ich mine not
mit dinem vater überkomen, 455
haete in der tot mir niht genomen :
nu hat ir got beroubet mich,
von diu soltu wol bedenken dich
6 du scheidest von mir/
er sprach cmin wille und ouch min gir 460
stät gar in unkundiu lant.
ich bin leider unbekant
in vremden landen, dßs niht guot.
ich slize jugent unde muot
anders danne ich solte, 465
ob ich gedenken wolte
waz miner jugent gezeeme
und dem alter rehte kaeme.
440. iuwer dienest? 442. landen zweimal. 441. Wo
442. ich schaffe fehlt und mit steht zweimal, eine genügende ver-
befserung habe ich umsonst gesucht. 444. sy sprach betwungen
verstehe ich nicht, vielleicht bedrangen, die angrenzenden länder sind
mit krieg überzogen. 445. tu 453. Die 456. mir schon nach
Hett 458. diu] dir 460. och begir 461. vnkunden
463. dz nit 465. Änderst
DIE GÜTE FRAU. 407
swer sich verlit in siner jagent,
daz schadet dem alter sfere an tugent: 470
er wirt vil dicke schamrot.
dise vorhte und dise not,
mac ich, die wil. ich bewarn.
lät mich mit iuwern hulden varn.
swar ich kume, ich bin ouch hie, 475
min herze daz geschiet sich nie
von iu, noch niemer getuot.
wizzet rehte minen muot:
swä ir weit, da muoz ich sin
mit triwen und mit dem herzen min 480
imer unz an minen tot/
hie von wart si schamrot
und was iedoch der maere vro.
si bat in unde sprach also,
Viltu bi mir beliben, 485
diniu jär mit mir vertriben,
des gel6ne ich dir harte wol.'
er sprach cichn mac noch ensol
beliben niht m6re.'
daz muot die vrouwen sftre, 490
daz si in wolte erwenden
und ez niht mohte geenden.
dö muoste si in varen lan.
si sprach cwilt du iht des ich hän,
silber oder cleider?' 495
cvrowe, der hän ich beider
ze eime järe genuoc/
einen köpf man dar truoc,
der was von golde durohslagen:
5. koui 479. went. etwa wont? 487.!J£elonen 488. ich
mag 491. wenden 492. er 494. ichtz 499. voll gold.
iht recht deutlich ist mir durehslagen. es steht %ugleich mit durch-
rht in Heinrichs Tristan 4481, wo von einem mit gold verzierten
mtel die rede ist. hecher heifsen ebenda 4805 (fapcnlegt mit edelen
inen, roseng. 740 werden helme mit gesteine wol durehslagen. -
ir ist daß die steine in das gold gefaßt wurden ; doch fragt es
h ob sie durch giengen, so dafs der becher an den einzelnen steh-
i durchsichtig wurde, oder ob sie bloß außen angefügt wurden
406 DIB GUTE FRAU.
da möht man wunder von sagen 500
wie der geworht waere:
so lengert ez daz maere.
Sie sprach chie bi gedenke min
die wile wir gescheiden sin.
nu sage mir war diu wille si: 505
. ist er verre aide bi?'
'ich sag iuz gerne, vrouwe.
ich wil gfen Poitouwe
da hat der künec von Hispanje
und der herzöge von Britanje 510
den gräven bestanden,
gfen disen zwein landen
ist im n6t guoter wer,
wan si haut im überher.
dem wil ich helfen, obe ich mac. 515
gelebe ich iemer den tac,
ich hebe mich uf die sträze.'
daz muote &ne mäze
die vrouwen unde was ir leit:
daz meinte ir einvaltekeit 520
daz ez si so sere muote.
iedoch sprach diu guote
'got gesegen dich, nu var.'
si enwiste aber niht waz im war.
in twanc minne unde ir bant, 525
da von ouch wilent Tristant
gr6ze n6t und arebeit
durch sine vrowen Isalde leit.
so was ouch er gebunden
vil sfere zallen stunden 530
mit siner lieben vrouwen.
dö moht man wunder schouwen,
des sine mohte wizzen niet,
dö in ir minne von ir schiet.
Sinem knaben er dö sagete 535
und die innere wand des bechers ganz von golde war. 501. ge-
würckt 508. pettowe, vergl. 116?. 1178. 1424. 514. sein hand
•17. disc 524. nit wo od' war 528. ysald 533. Das sein
DIB GUTE FRAU. 409
des morgens dö ez tagete
daz man im diu ros bereite.
niht lenger er enbeite.
dö vuor mit dem kinde
gar ein wönigez gesinde, 540
aht knaben wol beraten
als si des State häten.
daz was ein rotte cleine.
er vuor gesellen eine:
daz muote in dicke sfere. 545
dö kam vrou Sselde und Ere:
die wurden sine geverten
die in sit dicke ernerten
von aller slahte swaere.
des hoert ein schoene maere. 550
Er kam ze Poitouwe in daz lant,
den gräven er da heime vant
mit unstaten ze wer bereit,
daz schuof sin gröziu vrümekeit
dör sich so lsmge werte, 555
50 söre man in herte.
sines landes daz beste,
diu dörfer und die veste,
was allez samt verbrant.
so jämmerliche stuont daz lant 560
daz ez z erbarme nne was.
der armen lützel da genas:
si warn wol halbe hungers tot.
wer möht ouch leben äne bröt?
fragt nu ieman der maere, 565
wä von der gräve waere
zerstoeret unde sin lant,
den berihte ich ez zehant.
der kiinec da von Spangen jach,
daz da vor nie geschach, 570
er solt sin lant von im hän.
542. statt 544. gesell 550. Da 557. der best 558. rest
561. zerbarmen 563. halb banger 564. mocht o. lang l.
569. spängen 571. sölt
410 DIB GUTE FRAU.
d6 wolt er sich vertriben tan
6 daz iem&r geschehe
daz ers von im jache.
des wart urliuge so gröz 575
daz es vil manegen verdröz.
man saget uns vür war,
ez werte wol driuzehen jär
daz nie dehein jär wart,
si ksemn mit niuwer hervart. 580
nu was ez vor dem erne,
so diu liute gerne
ir vienden schaden tuont.
daz körn üf dem velde stuont:
daz wolten si in hän genomen, 585
darumbe wärens dar komen
mit harte grözem gezoge.
der britänische herzöge
der was betallecliche ein helt
ze allen uoeten üz erweit. 590
der künec was sin oehein.
der gräve werte sich in zwein
daz er niht m&re mohte.
sin wer im lützel tohte.
Nu erschrac der gast msere, 595
swie er doch komen waere
durch ritterschaft in daz lant.
daz machete, im was bekant
an ritterschaft wan der name.
als aber er verliez die schäme, 600
dö wart vil schiere ouch er
beidiu mit Schilde unde sper
so behende und ouch so wise
daz ez in br&ht ze prise.
575. wards vrlog 580. kern in. des verses wegen möchte ich in für
mit setzen, 581. ernde 589* betallecliohen. ich kann diese
form nicht nachweisen; doch sah ich keinen grund sie zu tilgen, das
versmafs würde dem einfachen betalle nicht entgegen sein. 592. te
zw. 594. im] nu 597. maebt in vast unbektnt 601. vil schiere
fehlt.
\
*
DIB GUTE FRAU. 411
swä si an die vinde kämen, 605
swelhen schaden si da nämen,
so vergie in selten daz,
er engetsete ie eteswaz
da von er wart ze schalle
und ze prise vür si alle. 610
im enschatte ouch niht sfere
daz vrou Saelde und vrou Ere
sich sin underwunden,
dö sin uf der sträze vunden.
vrou Saelde löste im diu pfant: 615
dar nAch versatzte si zehant
vrou Ere aber vürbaz.
den strit den liez er &ne haz.
daz was sin wille und ouch sin muot :
swenn im der grÄve bot guot, 620
des werte er sich schöne,
und ern wolde niht ze löne
wan siner vrouwen minne:
got gebe dfer die gewinne.
der künec eines sites pflac, 625
daz er die sumerzit lac
im lande mit gewalte
unz in vertreip diu kalte.
die wile wuoste er daz lant.
swa er den gräven guot van l 630
aide sine helfaere,
daz was im allez maere.
er fuorte sine antwerc
beidiu an tal unde berc,
ebenhoehe und mangen. 635
swaz er moht erlangen,
daz was allez samet verlorn.
ez wart der gräve wol geborn
komen 606. nomen 607. So wolt ie doch seltem
engettet ich habe diese stelle nach Hartmanns Greg. 1807 — 12
ndert; doch seheint 607 eine andere lesart verborgen %u sein.
entschat 614. sy in 616. sy si 620. Wann 622. ze-
624. der] dir 625. sittens 628. der k. 635. Eben hoch
412 DIE GUTE FRAU.
nie überladen so vaste
von urliuges laste. 640
Der küncc fuor mit gewalte,
manege burc er valte,
ir müre nider in den graben,
der gräve mohte niht behaben :
er verlos an der vart 645
Cäwirz unde Musbart,
die im dicke dienten söre,
und behabte niht mfere
wan siner stete viere :
diu nenne ich iu schiere. 650
Linöde unde Rodel,
die behuop der helt snel,
und Poitiers, daz waren dri,
daz vierde daz was Lenseni.
der gräve nam ze rate 655
alle die er häte,
er sprach rnu ratet, ez ist zit
(min Iant mir allez wuoste lit),
wie ir wellet daz ich werbe
6 daz ich verderbe. 660
ob wir süln mit in vehten
(got lät geniezen uns des rehten,
wan si tuont mir äne schulde),
ald ob ich des küneges hulde .
gewinne, der uns hat getan. 665
wil ich min lant von im hän,
so hat der kriec ein ende.
& aber ich sehende
mich selben und min erben,«
ich läz mich 6 verderben. 670
swem ez danne nach mir werde,
der wer als ich sin erde
oder tuo swie im gevalle/
640. Vrlougs 648. behabtn 654. daz vierde, vergl. ho. 9%.
Wolfr. Wh. 45, 20. 661. oh fehlt. sollent mit Jm 662. *■*
vor geniezen 665. uns] es 666. ich] ouch 669. selbs
673. tüg
DIE GÜTE FRAU. 413
dar nach rietens alle
'bezzer ist mit fern verstriben 675
dan mit schänden hie beliben.'
den selben willen hän onch ich.
vertribent dise herren mich,
daz enist niht ein wunder,
doch stirbet manec gesunder 680
ö ich min lant rume.
si vertribent mich vil käme
die wil mir helfe gestät
diu mir unz her geholfen hat.1
si sprächen alle geliche 685
beide arme und riche
rh£rre min, nu ist guot
daz ir wisliche tuot,
swelh not iuch an gfe.
ir wäret doch bescheiden &: 690
daz selbe lat nu werden schin.
ir sult von uns gewis sin,
wir helfen unde raten
als wir noch ie getäten,
weit ir unsern rät begän. 695
die selben stete die wir hän
die sult ir schiere bewarn
und sult selbe in eine varn
diu iu diu liebes te si.
dennoch haben wir nu dri: 700
dar in varen aber wir.
harre, dar nach schaffet ir
daz werde iegelicher slat
ein sölich houbetman gesät
under den die andern swern 705
daz si sich hüeten unde nern
rehle als er si heize,
daz schaffet ageleize.3
Si rietn im alle vaste
rillend sy 687. min fehlt. 692. sond 694. noch] iuch
698. sond 704. hopptman gesatzl 708. angelaisz
riettend
414 DIE GUTE FRAU.
daz er sinem gaste 710
muote unde baete
daz erz durch in taete
und ze Linöde fiiere,
und im daz volc d& swüere
daz si im wseren undertän. 715
si woltenz alle da vür hän
daz undr in niemen waere
ze not so trdstbaere.
der gräve gienc sä zehant
da er sinen gast vant. 720
er nam in von den liuten dan,
er sprach mir rätent mine man
daz ich iu des muote
daz ir in iuwer huote
miner stete eine ruochet nemen. 725
wil iuch des durch mich gezemen,
daz gediene ich imer mg benamen.'
do begunde sich der gast schämen
dör an in wolte kören
die arbeit mit feren. 730
er sprach cdes sult ir mich erlän.
si hänt dar an niht wol getan
die iu an mich rieten.
got sol in gebieten
daz si iu r&tn an einen man 735
der iu baz gedienen kan.
da hoeret kraft zuo unde sin.
so wizzet ir wol daz ich bin
in iuwern diensten also
daz ich von herzen waere vrö, 740
swaz ich gedienen möhte
daz iu ze dienste töhte/
der gräve vlöhete unde bat
unz er gelobete die stat
ze behüeten und bewarn 745
710. seinen gast 713. zelinode fiere 714. schwiere 717. du
fehlt. 725. niemen 726. zimen 727. ymer by namen
729. der] daz 735. si fehlt. 737. hört
DIE GUTE FRAU. 415
und durch in dar in varn.
er reit des morgens vruo.
man schuof im« hundert ritter zuo.
da fuor er und die sine
in daz lant ze Linddine. 750
als er ze Linödine kan,
dö was da dehein man
si swiieren alle in sin gebot
unde bäten des daz got
im sselde und 6re -günde, 755
sit er sichs underwünde.
nu was er unlange da,
er enschüefe ouch eteswä
d&r über allez daz lant
zem besten ritter wart genant. 760
ich sage iu rehte wes er pflac.
er geruowte selten keinen tac
von grözer arebeite.
läge unde reite
kund er wol gesteilen. 765
im hülfen sine gesellen
mit manheit und mit rate
daz er geschuof dräte
daz in daz her vorhte.
vil dicke er si entworhte 770
mit vüeterunge.
der volkomene junge
schuof in michel ungemach:
ir guolen market er in brach
daz in diu spise tiure wart. 775
der künec hete an der vart
dem gräven sin lant gar genomen,
wser er im niht ze hilfe komen.
Der künec zürnen began,
norges 749. sinen 753. schwuren 754. daz] darumb
5ed y. e. gunde (im fehlt) 756. sich hett vnde* wunden
mtschuff 759. der] Dar 762. seltan kain 768. geschafft
[rate fehlt) 771. wohl Durch das ausstehen nach speise.
rolkoment 774. markt
416 DIE GÜTE FRAU.
er sprach rdaz uns der einec man 780
in disem witen lande
besitzet, dfest ein schände,
der tiuvel brähte in hiure her.
taete mir ieman als er
sinem hferren tegeliche tuot, 785
dem waere hilfe unde guot
von mir iemer anversagt,
na müeze ez gote sin geklagt
daz ich nieman enhän
* der in getürre bestän.' 790
dö sprach der herzöge hfere
cherre, ir sult niht mfere
reden von disen dingen,
ich wil in schiere bringen
eintweder gevangen oder tot.' 795
ein triuwe er im des dar bot.
niht lenger er entweite,
üz den sinen er dö weite
daz ir drin hundert wären,
die begunden sin da vären. 800
si vuoren uz alle tage,
ir knehte riten nach bejage
als si ouch fe täten,
also wart er verraten.
daz wart dem beide unverzaget 805
dar nach schiere gesaget
von einem garzdne
daz sin die BritAne
lägeten aller tegelich.
dö sprach er cdaz ist billicb 810
daz man den vinden schaden tuo
beidiu späte unde vriio/
do ergienc ez vil bereite
als er uf leite.
782. besitzt das ist 783. hür, vergl. 625 #. 797. entwalte
798. walte 801. allen tac 803. tetten 808. sin] in. viel-
leicht ist der dativ zu bewahren, vet*gl. 844. 811. tilg
812. früg 813. Do gieng er all
DIE GÜTE FRAU. 417
dö diu ros daz vuoter gäzen, 815
zehant si drüf säzen.
sus reit der helt balde
sä gegen eime walde
des selben nahtes späte,
den er erkoren häte 820
zer aller besten huote.
dö bat si der guote
daz si stille laegen
und deheines Schalles pflaegen.
er sprach cswie wönec unser si, 825
uns lft ein michel her hie bi/
als lägen si mit sorgen.
dö in erschein der morgen,
dö sprach er cich wil riten:
nu sult ir min hie biten 830
hinder disem rise.
nu tuot als ich iuch wise.
iu si daz allen vorgesaget,
swer mich da her zuo iu jaget,
dem hänt wir wol geliehen strit. 835
als ichz erhebe, so komet enzit.
wirt aber der jegere ze vil,
so sage Tu wie ich tuon wil:
ich vliuhe ein ander sträzen,
so sult ir mich läzen 840
vliehen und verliget ir,
und ritet danne nach mir,
so iu werde der run.
unser läget der Britün
mit siner geselleschefle 845
die hänt uns überkrefte.
von diu pflegt gewarheit
17. Sunst 821. Ze 826. gott* das recht* 835. Denn
38. ich üoeh 839. So fliueh ich e. a. strassze 840. mich] nit
41. Fliechent 843. run 844. Vnns lagent die pritun
45. gesellschaffte 846. überkraffte 847. die pfligt warheit
48. Ain nüw wirt widerrait, woraus ich nichts zu machen weift.
Z. F. D. A. IL 27
418 DIE GÜTE FRAU.
Nu tüten si als er in riet,
vrocliche er von in schiet 850
selbe vierzehende.
dö reit er umbe spehende
bi den vinden üf der warte,
dö kam sä vil harte
der Britune hörre: 855
des schar was diu mßrre.
als er si bäte gesehen,
er sprach uns mac niht geschehen
wan daz uns geschehen sol.
daz gevüeget sich ouch wol. 860
wir suln in striten üf reht.'
dö enbeit der guote kneht
unz si si wol besahen,
dö sin befunden nähen,
zuo zim der da habie 865
gezogenliche er drabte
vor in werliche.
siege unde Stiche
die wären da wol veile:
der wart im vil ze teile. 870
man stach unde sluoc in
über ein wit velt hin.
ich sage iu rehte wes er gnas:
daz er ein ziere ritter was
unde manhaft genuoc. 875
viinf ros er in sluoc
unz hin zem holze vorne,
dö warf der wol gebbrne*
sin ros hinwider diu ougen.
die da lägen tougen SSO
verborgen in dem walde,
die körnen sä vil balde.
dö wart der schoeneste strit
£49. tettend 853. der] einer 854. kam so. vielleicht ist gahte
zu schreiben, wegen harte. 855. pritun here 861. söllent mit h
862. embaicst 864. Do beg. Jncn 866. Gezoglich 873. io
fehlt. 877. verne
DIE GÜTE FRAU. 419
der vor des aide sit
von so vil liuten ie geschach. 885
diu minder schar durch brach
durch die m&rren vil ges winde.
der gast und sin gesinde
vähten manlichen.
des- muosten in entwichen 890
des herzogen ritterschaft.
si bestuonden si mit sölher kraft
daz sis ze vlühte twungen.
do begegente dem jungen
der herzöge in dem strite. 895
in harte kurzer zite
twanc er in manlichen,
wan im warn entwichen
die im helfen solten d&.
dö vienc in der helt sä 900
und twanc in mit gewalte.
den pris man im dö zalte.
swen nu der rede wundert
daz hundert driu hundert
viengen unde ersluogen, 905
daz geschehe oueh hiute genuogen,
swä ungewarnte liute riten
und ir gewarnete biten
verholen in einer läge,
daz man von sinem mäge 910
vlühe 6 er bevünde
aide wol gemerken künde
welaht jener waere.
also vuocten sich diu maere.
si sluogen unde viengen 915
swaz so si ir begiengen
(84. dez aller zilt 893. sis] sy 894. De begegnot
)06. geschach — gnuge 908. Je. der dichter hat sieh entweder die
^ottfriedische Unregelmäßigkeit erlaubt (und ir gewarnete biten, vergL
iu Iw. 6575, denn unde ir gewarnte biten wäre zu hart) oder gewar-
nte gesagt. 911. Flucht er befunde 913. vetgl. 1063. da die
form welacht zweimal vorkommt, wage ich nicht zu ändern.
)15. schlug
27*
420 DIE GUTE FRAU.
und riten vroeliche hein.
d6 maost der künec sinn oehein
büezen ande gelten.
dem gr&ven dem was selten 920
da vor so wol gelungen,
nu danke te er dem jungen,
als der ze Linöde kan,
dö sante er sinen boten dan
und enböt dem gr&ven insere, 925
wie im gelungen waere,
und dfer im kunt taste
daz er gevangen haete
den von Britanje lant.
dö daz der gräve bevanl, 930
.d6 schiet in daz maere
von aller siner swaere.
er kam ouch zallem guote.
im wart nach sinem muote
vergolten iesä zehant 935
beide roup unde brant.
Dö der gräve und sin lant
mit grözen 6ren überwant
sinen kumbr und sine not,
sinem gaste er dö bot 940
sin tohter ze wibe
und nach sinem libe
daz lant zc Poitouwe.
des erwande in sin vrouwe.
er sprach cdes erlät mich: 945
ez waere unvuogelich.
ich wart der feren nie wert,
der herzöge iuwer tohter gert,
den ir da gevangen hat:
dem gebet si, daz ist min rät: 950
ich rätez uf die triuwe min.
018. sein 920. seltan 923. der] er. unser ritter ist gemeint.
925. embotten den gr. mere 927. dar Jnn 929« den herezogea
939. knmer 943. pettowe 945. des] der 948. begert
951. ratts
DIE GUTE FRAU. 421
so mac iuwer suone sin
staete unde veste.
daz danket mich daz beste/
daz ergie vil bereite 955
als er üf leite.
dö diu suone wart gesät,
zehant er urloubes bat
ze riten heim ze lande.
der gräve in des erwande 960
harte käme und doch mit bete,
daz er ungerne tete.
nu möhte niemen wizzen
wie si sich alle vlizzen
ze tuonne swaz er wolte. 965
swenn er ze hove solte
ald zer herberge riten.
so dolte er zallen ziten
von gedrange michel ungemach.
swer in zuo einem male gesach, 970
der wände sin vür war
deste sseliger ein jär.
in dirre wirdekeite
vant in ein böte bereite,
der sagete im leidiu msere, 975
daz siner vrouwen waere
ir lant wol halbez genomen.
dö sprach er cwie ist daz komen?
aide wer hat daz getan?3
'daz l&ze ich schiere iuch verstän.. 980
der gräve Wide von Averne
haete si ze wibe gerne.
d6 enwolt ab si sin niht.
da von ir daz leit geschiht.
er reit mit her in ir lant: 985
52. sun 957. sann 960. in des] nit 961. kom 962. er, der ritter.
J3. mocht 965. zetun 972* sin vor ein 974. in ein] min
11. halb 980. b es tan. dies soll nach Ziemann MS. 1, 70b in der
ideutung von verstan vorkommen, ist aber dort so gebraucht wie in
iesem gedickte 1315.
I
422 DIE GUTE FÄAU.
daz hat er allez verbrant
und liget noch mit gewalte da/
vür sinen hßrren vuor er sä.
an sinen vuoz er sich bot,
er sprach nu ist mir ßrste not, 990
weit ir mir iemer rät geben.
al die wile ich hän daz leben
so muoz ich vertriben sin,
vertribet man die vrouwen min
diu mich von kinde hat gezogen. 995
ode mir hat ir böte gelogen,
si urliuget sgre
und hat hilfe lützel mßrc.
nu hat si her an mich gesant.'
Dö sprach der gräve zehant 1000
des wil ich iemer got loben
und den guoten sant Jacoben
daz ez ir solte widervarn.
nu wil ich niemer gesparn
weder lip noch daz guot. 1005
swer dem andern wol tuot,*
tuot er im da wider leit,
daz ist ein grdziu bösheit.
ir hat vil wol an mir getan,
daz ich min lant hiute hän, 1010
des hülfet ir mir eine
und anders iemen deine,
ich hilfe iuch da widere
ald ich gelige darnidere/
der gräve boten sante: 1015
nach den boten er selbe rante.
er sprach mäge unde man,
unz er vünf hundert ritter gwan
den eines ringes niht enbrast.
die riten alle durch den gast 1020
harte willecliche.
998. verluget 999. in der hs. schon hier ab satt. . 1005. daz
fehlt. 1013. ouch 1016. ist boten %u streichen* selb da
1021; wülencl.
EHE GUTE FRAU. 423
sus vuor der tugentriche
wider heim ze lande.
mit ören äne schände.
<lö der böte siner vrouweii kam 1025
und daz si rehte vernani
sin wirdeclichen ßre,
dö vreute si sich s£re
und gedähte in ir maote
rja herre got der güote, 1030
diner gnaden der ist m&
dan der vische ime s&.
noch wirt min alse guot rät
als der diu einen man hat.
ich weiz wol daz da her vert 1035
ein man der min lant wert
so er alter beste kan/
ilö daz her diu maere vernan
daz da ksem ein ander her,
g&n dem schuofen si ir wer. 1040
dö si komen in daz lant,
der 6 gast was genant;
4er wart nu wirt, si geste.
in schuof der muotveste
gemach als er wol künde, 1045
wan er in guotes gunde.
dar an enwas dehein zil:
rosse und Hute heten si vil.
nu enböt er siner vrouwen,
si solt ir balde zouwen 1050
im senden swen si möhte hän.
daz wart vil schiere getan:
si sante im in einer schar
vünf hundert biderber ritter dar
und tüsent serjande, 1055
die besten von ir lande.
die wären willec uf die vart
1022. Sunst für 1027. wirdencl. 1028. frowt 1039. k«m ein]
kain 1042. genamt 1043. vn sy 1046. wol g&tz
1048. hatten 1050. sölt — schowen 1057. villicht
424 ÖIE GÜTE FRAU.
und liezn ir hiuser wol bewart*
Dö si zeinander kämen
und die geste vernämen 1060
von den vome lande,
dö was in harte ande,
welafat jener wsere.
sich huop urliuges maere.
dö hugetens alle uf einen strit. 1065
des wurden si gewert sit :
wan im was strites gedäht,
der si dar hete bräht.
der reit des morgens zehant
da er die viende vant 1070
und kam in also nähen
daz si einander sähen,
er schuof sim her durch gemach
ir herberge an einen bach
der zwischen in nider vlöz. 1075
daz wazzer was also gröz
daz ez ze den selben ziten
da niemen inoht erriten,
so rehte tief was der sant.
ez ist noch Aller genant. 1080
der gräve Wide von Averne
dem tohte ouch niht zemberne,
erne schliefe under in
beidiu wer unde sin:
wan er hete dri starke schar 1085
die im gevolget beten dar.
des siges des versach er sich
und was ouch gnuoc werlich:
des was er innerlichen vrö.
da- wider gedähte er aber dö 1090
1058. liessz 1059. zu ain. komen 1060. v'nomen
1061. vome] von dem 1064. vrlougs 1065. hngetes
1066. gewar 1069. der] do morges 1073. sein
1078. erriten in dieser bedeutung kenne ich nur aus Notk. ps. 67, 25.
1080. gedannt 1082. Den dogt 1083. Er schüff 1089. innc-
clichen? 1090. selb
DIE GÜTE FRAU. 425
ich hän ez dicke gesehen
und ist mir selben geschehen,
swä ein spil geteilet wart
uf breite ald an hashart,
swer da daz waeger kös, 1095
daz er dicke verlos.
also ist mir geteilt ein spil
dar an ich gewinnen wil,
ob ich saelec wart geborn:
wirt aber min teil verlorn, 1100
so enruoche ich wer diu pfant hat,
wan so wirt min nimer rät.'
hie von het er beide
liebe unde leide.
Mit rede ich iuch betiute, 1105
von welher h^nde Hute
er dri schar bäte:
die nenne ich iu dräte.
der gräve von Murlän,
dem was Gascön undertän, 1110
der kam durch sinen willen dar.
dö bräht die anderen schar
ein gräve, der hiez Lufer,
von Provenze was der.
diu dritte schar sin selbes was. 1115
üz den drin scharn er dö las
die besten alle die naht
mit den er smorgens vruo vaht.
dö schuofen jene under in
zwo schar g6n den drin. 1120
der guote kneht sich underwant
der die er brähte in daz lant:
die teten gern swaz er si hiez. :
>94. vergl. Jacob Grimm in der zeit sehr, f. d. alt* 1, 576. dort wird
n hasehart üf einem bret erwähnt ; hier scheinen uf brette und an
ishart verschiedene spiele zu sein, diese stelle ist ohne zweifei die
'teste in der dies wort bisher gefunden ist.* 1095. da fehlt,
m. ob] das 1110. Gason 1112. ander 1118. dez m. vor
\%%. ev fehlt. 1123. gern zu streichen?
426 DIE GÜTE FRAU.
dem gräven er die sinen liez
und bat in nächhuote : 1125
daz lobete im der guote.
morne, dö ez tac wart,
si körnen beidenthalp geschart
mitten üf ein ouwe.
dö vrumt diu guote vrouwe 1130
des selben tages sä zestunt
vil manegen töten unde wunt.
daz was doch an ir schulde gar.
zesamene körnen dise schar
mitten ime vurte, 1135
da man manegen nider hurte
der niemer möre üf gesaz.
si wurden müede unde naz.
swelher da nider kan,
den generte nie man, 1140
er muoste da beliben tot.
daz lüter wazzer wart röt
vil schiere von dem bluote
da die beide guote
striten in dem wäge. 1145
nieman bedarf der vräge
wie ez der helt strete
des selben tages trete.
er werte mit siner hant
sine vrouwen unde ir lant 1150
des tages mit gewalte.
den pris man im zalte.
er dranc unde er hurte,
unz er üz dem vurte
getete sunder twäle 1155
mit gwalt die Provinzäle.
als er daz lant dö gewan,
sin hörre mit den vanen kan.
dö wart gevärwet daz gras
1127. Mornen 1135. in ain fate 1140. nieman 1144. huldeo
1155. sonder wal 1156. den prouiczal 1158. ranen. %u b£rre
vergl. 997. 1177. 1159. grün grasz
DIE GÜTE FRAU. 427
rAt, daz fe grüene was. 1160
der gräve und die sine,
die stolzen Poitewine,
drungen sament durch die schar
als ez waere ein rör gar.
do bestuont der gräve Wide 1165
mit harte grözem nide
die harren vorne lande.
vil verre mann erkande:
sin wäfenroc was riebe,
er erschein gar werliche 1170
von im als ein Sterne.
der gräve von Averne
der was ein helt ze aller zit
doch kund er niht genern sit
den gräven von Murlän. 1175
daz het er gerne getan:
do enliez in des gräven man
der von Poitouwe kan.
waz sol ich iu nu mßre sagen?
da wart gevangen unde erslagen 1180
meistec ailez daz da was.
der aber entran und genas,
der verlos ganzliche.
jene wurden also riche
daz si ez fuorten küme. 1185
si vuoren hin zem pflüme
und herbergeten zehant.
dise vrouwen unde ir lant
erlöste ir geselle.
nu löne im so si welle! 1190
ouch wart er an der selben stunt
in eine hant so s&re wunt
daz er einen krumben vinger gwan
der im sit ze grözen sta'ten kan.
dö disiu rede also ergie 1195
.160. e] es 116?. Do stoltzten boitwinen 1168. man in
169. waffen rot 117?. wid v. A. 1174. doch — sit] als man von
fm seit 1185. füre komen 1189. Er erlosst ir Jr gesellen
428 DIE GÜTE FRAU.
und sich daz her nider gelie
und daz diu vrouwe vernam,
zehant si geriten kam
harte schöne über daz velt
vür des gräven gezelt 1200
da si in inne weste.
do enpfienc der muotveste
die vrouwen schöne unde wol,
als man lieben vriunt sol.
ouch enpfienc in diu riebe 1205
gar güetliche:
si hiez in willekomen sin
und sprach cvil lieber hörre min,
ir hat vil wol an mir getan.
mich wolte der h£rre hän 1210
mit gewalte äne reht,
als ir selbe wol seht
wie er min lant verwüestet hat. ,
daz ez nu vrideliche stät,
des hat ir mir geholfen wol. 1215
nune weiz ich wie ich dienen sol
dise manecvalten &re,
wan daz ich iemer m&re
in iuwerm dienste schine
mit triuwen und die mine.' 1220
[er sprach] 'vrouwe, ir müezt die rede län.
swaz ich iu gedienet hän,
daz tete ich gerne an iuwer bete.
danket ir es dem durch den ichz tete.
mir half ein iuwer lantman, 1225
daz ich ez niemer enkan
gedienen als ich solte,
ob er dienest nemen wolte.
mir half sin manheit und sin sin
daz ich ein richer hferre bin, 1230
und was, dö er ze mir kan,
betalle ein vertriben man. .
1199. daz] ends 1217. menigualt 1223. gebett 1225. ainer
1228. niemen
DIE GÜTE FRAU. 429
den selben sult ir willec hän,
so kan ez iu niht missegänV
dannoch enweste der hell balt 1235
wiez undr in zwein was gestalt.
Diu milte und diu riebe
enpfienc vil werdecliche
ir gesellen den degen.
da wart ir nach vil manec segen, 1240
d6 diu vrouwe gemeit
wider hin ze huse reit,
solt ich iu sagen wie si reit
und wie si waere becleit,
und ir junevrowen besunder, 1245
daz diuhte iueh ein wunder.
• si hetes an guote wol gewalt
und was ouch dar zuo gestalt
alse wol ze wäre
an übe und an häre 1250
daz ir alle die jähen
die si des tages gesähen,
si gessßhen nie so schoene maget.
swaz in von ir was gesaget,
des jähen si ir alle mö. 1255
Wol dri tage unde m6
reit er hin wider mit in.
dö teilten si ir gewin
und riten vroeliche hein.
dö sach man under in zwein 1260
manege triuwe ein ander geben,
die wil si möhten geleben
daz iemer waere mit kraft
staete ir geselleschaft.
daz kint schiet trürende dan. 1265
daz machete, im lac allez an
sin herze in eime stricke
und ermante in vil dicke
233. sond 1^35. wisst nicht d. 123a. werdenl. 1240. vnor?
1243. Sölt 1247. hett es 1256. in der hs. kein abtatz* .
262. mochten 1265. trurig 1266. lang allsan 1268. Jn ermaat ml
430 DIE GUTE FRAU.
däz er nach liebe hete leit.
dö was diu Minne vil gereit: 1270
si riet im, als siin fe riet,
dö er von siner vrouwen schiet,
daz er guotiu wip orte
und von den boesen körte
und dar an statte belibe, 1275
und swie lang er daz tribe
und swie wönec ers genüzze,
daz ez in niht verdrüzze.
daz treip er also manegen tac
daz ich vür war wol sprechen mac 1280
daz man in wälscher zungen
so wol gelobeten jungen
in allen enden niender vant,
wan er siner vrouwen het ir lant
erlöst albetalle: 1285
des jähen si im alle.
nu erbarmte die Minne,
daz er lip und sinne
an ir genäde häte ergeben
und ein so jaemerlichez leben 1290
von ir schulde haet erkorn.
si twanc die maget wol geborn
daz si ouch wehsein began
ir minne wider den man.
ir wart nach im als w£ 1295
als im nach ir was gwesen e.
als si von der Minnen
also wären überwunden,
swaz si da vor künden 1300
trinken oder ezzen,
des wart gar vergezzen,
lachen unde singen
1269. liebin 1271. sim] Jm 1283. nienert 1286. Das
1291. von] Vnd 1293. si fehlt. 1298. etwa an libe unde an sin-
nen, oder, da die lücke nicht bezeichnet ist, um 1296 zu glätten, als
im was gewesen e nach ir in sinen sinnen. 1300. dauon
DIE GÜTE FRAU. 431
daz wart ze andern dingen
harte verkferet. 1305
swen minne leben lftret,
dem widervert dicke
liebe und herzen schricke.
swie gröz diu liebe si,
so wese ge warnet da bi 1310
mit liebe und mit leide,
wie si die gescheide
die mit vröuden selten werden alt.
hßrre, wer gap ir den gewalt
(ern bestät si ze nihte) 1315
daz si scheidet äne gerihte
daz gerne samet waerc?
der selbe scheidsere,
der heizet missewende
und liep ze leid ende. 1320
Babilonje diu stuont 6,
die wile disiu werlt gestß
so gewinnet niemer mßre
dehein stat so michel gre.
da was gesezzen inne 1325
ein richiu küneginne. .
ez enwart nie küneges gewalt
zuo der vrouwen gezalt
noch enmöhte niemer werden.
si was uf al der erden 1330
gewaltec rehte als in ir hant:
si vuor mit her in elliu lant.
diu selbe küneginne
pflac wunderlicher minne.
si was vil selten äne man: 1335
1304. Dez 1309. die liebn ist sy 1310. wese] bis 1311. liebi
1315. er embestat 1318 und 1319. Die, was ich nicht wage stehen
zu lafsen. 1320. liep ze leid ende ist wie ein wort zu betrachten,
vielleicht ist jedoch liebe leidez ende zu schreiben oder mit größe-
rer kuhnheit 1316 scheide zu lesen, 1318 und 1319 in klammern zu
schließen, und zu verbinden den gewalt daz si scheide und — ende.
1323. niemät 1325. da] Das 1330. aller der 1335. sei tan
432 DIE GUTE FRAU.
s weihen si des nahtes gwan,
er Uete ir liep oder leit,
dem was des morgens bereit
daz man imz houbet abe sluoc:
si verdarbte liute genuoc. 1340
also git Minne beide
liebe unde leide.
si lönet ze gelicher wis
als diu künegin ir ämis.
diu gap ie den lön den tot: 1345
als lönet si mit seneder not.
nu ist iedoch Vrou Minne
meister aller sinne,
si einec ist betalle
honec unde galle, 1350
alt unde niuwe,
vreude unde riuwe,
weich unde herte,
sieht und ungeverte,
grusen unde v£hen, 1355
dröuwen unde vlöhen,
släfen unde erwecken,
zarten unde erschrecken :
des hat si alles gewalt.
ir gevalt ist manecvalt 1360
daz ir hiht des widerstAt
daz herze unde sinne hat.
Swer nu an disen kinden
wil ze rehte vinden
waz si leben äne minne, 1365
der enhät deheine sinne,
swem rehte kunt wäre
ir manecvaltiu swaere
die si nach ein ander truogen,
den möhte ez wol genuogen. 1370
ich sage iu sinen kumber:
1336. die nachtz 1337. tett 1338. morges 1339. heppt
1340. verderbt 1349. all betalle 1361. nichtz w, 1363. ta
fehlt. 1368. mäi.igüältige 1371. kamer .
DIE GUTE FRAU. 433
er gedähte cich vil tumber,
waz solte mir der tumbe wän?
von der ich liebe wände hän,
diu ist ein vrouwe riebe: 1375
sd lebe ich ärmliche.
si wirt mir also schiere
als Metze, alse Triere.
dö was der vrouwen guote
anders ze muote, 1380
vil reht als in sagen wil.
und merket iemen uns daz spil,
sd si sin gröziu vrümekeit
gein mime guote geleit:
sd mac ez wol geliche «in. 1385
rätent ez die vriunde min,
ich nime in gerne zeinem man.
ob ichs niht an in vinden kan,
ich minne in an ir aller rät.
der rehte wisse wiez nu stät, 1390
der hülfe mirs bezite.
swaz ich vürbaz bite,
daz ist wider minen danc'
diu Minne si zesamme twanc:
diu kundes wol gevellen 1395
ensamt ze einem wellen.
si sante nach ir mannen
und nach ir vriundeu dannen
und dähte, swie si den geliige
und si mit listen betrüge, 1400
daz ez doch guot waere.
si sprach cmir wart ein maere
gesaget nähten späte,
daz man aber rate
an min guot und an min &re. 1405
1379. Turner 1378. Also metz also Trier 1389. Vnd merk mff
dz sp., und tadelt en jemand. 1384. Gen Jn min g. 1385. ez]
Ir 1389. Ich ich min (nun?) Jn on aller Jrer r. 1390. rechten
wicx 1391. gar zitte 1395. kund sy 1396. One sant ze sine
wollen, ohne zwetfel ist wellen noch verderbt. 1403. nacht
Z. F. D. A. II. 28
434 DIE GUTE FRAU.
n u vürhte ich mir vil s&re:
ich bin ein maget Ane sin/
dö sprach einer under in
'vrouwe, ir sultz vür guot hAn,
disiu vorhte und dirre wAn 1/itO
ist uns bereit ze aller zit.
die wile ir Ane man sit,
so sint wir alle verlorn,
irn kieset cinn man wol geborn
der uns wer und iuwer lant.' 1415
dö sprach diu vrouwe zehant
ich enwil noch enmac
hinnen vür deheinen tac
üz iuwerm rate geleben.
weit ir mir einen man geben, 1420
den kieset als es iuch gezeme
daz ich in durch iuwern willen neme.
si sprächen alle Vrouwe,
der dem gräven von Poitouwe
sin lant widere gewan, 1425
wser iu der liep ze einem man,
der hete iuch billiche.
der wert ouch iuwer riche
manlichen als ein hclt.'
diu vrouwe sprach csit ir in weit, 1430
ich nime in gern durch iuwern rät,
sit daz ir mirz geraten hat/
dö wert in vrouwe Minne
an libe unde an sinne
vil reht nach sinem muote 1435
an wibe unde an guote
als sim geheizen hAte.
swer nach ir rAte
1409. sölt es Uli. ist fehlt. 1414. Jr kiesset Jr ainen
1415. wer fehlt. 1421. geziin 1422. daz] sit neme] nim
1424. Der den gr. 1425. poitowe 1428. wirt 1429. Manlich
1430 — 32. vielleicht ist die dreimalige erw ähnung des rathes wenig-
stens einmal dadurch tu vermeiden dafs man 1431 ze hir&t schreibt.
1438. War
DIE GUTE FRAU. 4S5
wirbet, derst behalten,
und wil er sinne walten. 1440
Dö ditze maere üz kan,
daz diu vrouwe hete disen man,
daz wart über al daz lant
ze grözen 6ren bewant.
si sprächen alle geliche, 1445
beidiu arme und riebe,
er solt si billicbe hän.
ouch het si wol an im getan,
er was vrö und si was vrö:
ir vreude schuof sich also 1450
alle stunde und alle vart
daz in ande niene wart,
daz bekumberte lant
den aller besten vride vant
der da vor ie d rinne wart. 1455
ir ungendde was verspart,
dem harren liebte sin wip
beidiu leben unde lip.
er lebete als er wol künde,
hebeche unde ouch hunde, 1460
valken unde winde
het er in sime gesinde
ze allen ziten harte vil.
hunde unde vederspil
was sin kurz wil allen tac, 1465
swenn er da heime müezec lac.
doch verlac er selten durch gemach,
swä. ime lande iht geschach
daz iht traf ze ritterschaft.
er und sine geselleschaft 1470
wären wol da vorne.
139. der ist 1441. kein ab s atz. 1443. alle* 1446. ßaiden
452. Das Jm das ander Je wart, ich habe die unwahrscheinliche und
\atte wendung nur um keine lücke zu laßen in den text gesetzt.
453. bekümbrot 1460. Häbk 1464. Hund 1467. seltan
469. Das zer ritterschaft icht trafft. dafs der dichter reime wie rit-
rochaft: geselleschaft nicht mied zeigt 1255/. die alte form gesel-
»chaf ist schwerlich anzunehmen, 1471. vornen
28*
436 DIE GUTE FKAU.
der mute üz erkorne
was ein zil der ßren:
die künde er wol gemären
mit aller hande tagende. 1475
er was ein bluome der jagende.
Nu kam es zeinen ziten
daz der helt wolte riten
mit sinen hebechen an einn baeh
d& er sich vögele versach. 1480
er reit daz wazzer ze tal:
dö vant er vögele äne zal.
viir eine miilen gie sin pfat:
dar an giengen driu rat
diu harte söre liefen. 1485
vor der mülen da sliefen
zwelf vil arme dürftigen,
die sach er d& vor ligen,
halze unde blinden,
die niender künden vinden 1490
vor ir ungemache rehte wege.
dö vrägete er, in wes pflege
daz gotes her d& waere.
dd sprach der mülnaere
'h&rre, mir hat si gesant 1495
diu guote der ditze lant
ist (der ist ouch disia müle),
daz ich si hie behalten süle
und ich also mit in werbe,
swenn ir einez sterbe, 1500
e* ich daz iemer begrabe,
daz ich zehant ein anderz habe.
Dd sweic er und reit vür sich
und dähte cdiz ist wunderlich,
daz ich sündiger man 1505
gote niht gedanken kan
der manecvalten &re.
1472. usserkoren 1476. der] in seiner 1477. kein abtat*.
1478. wol r. 1479. hebechn an einen? oder sinen zu streichen*
1483. 1486. mülin 1490. nienert 1497. mul
DIE (JUTE FRAU. 437
bete er mir niht möre
gegeben wan min sadee wip,
so enkunde min lip 1510
gedienen niemer möre
die manecvalten öre
die er mir hat getan.
sit ich nu ganzlichen hau
swaz ein man haben sol, 1515
so stüend ouch da bi harte wol,
[daz] ich gedachte wannen ez kau
und wiez einn tfrhap gewan.'
dö sin beizen ergienc
und er der vogel s6 vil gevienc 1520
daz er ir gennoc h&te,
dö reit er wider dräte
alles in dem muote,
er gedähte egot der guote,
gip mir sinne unde mäht . 1525
daz ich wol geswü'ere
daz ich mit gwalte vüere,
wolt ich, in din riche.
au bekenne ich sicherlicbe 1530
daz niht so grözen schaden tuot
als öre unde guot.
daz ist ein mortgalle
zem ewigen valle.'
den gedanc den verliez er nie 1535
unz er ze naht ze bette gie.
dö lac diu vrouwe riebe
bi ir manne güetliche.
diu liebe ergazte in der clage.
si sliefen beide unz ze tage. 1540
dö der tac durch daz tach
beide luhte unde brach,
dö er den morgen erkös,
Mir geben wan 1513. mänigualt 1518. ain vrhab gewän.
mäht ohne zusatz fällt auf. vielleicht fehlt mehr als ein vers.
Dan alz er 1536. bet 1538. Jrem 1541/.=2451/. 1549. lacht
438 DIE GÜTE FRAU.
daz er des äbents verlos
d6 er sich nider leite, 1545
daz vant er vil bereite
in sinem herzen stecken :
riuwe begunde in wecken.
er lac an sinem bette,
wider sich selben er dö rette, 1550
'mich hat an eines wolves stat
got üf die erde gesät,
dem man die gans vür leit:
so er die vroeliche treit,
so ist dar an gehenket 1555
daz im diu bein ab swenket.
als trage ich zaller stunde
die gans in minem munde:
dar zuo versneit mich s&re
guot und werltlich ere. 1560
ez ensol, ob got wil, niht sin,
vind ich ez an der vrouwen min,
daz ich werltliche tuon.
so suln wir 6re unde ruon
durch got vil schiere üf geben 1565
und ditze unstete leben
läzen unde erwerben,
so wir an dem libe verderben,
daz die s&le sin erstanden
vor grözen hellebanden. 1570
Do erwachete diu reine
und erhörte an siner meine
da ouch ir wille stuont zuo.
si sprach ewaz redestu so vruo?'
rdaz sage ich dir, guote. 1575
wsere dir ze muote
als mir ze muote ist,
so wolt ich in vil kurzer vrist
die werlt läzen durch got/
1546. Da 1550. selber, vielleicht zu streichen. 1557. also
1559. uil aere 1561. ob] es 1564. sollen — - ruom 1569. se-
ien sind 1570. helbanden 157». seine 1575. sage fehlt.
DIE GUTE FRAU. 439
si sprach cöwfc, ez ist dm spot. 1580
warumbe hilstu daz mich?
yk weista wol, Ost billich
daz ich läze unde tuo
swA dm wille stände zuo.'
si berieten sich zehant 1585
daz si bürge unde lant
liezen ganzliche ligen
und sich alles des verzigen
<laz in nütze waere.
durch ir schepfsere 1590
si hielten an daz wort sich
daz got sprichet, cswer sich durch mich
uideret uf der erde,
der kumt ze hohem werde:
in mines vater tröne 1595
treit er iemer kröne/
nach dem tröste was in gÄch.
iesä schiere dar nach,
dö diu Hute sl&fen kirnen,
dürftige gwant si an sich nämen. 1600
dö die Hute sliefen,
si strichen unde liefen
in ein unkünde.
£ daz ieman bevünde,
dö warens in dem lande 1605
da si nieman erkande.
dö sich verwandelte ir gewanl,
verwandelt sich ouch zehant
ir här und onch ir varwe:
1610
gestellet ze wäre
innen einem j&re,
swer si da vor hete gesehen,
581. de« 1582. es ist 1583. tüg 1584. stand 1587. gaset
592. swer] wen 1599. kome 1600. nome 1603. vnknnde 1604. E
as.es Jenen bestünde 1605. waren sy von d. 1. 1606. Do
610. es fehlt etwa si wurden so begmrwe 1612 (=1955) innen] In-
wendig Jn
410 DIB GUTE FRAU.
der enhete niemer gejehen,
würdens hundert jär alt,. 1615
daz si iemer würden so gestalt.
gemaches wart in schiere buoz.
vil manegen nngüetlichen gruoz
si vil dicke empfiengen:
so si nach der spise giengen, 1620
dö sprächen de alten und diu kint
'swä so starke liute sint,
die solten dienen nmbe bröt:
wir heten mit den michel not
die es niht gedienen künden. 1625
ja waen ich, si Sünden,
swer so starken Hüten git.'
des vreuten si sich zaller zit:
si dulten gerne disen haz.
man gap in ie doch eteswaz, 1630
ez waere dort oder hie.
swä der wint her gie,
da wart ir roc hin gewant.
ir vesten bürge unde lant
wurden den diez haben solten, 1635
dö sis niht m&r enwolten
disiu vrouwe gienc mit ir man
unz si zwei sünelin gewan*
daz wären arbeite genuoc,
dö si der kinde ietwederez truoc. 1640
daz si zer grözen arbeit
deheiner slahte gewarheit
mohte hän, wä si belibe,^
sd si ir not dar zuo tribe.
so gevuocte sich ie ir gemach 1645
daz si gewan daz obedach.
der man ir danne da pflac
1614. ninner 1615. Wären sy worden 1621. sprachent die altn
vnd d.k. 1624. bettend 1625. kunnen 1626. jk fehlt
Wenn 1628. frowtn sich 1634. festin 1636. sy es
1637. diu? .1639. Daz maren arbait g. 1640. do] Daz
1642. scbläcbt warbait 1646. obertach 1647. da] dar
DIB GUTE FRAU. 441
die wile daz si d& lac.
swenne si ze kirchen gienc,
zwo Amehte si enpfienc. 1650
daz was ein swaere werc,
und daz si tal unde berc
der kinde einez muoste tragen,
wä si durch got iht möhte bejagen.
Dö wart ir eines tages wo, 1655
daz si enmohte niht mö
der kinde gesougen noch tragen,
dö wart der man ir zweier wagen,
er wart wagen unde rint,
unz er die muoter und daz kint 1660
brähte sunder tw&le
zuo einem spitäle
in eine harte schoene stat.
der man ir dar inne bat
swaz er ir erwerben künde. 1665
si lac d& so lange stunde
unz ir elter kint wart so gröz
daz ez siner krefte genöz
und daz ez mit dem vater lief,
so er umbez bröt rief. 1670
daz ander daz was deine:
daz sougte diu vil reine
mit milch uz einem hörne,
ez zöch diu wol geborne
unz ez der milch wol enbar 1675
und im daz ezzen niht enwar.
dö wartez in einem j&re
wol sd tiure ze wäre
daz ein man az mit gewalt
ein bröt daz einen schiUinc galt. 1680
dö betelete der guote
unz ez die liute muote.
.648. daz] da 1649. Wenn sy k. g., et fehlt ze. vielleicht d6 si
;e k. g. 1650. zwo schwäre amächt 1654. Wo sy durcht icbt
nocht b. 1662. seinem 1670. vmb Az 1677. aine
1680. ain seh.
442 DIE GÜTE FRAU.
dö ez die liute verdröz,
dö kam vil dicke sia schöz
zer herberge laere 1685
swie not in spise waere.
daz was ein jaemerlichiu clage.
si wären dicke zwöne tage
daz si brötes nie enbizzen.
nu enmöhte niemen wizzen 1690
wie den vil getriuwen .
wip und kint begunde riuweu.
dö sprach die vronwe cna ist zit,
sit daz uns niemen niht git,
daz wir sehen wie wir werben 1695
ö daz wir gar verderben.
ganc warte ob iener hie bi
in der stat ein vrouwe si
diu dir umbe mich iht gebe:
der diene ich die wile ich lebe. 1700
sage ir, daz si mich hol:
ja gediene ich harte wol,
genise ich, mine spise.
ich bin von werke wise:
mit drihen und mit Spelten 1705
kan ich ez wol vergelten,
ob si min eine wile enbirt,
unz mir der lip wider wirt.
ob ich daz niht vinden kan,
so bistu noch ein junger man: 1710
ganc ner dich und diu kindelin :
wir sterben, suln wir sament sin.
und lä daz varn, sterbe ich,
daz ist bezzer, danne ir driu durch mich
verdürbet unde ich laege tot/
daz was ein angestlichiu not,
1690. enmocht niemet 1694. niemet nücz git 1705. Mit scbio: dnhe,
ein werkseug zum tvürken, besondert von borten, zusammen mit «pdte
troffr. Tit. 91, 4. Gott/r. Trist. 6559, allein Wolfr. Tit. 137, %
über spclte *. Wh. Grimm zur gold. schm. 350. 1711. viid im
kind (: sio) 1712. sölln wir same s. 1715. leg
DIE GUTE FRAU. 443
diu got erbarmen solte,
ob in iht erbarmen wolte.
DA sprach der trinwen riebe
cdu redest hertecliche, 1720
und solde ich dich danne 14 n,
ob ich enwec wolte gän.
ich wil benamen hie besehen
waz uns sament süle geschehen/
dö sprach die vrouwe wider in 1725
edu bist betalle äne sin.
du mäht mit dirre schulde
Verliesen gotes hulde
an mir und an den kinden,
wiltu niht erwinden. 1730
der hunger tuot uns vil not,
diu kint sint nach vor zadele tot,
wan si weinent ie genöte
vil lute nach dem bröte/
dise rede treip si ie 1735
unz daz er sinen wec gie.
er gie so lange unz er vant
eine vrouwen, diu zehant
mit im gie da si lac
kindes unde unrätes pflac. 1740
dö si ir schoenen lip ersach,
do erbarmtez si, unde sprach
ez was ein suberlichez wip.
git ir got wider den lip,
daz er vil lihte niht entuot, 1745
si wirt mir nütze unde guot/
dö sprach si zuo ir manne
guot man, weit ir mir danne
daz guote wip ze koufen geben,
daz si mir allez ir leben 1750
diene, obe si genese,
und iemer mör min eigen wese,
1720. hertenciich 1723. hie fehlt. 1724. soll 1727. dirre]
der 1734. lütt 1737. lange] lauer 1739. do 1742« erbarmt
sy 1745. villicht en tut, ohne niht 1750. alz 1751. Dienen
444 DIE GUTE FRAU.
darumbe gib ich iu zwei pfant.*
do ged&ht diu sieche zestunt
'hfcrre, wan waer daz geschehen!' 1755
dö moht man grözen jämer sehen,
dd der gnaden bestroufte
sin wip durch not verkoufte.
er gap si als er mohte,
1760
der spise zemberne:
siniu kint diu äzen gerne,
dö wart michel schrien,
dd. er die edelen vrien
der vrouwen vür eigen gap. 1765
der man der suochte sinen stap,
da mit er ref unde wagen
samet häte getragen,
sin leit begund er gote clagen.
diu vrouwe hiez si hin tragen 1770
heim in ir gewalt
als schiere dö si im vergalt,
dö er die pfenninge eupfie,
diu vrouwe stricte sim hie
in einen zendäl, der was röt: 1775
ir manne si den dar bot.
mit jämer und mit leide
schieden si sich beide.
. er bat ir got vil dicke pflegen,
ouch bevalch si in in gotes segen. 1780
siniu kint truoc er enwec
und kam gegangn an einen stec.
daz wazzer wuohs unde döz
daz ez üz an daz lant vlöz.
er sazt der kinde einez nider 17S5
und woltez hän geholt wider
1755. wenn 1757. bestraffte 1758. verko'ffte 1760. es fehlt wohl
wand in lenger niht entohte 1764. d6 er] Da 1765. Der frown
sich für 1767. repp : über ref s. Graff 4, 1154. Schneller 3, 61.
1774. diu] sin? 1775. zendat 1776. ir mä sy dar b., ohne den
1781. kint fehlt. hin weg 178?. ain 1783. dosst 1786. wol«
DIE GUTE FRAU. 445
und nam daz ander uf den rügge
uu de truoc ez über die brügge.
d6 erz brähte an daz laut,
dö sazte erz nider &k zehant 1790
und wolte jenez geholt hän
da er ez hüte verlän.
dö der genädenlöse man
enmitten uf die brügge kan,
dö truoc daz wazzer enwec 1795
beidiu man unde stec.
vil kume gehienc er dar au.
dö vlöz der stec und der man
in einer kurzen wile
mör danne ein halbe mile. 1800
dö treip inz wazzer ze Stade.
er geruote wönec nach dem bade :
er gähte wider zen kinden
und wände si Ab vinden
da er si haete verlän. 1805
do verlos er arbeit unde wän.
Nu het der bischof von Riems
und der gräve von Urliens
ein gespreche geleit
da man über die brügge reit. 1810
dö diu brügge was zerbrochen .
dö enwart da niht gesprochen,
wan gruoz gegen gruoze:
daz machete ir unmuoze.
ir ietweder nam zehant 1815
daz kindelin daz er vant.
daz wazzer hiez diu Seine,
hin über ruoft der eine
'ich hän ein kint vunden hie/
der ander in da wizzen lie 1820
daz er einez ouch het vunden.
t. Rnggn 1788. brügge, ebenso 1794. 1810. 1811. 1797. ge-
?t . 1801. in dz 1803. Er gedacht w. zun k. 1813. grus
Tus 1814. ir] Ja 1817. hie der sein : vergl. 2957.
). ain schön kind 1821 — 1830 stehen mit geringer dbweichung
440 DIE GUTE FRAU.
si riten dan ze stunden.
diu gotes gn&de dA erschein
an disen erbelösen zwein,
daz got ietwederem bescherte 1825
den der ez zöch unde nerte.
dö der gnädelöse man
hin wider zuo der briigge kan,
daz wazzer harte verre gie
da vür da er diu kint lie. 1830
dö däht er cez hat si genomen :
war waerens anders komen?'
zuo einem boume er gesaz
müede unde harte naz.
er zöch ab siniu cleider 1835
(diu wären boese leider)
und hanctes an die este.
sin jämer der was veste.
üf huop der eilende
g&n gote sine hende, 1840
Mu gaebe mir ein schoene wip,
dar zuo kint und gesunden lip:
der haste ouch &ne mich getan.
sit ich nu noch den lip hAn,
der büeze dir die wil er wer. 1845
deheiner vreude ich m&r beger.'
unsern harren er an rief,
unz er in den sorgen entslief.
üf den boum kom ein ar:
der wart dort nidene gewar 1850
w& siner pfenninge sac
röt neben im lac.
der hunger in des betwanc
daz er sich schiere dar swanc
zweimal hinter einander. 1822. dan] sa beide mal. 1826. Dem
beide mal 1828. zu der brug das erste mal, zu bürg das andere.
1829. verr gic das erste mal, vergie das andere. 1830. Davor
beide mal. 1832. warent 1841. Er sprach her* du gäbt
1843. hastu 1845. Der büfs dir die weit erwer 1850. dort
1853. des fehlt.
DIE GÜTE FRAU. 447
*
und zuctez, wan im was gäch. 1855
der man spranc öf und lief im nach,
[er sprach] eh£rre vater unde geist
und du, heiliger sun, wol weist
min grdze widermüele.
nu tuoz durch dine güete, (860
getroest mich dirre leide,
so ich von der werlde scheide.'
an zöch er sin gewant,
mit jämer rumete er daz lant.
dö die vögele wurden gwar 1865
daz geladen vuor der ar,
do begunden in an schrien
kreien unde wien.
si triben in umbe als ein rat
unz hin gegen der selben stat 1870
da disiu sieche vrouwe was.
durch bäc si her üz kras.
si sach die vögele mit dem arn
harte sfere umbe varn.
in stiez ein vogel an den nac, 1875
daz im pfenninge unde sac
enpfielen. dö siz ane sach,
dö huop siz Af unde sprach
cöwß vil armer müedinc,
war sint nu komen diniu dinc? 1880
ich waen du bist von hunger tot.
daz dich die vögele durch ir not
gsezen und zertrüegen,
wie mohte sich daz vüegen?
ich wsen ez sich gevüeget hat 1885
daz min niemer wirt rät.
nu müezen vasten miniu kint,
I. widermutt 1860. tun es d. din gut 1861. difz laide
.. gewar 1868. kräyen : vergL Graff 4, 587. 1872. balck
raifz. kresen, repere, vergl. 2812. Graff 4, 615. 1874. vmbfarfi
. stiez] schier dem nag 1876. Dar Jnn pfening
. 1878. sy es 1879. 6w6] 0 1880. Wo — kind
. Gassen vnd zertrügn 1884. möcht 1887. müssend
448 DIE GUTE FRAU.
diu noch in den jären sint
daz ich si solte bewarn.
wie h&n ich arme so gevarn? 1890
waeren wir doch sament beliben,
het ich si niht von mir vertriben,
stürben si doch danne,
so enwaere ich niht ze banne/
D6 si geweinete genuoc 1895
und sich zen brüsten vil gesluoc
mit j&mer und mit riuwen,
do enhalf si niht ir büuwen
wan daz ir deste wirs was.
daz disiu vrouwe genas, 1900
daz was gröz wunder,
si ged&hte hier under
nu weiz ich doch wol daz wir h&n
an got vil verre uns verlän.
den erkenne ich wol s6 riebe 1905
daz ich billiche
dirre clage enbaere :
der si ouch schirmaere
über mich und über in.
er weiz wol wes wir dürftec sin: 1910
des welle er uns beraten.'
in eine kerne näten,
diu ir sunder was verlän,
da sir gemach solt inne h&n,
gienc diu vrouwe zehant. 1915
ir wart von gote ein tröst gesant,
daz si deheiner sorgen pflac.
si nam pfenninge unde sac
und leite si gehalten.
si sprach rgot müeze walten 1920
mins mannes zuo den kindetf.
der Simeön dem blinden
siniu ougen wider gap
1888. dem Jar 1894. ze banne, in botmqfsigkeit. 1896. zu dei
1902. herunder 1907. Der cl. 1914. Jnn solt han 19W. Sy-
meone den plindea
DIE GUTE FRAU. 449
und der die vrouwen RAap
getröste ze Jericho, 1925
der getroeste uns also/
disiu vrouwe unde ir kint,
diu häten gemach sint:
ir saeliger man leit
kumber unde arbeit. 1930
daz künde nieman bewarn,
er muose tuon unde varn
als ein genädel6ser.
ze winter ervröser,
ze sumer verbran im diu hut. 1935
schiere wart der gotes trflt
gestalt uz ungeraete,
ob in sin wip haete
vor ir hin gesehen gän,
sine möht es niht erkennet hän. 1940
dö wart ab ir vil wol gepflegen.
dö si ir suht het uz gelegen,
do gediente si vil wol ir solt.
man koufte ir silber unde golt.
da mite worhtes an der ram 1945
borten und dar nach alsam
gürtel unde schappel
breit unde sinewel,
daz man nie spseher werc gesach.
ir vrouwen lieber nie geschach 1950
dan daz si si brähte hein.
si gap si ir tohtern.zwein
ze einer meisterinne.
die brähte si ze sinne
innen einem järe 1955
also wol ze wäre
daz in alle die jähen
4. rab 1930. Komer 1936. gotes] grofz 1937. Gestelt
T 1938. wis 1939. ir] in 1940. möchlz nit
1. aber 1943. Jren 1945. worcht sy an d.. kam
9. schmeeh' 1950. Der frown 1951. haim 1955. Jnwendig
6. wol zweimal. 1957/. = 1975/. vergL 1*51/
Z. F. D. A. II. 29
4*0 DIB GUTE FRAU.
die si ie gesähen,
ir leben waer ein wänne,
üz allem ir kiinne. 1960
also wären si volkomen,
si möht ein keiser hän genomen.
Diu vrouwe ouch des wol gendz
daz si ir lfere niht verdrdz.
ez muosen ie geliche sin 1965
ir mentel unde ir rockelin.
dd si ir ungemach verlie
nnd wider ze gemache vie,
dö wart si schoene, reht als £,
und er wart niawan wunt ie m£. 1970
schiere kam ez uf die vart
daz nie in dem lande wart
kein vrouwe als wite maere
als disiu vrouwe örbaere :
wan ir alle die jähen 1975
die si ie gesähen,
swannen si kaeme in daz lant,
zir waer ein riche wol bewant.
disiu stat hiez Treis
und was des gräven von Bleis. 1980
dö der diu msere vernan,
dd sante er nAch dem konfman
und vrAgcte in der maere,
ob ez also waere
als im waere geseit. 1985
do verjach er im der wärheit.
er sprach 'so soltu mir si geben,
all die wil ich hän daz leben
so wis miner stiure vri,
swie not mir pfenningG bV * 1990
dö er im die stiure lie,
1900. Jueiu 1962. si] Jedetwed ere 1964. D« sy in ir lcr
1965. Es mute iegliche s. 1970. nit wunder e me. die verbqfte-
rung ist zweifelhaft. 1973. merc 1974. erbere 1977. Wanaa
sy kern 1978. Jr 1979. Die statt 19«. der 1983. fra&tir
1986. der] die 1987. ai fehlt. 1989. bis
DIE GUTE FRAU. 451
zehant gap er im sie.
' dö biez si der gr&ve holn.
dö muost si dulden unde dolA
swaz si mit ir schuofen. 1995
do begund si söre wuofen,
überlüt und in ir niuote»
si sprach cgot der guote*
der kume mir ze tröste,
der ouch Sassanen erlöste 2000
von grözen werltschanden.
ich stan ouch in den handen
vil s&re gebunden:
ich muoz in kurzen stunden
Verliesen söle und öre. 2005
swes gerte ich arme möre,
wan waer ich tot bi minem man,
den ich vil örliche nan?'
dö si dem gr&ven kam dA hein
und also rehte schiene erschein, 2010
ir minne in des betwanc
daz in der tac duhte lanc,
dö der tac da verswant,
si giengen sl&fen zehant.
dö er lac bi siner brüt, 2015
do entorste er ir wize hut
niender genieren hdres gröz,
swä si iender schein blöz.
ir hnote ein kamersere
dem niht ze vil wtere, 20?0
ob er der helle abgründe
und der erde volmünde
uf in die lüfte hüebe
und die selben grüebe
dem lüfte machte gelich: 2025
daz enweer im niht unmtigelich.
si fehlt. 1996. raffen 1997. ia ir] Jrn $000. sussanaz
banden? $009. dahin $010. schon erschin $017*. Niert
Jenen schin plos ' $0$1. abgrnnde $0$$. pflumnde
hübe 20?4. grübe
29*
452 DIE GUTE FRAU.
dem bevalch si ir getriuwer man,
do er ir durch hungers not entran.
dö diz der gräve gesach,
daz wunder daz an im geschach, 2030
daz er wol wiben tohte,
und mit ir nibt enmohte
gesläten als er & pflac,
dö schämte er sich unde erscbrac.
er sprach also in siner schäme 2035
creine guot wibes name,
bistu maget aide wip,
daz mir diu süberlicher lip
also ist vor beslozzen?
ich hän diu nibt genozzen, 2040
wan daz ich bin ervseret
und harte an dir beswaeret.
si daz von zouber gewesen,
so sage mir ob ich müge genesen.
ich meine dich so s&re 2045
daz ich niemer niöre
von dir niht gewenken kan.
ich si din geselle ode din man,
wir müezen iemer sament sin.
du muost heizen graevin, 2050
so ich gräve bin genant/
mit vollen ougen sprach zehant
disiu vrouwe schöne
rh6rre, got der löne
iu des guoten willen. 2055
ir muget an mir gestillen
iuwer sünde ein michel teil
und ouch gemeren michel beil.
ich bin ein wip und nibt ein magt.
als ir mir da hat gesagt, 2060
daz enhän ich zwäre niht getan.
weit ir, ich wil iuch wizzen län
2027. Jre getriwn : s. 1779. 2033. e fehlt. 2037. ak
2041. erferet 2043. Sid 2049. müssent sin] din 2051. fe-
pamt 2052. sprach sy z. 2055. Euvch 2062. Wolt
DIE GÜTE FRAU. 453
und reht üf mine triuwe sagn,
waz Wunders mich her hat gelragn.'
Dö sprach der gräve zao ir 2065
eliebe vrowe, daz sage mir:
ich kan ez harte wol vertragen,
du kanst mir sölhes niht gesagen
da von ich din welle enbern.
ich wil dich alles des gewern 2070
des du gerst ane mich,
daz du min erbarmest dich/
des was diu vrouwe vil vrö:
also sagte si im dö,
emin vater hiez Ruopert, 2075
der was rieh unde wert,
er was von ßarriä genant,
er starp und erbete ich sin lant.
do ich wuohs als ich hiute bin,
dö karte ein h&rre sinen sin 2080
daz er mich gerne wolle hän.
dö het ich keiner slahte wän
daz ich iemer wurde mannes wip.
durch mich verlos er sinen lip.
im täten mine man den tot. 2085
daz tet in michel not.
er reit mit her üf mich :
dö muosten si wem sich:
si sluogn in under siner schar.3
diu vrouwe sagte im rehte gar 2090
von aller ir geschihte,
und doch niht wan die slihte.
dö sim ez bäte geseit,
do erkande er wol die wärheit:
ez was im reht alsam gesagt. 2095
er bat ir ouch dö si was magt:
^063. mine] eüver 2064. wunder 2068. söllichs 2069. wöll
070. allez dez 2071. Das 2072. mir 2073. Das die, ohne
ras 2075. rupperch 2077. parria 2079. gewucha
MO. sein sin 2083. mans 2084. verlor er sein 1. 2086. Jm
(089. schlugen
454 DIE GUTE FRAU.
nu ist si im dar heim komen.
was dann? er biibt ir äne vromen.
daz man da beizet bi gelegen,
des enmoht er niht mit ir pflegen, 2100
und was im doch äne kip
lieber dan sin selbes lip.
dö disiu rede also ergienc
und der tac an gevienc,
dö man liuten begunde, 2105
uf stuondens da ze stunde
und giengen hin zer kirohen sä.
ze eigen gap er ir da
bürge, laut, und dienestman,
und allez daz; er ie gewan 2110
gap er ir ze eigen da.
ze messe giengen si sä,
unde was diu vrouwe dö
in ir muote harte vrö
daz si was unbewollen „ 2115
und doch bet guotes vollen,
si hete man nach wäne
und was doch mannes äne,
als ich iuch wil bescheiden.
diu liebe gap in beiden 2120
so gröze vreude mit kraft
daz sich ir geselleschaft
möhte wol geliehen
den die tägelichen
sament nach kinden rangen, 2125
als noch tuont die jungen.
der gräve was so vrö nie,
unde si niht des erlie
swä von si al der erden
möhte getiuret werden. 2130
diz was ir unmuoze:
mit gäbe und mit gruoze
*098. plibt JMO. Dz 2106. stund sy 2107. kilchen
2108. ir feklL 2115. vnbewallen 2116. gute vallen
2118. mans 2120. lieMo
DIE GUTE FRAU. 455
künde si die liute minnen.
si schuof mit schoenen sinnen *
daz ir des gräven mftge unt man 2135
wären baz gehörsan
dan si im selben waeren.
der tugent kameraeren
mit aller hande tugende
* 2140
lebten schöne und äne haz :
ez wart nie zwein lieben baz.
dö schiet der tot si mit gewalt,
und starp der gräve Diebalt
der vrouwen al ze dräte, 2145
den si geerbet h&te
vor allen sinen m&gen,
wan si sament lägen,
swer ze Frankriche ist komen,
der weiz ez unde hatz vernomen, 2150
da enist kein sehidunge an,
d& erbt daz wip aU der man.
als erbte ouch si den gräven guot.
diu reine kiusche wol gemuot
diu saz in ir lande 2155
mit feren &ne schände,
schadte ir iht, daz tet daz
daz si binder sich baz
gedähte danne vür sich:
daz wart genuoc wunderlich. 2160
daz bescheide ich iu so ich beste kan.
in ir herzen sach si an
waz ir ze leide was geschehen
und enkunde daz niht ersehen
daz ir künftec waere. 2165
daz was ir meiste s waere.
Dö disiu rede also ergie
als ich iu h4n gesaget hie,
selber 2138. kaaier eren 2140. Sy <lo beguode:? 2143. Do
tr tod mit gwalt 2151. Da» eaist 2153. Al«o 2151. künscb
uveh 2162. sy Jap
456 DIE GUTE FRAU.
dö was vil lasterliche
dem künge von Frankriche 2170
sin wip diu künegin genomen,
dö sim dar heim solte komen,
von ArrAgön diu künegin.
dö wold er äne wip sin,
unz daz er si mit banne 2175
gewünne von ir manne
an dem selben male,
von dem von Portigäle.
mit im was si da hein gevarn.
dö was diu kristenheit als am 2180
daz man des bäbestes ban
gar deine war nan.
dö diu künegin wart verlorn,
dö was den landesherren zorn
daz er niht anders wibes nan. 2185
im rieten mäge onde man
daz er ein ander wip naeme
und erben mit ir bekaeme.
nu hat diu minne einen sit,
dem volget kein staete mit: 2190
swä sie zwei gelieben vindet
und diu zesamene bindet,
werdent diu gescheiden,
so ratet si in beiden,
daz vür ietwederes swsere 2195
niht so guotes waere
noch sich baz ze tröste stelle
dan ein ander geselle.
als twanc si ouch den künec guot
daz er verkörte sinen muot. 2200
er gedähte in sinem sinne
Von Bleis diu graevinne
diu ist rieh unde wert,
ob ir min liut ze vrouwen gert,
. 2172. sy im 2173. Ar'ogoni 2178. portagale 2179. dahain
kome gefarn 2185. wib 2189. hett d. m. ainer 2191. Wo s,
z. geliebt vindt 2194. rattend 2199. also 2202. Beieis
DIB GUTE FRAU. 457
gevellet si den allen 2205
si muoz ouch mir ge Valien/
er sprach an sinem rate,
da er die vürsten häte,
eich weiz in minem lande
ein vrowen, ob ich si nande, 2210
diu ist als ferbsere,
ob ein künec noch richer waere,
dannoch vuogte ez sich so,
er möbt ir iemer wesen vr6.'
si sprächen eh6rr, wer mac diu sin?' 2215
'ez ist von Bleis diu graevin.
diu ist mir so vermaeret
daz ich niemer wurde beswseret
von ir so grdz als umbe ein här.
wizzet rehte vür war, 2220
die staete naeme ich vür ein lant.'
si sprächen alle zehant
'hferre, ir hat wol gedäht:
schaffet daz ez volbräht
nach iuwern 6ren werde. 2225
ez enlebt üf al der erde
dehein wip so volkomen
als wir von ir haben vernomen.
si zimet uns wol ze küneginne.'
csö schaffet daz ich si gewinne/ 2230
si sprächen alle geliche,
beide arm und riche,
cder abbt von sant Dßnise,
der ist- biderbe und wise,
den sult ir zuo ir senden dar 2235
d&r si gesprecbe und iu ervar
ob ir muot dar zuo st£:
ir nemet si gerne zuo der 6.
ir sult ir ouch enbieten
)5. geoallet 2213. fugt 2216. Beieis 2219. also
11. statte: vielleicht süeze? selbe? 2223. habent 2226. aller
L 2230. Er sprach so 2233. Demse] nise. ebenso 2628. nisten
>0. 2235. sond
458 DIE GUTE FBAU.
daz iu die vürsten rieten, 2240
und die h&rrn von iuwerm riche
alle gemeinliche
mit rate an iuch kaemen,
und si gern ze vrouwen naemen.
so ist si so wise und so guot 2245
daz si ez waerlichen tuot/
der abbet der was da zehant,
der wart schiere dar gesant,
nach der vürsten rate.
in schuof der künec drate 2250
zer vrouwen nach der vürsten bete.
der abbet daz vil gerne tele.
er vuor ie sä zehant
da er die graevinne vant
und sagte ir disiu maere, 2255
daz der künec waere
mit den vürsten allen
an den rät gevallen
daz des landes kröne
so wol noch so schöne 2260
niender waere bewant.
cnu hänt si mich her ziu gesant
darumb ob ir si wellet tragn.
vrouwe, nu solt ir mir sagn
ob iuwer muot dar zuo stat. 2265
wan ölicher hirät
der enwirt noch enwart nie,
got unser hörre vüege in ie.
die vürstn üz unserm riche
alle gemeinliche 2270
hänt iuch zuo der kröne erkor n.
die hänt ein vrouwen verlorn
der in got niht wolte gunnen.
»240. u*ch 2241. her'en v. eüvern 2242. Als 2243. Sy mil
rat an sy komen 2244. Vm sy frown han genomen 2251. Ze
frown : vielleicht ze verte T 2254. grävin 2262. sli ivv ,
2263. wöllent £266. hirat] ee Rat »267. Pen 2269. for-
sten von
DIB GUTE FRAU. 459
diu ist dem künge entrannen
mit einem « man. 2275
dem got deheiner sselden gau,
den kan er wol gedrücken,
und den uf gezücken
den er ze sselden hat erkorn.
weit ir, ir sit dar zuo geborn 2280
daz ir der höchsten einiu sit*
di hiute lebent, ftne strit.3
swaz er gesprach ie,
diu vrowe geantwürte im nie
ö er gerette und gesweic. 2285
dö stuont si uf unde neic
dem künge alters eine
und den vürsten gemeine
und dankete in vil söre
der grözen houbetöre 2290
der si ged&ht heeten ir.
si sprach ehörr min, nu sult ir mir
teidinges gunnen.
ich enbin niht so besunnen
daz ich gesprechen künn dar zuo 2295
da nach als es mir n6t tuo.
ich sage iu morgen minen muot/
daz lobte der abbt und duhte in guot.
Des abbets man vil wol pflac.
dö diu vrouwe an ir gebete lac, 2300
dö knietes üf den esterich.
si sprach ehörr got, ich üez durch dich
michel öre und gewalt:
dö gulte du mir zwivalt.
wiltu mir ouch möre geben» 230$
so la\z mich niemer daz geleben
daz mich dehein öre
von dinen gnaden köre/
Hit ainem seins mans maa 2276. seldan 998?. Die hütfc
9285. geschwig 9286. Do stund er uff vn schryg
U. d. fuwtn allen g. 2290. hoppt ere 2293. Täding«
2294. besinne 2300. Jrm 2301. kniet *y
460 DIE GUTE FRAU.
si weinete unde clagte
vil nach unz ez tagte. 2310
in den sorgen si entslief.
ein stimme ir in daz öre rief
ces enmac dehein rät sin,
du muöst werden künegin
da ze Frankriche 2315
und dar nach 6wecliche
ze himele tragen kröne:
daz git dir got ze löne/
dö diu vrouwe erwachte
und si sich üf gemachte, 2320
niht lenger si sich werte,
si dähte zuo der verte.
dö man des morgens gaz,
der abbet zuo der vrouwen saz,
er sprach cvrowe, lät werden schin 2325
daz ir sit und müezet'sin
der höchsten wibe eine.
weit ir, als ich ez meine,
den künec loben ze manne,
so muget ir im er danne 2330
mit vreuden leben und alten
und grözer &ren walten,
als ein küneginne sol.'
si sprach ch£rr min, nu tuot so wol
(min gesinde deist enbizzen), 2335
lät irz die hferren wizzen,
so gespriche ouch ich si danne.
swelch vrouwe ze manne
g&het, tuot siz äne rät,
ob ir danne misseg&t, 2340
so muoz siz eine slizen.
wem solt siz danne wizen?'
2309. clagt ^310. tagt 2316. ewenclich 2326. sind
2328. Wölt 2329. Dem küng leben 2330. So mugent Jr Jo
ymer d. 2333. küngin 2335. dz ist 2336. in] ir
2338. Welche 2339. Gahen 2341. sy es ainig schlissen
2342. Wann s. sy es
DIB GUTS FRAU. 461
*
Der abbet nam dö alle
die wisen vorne schalle
and sagte in diso rede dö. 2345
des wärens alle samet vrö.
dö sach man von in allen
michel vuozvallen
vür die vrouwen da si saz.
si sprach cstät üf, waz hilfet daz 2350
daz man so nider vellet?
redet sus waz ir wellet/
si sprächen alle gemeine
evrouwe edel and reine,
tuot des iueh der abbet bite; 2355
da sin wir alle mite
gezieret und geßret,
und unser heil gemßret.'
diu vrouwe wisliche tet
und volbrahte ir gebet. 2360
er hörte gar dar an.
si sprach ze harren und ze man
cich lobe en künec, swie ez mir gät.
lät hoeren mich der vürsten rät,
wie si wellen deich geyar. 2375
wellen t si her od sol ich dar?
daz sol allez sin getan:
ich wil mich genzliche län
üf ir triuwe und üf ir eit.'
der abbet vroeliche reit 2370
mit endehafter widersage
und kam an dem sibenden tage
da er den künec mit disem maere
schiet von aller siner swaere.
er sprach zen selben stunden 2375
ch6rre, ich hän funden
daz beste wip deich ie gesach.
D. warent sy allsamt 9349. do 9350. stand 2359. sonst
sprachent 2355. Tund dz uvch der alt pit 2359. wifzlich
unverständlich. 2363. en] an 2368. han 2373. Do
dz ich
462 DIE GÜTE FRAU.
und als ich si von iu gesgrach
und von den vürsten die hie sint,
dö was ez allez sam ein wint 2380
swaz ich von zühten hän vernomen.
ist iender üf die erde komen
von himele wibes bilde,
daz ist diu vrouwe milde.
iu enbiut unser künegin, 2385
si welle iu undertaenec sin:
swie ir gebietet, daz si reht.
nu kieset selbe unde seht
wie man si mit Aren hol:
daz vüeget sich ir namen wol/ 2390
Der künec sante schiere
nach ir vürsten viere,
dö er si dar bereite
ze Paris err erbeite.
dar kömens über vierzehn naht. 2395
gen der vrouwen was gemacht
ein gestüele hßrlich.
der künec der bereite sich
zuo den höhziten.
man sach die vrouwen riteft 2400
gar schöne gön der stat.
der künec die pfaffen bat
daz si gön der vrouwen giengen
dö kämen zuo dem tuome 2405
mit ir heiltuome
all die pröläten.
swaz si gezierde bäten,
diu wart genzliche erwegt
und die sträzen umbelegt 2410
schöne und ouch behangen.
si wart vil wol enpfangen.
2378. iuv'ch 2380. samt 2384. milte 2385. Wenn bütt 2390. Jrem
2391. kein absatz. 2392. N. ir der f. v. 2394. er Jr 2395. Dar
komen sy über xiiij nacht 2399. dem 2402. bait 2404. *
fehlt etwa and si werdecliche enpfiengen 2405. kam 2410. vmb legt
DIB £UTE FRAU. 4*S
dö der antfanc ergie,
der künec si an der stunde enpfie.
ze rehte er si koafte. 2415
von disem brätloufte
seite ich iu vil, wolte ich,
wan er was harte grözlich.
nu solde man ouch ezzen gän.
da enwart niht verldn, 2420
man gaebe in alles des die kraft
daz man dÄ heizet Wirtschaft.
dö man daz ezzen verlie
and diu naht an vie,
dö was ouch älAfennes zft: 2425
daz liez der künec Ane nit.
dö der tac dö verswant,
si giengen slAfen zehant.
dö lac diu vrouwe riche
vil harte güetliche 2430
bi einer küneginne man
diu mit dem von PortigAle entran.
diu selbe vrouwe bt ir het
einen meister von Tölet
der von nigromanzie las 2435
und des listes gar ein meister was.
der schreip ein karacteres
und half der küneginne des
daz si dem klinge getAn hÄte,
daz im alle sin arzAte 2440
niht gehelfen künden,
daz er ze keinen stunden
mohte mit den wiben
mannes werc triben.
swie leit und swie swsere 2445
daz dem ktinege waere
und swie nach ez sinen hfirren gie,
anfeng * 2431. Wann geb ia allez dez. mit dieser und der
vien zeile vergl. 2737/. 3425. schlaffetz 2427/. = 2013/
giengen t 2431. künigine 2434. Talet 2438, khngin
hat 2440. arczat 2447. »incm herzen? doch vergl. 2188.
464 DIE GUTE FRAU.
diu vrouwe cz äne clage lie. .
nu sliefens beidiu vaste,
der wirt bi dem gaste. 2450
dö der tac durch daz tacb
beide luhte unde brach,
do erwachten sie beide.
der künec lac in leide :
zuo der künegin er sprach 2455
ez ist wol ein jär daz mir geschach
daz ich dir niht entuon kan
als einem wibe sol ein man.
nu soltu mich geniezen län
daz ich dich da vür erkorn hän: 2460
solz iemer werden übersehen,
daz muoz von diner tugent geschehen/
des was diu vrouwe vil vrö:
also antworte si im dö
ehörre, ir müget die rede lau. 2465
got hat vil wol an mir getan
und waerliche erzeiget hie
daz in sin gnade nie verlie
noch niemer mere verlät,
der rehte staete an im bestät. 2470
als hat er ouch an mir getan.
ir sult daz vil gewis han
daz ich iu bin staete unde guot:
got gebiete iu, daz ir mir wol tüot.
ich läze diz wol äne haz: 2475
mir geschach an keime dinge baz:
ich sol es äne clage sin.9
der künec sprach zer künegin
cich wil dichs ouch ergetzen
und wil dir daz reht setzen, 2480
so du morne wirst gewihet,
ob dir got her nach lihet
2449. schließend sy 2453. sy 2460. dar für: vielleicht da zuo?
2465. Sy sprach h. 2467. wellichen erzaig 2469. mere fehlt.
2470. State] stat 2476. nie an kaim 2470. dich es 2480. wil
ist vielleicht zu streichen. 2481. gewicht 2482. licht
,s *
' >
DIB GUTE FRAU. 465
einn andern man unde kint,
daz die iemer riebe sint/
nu geschach daz selten ie 2485
an zwein lieben alse hie,
daz des einen herzeswaere
des andern vreude waere.
da von der künec swaere truoc,
da von gewan si vreude genuoc 2490
und was es innecliche geil.
si dühte daz ein guot heil
daz si got der guote
vor schänden behuote.
dö der künec also träte 2495
und man zer messe lüte,
man entslöz die kemenäten.
dar körnen die da bäten
beslozzen kr6ne und gewant
di mit daz riche und daz lant 2500
harte wol gezieret was.
manec saphir und bailas
und rubin dar an lac,
der rehte liebte als der tac
von dem golde luhte. 2505
die künqgin beduhte,
dö manz ir an häte geleit,
ez waer ein wol stände cleit,
als ez von rehte solde.
dö schatte dem golde « 2510
ir reiniu wibes varwe:
diu het ez begarwe
vil nach verswachet,
swie schöne ez was gemachet.
dö saz diu küneginne 2515
gekroenet dar inne
unz daz der künec gekroenet wart.
3. Ain 2485. seltan 2487. Dz das ain hercz schwär
1. Jnnerlich 2495. ruwte 2496. lntte 2502. pallas
4. liebte] lucht 2508. wol ain stend 2509. solte 2510. schat-
den 2511. raine 2514. schon
l. F. D. A. II. 30
4
466 DIE GÜTE FRAU.
si beidiu giengen eu gegenvarl
über den hof schöne.
lant unde kröne 2520
gap er ir zeigen iemer me*
und nam die vrowen ze siner ö.
diu gäbe beleip sUete :
swie sis niht gedienet haete,
so beleip si doch slaele da. 2525
ze messe giengen si iesä.
dö die messe wart gesungen
und daz volc was üz gedrungen,
dö gienc der künec enbizen.
man sach der vrouwen glizen 2530
bi dem har daz öre
als den sne bi einem möre.
der hof was von gewaude
gezieret maneger hande,
wiz blä gel grüene brün röt, 2535
als der künec dö gebot.
do geschach in alse noch geschiht
swä man grözen höf siht,
so der zergät so ist alz ein troum.
man siht ze meien manegen boum 2540
schöne stän geloubet:
so si dan der winter roubet,
so stant si dürre unde blöz.
ez enwart nie öre als groz,
si zergange genzlicbe, 2545
wan öre in gotes riebe.
Nu läzen wir die rede sin.
der künec und diu künegin
diu lebeten schöne äne not:
öwe\ dö schiet si der tot. 2550
ö daz ez volle wart ein jar,
dö starp der künec, daz ist wir,
und liez die küneginne
2518. g. aegegi vart 2521. mc] ie 2524. sy es. da sie nur schein-
bar sm'm wrib war. 2532. »ine more 2540. M. sie* ie»ayeo Bengn bom
2544. erd 2547. keim absatz. 2549. lekotä 2551. roll ward
DIE GUTE FRAU. 467
an vil grözem gwinne.
si hete lant unde schaz 2555
und beleip äne widersaz.
nu stät Frankriche
des einen h6rliche,
da sint zwelf genöze,
daz sint vürsten gröze, 2560
den mac der künec niht yerzihen,
er muoz in daz reht lihen
mit vanen und mit banden,
ze raten sinen landen.
und koment die zwelfe über ein, 2565
so bat der künec reht dehein:
er muoz in werden undertän
ald aber in daz riche län.
die zwelve wolten niht enbern,'
si müest diu künegin gewern 2570
eins mannes der in tobte
und si beschirmen möhte.
diu süeze äne gallen
sprach zuo den vürsten allen
'wenn ich des küneges järzit 2575
begän und ir hie bi mir sit,
so bin ich iu so gehdrsan
umbe einen andern man,
swie ir muotet, daz ergät.
iwer gebot und iuwern rät 2580
ich iemer behalten sol.
ir hat gehandelt mich so wol
daz ich ez iemer dienen wil
unz an mines endes zil.'
beide ir rede unde ir muot 2585
die vürsten alle dühte guot,
und volgeten es der vrowen da.
urloup nämen sie ie sä
>4. grossen gewinne 2559. gnossen 2560. grosse»
>4. ze raten] Rat ze 2569. abtat». woltend 2570. mtsst
Tl. maos — tochte 2572. mochte 2578. ain 2579. er gat
M). Eüver — eüver r.
30*
468 DIE GUTE FRAU.
und vuoren heim ze lande
unz daz si nach in sande. 2590
diu künegin da heime bei ei p.
daz jär si also vertreip
mit almuosen und gebete.
mit guoter andäht si daz tele,
daz ir got des gunde 2595
daz ir zer selben stunde
ir man wider kaeme,
ald aber von im vernaeme
ob er lebte aide waere t6t.
daz was ir aller graste not 2600
daz si mohte wizzen niet,
sit daz er ftrste von ir schiet,
ob er lebte und diu kindelin:
da mit muoste si bes waere t sin.
doch het si eines gedäht: 2605
so daz jär waer volbräht,
ob er dan niht wider kaeme,
daz si einen andern man naeme,
6 daz iemer wurde getan
so wolte si ft varn län 2610
beidiu kr6ne unde lant:
des bewac si sich zehant.
also d6 diu stunde
nähen begunde,
als der künec da verschiet, 2615
dö sümte sich diu vrouwe niet,
ir boten si wite sande
zen hferren vorne lande,
daz si kaemen äne strit,
daz man des küneges järzit 2620
begienge nach gewonheit.
manec böte nach den armen reit.
da si hörte sagen maere
2589. fürten 2592. als6] vielleicht allez ? 2593. mit gebet
9595. des fehlt. 2601. nit 2603. lebtin 2608. E das sy dtn
ain 9612. bezwang 2616. Do sompt — nit 2621. Begiagin
2622. dem Arme
DIB GUTE FRAU. 469
daz ir aller meiste waere,
in den spitäl si enbot, 2625
swem da ihtes waere not
von. ge wände und von spise,
der sold ze sant Dönise
ze des küneges järzite komen.
dd si daz haeten vernomen, 2630
malates unde siechen
begunden dar kriechen
an zal und ine ahtc
diu künegin geahte
harte wftnec üf den schaden : 2635
si hiez vil balde üf laden
manegen karren unde wagen,
swaz die mohten getragen,
daz man der armen diete •
cleider drabe schriete. 2640.
des hat si alles war genomen.
dar zuo wären ir ouch komen
da bi uz einer zelle
zwelf bärtinge snelle,
daz si in diu cleider maezen 2645
und ir pflaegen, so si aezeu.
dd si der armen ähte
alsfr ze ende brähtc
daz ez gote wol mohte liehen,
d6 schuof man den riehen 2650
guoter spise genuoc.
man vuorte dar unde truoc
swaz ie gevlouc oder gevlöz.
dö was diu Wirtschaft so groz
daz die armen gftzen 2655
noch märe, da si säzen,
3. Denise] nise 2629. Zuo des 2630. hetten 2631. Ma-
: malates reimt auf widerrates Ulr. Tr. 2161. 2634. gedacht
3. tragfi 2640. darab 2642. warent 2644. bärtinc, taten-
ier. vergl. Schneller 1, 203. 2645. der cl. messe 2646. pfle-
so sy 'me 2653. gpflog 2654. Ritterschaft grob, ohne so
>. Daz sy die 2656. sassen
470 DIE GUTE FRAU.
dan si iem&r getseten,
ob si ez gekoufet haeten.
Dd der gröze järtac
ze sant Dfenise gelac, 2660
als man den künec da begruop
und man die messe ane hnop
die der abbet selbe sanc,
d6 was da gr6z gedranc:
des enmohte kein rät gesin. 2665
ie doch beleip diu künegin
an vil guotem ruome hie,
d6 si ze opfer gie
mit zweinzic bisanden.
mit snßwizen banden 2670
si si an die stole bot.
dö was ein dürflege durch sin not
gedrungen zuo der künegin,
cgebt mir ein gäbe, vrouwe min,
daz des küneges sfele 2675
von sante Michahßle
hiute gecondwieret si/
si gap im zw&ne oder dri
ald aber lihte viere.
da gegen greif er schiere. 2680
als er die hant bot dar,
dd wart diu künegin gewar
eins krumben vingers an der hant
den si selbe heilte unde bant,
do er im ab geslagen wart 2685
ze ritterschaft an einer vart.
do ersehnte si unde sach in an:
si erkand in wol, ez was ir man.
dö wart si vor vreuden röt :
ir gröziu zuht ir daz geb6t 2690
daz si vil lüte niht erschrA.
däne twelte si niht m£,
2657. getotten 2658. konfft hetten 2660. Denise] nisten
2666. plib 2672. dürftig 2674. ain gab sprach er frow
2677. geantiwürt 2691. si fehlt. enchrai 2692. Daune wolte
DIB GÜTE flRAU.
471
diu süeze und diu statte:
si vienc in bi der waete
und zftch in vrcelichen dao, 2695
unz ir ein kamerare kan9
zuo dem si lieplichen sprach
<schaf mir dem armen guot gemach:
im geschiht genäde von mir hie,'
der arme vroeliehen gie 2700
da sin wol gepflegen wart«
kleine was sin höchvart.
d6 diu messe wart gesungen,
daz daz volc was uz gedrungen,
tlö kuietes üf den esterich, 2705
si sprach ch6rr got, du hast durch mich
«in michel wunder getan,
daz ich minen man vunden hän,
von dem ich jämmerliche schiet.
nu hilf mir daz ich dirre diel 2710
noch hiute bewaere
diz wunderliche maere.'
Si vragte wä waere
ir oberster kamerare.
-er wart ir schiere gewunnen dar, 2715
si sprach cil balde unde var,
schaf mir dem armen ein bat
und kom du selbe in die stat
und gewin mir im bezite
vorne besten samite 2720
«leider diu im reht sin
und wol gevült mit hermelin,
und si daz bereit vor n6ne,
daz ich dir es iemer I6ne.'
daz ergie vil bereite 2725
als si üf leite,
si schuof dar mit guotem liste,
/ncz er Jn ain kamer kam 2698. disem: vergl. 2717.
)o nü sein 2705 = 2301. knüvet ?y 2710. diaer
, vergl. Lachm. zu den Ntb. 1113, 3. 2721. sind
frid dz berait sey 2725. breite
472 DIE GÜTE FRAU.
daz ez lützel iemen wiste,
schuohe und linin gewant,
und gienc si selbe zehant 2730
hin uz zuo ir gesten.
d6 satzte man die besten
und die andern alle dar nach.
dö was den truhsaezen gäch,
si truogn in vür daz ezzen. 2735
desn wart niht vergezzen,
man gap in alles des die kraft
daz man da heizet Wirtschaft.
dö si alle gäzen
und dar nach gesäzen, 2740
si schuofen daz man uz treip
daz gesinde und niemen da beleip
wan diu küngin alters eine
und die viirsten alle gemeine.
si sprächen 'vrouwe, nu ist zit, 2745
die wil ir also müezec sit,
werbet als wir iuch bäten ö,
daz iuwer lant mit vride stß,
des ein vrouwe niht gepflegen kan.
kieset selbe einen man. 2750
swen ir weit, der ist uns guot.'
dö sprach diu vrouwe wol gemuot
cdie mich es hiute bäten,
wolten mir die raten,
so verswigete ich si niht, 2755
in seit in alle mine geschürt.'
si sprächen alle gemeine
'saget uns, vrouwe reine:
iuwer not ist unser leit.'
des buten si alle ir eit. 2760
hie mit diu künegin ane vie,
die viirsten si dö wizzen lie
beide ir namen uude ir lant
2728. yemant 2729. Schuch 2731. Jren 2736. Denen ward
2737. allen 2742. niemat 2749. Dz 2751. wält 2753. hür
2756. in = ichne] Jr 2762. wisse
DIB GUTE FRAU. 473
and wie ir vater was genant,
daz er gräve Ruopreht hiez. 2765
dar nach si si wizzen liez
wie si ir eigen lant lie
und durch got da von gie
und uf der sträze bi ir man
zwöne schcene süne gewan 2770
und wie sie der hunger schiel.
dar nach verswigte sie niei
wie si des gräven lant gewan,
daz er doch nie wart ir man.
si sprach 'ich muoz iu mär verjehen. 2775
ein wunder ist an mir geschehen:
min man der ist her wider komen.'
dö si daz bäten vernomen,
si sprächen alle gel ich e,
beide arme und riebe, 2780
eden hat uns got her gesant
ze einem künege in daz lant.'
Si wären alle samet vrö
unde vreuten sich dö
daz in s6 liebe was geschehen 2785
daz si die vrouwen solten sehen
und ouch ir vii lieben man.
si körnen alle samet dar an,
er waere wol wert der kröne,
si sprach csö bring ich in ze löne/ 2790
der arme in dem bade beleip
unz man daz bor von im treip:
daz schoenete in vil deine,
im bedahte sin gebeine
ein hut swarz als ein rän : 2795
daz was vil rehte getan
gevar nach der aschen.
in half vil deine ir waschen,
k ruppercht 2770. sun 2772. sy nie 2775. euvch
\, hetten 2783. allsamet 2784. Frown vnd fründ frowtn sich do.
en sind nicht zugegen. 2785. lieb 2787. Jren 2788. allsamt
. har. 2794. Jn bedacht 2797. eschen 2798. waschen
474 DIB GUTE FRAU.
wao daz ez in getröste
daz in got der von erlöste. 2800
er was zen brüsten durchflach:
an sinem libe man wol sach
daz in vil manege pnnte
mit speren und suchen wunte:
ouch sach man oberhalp der brä 2805
daz im die ringe wä unt wä
inz houbet wären geslagen.
dö im daz hör was ab getwagen
dö jach der kamerare
daz ez ze wäre w«re 2810
da vor ein ritter gewesen,
swie käme er kseme dar gekresen.
als er getruckente gar,
zehant brähte man im dar
ein hemede und eine niderw&t: 2815
daz was gar wol genftt
mit harte wizer varwe«
man zöch dar in begarwe
einen giirtel harte wache,
swer in noch hiute saehe, 2820
der möht in gerne schouwen.
in worhten juncvrouwen
er sprach cdurch got, waz sol daz sin?
weit ir mir geben rehte wät, 2825
so gebt mir diu mir rehte sült,
minen alten roc und minen sac:
diu sint nu vil manegen tac
min wät und min geverte.'
swie lange er sich werte, 2830
si zagen im an daz selbe cleit.
des schämte er sich, und was, im leit.
2800. got fehlt. ^803. piincte 2804. vnd mit Stichen 9806. wi
unt wA] vergl. Gottfr. Tr. 652. 2807. Jn das hoppt 9808. Dz Jm dt
har was ab geczwagen 9809. Do Jachen die : vergt. 9714. 9810. i«
wÄre] war 9&12. gekrisen 9815. Ain wifs hemd 2822. yorchtei
2824. etwa her kamerare, ir spotet min. 2827. Min — min s.
DIB GÜTE FRAU. 475
si zagen im an vil drftte
zwo hosen von scharläte, '
dar nach daz hermine gewant, 2835
daz man niender an im vant
daz im iht arges würre.
dö sprach der arme dürre
rwan lät ir Mute durch got
mit mir den ungevüegen spot? 2840
ir möhtets wol vergezzen.
weit ir iuwer cleider mezzen,
so mezzet si an etesweme
den iuwers Schimpfes gezeme:
ich mag es niht erliden/ 2845
von golde and ouch von siden
sand im sin wip diu künegin
einen wachen gürtel dar in
und enböt im diu maere
daz si da vrouwe waere 2850
worden in dem lande
an sünde und äne schände,
als ez got gevüegen wolte.
dö müest er unde solte
von allem rehten künec sin. 2855
»
dö nam in besonder
der rede michel wander,
ob daz selbe maere
war ald erlogen waere. 2860
er gedähte in sinem muote
ejä hftrre got der guote,
ist daz wander hie geschehen,
so mac man endelichen sehen
daz du ein wunderaere bist 2865
über allez daz der ist.'
dö lüte man die nöne.
o mä nienert an vand 2837. ichtz args wurde 2838. dür
rate] herte: hemm? 2841. ntfchtend es 2844. schimpf
2848. ein gürtel ist schon 2819 erwähnt. 2853. fugen
itst 2858. mich 2866* alle
476 DIB GUTE FRAU.
über hof giengen schöne
die vürsten vür die künegiu
und die andern alle mit in. 2870
dö si zesamne kämen
und die hferren gen&men
iegelicher sine stat,
diu künegin einn vürsten bat
ir wort d& betiuten 2875
durch got den landes liuten.
si sprach als ez ir wol gezam.
dö daz lantliut vernam
diz wunderliche maere
rehte, wer si waere, 2880
des wärens alle samet vrö.
also jähen si ir dö,
da waere geschehen wunder an.
dö gienc si unde holte ir man.
Dö si kam daz si in sach, 2885
si vienc in zuo ir unde sprach
Vis willekomen, lieber man.
sit mir got der saelden gan,
daz dich min ougen h&nt gesehen,
2890
ez ensi nu allez sament guot.'
sich vreute sfere ir beider muot
daz in so liebe was geschehen
daz si einander solten sehen
lebendec üf der erde hie. 2895
bi der hant si in vie
und zöch in vroeliche dan
zen vürsten, ir vil lieben man,
die ouch engegen im giengen:
nach feren si in enpfiengen. 2900
dö si in brähte her vür,
si bat die vürsten an der kür,
daz si im waeren undert&n.
2878, Do dz die lands lüt vernamen 9881. Dez waren *y albast
2883. Do wer 9884. Jrn 12887. Bis 2888. kan 2890. etwa st kud
ich anders niht jenen, 2894. aia andren 2902. Sy b. der f. der cktr,
DIE GÜTE FRAU. 477
des si si gebat, daz wart getan:
si wären im gehörsan, 2905
beide mäge unde man.
zir manne sprach diu künegin
eh6rre, war sint komen diu kindelin?'
cdaz wil ich dir vil rehte sagen.
ich brähtes beidiu getragen 2910
an ein wazzer, daz was breit.
ich schiet si durch gewarheit
und truoc si besunder.
nu.hoere michel wunder,
wie sich min leit mörte. 2915
dö ich wider kferte
und jenez geholt wolte hän
da ich ez bäte verlän,
dö dructe des wazzers last-
die starken brügge daz si brast. 2920
dö leit ich ungeverte,
wan daz mir got bescherte
einen boum, da ich an beleip
unz er mich ze Stade treip.
als ich kam an daz lant, 2925
d6 gähte ich widere zehant .
da diu brügge nider gie
und da ich miniu kint lie.
do enweste ich war si wären komen:
ob si daz wazzer het genomen, 2930
„ daz was mir leider unerkant.
d6 saz ich zehant
zuo einem bounie riuwevar.
min gewant daz nam ich gar
und hanctez an die este. 2935
min jämer der was veste.
unsern hörren got ich ane rief,
unz ich in den sorgen entslief.
2904. Was 2910. Ich bracht sy 2917/. = 1791/.
ett 2923. Ain pom do 2926. gedacht: vergl. 1803.
o 2929. enwusst 2933. ruw var 2935/ = 1837/.
12 = 1847—52. 2937. herrgot
478 DIE GÜTE FRAU.
uf den boum kam ein ar
und wart dort nidene gewar 2940
w4 miner pfenninge sac
röt neben mir lac,
die mir da wurden von dir.
sich, vrouwe, die nam er mir
und vuortes ich enweiz war/ 2945
nu sich, dö brahte er si gar
zeim boumgarten da ich was
und warf si vür mich uf daz gras:'
so sprach diu vrouwe wol gemuot.
csit uns got diz deine guot 2950
also wider hat gegeben,
dö sulnt ouch diu kint leben,
des ich im getriuwe verre
daz in niht enwerre.'
dö sprach ein gräve zehant 2955
ez sint wol vier jär daz ich vant
bi der Seine ein schoene kint:
daz hän ich wol behalten sint.
ouch weiz ich wol, dö vander
der bischof daz ander. 2960
diu sint beide samet hie/
nach den kinden man dö gie.
unde brähtes her ze hove.
dem gräven und dem bischove
dem wart vil nähe gedrungen. 2965
so vil gevröut und gesungen
vor noch sit nie wart
»
dö diu vrowe zesamne gewan
beidiu ir kint unde ir man, 2970
vor vreuden stuont die schoene vrouwe
als der rösc in dem touwe
2940. dert nidnen 2945. ich waiss nit war 2947. Jn aine bomg.
do 2948. Warff {ohne und) sich mich für dz gras 2949. Do
2952. sollen 2954. Dz ich nit enwere 2957. Sy der sein
2959. vander z= vant ir. 2960. der ander 2963. brachtz 2968. *
fehlt etwa danne an dirre selben vart.
DIE GUTE FRAU. 479
st6t vil jschöne gebluot
und siniu löuber üf tuot,
diu beide wiz sint unde röt. 2975
ir was deheiner varwe not.
dö schein ab er riuwevar:
. daz machte, sin was deine war
genomen in vier jären,
sit si gescheiden wären. 2980
In der selben stunde
sprach mit süezem munde
von wibes namen daz höhe zil
'swer mir daz niht gelouben wil
daz diu rede also si, 2985
s6 lit min lant hie nähe bi
da von ich hie vor gie
und cz durch got varn lie :
daz Hut bring ich ze schine.
ouch ligent in minem schrine 2990
die selben pfenninge
dar umbe ich mit gedinge
miner vrouwen wart gegeben,
ouch hat si selbe noch daz leben,
da mit ich ez erziuge wol, 2995
obe ich ez tuon sol.9
dö sprach elliu diu diet
evrouwe, ir bedürfets niet.
wir wizzen wol die wärheit
daz ir uns niht hat misseseil.' 3000
zen vürsten sprach diu künegiu
'ich bevilhe iu diu kint min
üf iuwer triuwe und minen man,
s6 ich allerbeste kan,
daz ir in sit ze aller zit 3005
reht als ir mir gewesen sit,
sit daz ich iuwer vrouwe hiez
Statt uil schön gepiiit 2976. Jd 2977. aber Jr rüve varb
sy was cl. var 2986. nach 2989. Die lütt br. ich her
ne 2993. gebn 2995. erzügn 2997. alle 2998. be-
ut nit 3003. min
»
480 DIB GUTE FRAU.
und mir der künec sin laut liez.
got weiz wol, ich gewan nie man
wan disen den ir sehet an/ 3010
die vürsten dar giengen,
von dem künege si enpfiengen
beidiu bürge unde lant.
dar nach swuorens im zehant
vil zühteclichen halde. 3015
vil schöne er daz verdnlde
unz daz si im geswuoren
und rehte dan vuorea.
Der ditze riche gewan,
der was geheizen Karelman. 3020
d6 was der küneginne name
niht anders wan La bone dame.
d6 hiezen ir kindelin
Karle unde Pippin.
Pippin der was deine: 3025
daz machte daz eine
daz sin diu muoter niht wol pflac,
dö si in dem spit&le lac
und in diu wol geborne
sougte üz dem hörne. 3030
der märre der hiez Karle:
der wart künec ze Arie,
sit gewan der künec Pippin
daz lant da wir hie inne sin,
und der biderbe Karle uns mähte 3035
die h&rlichen pfahte.
, des suln im iemer danken
die Swäbe und diu Franken
daz er si vor aller diet
an ir rehte üz schiet. 3040
sit gewan der selbe gotes triit
ein tohter, diu hiez G&rdrüt.
3010. den] din 3014. sy im 3015. züchtenclichen 3018. dao]
mit Jm 3019. Wer dis 3022. labonedane 3031. mercr
3035. Karlin der vns macht 3036. pfahte] aeh 3037. sollen
3038. An der seben die swabn vü die franko ' 3041. got
DIE GUTE FRAU. 481
diu heilige vrouwe
diu lit ze Haspelgouwe,
des edelen wibes wünne, 3045
von der diz reine künne
von aller ferste kämen.
in gotes namen amen.
Des bite ich sündaere.
nu hän ich ditze msere 3050
voilebräht an die stat
als mich der margräve bat.
nu wil ichz heizen schriben
ze 6ren guoten wiben,
daz si merken unde schouwen 3055
bi dirre guoten vrouwen
daz niemer wibe misseg&t
diu triuwe gfen ir manne hat.
. scheint verderbt. 3046. dis reme kome 3047/. Von aüer
Jq gotz namen Amen, ohne kamen, der plural des verbums bei
singulare des nomens wie 890/. 3049. Djs 3050. 4ife
% dafe Sehottky. 3051. Volb rächt 3056. diser 3058. Jrem
hat Amen.
N MÄRCHEN AUS DER ORERLAUSITZ.
Es war einmal ein schönes mädchen, das hiefs Helene,
mutter war früh gestorben, und die Stiefmutter die sie
mmen hatte that ihr alles gebrannte herzeleid an. Helene
sich alle mühe ihre liebe zu gewinnen, sie verrichtete
schweren arbeiten die ihr auferlegt wurden fleifsig und
rdrofseii, aber die böse Stiefmutter blieb in ihrem har-
herzen ungerührt und verlangte immer mehr von ihr.
weil Helene so emsig und unermüdlich war da£s sie
;r bei zeiten mit ihrer arbeit fertig wurde, so glaubte
was sie ihr auferlegt habe sei noch zu leicht und zu
ig gewesen und sann auf neue aufgaben, eines males
ngte sie von ihr, sie sollte zwölf pfund federn in einem
abschleifsen, und drohte ihr mit harten strafen, wenn
ibends heim käme und die arbeit nicht gethan fände.
F. D. A. II.- 31
482 EIN MÄRCHEN.
Die arme Helene setzte sich mit angst und thränen zu
ihrer arbeit und konnte vor kummer kaum einen anfang ma-
chen, wenn sie aber endlich schon ein häufchen geschlifse-
ner federn vor sich liegen hatte, da mäste sie wieder an ihre
noth denken und bitterlich weinen, und dann stoben von ih-
rem seufzen die federn aus einander, so gieng es ihr immer
wieder und ihre angst stieg aufs höchste, sie bedeckte ihr
gesiebt mit beiden händen, bückte sich über den tisch, und
rief weinend aus cach ist denn niemand anf gottes erdboden
der sich meiner erbarme?' da antwortete auf einmal eine
sanfte stimme 'tröste dich, mein kind : ich bin gekommen dir
zu helfen.3 erschrocken sah Helene auf und erblickte eine
fee, die freundlich fragte 'was weinst du so?' Helene hatte
lange kein freundliches wort gehört, sie fafste vertrauen and
erzählte was ihr für eine arbeit aufgegeben sei und dafs sie
damit unmöglich zur bestimmten zeit fertig werden könne.
rsei ohne sorgen, mein kind' sprach darauf die freundliche
fee, clege dich ruhig schlafen ; unterdessen will ich deine ar-
beit verrichten.' Helene legte sich zur ruhe und unter den
händen der fee flogen die federn fast von den kielen, so dafs
die arbeil lange vor der gesetzten zeit fertig war. darauf
weckte die fee Helenen, die allen kummer verschlafen hatte,
und verschwand, als diese ihr danken wollte, am abend kam
die böse Stiefmutter nach hause, wie erstaunte sie, als sie
Helenen neben der fertigen arbeit ruhig sitzend fand, sie
lobte zwar ihren fleifs, dachte aber bei sich auf neue und
noch schwerere arbeiten.
Am andern tage befahl sie Helenen einen grofsen teich
der in der nähe lag mit einem löffel auszuschöpfen, und der
löffel den sie ihr dazu gab war durchlöchert. Helene machte
sich an ihre arbeit, aber bald sah sie ein dafs es unmöglich
war das gebot ihrer Stiefmutter zu erfüllen, voll unmut und
angst wollte sie eben den löffel von sich werfen, als plötzlich
die gute fee vor ihr stand und sie freundlich fragte warum
sie so betrübt sei. als Helene ihr von dem geböte ihrer
Stiefmutter erzählt hatte, sprach sie cverlafs dich auf mich:
ich will deine arbeit für dich verrichten, lege dich unter-
dessen nur ruhig schlafen/ Helene war getröstet und legte
sich zur ruhe, aber bald ward sie von der fee leise geweckt
EIN MÄRCHEN. 483
und erblickte das vollbrachte werk, voller freuden eilte sie
zu ihrer Stiefmutter und hoffte, ihr herz werde sich nun end-
lich erweichen, aber diese ärgerte sich darüber dafs ihre
tücke so wunderbar vereitelt worden war und sann auf noch
schwierigere aufgaben.
Als es morgen geworden war befahl sie Helenen bis
zum abende ein schönes schlofs zu bauen das sogleich be-
zogen werden könne und an dem nichts fehle, weder küche
noch keller noch irgend etwas. Helene setzte sich nieder-
geschlagen auf den felsen der ihr angewiesen war und trö-
stete sich nur mit der hoffnung dafs ihr die gute fee auch
diesmal aus ihrer noth helfen werde, so geschah es auch :
die fee erschien, versprach das schlofs zu bauen, und schickte
Helenen wieder zur ruhe, auf das wort der fee erhoben sich
felsen und steine und fugten sich in einander, so dafs bald
ein prächtiges schlofs da stand, vor abend war auch inwen-
dig alles fertig und in vollem glänze, wie dankbar und freu-
dig war Helene, als sie die schwere aufgäbe ohne ihr zu-
thun erfüllt sah. aber die Stiefmutter freute sich nicht, son-
dern gieng spürend durch das ganze schlofs von oben bis
unten, ob sie nicht irgend einen fehler fände wegen dessen
sie Helenen strafen könnte, endlich wollte sie auch den
keller betrachten, aber in dem augenblicke wo sie die fall-
thür erhoben hatte und hinabsteigen wollte schlug die schwere
thür plötzlich zurück, so dafs die böse Stiefmutter die treppe
hinabstürzte und sich zu tode fiel.
Nun war Helene selber herrin des schlofses und lebte
in ruhe und frieden, bald kamen viele freier die von ihrer
grofsen Schönheit gehört hatten, unter ihnen war auch ein
königssohn mit namen Lassmann, und dieser erwarb sich die
liebe der schönen Helene, eines tages safsen beide vertrau-
lich vor dem schlofse unter einer hohen linde beisammen und
Lassmann sagte Helenen dafs er von ihr zu seinen altern
reisen müfse, um ihre einwilligung zu seiner heirat sich zu
holen, und bat sie unter der linde seiner zu warten : sobald
als möglich schwor er ihr zurückzukehren. Helene küsste
ihn beim abschiede auf den linken backen und bat ihn so
lange er von ihr entfernt sein werde sich von niemand auf
31*
484 EIN MÄRCHEN.
diesen backen küssen zu lafsen. anter der linde wolle sie
ihn erwarten.
Helene baute felsenfest auf Lassmanns Irene nnd safs
ganzer drei tage lang vom morgen bis zum abende anter der
Linde, als aber ihr bräutigam immer noch nicht kam, gerieth
sie in schwere sorge und beschlofs sich auf den weg zu ma-
chen und ihn zu suchen, sie nahm von ihrem schmucke so
viel sie konnte, auch von ihren kleidern nahm sie drei der
schönsten, eins mit Sternen, das andere mit monden, das
dritte mit lauter sonnen von reinem golde gestickt, weit
und breit wanderte sie durch die weit, aber nirgend gerieth
sie auf eine spur ihres bräutigams. am ende verzweifelte
sie ihn zu finden und gab ihr Sachen auf, aber nach ihren
schlofse wollte sie doch nicht heimkehren, weil ihr dort ohne
ihren bräutigam alles öde und verlafsen vorkommen moste:
lieber wollte sie in der fremde bleiben, sie vermietete sich
bei einem bauer als hirtin and vergrab ihren schmuck and
ihre schönen kleider an einem verborgenen orte.
So lebte sie nun als hirtin und hütete ihre herde indem
sie an ihren bräutigam dachte, sie gewöhnte ein kälbchei
von der herde an sich und hatte an ihm ihre freude, futterte
es aus ihrer hand und richtete es ab vor ihr nieder zu koken
wenn sie zu ihm sprach
r kälbchen, knie nieder
und vergifs deiner ehre nicht, wie der
prinz Lassmann die arme Helene vergafs,
als sie unter der grünen linde safs/
Nach einigen jähren, die sie so verlebte, hörte sie, die
tochter des königs in dem lande wo sie jetzt wohnte werde
ein königssohn mit namen Lassmann heiraten, darüber freu-
ten sich alle lente, aber Helenen überfiel ein noch viel grö-
sserer schmerz als sie bisher erlitten hatte, denn sie hatte
immer noch auf Lassmanns treue vertraut, non traf es sich
dafs der weg zur königsstadt nicht weit von dem dorfe vor-
bei gieng wo Helene sich als hirtin verdangen hatte, nad
so geschah es oftmals, wenn sie traurig ihre herde hütete,
dafs fassmann an ihr vorüber ritt ohne sie zn beachten, ia-
dem er ganz in gedanken an seine brant versenkt war. da
fiel es Helenen ein sein herz anf die probe zn stellen nad
EIN MARCHEJ3. 485,
u versuchen ob es nicht möglich sei ihn wieder an sie zu
rinnern. nicht lange darauf kam Lassmann wieder einmal
erüber: da sprach Helene zu ihrem kälbchen
'kälbchen, knie nieder
und vergifs deiner ehre nicht, wie der
prinz Lassmann die arme Helene vergafs, . '
als sie unter der grünen linde safs/
1? Lassmann ihre stimme hörte, dawar es ihm als solle er
ioh auf etwas besinnen, aber hell wurde ihm nichts., und
entlieh hatte er auch nicht die worte vernommen, da He-
rne nur leise und mit zitternder stimme geredet hatte, so
Fax auch ihr herz viel zu bewegt gewesen als dafs sie hätte
cht geben können welchen eindruck ihre worte machten, und
\ß sie sich fafste, war Lassmann schon wieder weit von ihr.
och sah sie noch wie er langsam und nachdenklich ritt, und
eshalb gab sie sich noch nicht ganz verloren.
In diesen tagen sollte in der königsstadt mehrere nachte
indurch ein grofses fest gegeben werden, darauf setzte sie
ire hoffhung und beschlofs dort ihren bräutigam aufzusu-
hen. als es abend war machte sie sich heimlich auf, gieng
n ihrem verstecke und legte das kleid das mit goldenen
oonen geziert war und ihr geschmeide an, und ihre schö-
en haare, die sie bisher unter einem tuche verborgen hatte,
ab sie nun frei, so geschmückt gieng sie in die Stadt zum
jste. als sie eintrat, da wandten sich aller äugen auf sie,
lies verwunderte sich über ihre Schönheit, aber niemand
rüste wer sie war. auch Lassmann war von ihrer schön-
eil wie bezaubert, ohne zu ahnen dafs er einst mit diesem mäd-
hen ein herz und eine seele gewesen war. bis zum morgen wich
r nicht von ihrer seite und nur mit mühe konnte sie in dem
edränge ihm entkommen als es zeit war heim zu kehren,
•assraann suchte sie überall und erwartete sehnlich die nach-
te nacht, wo sie versprochen hatte sich wieder einzufinden;
m andern abende begab sich die schöne Helene wiederum
o zeitig als sie konnte auf den weg. diesmal hatte sie das
ewand an das mit lauter silbernen monden geziert war und
inen silbernen halbmond trug sie über ihrer stirne. Lass-
lann war froh sie wieder zu sehen, sie schien ihm noch
tet achimer zu sein als gestern und die ganze nacht tanzte
486 EIN MÄRCHEN.
er allein mit ihr. als er sie aber nach ihrem namen fragte,
antwortete sie, sie dürfe ihn nicht nennen wenn er nicht er-
schrecken solle, darauf bat er sie inständig den nächsten
abend wieder zu kommen, und dies versprach sie ihm. am
dritten abend war Lassmann vor Ungeduld frühzeitig in dem
saale und verwandte kein äuge von der thür. endlich kam
Helene in einem gewande das mit lauter goldenen und sil-
bernen Sternen gestickt war und von einem Sternengürtel
festgehalten wurde; ein Sternenband hatte sie um ihre haare
geschlungen. Lassmann war noch mehr als zuvor von ihr
entzückt und drang in sie mit bitten sich ihm endlich zu er-
kennen zu geben, da küsste Helene ihn schweigend auf den
linken backen, und nun erkannte Lassmann sie auf einmal
wieder und bat voll reue um ihre Verzeihung, und Helene,
froh ihn wiedergewonnen zu haben, liefs ihn nicht lange
darauf warten.
GREGORIUS.
Unter mehreren meist auch sonst bekannten lateinischen
gedickten die in eine Handschrift der honiglichen bibliothek
zu München (cod. Aug. s. Vir. 113. 4°. parier) von einer
hand des lAn jh. zusammengetragen sind ist eines (bl. 43*
— 52b) das in 453 hexametern die sage von Gregorius auf
dem steine erzählt, wer die gemütliche deutsche behand-
hing desselben Stoffes durch Hartmann von Aue kennt wird
sie gern mit dieser lateinischen vergleichen, die weniger als
eine andere, von welcher H. Leo in den blättern ßtr lite-
rarische Unterhaltung ßir 1837 s. 1431 und danach Jac.
Grimm in der vorrede zu den lat. ged. des 10» und 11»
jahrh. s. xlv/I ein bruchstück mitgetheilt hat9 ßir eine nach-
bildung derselben zu halten sein dürfte, da sich die haupt-
momente dieser christlichfrommen sage auch in älteren des
germanischen nordens finden und vielleicht ebendaher ent-
lehnt sind, so wird dieselbe, ob auch in lateinischem ge-
wande, eine stelle unter deutschen alterthümern in ansprach
nehmen dürfen, gesteht man ihr, auch als lateinischer dick-
tung, ein gewisses verdienst zu, so wird ihre bekanntma-
GREGORIUS. 487
hung aus einer ziemlieh fehlerhaften abschrift% an der hier
ur das verbefserlichste verbefsert ist/ vielleicht Veranla-
gung sein dafs auch noch lesbarere und richtigere texte
ns tageslichl gesogen werden. J. A. SCHMELLER.
* ich habe mir erlaubt Vermutungen, so viele mir einfielen, hin-
u zufügen, sie sind mit H bezeichnet. Haupt.
Gratia potentis, quae cunctarum moderatur
/forum processus, quae regem misit ab arce
JExcelsi solii miseris succurrere, sanctos
Gratuitis ditare donis, relevare iacentes,
Oppressos homines extollere, vincula vinctis 5
Äumpere, peccata dimittere, crimina mundi
/ustitia delere sua, dignetur adesse,
Ut valeam vitam cuiusdam scribere metro
5ancti, qui possit speculum peccantibus esse.
Postquam praecipiti ceciderunt omnia casu, 10
Uxpulsis primis de sede parentibus alma,
Coeperunt homines in terra multiplicaii,
Crimina creverunt populo crescente, nee ullus
Altenas portabat onus, sed lege relicta
Totus erat mundus confusus, venit Olyrnpo 15
Omnipotens, ut ferret opem, solusque valebat
Äeddere quod periit et solus cuncla redemit.
Rex recto ritu regendo regna tönebat.
Nobilis huic dederat prolem natura gemellam,
Natum cum nata. probus hie fuit, iila decora. 20
Tempus edax longusque dies seniumque molestans
Regem eogebat morli sua solvere iura.
Convocat hie proceres. veniunt. praesentibus Ulis
Nato committitur regnum, natam quoque nato
Committit, sed committit nimium, meliusque 25
Non commisisset. manet inviolabile fatum.
Sed quoniam, sicut testatur Naso poeta,
— 17. ob das acrostichische Gregorius peccator auf jenen, den doch
as getttht als einen heiligen verherrlichen will, oder etwa auf den
ichter geht 9 1. pollentis? H. 4. /. bonis ff. 24. I. com-
littit E. 27. Naso] her. 2, 85.
m GREGORIÜS.
Exitus acta probat et finis cuncta coronat,
Qoi mala commisit, conclusit fine beata.
Rex moritur, sed non penitus, qaia filius eius SO
In regno regnat et recte regna gubernat.
Cuncta regendo bene, se non regit, immo ruioam
In se convertit, dum non ut frater amavit
Germanam. dilexit eam, dilectio crevit,
Ut Byblis fratrem dilexit, Myrrha parentem. . 35
Hanc mulü petiere proci: procul ipse procorum
Esse iubet turbam, quoniam procus improbus ipse
Vult optatque sibi soli quam non cupit ulli.
Ergo iocos fingit, dat basja, brachia stringit,
Aggreditur, sie transgreditur commissa, querelas 40
Exequitur, solatur eam quocumque vovendo.
Et licet ambo scelus boc velint dissimilare,
Non tarnen id celat Uterus, loquitnrque pudorem,
Voce carens, partu turgens. iamiam manifesta
Crimina sunt utero, ne factum &ma loquatnr, 45
Rex quodam conclusit eam. fuit unus in eins
Regno vir prudens, qui regi iam tumulato
Consulerat, cuius sapientia vicerat omnes
Illius regni sapientes. hunc vocat, ilü
Factum denudat humilis. consultor ad ista* 50
Vir prudens stupuit, relevat, solatur, et Uli
Consilium spondet dicens celare pudorem.
Hunc ego celabo, quoniam mihi provida eoniunx,
Auxilio cuius sie facta premam, quod in omni
Nemo sciat regno praeter nos. esse paratus 55
Ad mea verba velis.' se totum subiieit Uli
Rex humilis, proceres vocat, coram quibus Uli
Regnum committit prudenti: nam cruce mentem
Et vestem signat, dicens se velle sepulchrum
Visere pro voto domini. benedixit et ivit. 60
Istud consilium sapiens suggesserat Uli.
Quid moror? hie moritur, seu conscia praeeipitavit
Mens vi tarn summa dies, angustia mentis
. Saepe dies hominis prorupto tempore rupit.
33. ut fehlt. 42. /. vtUent //. . 4$. <w steht vincertt .57. /
proceresque H. 63. seu summa d.tff. .
GRBGORIUS. 4S9
Vir prudens regnum moderatur, femina cuius 65
Factum sie celat quod nulli fama revelat,
Dicens qaod nullus reginam cernere possit
Donec rex reditam faciet, vel forte per annum
Hanc servare velit, ne fiat causa doloris,
Si procus hanc vel si velit ipsa procari. 70
Tempus adest partus, puerum parit et pariendo
Efficitur mater: amitam tarnen esse fatetur
Se: si vixisset pater eius, avunculus esset.
Vir prudens puerum tollit capsaque recondit,
Purpureo panno circumvolvit, mediamque 75
Particulam panni mater linquit, et superaddit
Viginti marcas auri, tabulisque notavit
Quod puer gentilis adhuc quoque rex pater eius
Reginaque mater, celatum non negat ortum,
Et rogat in tabulis, si forte pepercerit illi 80
Sors, si quis fuerit pueri tabulaeque repertor,
Aurum tollat, alat puerum, baptizel eundem.
His actis tabulam claudit, Unit intus et extra
Glutine, ne possit humor fluetinus obesse,
In mare mittit eam, proeul hanc rapuere procellae. 85
0 puer infelix, miser et miserabilis, heu!
En alter Moyses repetit cum piseibus undas.
0 fatum dirum, cur non dampnare vereris
Tarn parvum puerum, sie innoeuum sine noxa,
Qui nil deliquit, nisi quod genuere parentes 90
Incesti? sed nos numquid peccata parentum
Sic omnes fuimus? sed et excusabile fatum
Se faceret, si fata forent. sed fata relinquo,
Ad creatorem revertor. qui mare fecit,
Qui mare calcavit, puerum servavit in unda. 95
Est locus ad littus maris : illic regula quondam
Collegit domino famulantes. hie veniam det
Lector produci Gregorium aut breviari.
D. hanc aliquis? Si poscat procus hanc? Si procus haue poscat? H.
6. /. matri linquit, superaddit H. 78/. Quod gentilis adhuc quodque
sset rex pater eius, Regina mater, celatum ? die prosodie regina wie
. b. 207. H. 83. tabulam] capsam? H. 86. /. eheu H,
1. sed] seu? H. 92. /. luimus ff. 94. /• Adque H.
490 GRBGORIUS.
Hoc nomen fuit abbatis. isti pueroque
Nomen erit idem cum baptizabitur ergo. 100
Sed quocumque veliiit metro ponatur ubique.
Suppleat interdum totum monosyiiaba nomen,
Ut si dicam Gre, vel sie dissyllaba, Grego,
Vel trisyllaba sie, Gregori Gregoriusque,
Vel Gregori us. oecurrit saepius iliud 105
Nomen: propterea reniam de nomine quaero.
Ad seriem redeo. fratres Gregorius abbas
Rexit, direxit, correxit, corpore, mente.
Festa dies aderat et pisces mensa petebat.
Oefuerant. claustrum abbas pro piseibns exit HO
Et piscatores iubet ut sua retia laxent.
Res nova: qui pisces cupiunt, puerum capaerunt.
Ignorant quid sit. cogentibus ergo procellis
Adpellunt, sed vix in navem retia dueunt.
Spes trahit abbatem. propinquat et speculatur, 115
Sed quod rete ferat, nihil invenit. ergo bacillo
Retia dimovit. piscatores mala verba
Oant illi, cnumquid fures sumus, ut tibi pisces
Furemur? te propterea sie retia nostra
Volvere non deeuit.' abbas recedit. iecti 120
Vagitus pueri resonat sub retibus. abbas
Audil, miratur, latitat, reperit, reseratur,
Et puer et tabulae pariter cernuntur et aurum.
Abbas scripta videt, resciscit singula signa.
Tunc, quia discretus, piscatori dedit auri 125
Tres marcas, puerum committens, tollat ut ipsum,
Praecipiens ut eum baptizari roget, ut se,
Compater ut fiat, rogat. ista facit sapienter.
Piscator puerum reeipit, ut filius eins
Si fuerit, eum baptizari facit, abbas 130
Compater efficitur pueri Gregorius, illum
Aequivocum facit esse suum. fratres tarnen illud
Aegra mente ferunt. abbas obpeseuit omnes.
Ecce puer crescit tarn corpore quam probitate.
101. velim? H. 105. oecurrit nam (oder quod) s. i. ? H.
112. rapnerant? H. 120. iecti]? 124. es steht redUcit
128. /. roget H. 130. illum? et eum? H.
GREGORIUS. 491
Cum pueris ladit quasi germanus eorum. 135
Quod sit adoptivus nescit puer, at tarnen intus
Hunc natura docet quod voluit degener esse«
Cum pueris ludens (seu cäsu laeserit illum,
Ludentem laesit) dum quodam tempore ludit,
Offendit forte puerum, quem nomine fratris 140
Esse fratrem putat. laesus puer ad genitricem
Accusat Grego. mulier commota novercam
Induit et nescit se simulare novercam,
Quam vis non voluit, verbis exprimit iram.
cSpurius ille puer nuper defluxus in undis, 145
Quem mare reiecit, quem vix baec terra recepit,
Insultat nostris pueris et verbere saevit.
Proh puer bic etiam nostram pervenit ad aedem :
Sit procul a nobis et sit maledictus et expers,
Exul, inops vivat, aliena limina lustret/ 150
His aderat verbis Gregorius, at tarnen illum
Nescivit mulier. puer hie tristatur et omnem
Infra se celat gemitum nullique revelat
Probra, sed extremae mandat muliebria cellae.
Tempus adest quo adesse debet scolae puer. illum 155
Compater apponit studio: discit puer et sie
Imbutus Musis, et quem neglexerat ortus,
Ingenio fortuna beat. procedit ad annos
Sic iuvenis nimis hunc nimio stimulante dolore.
Laetitiam simulare negat, sed tristis in omni 160
Facto fit. quid agat, dubitat. considerat illud
Abbas discretus, quaerens quae causa sit Uli
Tristitiae, vix extorquens. illi probra Grego
Narrat feminea. pater inquit cquid placet inde,
Hoc totum faciam/ Grego dixit cvolo miles 165
Esse, pater, mihi cum dominus dabit unde. sed boc scis
In domino confido Iesu: sperantibus in se
Semper adest/ dominus abbas dixit cbene dicis.
Da domino laudes, quia dives es:' dederatque
Inventum äurum, superaddens foenora multa. 170
135. /. quasi sit H. 137. quod nolit? H. 143. /. se dissimil-
are H. 144. et verbis ? H. 150. /. alienaqoe ff. 153. /. Iu-
ra ff. 157. /. Imbuitur H. 166. mihi fehlt. 167. fido? ff.
488 GREGORIUS.
Militat ergo Grego, crescens multa probitate,
Adiungitque sibi socios. abbas pater inquit
Et modo quid Facies?1 Gre dixit cnon requiescam
Donec percipiam quae mihi sit terra, quis ortus,
Quis pater et mater, vel quae cognatio* vel quae 175
. Me fortuna regat/ tabulas huic protulit abbas,
Quae geuus illius memori scripto retinebant,
Quas prius ille senex parvae coniunxerat archae.
Quando conclusit, grates Gre multiplicavit.
Ex hinc eximius proficiscitur et loca quaerit, 180
Quae sibi sit patria se noscere quaerit, et ubi
Iam reperit loca multa matrem mirabilis ecce
Occurrit casus, casu pervenit ad illam
Urbem quam mater sua rexit solaque mansit
Sub ditione sua: dux quidam cetera bello 185
Castra tulit, vix baec in castroque mansit.
Ingreditur castrum, movet hunc iniuria matris,
Quam matrem nescit, reginae condolet, armis
Succinctus pro iustitia iubet citius "omnes
Armari senes, ut se comitentur in armis. 190
Ista iubet cives, ut ei succurrere totis
Viribus insistant. et eo iam produce fiunt
Audaces, acies acuuntur et arma parantur.
Ecce repentina festinat fama venire
Dux castrum ducis hostes. iam vulgus adesse 195
Indicat. occurrit Ulis Gregorius, hostes
Impugnat, vastat, confundit, cetera turba
Plus audet quia sie audere intet, probitasque
Civibus exerevit audentis de probitate.
Hostes consteruunt, quia .consternuntur et ipse 200
Dux fugit. hinc cives citantur proque triumpho
Victima digna dalur. quaerit regina quis iste
Sit miles per quem virtus sie crevit, et omnes
Ignorant laudantque virum et ipsum
174. /. mi sit oder sit mihi H. 180. es steht eximias proficitur
181. sit fehlt. L ubique H. 18^. matrem]? 186. vix haec
in hoc castroque remansit? H. 187. es steht jnovent hoc
189../. ocius H. 190. senes] cives? H. 195. Ex Castro dneis? ti.
20U/. laetantur H. »04. es fehlt etwas. .
GREGORIUS. 493
Ipsa videre cupit, quoniam Gregorius Uli 205
Multa transmiserat et misit vice versa
Uli regina sua munera. dicitur illi
'Ante fores templi, cum forsan templa subibit,
Ipsa virum spectare potes, iam templa patebunt/
Stat Grego ante fores, quem regia purpura vestit 210
Qua puerum mater involverat et pater abbas
Hinc vestes illi formavit. suspicionem
Maler habet, sed diffidit quod filius eius
Vivat adhuc, fato ponto piscique relictus.
Grates illa refert de factis, munera praebet. 215
Argentum, vestes, aurum quoque respuit ille,
Ut dives, quoniam rerum sibi copia fluxit.
Dux bellum renovat, rursus fit maior in armis,
Urbem circumdat. Gregorius associatus
Civibus hostiies insultat, macte retundit, 220
Hostes confundit, necat hos, fugat hos, capit iilos.
Ut lupus ovibus, ursus capris, ut leo dammis,
Buteus asper aquis velut accipiterque columbis,
Est ense manu vel sie Gregorius et inmitis.
Qui possunt fugere fugiunt, reliqui capiuntur 225
Aut oeeiduntur, dux sie confunditur ut iam
Vires non ausit rursus hello renovare.
Omnes conveniunt, gratulantur, Gregoriusque
In Caput eligitur pro bello. profugi ducis
Cives invadunt reginae castra, requirunt 230
Omnia vixque duci domus vita relinquilur, in qua
Delateat. pacem rogat, vix obtinet illam.
Turba coit procerum, reginae suggerit ut se
Coniungat viro quia regnum rege carere
Noh decet. illa refert cvellem sine coniuge vitam 235
Ducere, sed quia suadetis me nubere viro,
Parebo verbo, vos tarnen quaerite regem
Qui vobis placeat et me tegat/ petit illam
. Malta transmisit et transmisit? H. es steht venu vice 223. aquis,
fischen im wafter? H. 224. Ense manaque velox Gregorius est ini-
is. ff. 229. profugi ducis] profagientis, mit einer im mit tetalter nicht
enen mefsung? H. 231. /. domus una r. ff. 232. /. at vix //.
. es steht sugerunt 237. vos tantum ? H. 238. /. adpelil H.
494 GREG0R1US.
Nunc hie nunc ille et rex sperat quilibet esse.
Protrahit illa moram, quia vellet vivere casta. 240
Fata negant. proceres reginae consilium dant,
Ut se coniungat equiti per quem sua castra
Perdita restitui sibi viderat. annuit illa,
Consilium sequi tur, na tum nubit, quia nescit
Esse suum natum. melius non nata fuisset, 245
Si deus omnipotens fieri non consuluisset.
Gregorius regnat, scelus ignorat tarnen illud.
Conscia mens mordet, tabularum scripta relegit.
Nam solus saepe cubile clausit ubique
Questus singultus gemitus et verbera plangit 250
Et lacrimas multas effudit. noverat illud
Unica reginae famulans ancilla fidelis
Reginaeque refert. rogat hanc regina, ut ipsa
Insidias ponat, vasculo labulasque repostas
Clam rapiat. cameram claudit clavemque reponit. 255
lila videns tabulam rem seit tabulasque relegit,
Cum gemitu lecto se ponit, mox revocare
Venatu regem facit. hie redit. et mihi quid nunc
Tarn subito mandas, venaüo nostra valebat
Si me forte duas absentareve dies tres?3 260
Illa gemens longa trahit suspiria, dixit
cHeu misera, quid agam, cum me dominus genitricem
Esse tuam voluit ? utinam genitrix tua tantum
Et iam non coniux ! proh, sum tua mater et uxor.
Vellem non esse, vellem non nata fuiss'e, 265
Ne fierem mater. vehemens dilectio qua me
Fraler dilexit male dilexit. frater
Qui meus, est tuus ille pater: tua sum modo mater
Et coniux, amitamque vocas cui nomina tot sunt
Confusi generis voluit natum tümulare. 270
Heu quot quaeque mihi sunt nomina ! nescio quo sim
Nomine dicenda: sum mater et uxor
Sum soerus ac amita, sum neptis, filia, pellex:
244. /. nato 946. es steht consilaisset 949. Nam solus se saepe
cubili clausit ibiqae H. 950. planxit? U. 953. reginaque, ut
ipsi? H. 954. /. vasclo H. 961. /. traxit H. 967. Frater
dilexit, dilexit me male, frater? H. 970. ? 979* eadem sum? B»
GREGORIUS. 495
Quo potius dicar? soeer est genitor mihi: socras
Sum patrique filia sive genitorque nepotem 275
Timens appellat: avus tuus ipse sororem
Frater me dicit: pellex sum facta duorum:]
Est tuus ipse pater tibi factus avunculus et me
Sic amitam tuam esse facit, sum tua mater.
Altera describi possuot problemata Sphingis« 280
. Sic de Lot legitur idem de quo scriptum reperitur
cEst avus ipse pater pueri, sator quoque mater,
Estque noverca sibi matertera, sie soror Uli/
Numquid de stirpe sum Laii? credo quod alter
Oedipus tu sis, ego sum Iocasta vel ipsa 285
Infelix Myrrha vel Byblis adultera fratris
Vel si vera loquor possum iunanaque dici.
Nominibus tantis ex omni parte relictis
Esse volo mater, tu tarnen consule matri/
Sic queritur dubia tristis regina, sed ante 290
Quaesierat genus ipsius dicens escire volo
Quae stirps, an sis mihi compar nobilitate.'
Grego respondit cscio quod sum nobilis et me
Rex e regina genuerit. solicitari
Non debes inde.' mater tabulas sibi dedit et inquit 295
cVera refers/ visis tabulis Gre vix valet inde
Ad coelos oeülos attollere, sed gemebundus
Ipsum solatus et tristis talia fatur,
cO deus, o domini Iesu sanetissima mater,
Quid res ipsa notat, non est audacia ullis 300
Temporibus visa vel talis confusio rerum.
Post chaos explicitum, post primula mundi
Tale nefas quis pereepit, quae pagina scripta
Exposuit, penna conscripsit, penna paravit?
Sed pius ipse deus, fons totius bonitatis, 305
Qui facit omne bonum, mala permittens, meliora
5. ? 276. avus et tuus? H. 279. Sic amitam facit esse tuam,
m sim tua mater? H. 281. idem zu tilgen. H. 282. sator]
•or est? H. 285. es steht locusta 286. es steht belis
8. iunanaque]? 289. tu tantum? H. 291. /. volo scire H.
2. /. Quae sit stirps H. 294. /. Rex et regina genueruntH. 295. inde]
ic ? H. 300. /. Quod, und vielleicht, nach deutscher weise, nullis it.
1. vel] /. aut H. 302. post primaque initia? H.
496 GREGORIÜS.
Pravis eliciens, de petra mella propinans,
De nigris corvis faciens pro velle columbas,
Qui dixit Veni non iustos ut renovarem,
Sed peccatores se corpore posse fatentes 310
Promptus suscipere, nobis dignetur adesse,
Qui Petrum flentem, Matthaeum lucra potentem,
Dismam pendentem, Mariam sanctamqae gementem
Vidit, suscepit, audivit, sanctificavit,
Vitam det nobis per tot tempora coatinuare 315
Ut digne nostrum possimus flere reatum.
In regno maneas et clam tua crimina plangas:
Exul ero, quaeram locum plorantibus aptum.'
Regnum dimittit baculumque rapit, procul hine iL,
Commoda postponit, veniam petit et loca quaerit 320
In quibus ipse suas possit deplangere noxas.
Dum loca sie multa pertransit, venit ad aedem
Cuiusdam duri piscatoris. rogat iilum
Hospitium nocte. piscator durus et asper
Corripit miserum verbis, cobstuua quid optas? 325
Unde venis? quid vis? quo tendis? pondera fem
Deberes potius quam sie discurrere. Longe
Sit tibi nostra domus. latronem te puto: velles
Nobis occisis res nostras tollere nocte/
Gregorius supplex lacrimis ita dixit obortis, 330
cEya, mi domine, non est ita, loca quaeram
In quibus acta luam mea crimina, namque miser sum
Peccator, veniam peto, mihi gratia tarnen
Hospitii detur per noctem: cras eo mane
Quo me cumque deus duxerit et loca quaeram 335
Quae de commisso me purgent crimine.' sponsa
Hospitis hinc petit ut miser ille quiescat.
cSed peccatorum si forsan mole gravaris,
Si me cras sequeris, si vis commissa delere,
Ad loca te ducam quae te cito sanetificabunt.' 340
310. ? 315. per tempora oder tot tempora ohne per H.
318. /. quaeramque H. 3^2. venit fehlt. 325. /. Corripnit H.
obstuaa in den mittleren buchstaben undeutlich, o scurra? H,
330. es steht lacrimas und abortos. 331. /. sed loca H. 334. ve-
niamqne — tantum? H. 335. /. direxerit ff. 337. Hospitis Mw
noctem petit? H.
GREGORIUS. 497
Gregorius laetatur in bis, grates agit, intrat -
Porcorum stabula* suffragia paueula setfsit
A piscatore. sol occidit et oritur sol.
Piscator more mane consurgit in undas,
Ut victum quaerat, clamans ccur non venit ille 345
Peccatorum sero volens sanctissimus esse?'
Femina Gregorium vocat, eo miser, cito! navem
Vir meus intravit.' mox ille sopore relicto
Evigilat, tabulis oblatis ad mare cnrrit.
Hunc ratis accepit, piscator transvehit ipsnm, 350
In rapem ponit, ubi pauca gramina tantum,
Et riueis fluxit remis, nullum quoque lignum,
Nee pira nee poma creverunt, sed neque mora
Ulla foit causa cur rapem viserit illam
Nollus homo, quoniam fuit locus sine fruetu. 355
Illic piscator Gregorium compede vinetum
Emittit, clavem quoque compedis in mare iecit,
Dicens cbaec clavis fuerit si quando reperta.
De sceleris venia sit tibi fiducia certa.'
Hacque iacens rupe planxit Gregorins annos 360
Quatuor atque decem. dominus, qui pavit Heliam,
Qui pavit Moysen, illum pavit sine pane.
Hie piscator abit. denis cum quatuor annis
Non semel in mentem subiit Gregorius Uli.
Finito dicto iam tempore Roma carere 365
Incepit propter papam nee possunt babere.
Roma facit vota pro saneto patre. revelat
Uni devoto deus, pro patre petatur
Qui sedet in rupe Gregorius. omnibus ista
Visio complacuit. famuli mittuntur ubique 370
Ut sanetum quaerant. lustrantur singula missi
Ac illac istac quaerunt de nomine, tandem
Ad piscatorem dictum veniunt duo, quaerunt,
Tempore iam longo si quemquam rupe sedentem
3. et] /. atque ff. 347. o miser, o eito ? H. 349. vieüeieht oblitis,
mn der dichter dann vergeften hat das wunder von der schriftlos ge-
trdenen zurückgelafienen tafel zu erzählen. H. 351. paucula? ff.
2. Et nullus fl. riyns ? ff. 355. /. Ullas — foit ille locus s. fr. ff.
9. /. tibi sit ff. 360. es steht Gregorius planxit 366. papam,
ssunt nee habere? ff. 368. /. ut pro ff.
Z. F. D. A. IL 32
408 GREGORIUS.
Noverit. ignotum sibi dicit: csed Urnen olim, 375
Vix memini, quidam fuit hie peocator, eumque
In solo* posui deserto. sed tarnen Ulum
Posl haec non vidi: non credo vivere.9 cdueas'
Tunc clamant Uli nos ad rupem, videamus
Ut sattem rupem, licet hunc non inveniamus.' 380
Annuit bis hospes, missos traducit, euntqae
Ad rupem. sedet ecce miser quasi Spiritus, illum
Vix vivum credunt, rapiunt, gaudendo redaeunt.
Aspectus pallor eius erat, crura minnta,
Inplicitus crinis, caro vix caro, sobrius artus. 385
Ista probant illum signacula iam fore sanetum.
Vinetum dedueunt gaudentes. unus eornm
In mare rete iecit, missum qnoque tempns edendi
Iam fuit, ut pisces aliquos deprendere possent.
Ad mensam rete missum iure capiturqne 390
Lucius eximius. gandet, exenterat illum
Unus,. in hoc clavem reperit. piscator ut ipsam
Aspexit clavem, clamat, sicut adiuvet ipsnm
Iam deus, chanc clavem manns haec proiecit in undas.
Compedis est huius haec clavis.* compede rapta 395
Absolutum vinetum euneti stupuere videntes..
Hinc repetunt Romam. Romanis nuntia fama
Dicit adesse virum. euneti carpnnt her, illum
Suscipiunt, papam statuunt, sanetum venerantnr.
Pater papa patrum pareit peccantibns et se % 400
Exemplum statuit poenae venientibus ad se,
Dat veuiam eunetis miseris peccantibns, in se
Cognoscit quae quisquis possit, qnod misereri
Nil credit esse maius, sine quo du possc mereri
Vel sanetum credit, a papa nemo recedit ' 405
Quin hunc propitium per totum praedteet orbem.
Fama volat, plane quod tarn mitis miserator
Non fuit Romae, qui sie sciret misereri -
Simplicibus miseris, veniam petentibus aegris.
384. /. A. pallor erat eins ff. 388. /. iacit ff. 393. /. sicut iu-
vet oder sie adiuvet ff. 395/. vielleicht compede rupta Absolvit rar
ctum : ff. 400. /. Papa pater patrum ff. ,' 404. . esse zu tilgen H-
408. /. fuerit ff. 409. 7. veniamque ff.
GREG0R1US. 499
Papae fama volat, matris pervenit ad aures 410
Ipsius papae« venit spes. haec trahit ipsam
Ad papam, cum ignorat quod filius eins
Sit Romae papa. regnum disponit ilerque
Ipsa rapit Romam. quo dum pervenit, ad aulam
Festinat propere, pedibus provolvitur eius. 415
. Papam non noscit, veniam poscit. stupet ille,
Mirando malrem coepit cognoscere, papa
Dissimulat inatrem, maier supplex. 'crimen inquit
rSi quod habes, domina, die, ut iustificeris.
Si peccata deles, si vis dimiltere crimen, 420
Omnipotens tibi dat coeli contingere limen.
Nunquam peccator tantus fuit, ut miserator
Non esset dominus, crimen deleret ut eius
Qui puro corde sibi viveret et sine sorde/
Mater spe veniae coneepta de pietate 425
Papae propitii suspirat pectore toto
Ac exponit ei totum cursum seriei,
Quem non ignorat, quoniam seit sicut et ipsa.
Ad gemitum cordis confessio iungitur oris.
Corde delens, palmis plangens, oculis lacrimando 430
Ostendit vere se velle commissa delere.
Papa videns matrem tantum commissa gementem . .
Solatur verbis et ei delicta remissa
A domino dicit. tenet hanc quasi sit peregrina,
Vel plus poeniteat non cognita. nomine tandem 435
Appellat matrem. mater stupet et sua proles
Quod sie non credit, tarnen hunc accedit et inquit
cSi meus es natus, si sum tua mater, idemque
Miror et admiror quod te fortuna reservet,
O fili, si filius es. mirabilis ipse 440
Dicitur esse dens : quis posset scribere vel quis
Posset narrare quae tanta deus benedictus
Nobiscum fecit ac in nobis est operatus?'
Papa suum casum matri per singula narrat.
Ambo deum laudant, ambo domino benedieunt : 445
l. et steht hanc trahit ipsa 412. cum] quoniam? ff. 418. ? 419. mi-
die ? ff. 490. /. doles ff. 430. /. dolens ff. 431. admissa ? ff.
r. /. sit //. 438. /. itemque ff. 443. /. facit ff.
32Ä
500 GREGORIUS.
Haec satis est Ulis, concordant vota duorum
In laudem domini, grates persolvere summas
Ambo Student, verba vix inveniunt quibus illnm
Laudent quem coeli laudant, quem laudat abyssus,
Quem terra laudat et quem cuncta benedicnnt. 450
lila vale dicit puero, puer hanc benedicit,
Papa regit Romam patriamque petit sua mater,
Mater salvatur, Gregorius almificatur.
446. /. Nee H.
ZUR LEX SALICA.
1
DIE MALBERGISCHE GLOSSE DER LEX SALICA/
1. allgemeines, einleitendes.
Wenn nicht in Wales bis auf den heutigen tag sich ein
rest der alten britischen spräche gehalten hätte, würden wir
kaum eine ahnung davon haben dafs sie auch noch in den
letzten Zeiten der römerherrschaft in Britannien, und nicht
das lateinische, die herrschende spräche gewesen. — ein
ganz ähnliches Verhältnis aber mufs in Nord-, namentlich in
Nordostfrankreich stattgefunden haben ; wenn man auch in den
Städten lateinisch sprach, das landvolk war gallisch geblieben
und bei keltischer rede, das sieht man deutlich an der ganz
unterschiedenen buchstabenbehandlung lateinischer worte im
nordfranzösischen, s. g. normandischen, dialecte im vergleich
mit der buchstabenbehandlung lateinischer worte in den süd-
französischen dialecten. in Nordfrankreich kommen nicht so-
wohl regelmäßige lautverschiebungen innerhalb derselben con-
sonantenreihen, als vielmehr consonantenmortificationen and
consonanteneclipsen vor, wie sie die gälische spräche in ihren
beiden innig verwandten, fast nur in eigenheiten der aussprä-
che, aber in sehr wenigen lexicalischen und grammatischen
eigenheiten sich scheidenden dialecten kennt.
* [statt handschriftlicher mittheilung an freunde and befreundete,
von dr H. Leo. nur in fünf and zwanzig exemplaren abgedruckt Haue
1842. mit erlaubnis des verfufters Mer wiederholt."]
ZUR LEX SALICA. 501
Während die keltischen dialecte des nordwestlichen Frank-
reichs sich denen in Wales und Cornwallis innig anschliefsen,
schon weil diese nordwestlichen gegenden Galliens in den
letzten zeiten des Römerreiches durch Briten aus England, die
vor den Sachsen wichen, sehr bedeutende Zuwanderung erfah-
ren haben, müfsen wir dagegen die sprach verwandten der
nordöstlichen Gallier in Irland suchen, wo noch eine reihe
alter traditionen von einwanderungen und colonisationen re-
den die durch Belgier statt gehabt hätten, wir wollen hier
den historischen werth dieser traditionen auf sich beruhen la-
fsen, können aber nicht umhin zu bemerken dafs irländische
Sprachforscher schon längst darauf aufmerksam gemacht ha-
ben dafs eine reihe von rechtsausdrücken die sich im mit-
telalter in latinisierten formen von Frankreich und von Bel-
gien her über Europa ausgebreitet haben eine gälische ety-
mologie beweisen, ich selbst habe mich, wie viele andere,
früher abgemüht diese ausdrücke auf deutsche wurzeln zu-
rückzufuhren, weil ich, wie fast alle meine gelehrten lakt*
desgenofsen, mit der gälischen spräche völlig unbekannt war.
Diefenbachs Celtica haben mich zuerst aufmerksam gemacht
auf das licht was bei den Galen zu finden sei, und so mufs
ich ihm jetzt, nachdem ich mir die mühe genommen das gä-
lische etwas näher kennen zu lernen, ganz beistimmen, wenn
er z. b. vassus, vasallus aus keltischen wurzeln ableitet:
tds und uais heifst ursprünglich ein rninisterialis, dann ab-
geleitet nobiHs; uasal ist eine abgeleitete form von uais,
hat aber dieselbe bedeutung wie uais. — ich verfolge hier
den gegenständ nicht weiter, da es mir zunächst nur auf
eine kurze notiz an freunde und befreundete ankommt, de-
nen ich mittheilen wollte dafs ich entdeckt, die malbergische
glosse sei ganz und gar in einem kellischen dialecte geschrie-
ben, der sich zum gälischen etwa so verhält wie althoch-
deutsch zu mittelhochdeutsch ; ich muste zu diesem ende blofe
ganz kurz die hauptgründe berühren weshalb eine solche er-
scheinung nicht von vorn herein zu den unglaublichen din-
gen zu rechnen sei.
Das wort malberg. selbst erklärt sich mit hilfe des gä-
lischen vollkommen, denn mol heifst eine Versammluug, ein
häufe, und ieargnadh heifst die landessprache jeder gegend,
502 ZUR LEX SALiCA.
— malberg. ist also die abkürzung eines keltischen Wortes,
welches Die landessprache des haufens, welcher den gerichts-
ums tand in gewissen gegenden bildete, war. im tit. xel de
incendiis § i des heroldischen oder Fuldaer codex heifst es,
nachdem von einer angelegten feuersbrunst und den dem da-
mit intendierten verderben entronnenen die rede war, per
malberg. seulandevevas. das letzte wort werden wir unten
im 2n abschnitt behandeln und erklären, wir führen die stelle
hier nur wegen des per an, welches offenbar andeutet dafs
hier von einer anderen spräche die rede ist durch welche
die sache ausgedrückt werden soll, es mufs aber diese sprä-
che neben der fränkischen und lateinischen in derselben ge-
gend gesprochen worden sein wo das salische gesetz, wenn
nicht zuerst abgefafst, doch frühzeitig mit Zusätzen verse-
hen ward, denn eine reihe dieser malb. spräche angehörige
worte haben in latinisierten formen eingang gefunden in den
text des gesetzes; z. b. in dem tit. de corp. expoliat. so
werden wir auch als hieher gehörig unten im 3n abschnitte
das wort argutarins kennen lernen, ich führe hier sofort
noch ein paar an. in tit. n de fiirtis porcorum § 14 heifst
es si quis porcellum tertussum usque ad cmnicolatum fitra-
verity dazu die glosse drace- ehalt, aber vorher § 5 si quis
porcellum Jisraverit qui sine matre vivere possit, und dazu
die glosse ymnis ßth sive thertesun. dieses thertesun ist
offenbar das malbergische thema was in tertussus als latini-
sierte Variation erscheint, und wir haben drei synonymen
für die eine sache, ymnis -ßth, thertesun, drace- ehalt, be-
trachten wir diese in ihrem Verhältnisse zu gälisehen wor*
ten. der letzte theil von ymnis -ßth entspricht dem gäüscheo
ßthean das schwein, denn die endung -ean ist nur dimina-
tivform; der erste theil entspricht dem gälisehen iomain; als
verbum bedeutet dies Eine herde austreiben, eine herde bä-
ten; als substantivum Die ausgetriebene, gehütete herde
selbst: — ymnis -ßth ist ein schwein- was ausgetrieben wird,
oder was zur ausgetriebenen herde gehört, ein treiberschwein,
ein herdeschwein. das wort thertesun hängt zusammen mit
dem verbum tarrthaim wachsen ; porcellus tertussus ist also
ein schon herangewachsenes schwein, was nicht mehr mit
der sau geht, kein milchschwein mehr ist. für drmee-ckati
ZUR LEX SAL1GA. 503
findet sich im Münchner codex die Variante dränge — ; die-
ser erste theil des Wortes hängt zusammen mit dem gälische.n
dragh trennen, abnehmen von etwas; der zweite theil ist
das jetzige gäüsche coilleadh oder cailleadh das schwein,
in specie die sau (diese speciellere bedeutung hat das wort
in Irland, woraus sich die falsche ableitung Armstrongs von
cailie der testikel, cailleadh ein geschnittenes schwein, er-
gibt); drace- ehalt ist also ein von der muttersau getrenn-
tes schwein. dafs ehalt würklich in dieser Verbindung (denn
in sonischalt hat es anderen Ursprung und andere bedeutung)
eine sau bezeichne beweisen § 6 und § 7 ; in jenem, wo von
einer getödteten sau die rede ist , steht die glosse vara-
ehalt, in diesem, wo von einer scrofa furata die rede ist,
die glosse focichall : — vara ist gälisch mharbh (spr. warw)
d. i. todt;ybcf ist gälisch fogh d. i. raub. — ein anderes
1>ei spiel ist UL lx.iv de Haroweno, wo dasselbe wort in der
malbergischen glosse des § 2 charoioeno geschrieben wird;
es ist abzutheilen cha - roweno von gabh (spr. gah) und
robainn (spr. robänj) der raub ; cha - roweno ist Raub-
nähme. -
Das bisherige kreuz aller ausleger der malbergischen
glosse, leodardi und leudi, erläutert sich durch das gäüsche
sehr einfach : das verbum leadram drückt jede widerrechtli-
che Behandlung, recbtsverletzung gegen einen anderen aus,
Von der blofsen moralischen mishandlung,., der Verhöhnung,
bis zur ärgsten physischen mishandlung, bis zur massacre;
jede, solche - rechtsverletzung heilst leadairt oäer leod; die
beiden Wörter sind synonym und leodardi und leudi sind die
correspondierenden malbergischen formen derselben.
In tit. xxxvu de sepibus § 4 ist die rede davon dafs je-
mand eine gestohlene sache auf einem anderen gehofte ohne
wifsen des besitzers des letzteren verbirgt, und von der
strafe dessen qui hoc miserat; dazu die glosse fer thebero
d. i. gälisch fear a tabhairt von fear (spr. fer) der mann,
und thabeirini oder tabeirim geben, bringen, — der bringende
mann.
In tit. xxxiu de convitiis wird § 1 cinitm durch die
malbergische glosse quintuo erklärt ; im gälischen heifst coint
das weib. § 2 ist zu dem Schimpfwort meretrix die glosse
504 ZUR LEX SALICA.
extrabo; — im gälischen heifst strabaid die höre und ex-
trabo ist wie tit. ix des Wolfenb. codex § 5 excuto für scuto
(d. i. gälisch sgud heraushauen).
Doch wir brauchen nur eine reihe glossen durchzuge-
hen um uns zu überzeugen wie fast alle Wörter der malber-
gischen glosse sich im gälischen wiederfinden, z. b, tu. m
de Jurtis animalium hat zu vitulus lactans die glosse pedero
oder im Pariser codex podor; im gälischen ist das wort
baothair, was eigentlich Dumm, kalbig, bedeutet und ad-
jectivum ist, auch gäng und gäbe theils um einen kalbigee,
jungen menschen, theils um ein kalb selbst zu bezeichnen,
der paragraph 2 hat zu anniciäum animal die glosse och-
saiora, und § 11 zu bos die glosse ohseno; im gälischen
heifst agh (spr. och oder öti) das rind; ochsaiora ist agh
searr ein kalbiges rind, rindskalb, denn searr heifst jedes
junge tbier unter drei jähren ; ohseno ist agh seine ein äl-
teres rind, denn seine heifst Alter, in § 5 steht mala als
erklärung zu vacca; das gälische maol heifst eigentlich Kahl;
dann in beziehung auf rindvieh Hornlos ; bo mhaol die horn-
lose kuh; — allein maol wird auch allein zu bezeichnong
der kuh gebraucht, da racen mit hornlosen kühen auf den
britischen inseln häufig sind; sie waren aber auch im alten
Deutschland, also wohl auch in den salfränkischen gegenden,
gewöhnlich, wie Tacitus sagt ne armentis quidem suus honor
aut gloria frontis. in paragraph 4 steht zu vacca cum vir
tulo die glosse zymis pedero malia ; das letzte wort ist of-
fenbar dasselbe mit mala die kuh; pedero, haben wir ge-
sehen, heifst das kalb; so mufs also zymis beifsen Mit dem
oder mit seinem — nämlich kalbe die kuh ; nun heifst soimh
oder saimk gälisch würküch Gepaart, verbunden, zusammen;
das. scheint dem zym zu entsprechen; ist ist nachdruckge-
bendere form für si, d. i. ea, bedeutet also eadetn. da nun
alle personalpronomina übrigens im gälischen in nächster be-
ziehung zu den possessivpronomen stehen, ist es leicht mög-
lich dafs sonst statt des jetzt für beide geschlechter uni
auch im plural gebrauchten possessivpronomen a (sein, ihr),
verschiedene pronomina vorhanden waren nach den verschie-
denen geschlechtern, und das is das possessivpronomen der
dritten weiblichen person (suus, sua, säum in beziehung auf
ZUR LEX SALICA. 505
»bliche gegenstände, deutsches Ihr), oder aber der geni-
r -der dritten person (also eiusdem) war, und asymispe-
to malia bedeutet Mit ihrem kalbe die kuh. — dieselbe
osse findet sich zwar auch § 3 zu ganz andern Worten,
t aber hier offenbar durch versehen des Schreibers herein-
kommen, der nach furaverit in dem übrigens gleichlaü-
nden 4n paragraphen zu schreiben fortfuhr und also auch
& nach § 3 gar nicht gehörige glosse aufnahm, bimus tau-
« hat bei sich die glosse traslo, d. i. gälisch treas laogh
pr. tras lök), starkes kalb.
2. zur deutschen thiersage.
Ich habe oben darzulegen gesucht dafs die malbergisehe
osse der lex salica Wörter einer keltischen, der gälisch en
hr verwandten, mundart enthalte, auf diese darlegungen
stützt gehe ich zu einem bestimmten theile der lex salica
r für unsere thiersage Wichtigkeit hat, zu tit. vn de für-
r avium über, ich mufs dabei vorausschicken dafs die gä-
che spräche zu bezeichnung der thiere eine menge bildli-
er ausdrücke hat; so heifst z. b. der wolf nicht blofs
rilder hund (madhradh alla, cu alluidh), sondern auch
>hn des landes (mac-tire) $ und fuchs, bär, hirschu. s. w.
ben zehnerlei namen,- namen die zum theil poetische bil-
r enthalten, wie z. b. der name des fuchses {rod-muin),
elcher einen wegekundigen oder Wegweiser bedeutet, ein
.erbieten, geschenk, und ein reh werden zuweilen durch
sselbe wort bezeichnet, . earb. der bär heifst tnagh-
kabhumn, d. i. kalb der ebene.
Solche poetische namen der thiere begegnen uns nun
leb in dem bezeichneten tit. der lex salica. schon ort-
da, offenbar dasselbe mit dem gälischen worte ord-ßmch
reitbarer vogel, ist poetisch genug; ebenso das in der lex
lica synonym dazu gesetzte weiano (oder in anderer les-
t veganus), denn es ist zusammengesetzt aus Wörtern die
m gälischen baighe der streit, kämpf (in vielen wortver-
ndnngen geschrieben bhaighe, spr. weje) und ean der vo-
jl, entsprechen, und bedeutet also auch Kampf- vogel, streit-
iger vogel. noch poetischer aber sind die namen der haus-
506 ZUR LEX SALIGA.
vögel: die nenne heifst solampinam, offenbar aas Wörtern
welche den gälischen sallan (der gesang) und binn (laut,
schrill, hell) entsprechen; es bedeutet einen lautrufenden
vogel und ist dasselbe mit dem Chantecler der thiersage.
der hahn heifst ckanaswido, offenbar aus Wörtern zusammen-
gesetzt die den gälischen can und smeid entsprechen, denn
die gälischen mundarten haben kein w, sondern dieser laut
ist überall ein mortificiertes b oder mortificiertes m; die
mortification aber (im ursprünglichen- aiphabet durch einen
punct über dem buchstaben, bei dem gebrauch der lateini-
schen buchstaben durch zugesetztes k, also durch bh oder
mh ausgedrückt) ist theils grammatisches bildungsmittel, theils
bei einzelnen worten mundartliche eigenheit, wie hier, wo
offenbar bei den belgischen Kelten smheid (spr. swed oder
stvid) für gälisches smeid galt, das wort can bedeutet sin-
gen, smeid das blinzeln, winken des auges; ckanaswido be-
deutet also ein thier welches die äugen zudrückt, mit den
äugen blinzelt, wenn es singt; das ist wieder genau der
Chanteclin der thiersage. bedenkt mau nun dafs die deut-
sche thiersage in der gestalt wie wir sie kennen ihre älte-
ste heimat gerade auch in jenen gegeuden hat die als die
heimat der malbergischen glosse der lex salica zu bezeich-
nen sind, so ist klar dafs wir in einigen der thiernamen der-
selben alte keltische einflüfse anzuerkennen haben.
Ständen solampinam und ckanaswido allein, so könnte
man noch einen zweifei haben ob überhaupt solche art aus-
legung und deutung der namen zuläfsig sei; allein sundelino
welches unserem aut anatam bezeichnet, also einen Schwimm-
vogel im allgemeinen zu bezeichnen scheint, ist ganz ähnli-
chen Charakters ; denn der erste theil des Wortes ist offenbar
verwandt den gälischen worteu sunnd freude, lust, suwida
keck, lustig, und sunndach fröhlich; der zweite theil aber
dem gälischen worle linn9 welches jedes Stehende -wafser,
eine pfütze, einen teich, einen $ee bezeichnet ; — - sundelino
ist der auf stehendem wafser muntere, lustige, fröliehe vo-
gel. in dieselbe klasse von bezeichnungen gehört der name
des sperbers, sueelin, denn er ist verwandt dem gälischen
präfixum so oder soi9 welches mit dem worte vor welches
es tritt den begriff der tüehtigkeit, gescbicklichkeit verhin-
ZUR LEX SALICA. 507
det, und dem worte ciall oder ceill der sinn, verstand; —
sttcelin ist ein vogel der tüchtige sinne hat, 'der klage vogel.
Dafs sich in dem Pariser codex zu dem worte weiano,
oder wie es in diesem codex lautet veganus (in § 3), and
im Fuldaer codex zu den Worten ortfocla (für ortfocia) sive
weiano in jenem erntete, in diesem pandete findet, hat eine
andere bewandtnis. dieser zusatz findet sich noch häufiger
in der lex salica ; vergleichen wir einige der stellen, so wird
uns sofort die bedeutung derselben entgegentreten, und mit
der bedeutung zugleich haben wir auch die gälischen worte
augenblicklich gefunden denen sie entsprechen.
Tit. ix de fartis apium § 1 . si quis apem de intro clavem
Jkraverit — malb. gl. antidio elechardis.
TiL.vu de ßirtis avium § 3. si quis aeeipitrem de intro
clavem repositum ßiraverit — malb. gl. ortfocla sive
weiano pandete (aL cod. antete).
Tit. xn de furtis ingenuorum vel effracturis § 3. si vero
ingenuus de intus casa furaveril etc. — malb. gl. an-
tidio.
Tit.xn de furtis ingenuorum vel effracturis §.5. sivero
ingenuus clavem effregerit et per ßirtum aliquid
tulerit etc. — malb. gl. antidio.
Ans diesen vier stellen schon gebt hervor dafs antete
oder andete oder antidio bezeichnen dafs etwas im inneren
eines hauses oder bedeckten räum es, innerhalb eines ver-
schlofses, statt gefunden hat. nun sind die gälischen mund-
arten zu bezeichnung oft ganz einfacher dinge zu wunder-
lichen Umschreibungen genöthigt, und Innerhalb läfst sieh gar
nicht ausdrücken als durch eine redensart welche wörtlich
keifst Auf der seite im hause, an taobh s tigh (spr. an tkö
9 thih) ; — das einzeln stehende s in dieser redensart ist rest
von anns; wahrscheinlich sagten die belgischen Kelten in
diesem falle aber niebt Auf der seite im hause, sondern blofs
Auf der seite des hauses ; das wäre an taobh tighe oder aus-
gesprochen an tkö thih;— das ist unser antete, andete oder
antidio. eine parallele dazu bildet die malb. gl. zu tit. x
de damno in messe u. 8. w. § 5. da heifst es si aliouius
porci out quodlibet pecus, pastore illud custodiente9 in mes-
sem alienam cueurrerit, et ipso negante si ei fuerit adpro-
508 ZUR LEX SALIGA.
batum u. s. w.$ hiezu die glosse leodardi (gäl. leadairt, d. h.
es wird ein solches falsches leugnen der thatsache, wie in
allen ähnlichen fällen, unter die klasse der frevel gesetzt
welche als leodardi bezeichnet werden) swe ande sitto; —
hier ist ande wieder an taobh; das wort sitto aber entspricht
dem gälischen sidhite (spr. sijite) d. i. bewiesen ; ande sitto
heifst An der seite des bewiesenen, oder Im fall es bewie-
sen ist.
Anders dagegen verhält es sich mit andebau oder an-
deba (tit. xix de incendiis § 1), denn dies compositum ist
abzuth eilen an-debau9 an - deba*. der erste theil des Wor-
tes ist identisch mit dem praef. intens, an; der zweite ist
deobhadh (spr. dewo) die Zerstörung ; und das ganze bedeu-
tet Arge Zerstörung, Verwüstung, dafs diese erklärung rich-
tig ist beweisen eine reihe ähnlicher worte in demselben ti-
tel, z. b. §8 leos-deba, verwandt mit lias der stall, der
viehstall, besonders für kälber, lämmer u. s. w., und mit dem-
selben deobhadh; leos-deba ist also Stall -Zerstörung, und
eben davon ist in dem betreffenden paragraphen die rede, in
demselben paragraphen, so wie in dem vorhergehenden,
kommt die glosse sal-deba vor, deren erster theil mit sealbh
besitztbum, herde, habe, zusammenhängt ; saldeba ist Zerstö-
rung des bewahrten vorrathes, und eben davon, von der Zer-
störung der körn- und getraidescheuern, der heuscheuern
und getraidefeimen, ist in den betreffenden stellen die rede,
endlich kommt in demselben tit. § 1 — aber ausserdem an
vielen stellen, z. b. tit. xx § 1 tit. xxi § 1 — die glosse vor
seul-andcveva, $eul-andevevas> seul-andovevas. in allen die-
sen stellen ist von intendiertem verderben die rede ; das eine
mal ist es eine feueranlegung, deren verderben aber leute
entrinnen : das andre mal ein mordlicher anfall, wo aber der
todeshieb nicht trifft; das dritte mal die anklage eines un-
schuldigen abwesenden vor dem könige (also in einer sache,
die an leben, freibeit oder ehre geht), wo aber die falsch-
heit der klage sich erweist, der Wolfenbütüer codex hat
dasselbe wort auch zu tit. xvm de maleßciis § 2, wo davon
die rede ist dafs einer einen anderen durch ein maleßcium
* dafs die abtbeilnng so richtig ist beweist die glosse zu tit. ti
§ 1 des Pariser codex, wo Mors deba steht.
ZUR LEX SALIGA. 509
verderben, will, der dadurch bedrohte aber davon kommt,
hier ist das wort geschrieben sel-andoeffa. überall also in-
tendierte Vernichtung; und diefs andeveva, andovevas, an-
doeffa ist nichts als andeba, was wir schon kennen, und hängt
mit deobhadh Vernichtung, Zerstörung, zusammen, der erste
theil des Wortes aber, seul oder sei, ist verwandt mit seoiaim
anordnen, veranstalten, lenken, intendieren, dasselbe wort
begegnet in derselben bedeutung, Intendiertes verderben,
anch in tit. xxxi de elocationibus § 2 wenn einer einen men-
schen durch einen andern wegfangen lafsen will ; § 4 wenn
einer einen menschen durch einen anderen tödten lafsen will.
Ich denke, es wird dies einstweilen hinreichen zu be-
weisen, wie vollständig sich die malb. glosse zu tit. vii de
fortis avium mit hilfe des gälischen nach allen Seiten erklä-
ren läfst, und der gewinn den diese. glosse für die deutsche
thiersage gewährt, wird, wenn auch klein, doch nicht zu ver-
achten sein.
3. nachträgliche einzelnheiten.
Die Überzeugung dafs meine entdeckung, die malbergi-
sche glosse sei in einem dem gälischen verwandten kelti-
schen dialecte geschrieben, richtig sei, anderen mitzutheilen,
wird wohl am geeignetsten sein, den theil der glosse zu be-
sprechen der die entdeckung herbeiführte, es ist tit. xvm
de homicidiis parvulorum § 2. si vero puerum crinitum sine
consilio out voluntate parentum totonderit (malb. schuisara
ckrogino). diese beiden worte der glosse fielen mir auf; es
war mir lächerlich dafs sie so gälisch klangen; als ich sie
näher besah und nicht blos gälischen klang, sondern auch
ganz gälische bedeutung fand, erschrak ich fast vor erstau-
nen: siosar heifst die schere, grog heifst das haupthaar.
nimmt man an dafs dem substantivum siosar (spr. sckiosar)
früher ein zeitwort siosaraim ich schere, ich schneide ab,
entsprach, so hiefse siosaradh (spr. schiosaro) das abschnei-
den ; und wir brauchen über den Worten der glosse nur den
pnnct über dem i zu translocieren und statt schuisara viel-
mehr schiusara ckrogino zu lesen, so haben wir einen al-
terthümlichen, aber vollkommen gälischen ausdruck für Ab-
510 ZUR LEX SALICA,
schneiden des haupthaares ; denn dafs die alten keltischen
mnndarien vollere, besonders vocalischere bildnngssilben ge-
habt haben ist aus den aus dem allerthum bewahrten orts- und
personennamen schon klar, ein genitiv ckrogino für jetzi-
ges groig kann also nichts auffallendes haben; schon des-
halb nicht weil die irländische und hochschottische spräche
nicht allein dem Schicksal ganz entgangen sein kann, was
seit abfafsung der malbergiscben glosse alle anderen euro-
päischen sprachen mehr oder weniger gehabt haben, ihre vol-
len, vocalischen formen zu verlieren, sie einschrumpfen zu
sehen, das abschneiden des haupthaares in beziebung auf
eine puella wird § 3 genannt theoctidia; dies hängt im er-
sten theile zusammen mit diotheach oder ditheach (spr. dio-
hach oder dihach) d. i. carens, indigens, wovon das ver-
bum diolhachaim oder dithackaim, indigentem reddere, ca-
rentem reddere, privare. den zweiten theil des composi-
tums, sei er nun tidia oder idia, weifs ich zur zeit nicht zu
erklären; vielleicht hängt er mit tuidkle (glänzend,*liebrei-
zend, angenehm) zusammen, und theoc- tidia bedeutet Raub
des (locken-)glanzes, des liebreizes,
Ein wort welches zeither alle ausleger ausserordentlich
geplagt hat ist vialacina. die auslegung dieses Wortes ist
aber höchst einfach, sobald wir festhalten, was ohnehin die
übrigen glossen bekräftigen, dafs in der malbergiscben glosse
das c nie den laut z, sondern (wie in der angelsächsischen
und gälischen schrill) immer den laut k hat. vialacina ist
dann dasselbe wort mit dem gälischen bealach, was in der
aspirierten, häufig in der rede eintretenden, form bhealach
(spr. wealach) noch fast ganz so lautet wie vialacina, nur
dafs auch hier eine vollere endung, und wie es (nach der
analogie von chrogino) scheint, eine genitivendung das wort
schliefst, bealach heifst jedes defile, jede enge passage,
Schlucht, hohlweg, dann aber (und dies am allgemeinsten)
überhaupt stralse, weg. die stellen wo das wort begegnet
sind folgende.
Tit. xvi et xvn de superventis et ewpoliationibus. § 4.
st quis hominem, qui alicubi migrare disponit et den-
gere habet praeceptum regü, et si aliunde ierit i»
rnaUum publicum, et aliquis extra ordinationefk regt*
ZUR LEX SALICA. 511
restare eum facit aut adsalire praesitmserit ; — hiezu
die malb. glosse : alac facis vialacina, d. i. ealc, ma-
litiosus; fogh der raub, der tiberfall; 's in (präp. die
den genitiv regiert) ; und bealach der weg, die strafse.
es ist also zu schreiben alac faci* 's vialacina und
zu tibersetzen Böswilliger anfall auf der strafse.
Tit. xxxiv de vialacina §2. si vero multerem ingenuam
de via sua ortaverit aut impinxerit — und dazu malb.
glosse ttrbi 's vialacina, — ferner § 4. si quis viam,
quae ad farinarium ducit, clauserit — und dazu malb.
glosse urbi V vialacina, d. i. urbhaidh (spr. urwe)
bewachung, bewahrung, haft, 's in, und bealach die
strafse: haft, arrest auf der strafse. dieselbe glosse ist
(ohne zweifei durch blofses versehen des Schreibers)
auch in tit. xxv de furtis in molino commissis § 2 her-
eingekommen, die Wiederholung des Wortes farinarium
mochte den unkundigen dazu veranlafsen.
Ein wort welches ohne zweifei auch sehr dazu beige-
agen hat die malb. glosse für der deutschen spräche an-
;hörig zu betrachten ist tit. iv de furtis ovium § 1 das
ort lern zu agnus lactans; — allein das wort ist auch kel-
Sch, ja wahrscheinlich den Deutschen erst von den Kel-
n zugekommen, denn im deutschen ist das wort lamm ein
>llig verwaistes/* im keltischen hat es noch lebendige, or-
inische Verbindung, nämlich luim oder leim oder lairn heifst
. verschiedenen gälischen mundarten Die milch , und luim-
in, leimhan oder iaimhan Das lamm, es ist als wenn wir
i deutschen sagen wollten Milcherchen, denn die endung
t giebt deminutivbedeutung. zu tit. v de furtis caprarum
1 hat die malb. glosse ebenfalls das wort lamp zur be-
;ichnung einer ziege. hier hängt das wort offenbar nicht
* fad oder foei ist die alte form, wie wir aus fori -ehalt, d. i.
hweineraub, sahen.
** ganz ähnlich verhält es sich mit dem deutschen . worte -State, in
serer spräche steht es verwaist da, im gälischen in organischer le-
ndigkeit: steud helfet Schnell laufen, rennen;' steudach schnell; und
md oder componiert steud-each ein renopferd. dafs es im deutschen
r das weibliche pferd vorzugsweise gebraucht wird mag daher kom-
;n dafs die alten Deutschen, gleich den Arabern, die Stuten für schnel-
le Täufer hielten.
512 ZUR LEX SALICA.
mit dem sahst, leim (spr. lern die milch), sondern mit dem
verbum leim oder leum (spr. löm) zusammen, d. i. springen,
hüpfen, und ist eine poetischere bezeichnung der ziege, Der
Springer, die Springerin, am rande des cod. Fuld. fanden
sich die synonymen afres sive lamp - hebros vel pectis. hier
mufs man sich erinnern dafs das gewöhnliche gälische wort
zu bezeichnung der ziege gabhar (spr. gawar) ist, welches
mit dem angelsächsischen häfer und lateinischen capra iden-
tisch ist. in der mundart der malb. glosse erscheint nun die
anlautende gutturale geschwächt, die inlautende labiale ver-
stärkt, so dafs aus gabhar, hebros und in wahrscheinlich
anderer mundart afres geworden ist; lamp -hebros ist spring-
bock, springziege. das wort pectis scheint verschrieben oder
verlesen; wahrscheinlich war eine s. g. angelsächsische
schrift in dem codex von welchem der Fuldaer abgeschrie-
ben war oder in diesem selbst gebraucht; in diesen schrift-
zügen sind c und t so ähnlich dafs sie hundert Verwechse-
lungen erleiden, und so ist pectis für peccis geschrieben oder
gelesen, die Galen haben zur bezeichnung der ziege näm-
lich auch das wort poc9 in obliquen casus und ableitung pok
oder puic, z. b. das zicklein sowohl als das junge reh hei-
fsen puicean und puichiu. dieses puic (spr. byc) scheint in
peccis zu suchen zu sein.
In tit. vi de furüs canum heifst es § 2 der lex sal.
emendata si quis — veltrem leporarium, qui et argutarws
dicilur, furatus fuerit vel occiderit. diesem paragrapheo
entspricht im Fuld. cod. § 4 si vero argutafio furanerit, da-
zu die malb. gl. chunno vano, oder im Pariser cod. chuna
bona, offenbar hatte die windspielrace welche zum hasen-
hetzen gebraucht ward eine silbergraue färbe; denn chuna
bona oder chunno vano bedeutet einen weifsen hund, von
cü (in den obliquen casus noch jetzt cuin) der hund *; und
bän oder bäin weifs, in den aspirierten fallen bkdn (spr.
wan). dadurch erklärt sich auch das lateinische wort ar-
gutarius, welches offenbar ein keltisches, in Gallien latini-
offenbar ist das n was die obliquen casus haben ursprünglich
auch am nominativ gewesen, und dieser lautete cun, dem xtW, canU,
hund, entsprechend.
ZUR LbX SALICA. 513
siertes ist und mit gäliscbem airgiod, d. i. silber, zusam-
menhängt und silbergrau bedeutet.
Derselbe tit. vi de fartis canum gibt uns noch zu ei-
nigen anderen interessanten bemerkungen veranlafsung. der
§ 3 nämlich hat zu canern qui ligamen noverit die glosse
theopkano, d. i. von teud der strick, und Jan bleiben, aus-
harren: der am stricke bleibende, am rande steht reppo-
phano, von rop (in cas. obl. roip) der strick, und Jan:
der am stricke bleibende, merkwürdiger noch ist die glosse
zu § 2 si quis segusium magistrum canem furaverit (malb.
tro-widowano tuene ckunne) und am rande troci withier
cunni. wir können diese glossen nur erklären, indem wir
tu. xxxvi de venationibus hinzunehmen, hier findet sich § 3
zu erläuterung der textworte welche einen hirsch angehen'
qui ad venationcm Jaciendam mansuetus f actus est, die glosse
troiv audio, im Wolfenbüttler codex trovisido; § 4 zu einem
cervus alius domesticus , qui in venatione adhuc non fuisset
die glosse trowidio cham stala * und im Wolfenbüttler codex
wieder troioisido; am rande aber frowido; endlich § 5 s i
quis cervum lassurn, quem alterius canes movement et adlas-
saverunt, involaverit aut celaverit, wieder hiezu die glosse
trochwido.
Es ist deutlich, die reinste Schreibart ist trocwido oder
trochwido ; die Schreibart tro-wido mag mundartliche Ver-
schiedenheit oder nachläfsigkeit des Schreibers enthalten^ tro-
randio und trovisido sind Schreibfehler eines unkundigen,
denn wid ist genau das gälische fiadh (der hirsch, das wild,
wildpret überhaupt) in seiner aspirierten form Jhiadh (jetzt
wiek ausgesprochen, früher wohl iviecT), der erste theil des
compositi troc-, trock-, tro- aber ist einfach das adjectiviim
dorch, doirch, dunkel**, was sich mit der übertragenen be«r
* cham ist das irisch -gälische gan, schottisch -gälische gun, d., h.
ohne; und stala das gälische statac oder State, welches jede listige
jagd bezeichnet, das jagen mit dem schiefspjerd, das vogelfangen mit
dem netz, das fischen mit der angel; daher z. b. stalcar der vogel-
fanger. cham stala helfet Ohne jagd, qui in venatione adhuc non
fuisset.
** verwandt mit dem wortc scheint auch dearg braunroth, welches
worl geradezu zu bezeichnung eines hirsches (der braunrolhe) gebraucht
wird.
Z. F. p. A» IL 33
514 ZUR LEX SALICA.
deutang Schlecht, übel, auch im gälischen in der Umsetzung
drock, droich zeigt; droch-fhiadh (spr. droch-wieh) be-
deutet also ein dunkel -wild (wie" Wir sagen, roth-wild), be-
deutet einen birsch; die randbemerkung troci-withier omni
ist also hirsch-hund, Jagdhund auf hirsche. die glosse tro-
widowano tuene chunne bezeichnet einen Suchhund, denn
ttnnidhe (spr. tuinije) bezeichnet das lager des wildes; das
wort kömmt von tuin welches im allgemeinen Aufenthaltsort
bezeichnet, leicht aber in der älteren mundart auch schon
die specielle bedeutung haben konnte die im beutigen gäli-
schen das abgeleitete tuinidhe hat; trvwidowano scheint ein
von trowido abgeleitetes adjectivum oder diminutivom zu
sein: trvwidowano tuene ist ohne zweifei das hirschlager,
und trowidowano tuene chunne ein hirschlager -hund, ein
jsucbhund.
Diese bemerkungen mögen einstweilen hinreichen die
eotdeckung, dafs wir in der malbergischen glosse reste einer
alten keltischen mundart die zur Römerzeit und in der er-
sten Frankenzeit in Nordfrankreich und Belgien gesprochen
ward zu sehen haben, zu beweisen, ungeachtet ich schon
fast über alle anderen einzelnen glossen in ähnlicher weise
auskunft zu geben im stände bin, beschränke ich mich doch
fürs erste auf obiges ; ein weiteres tieferes eindringen in die
geschichte und den jetzigen bestand der keltischen sprachen
wird mich hoffentlich in nicht zu langer zeit in den stand
setzen die entdeckung weiter zu verfolgen, und (was vor
allem noth thut) das lautliche und grammatische Verhältnis
der malbergischen glosse zum gälischen bestimmter festzu-
stellen, historische ergebnisse schliefsen sich diesen sprach-
lichen Untersuchungen unwillkürlich an, denn es geht deut-
lich aus der Beschaffenheit der glosse in den verschiedenen
handschriften hervor dafs die abweichenden worte der ver-
schiedenen handschriften synonymen sind, woraus sich also
ergibt dafs die spräche noch in frischem reichthume lebte,
als diese glossen aufgezeichnet wurden« ferner die aufnähme
so vieler keltischer worte in den lateinischen text selbst,
namentlich bei Standesbestimmungen und bei grabheiligthü-
mern, beweist dafs das gesetz nur in einem locale zu stände
gekommen sein kann, wo Franken und Kelten schon längere
ZUR LEX SALICA. 515
seit vermischt lebten, auch der name des Saliers selbst,
Franciis Saligus oder Francus Salecus, erhält rinn endlich
sine aufklärung, denn dies Saligus oder Salecus entspricht
einem keltischen adjectivum welches marinus (von sal das
meer) bedeutet, die Franci Saleci oder Salici sind also
Fronet marini, meeranwohnende Franken, im gegensatze der
im binnenlande wohnenden, rifländischen Franken, der alte
name der Moriner (von tnoir oder mtur die see) ist so auf
Sie Franken die sich in den niederländischen küstenland-
schaften zwischen Maas meer und kohlenwalde festsetzten
gewissermafsen übergegangen, wenigstens in einem synony-
men ausdrucke wiederholt und auf die Franken übertragen,
auch Dispargum wird nun wohl ein ursprünglich keltischer
ortsname sein, Dise-barg, der glühende häufe, die rothe
Aufschüttung, die rothe schanze.
VORLÄUFIGE BEMERKUNGEN ZUR GRAMMATIK
DER MALBERGISCHEN SPRACHE.*
1, ab (oder ob)*, zeichen des infinitivs in der
malbergischen glosse.
Die gälische grammatik führt ihre verba auf entweder
nach der ersten person des präsens im indicativ welche auf
\m ausgeht, z. b. mealaim ich betrüge, oder, und dies ist
ahne zweifei das riebtigere, nach dem imperativ, z. b. meall
betrüge du. das letztere ist das richtigere weil der impe-
rativ den stamm des Zeitwortes rein darstellt, in den Wör-
terbüchern pflegt zu dieser ersten präsentis oder zu diesem
imperativ dann, das erklärende englische oder lateinische Zeit-
wort im inflnitiv gesetzt zu werden, und das ist, da wir ge-
wohnt sind die verba so zu bezeichnen, für uns ebenfalls
las passendste und hat nichts störendes für den der das sach-
rernältnis kennt, den gälischen infinitiv anzuführen hat be-
denken, da er durch aspiration des anlautenden consonanten
sehr oft eine vom verbalstamm etwas abweichende bildung
* [Halle 184?.- in 25 cxemplaren gedruckt.]
33*
516 ZUR LEX SALICA.
hat; er besteht nämlich aus derselben form die auch znrbil-
dung der participia des activs gebraucht wird und unterschei-
det sich von diesen nur durch die verschiedenen vor die
form gesetzten partikeln: ag mealadh heifst Betrügend, wr
mhealadh heifst Betrogen habend, do mhealadh oder a mhea-
ladh aber heifst Betrügen.
Nun ist ganz deutlich, auch die malbergische glosse be-
zeichnet ihre inßnitive, wo deren vorkommen, durch eine sol-
che vorgesetzte partikel, bildet also (mit ausnähme der aspi-
ration oder mortification, die ohne zweifei in der malbergi-
schen spräche geringere ausdehnung hatte als im gälischen)
den inßnitiv ganz dem gälischen analog, wie sofort beispiele
zeigen werden, gleich die erste glosse ist ein infinitiv:
tit. i de manire § 2 findet sich in der Wolfenbütüer hand-
shrift zu dem latinisierten mallare (von mol die Versamm-
lung; versammeln, zur Versammlung aufbieten) die glosse ab
tena. ab ist infinitivzeichen ; tena ist dasselbe mit, oder
vielmehr der einfachere stamm zu dem schottischen leanail,
irländischen tional, tionadk, versammein, zur Versammlung
aufbieten, englisch summon (walsch dyunau spr. deönau ver-
einigen). * eine ähnliche infinitivische glosse haben wir tit. xv
de eo qui uxorcm tulerit alienam vivo marito: da steht
* die alle irische form ist teaina (spr. thena), wie man aus Fiechs
Lied auf den beil. Patricias str. 24 sieht,
Lassias immuine imbai
Asan teainad galastar.
Er leuchtete (entbrannte) lieblich in wohlwollen
Wo er versammelte schiiler.
O'Conors Übersetzung dieser einfachen stelle, die aus nichtberücksich-
tigung der noch im schottischen gälisch vorhandenen reste der alten
spräche und aus dem bestreben eipe Wiederholung des mosaischen Wun-
ders vom feurigen busche in des Patricias leben zu bringen hervorge-
gangen, enthalt die wunderlichen worte exarsit rubus in quo erat, ibi
miscuerunt colloquium. doch will ich mich durch diesen tadel nicht
ähnlicher siinde schuldig machen als andere an mir früher in beziehnng
auf nicht ganz richtig behandelte schwierige alte angelsächsische ge-
dichtstellen begangen haben, wo alle noch schaler sind hat jeder dank-
bar die bemühungen des Vorgängers anzuerkennen, das richtige dersel-
ben als gewinn einzutragen, und wo er auf falsches stofst, es durch
die Schwierigkeit des gegenständes zu entschuldigen, vor allen dingen
aber nicht zu vergeben dafs ihm des Vorgängers bemühungen bis auf
ZUR LEX SALICA. 517
oämlich in § 1, der eine solche run-away-match behan-
delt, zu den lateinischen worlen si quis uocorem alienam
vivo matnto tulerit die glosse abtica oder in dem Pariser
'codex abteca; die Unsicherheit zwischen /und e beim stamin-
vocal deutet schon an dafs wir ein gälischcs et zu suchen
haben; nun heifst teich (alterthümlich müste der zu diesem
stamm gehörige infinitiv a theachadh lauten) auch würküch
Er lief davon, he run away : es ist also abzutheilen ab teca.
bretonisch heilst techa noch 'Davonlaufen. — tit. xliv de
komic. ingen. § 3 heifst es si quis hominem in puteum aut
in vipida iactaveritt dazu die glosse ckalip sub dupio oder
im Pariser, codex challis ob duplio. es ist beides ein wenig
verderbt, wenigstens die bucbstabentheilung des ersteren; es
mufs heifsen chalips üb dupio, und üb steht falsch für ob;
es ist nämlich wieder infinitivpartikel, denn dub heifst gä-
lisch Untertauchen; also malbergischer infinitiv ob dupio;
und chalips ist ein adverbium welches dem gälisehen adje-
ctiv galba (stark, gewaltsam) entspricht.
Tit. xlii de plagiatoribus handelt von sklavenverfüh-
rungen, auch vom sklavenstehlen ; § 1 hat zu den Worten
si quis mancipia aliena soUicitaverit die glosse ikeulasina
oder theolasina ; dies wort ist ein compositum und entspricht
dem gälisehen dao oder daoi (schlecht, gemein, verworfen)
und lasan (die entflanimung, die leidenschaft). statt dieses
Wortes, wodurch das verlühren, verlocken der sklaven eines
fremden herrn gebrandmarkt wird, hat der Wolfenbüttler
codex: einen infinitiv, ob sculte d. i. sgoilt abreifsen, ab-
splittern, abschleifseil, als ein absplittern wird es bezeich-
net, wenn einer einen sklaven zur untreue gegen den herrn
verleitet.
Wenn anders die endungen richtig bebandelt sind, ha-
ben wir also sehr unter sich verschiedene infinitivendungen,
tena, tica, dupio, sculte; das entspricht auch wieder ganz
der gälisehen spräche, in welcher allerdings die meisten,
aber keines weges alle infiniüve auf adh (spr. o) ausgehen,
sondern sich bei einzelnen verbis die verschiedenartigsten
einen gewissen grad den pfad gebahnt und die entdeckung des unrich-
tigen darin erst erleichtert haben, ohne O'Conor wäre mir die ganze
Untersuchung unmöglich.
518 ZUR LEX SALICA.
infinitivendungen finden. * die vorgesetzte partikel ist es
welche sie characterisiert.
Dieselbe verbalform welche den infinitiv und die parti-
cipien des activs hergibt dient (ohne aspiration des anlauten-
den consonanten, wie diese ja auch beim partic. präsentis
fehlt) zugleich als Verbalsubstantiv: mealadh beifst Das be-
trügen. » solche substantiva verbalia finden sieh nun auch in
menge in der malbergischen glosse; sie gehen (grofsentheils
wie der infinitiv) auf a oder o aus, und o ist auch die aus-
spräche der jetzigen gälischen silbe adh, wenn sie das Wort
schliefst, man sieht daraus dafs hier dem aspirierten d nie
ein würklich vorhanden gewesenes d, wie in anderen fällen,
entspricht, sondern dafs dieses adh rein eine orthographi-
sche figur ist, zu bezeichnung eines lautes den man sonst
nicht wohl erreichen konnte (den das wälsche auch blofs mit
vocalenr schreibt) ; denn das o welches durch adh ausgedruckt
wird ist nicht rein, sondern zwischen o und u und wird hie
und da als u ausgesprochen, die altirländische spräche noch
schreibt für dieses adh zuweilen blofs u> wie z. b. den in-
finitiv consena in Fiechs altem liede auf den beil. Patricias
(str. 14) und andere beispiele (wie ardriaghla für ardriagk-
ladh in v. 88 des gedieh tes A colcha Albain uüe; auch
der oben angeführte infinitiv teaina, den ich freilich so ge-
schrieben nur in einer note gefunden habe und der also in
dieser gestalt, statt teainadh, auch neuere formation sein
könnte, aber dann doch voraussetzt dafs er nach anderen
dem autor bekannten ähnlichen formen gebildet sein mnfs)
aus den aller ältesten irländischen Schriftstücken beweisen.
* im wälschen ist es ganz eben so; .primitive, substantiva körnen
in ihrer eignen form auch als verbaistämme behandelt werden, s. k.
bod das wesen und bod sein ; diese fälle ausgenommen- werden die ver-
baistämme aus Substantiven oder adjeetiven so gebildet dafs sie einen
vocalischen verbalauslaut als infinitivzeichen erhalten, z. b. ear der
freund, earu lieben ; dawd ein depositum, dodi deponieren ; daum die
gäbe, doniau begaben ; eawg der lachs, eoca lachse fischen, lacbsen;—
diese vier vocalausgänge o, i, aw und u bilden alle formell abgelei-
tete infiniüve (bis auf gewisse ganz speeielle bedeutung habende verki
mit consonantischen ausgängen), wie wir in der malb. spräche die vo-
calischen ausgange a, e und io sehen, auch im wälschen tritt gern eia
partikelhaftes a oder y vor den infinitiv, doch braucht man es aieit
zur grammatischen bezeichnung.
ZUR LEX SALICA. 519
Um beispiele solcher verbalsubstantiva aus der malber-
gischen glosse zu geben, fuhren wir nur folgende an.
diba9 deba9 de bau, doeffa, deveva, die Zerstörung ; gäl.
diobhadh und deabhadh (spr. diowo und dewo). (die
vielen formen des Wortes sind wie noch im bret. zu-
gleich tarf9 tarv, taro, terff, terv, der stier).
brio-rodero der finger welcher beim bogenspannen zum
pfeilhalten dient (quo sagittatur) ; gälisch briogh (spr;
bri oder brio) die kraft, hauplsubstanz ; ruadharadh
(spr. ruajaro, ehemals wohl ruadaro) das fechten;
kraft, bauptsubstanz des gefechtes (oder ist der letzte
theil des Wortes hier participisch, Mit kraft fechtend?).
scuto, excuto, schotoy wenn vieh gepfändet wird und je-
mand unternimmt es dasselbe aus dem pfändungsarrest
expellere aut excutere; gälisch sgudadh das heraus-
hauen (ewcutere), von sgud heraushauen.
sehuisdra (für schiusärd), indem es einem supponierten al-
ten galischen siosaradh entspricht^ gehört ebenfalls hie-
her, Das abschneiden mit der schere.
murdo, musido, musedo, mosedo, raubüberfall 5 gälisch
murtadh, mortadk, das morden (die formen mit s sind
wahrscheinlich verschrieben; es bliebe sonst keine ab-
leitung übrig als von mus9 d. i. ntmis, und eadaick
verstohlne dinge trfeiben, was doch zu gezwungen er-
scheint).
meledeno der kleine finger 4 gälisch meall gut, und taoin-
neadh das lockenmachen, kräuseln: der finger, der zum
lockenmachen gebraucht wird (ist wohl hier entschieden
participisch Gut locken machend).
minechleno der kleine finger; gälisch min niedlich, und
glanadh oder glaineadh das reinigen, das sichschmuck-
machcn (ist wohl auch participisch, Der niedlich schmük-
kende).
Vielleicht nimmt mancher unserer leser an erklärungen
wie die der Wörter brio- roder 0 (kraft des gefechtes), mele-
deno (gut- locker),- mtne-chleno (niedlich -schmücker), als an
zu gesuchten künstlichen Wendungen anstofs; gerade aber
diese ausdrucksweisen sind ganz in keltischer rede gegrün-
det, die überall wo sie nachdrücklich, solenn oder poetisch
520 ZUR LEX SALICA.
darstellen will zu solchen composiiis ihre Zuflucht nimmt.
altgälisch z. b. heifst dal oder data eine Versammlung, Ver-
einigung, brio-dal (eigentlich Kraft der Versammlung, Sub-
stanz der Vereinigung) heifst aber captatio benevolentiae,
Schmeichelei, artigkeit ; fear heifst gras, min -fhewr (eigent-
lich Niedliches gras) bedeutet aber die binse. in älteren wa-
schen gedichlen nun vollends ist dieser art zusammensetzna-
gen kein ende, man findet eine kleine Sammlung von bei-
spielen solcher compositiöneu in Owens grammatik s. 27ff.,
und diese entfernt * die sache nicht erschöpfende Zusammen-
stellung zählt doch 170 beispiele. viele keltische thierna«
men sind so gebildet.
2. der malbergische artikel a9 o oder an; das
malbergische präteritum durch die partikel de
gebildet.
Der gälische artikel lautet im masculinum an oder am,
im feminin an oder a; nämlich die form rn tritt vor labialen
ein, die form a überall vor aspirierten consonanten (mit
ausnähme des fh) und da im nominativ nur feminina im an-
laute mortificiert werden, kann auch nur im. feminin die form
a als nominativform angegeben werden.
In der malbergischen glosse kommen die beiden Wort-
verbindungen vor, a ba zym pedero die kuh (oder allge-
meiner das«rind) mit einem kalbe, und o bo sino das äl-
tere rind (denn ba oder bo heifst gälisch das rind, gewöhn-
lich specieller die kuh, baothair das kalb und seine älter;
welches letztere wort in oh seno d. i. agk seine nochmals
begegnet und eben in dem schwanken des vocals, seno, sino,
auf gälischen stammvocal ei deutet), in diesen beiden Wort-
verbindungen ist a oder o deutlich der artikel.
Das wort anhitnerbo, womit das gewaltsame fortschaf-
fen eines pfiuges vom acker bezeichnet wird, scheint eben-
falls in mehrere Wörter (an htm erbo) zu zerlegen, es kommt
öfter vor dafs malbergisches h ein gälisches g ersetzt, wohl
weil doch die sonst gewöhnliche Schreibung des ch für gäli-
sches g in manchen fällen eine zu starke gutturale andeu-
ZUR LEX SALICA. 521
tele, oder aus nachläfsigkeit, indem ein c vor h vcrgefsen
ward, so z. b. hoc her (wahrscheinlich verschrieben für
fer, oder absichtlich um den milderen laut des mortifizierten
f in fhear auszudrücken) paan de escrippas d. i. gach (jeder)
fhear (mann) bann (gesetz, band, gesetzlich gebundenes,
vetitum), da (partikel welche das Präteritum bezeichnet)
sgriobas (präteritum* von srgriob, furchen, pflügen), — die
ganze redensart heifst also Jeder mann welcher44 gesetzlich
gebundenes (d.h. anderem gesetzlich. gehöriges) pflügte; und
sie findet sich im Wolfenbütteler codex tit. xxvi de Jurlis
iiver&is § 21 zu den lat. worten si quis campo alieno ara-
verit. aufser dem dafs wir aus dieser redensart sehen dafs
die bildung des prateriti im malbergischen der im gälischen
ganz analog war (nur dafs de statt da steht, wie jedoch zu-
weilen auch im alten irländischen der fall ist, z. b. die form
de chaidh in dem gedieht Eire ogh inis na naoirnh v. 148
und de tarnte v. 140. ebenso de tainic a tkiugbas, es kam
sein ende, in dem fälschlich Oissin zugeschriebenen, bereits
im 14n Jahrhundert aufgezeichneten gedichte welches O'Co-
nor (i, 1 s. cxxm) aus einer bodleyanischen handschrift
herausgegeben hat), geht daraus auch hervor (indem hoc für
gach steht) dafs malb. h für gälisches g stehen kann.***
* diese form ist freilieh nur allirländisch ; das aber ist im vorlie-
gendes falle noch beweisender, die graminaliker geben sie blofsin.der
ersten person; die zweite hat nach ihnen sgriobais, die dritte sgriob
(neuerdings sgriobh), allein wahrscheinlich hat die abschwächung bei
der dritten angefangen ; jetzt lauten alle drei personen sgriobh und
werden nur durch pronomina unterschieden, dafs sie wohl auch für
die dritte person statthaft sein kann beweist Fiechs altes lied auf den
heil. Patricius n° 14 (O'Conor scr. Hio. vol. i in proleg. s. xcn), wo die
form pritchais (er predigte), begegnet, und anderwärts leghais, lassais,
anais u. s. w. im wälschen ist es ganz so, viele prälerita gehen in
erster person auf ais, in dritter auf aes, äs, es aus.
** mit dem relatiyum ist das gälische in ähnlicher Verlegenheit wie
unsere ältesten deutschen mundarten; die s. g. relativen pronomina
sind im gründe blofse partikeln ; oft wird die relation durch einen be-
sonderen modus des verbi ausgedrückt ; zuweilen wird sie nur verstan-
den wie in gewissen fällen im englischen.
* * * bei der Schreibung haroweno oder haroeno für charoweno, chae-
roeno, chereno (raubnahme) tritt derselbe fall ein, denn das wort kommt
von gabh (spr. gah, d. i. nehmen) und robainn d. i. raub, im wäl-
schen stehen meist labialen an- der stelle gälischer gutturalen ; da heifst
522 ZUR LEX SALICA.
einige andere beispiele kommen zu hilfe. nehmen wir nun
dies h — g an, so steht hun für goin, das stofsen, schla-
gen ; erbo hängt auf jeden fall mit ar ackern (wälsch aru),
arbhar die saat, airbhre die saat (im wälschen erw das
ackern und der acker) zusammen und mufs entweder einen
pflüg, einen ackersmann, oder das saatbestellen bedeuten,
denn zu den Worten an htm erbo im tit, xxvii der herold.
ausgäbe de furtis dwersis § 20 gehören die lateinischen worte
si quis vero de campo alieno aratrum anteortaverit aut ja-
ctaverit; also bedeutet die glosse entweder Das wegstofsen
des pfluges, oder Das wegstofsen von der saatbestelltwg;
auf jeden fall scheint an der artikel zu . sein.
3. von der formation des plurals der nomina in
der malbergischen spräche.
Wir haben einige glossen unter den malbergischen wel-
che offenbar pluralformen darstellen, einmal haben wir auch
den singular dazu, nämlich bei dem worte ehalt (das schwein,
in specie die sau), den singular sicher in den glossen vara
ehalt (todtes schwein), drace ehalt (der sau entwöhntes
schwein), foci chalta (raub des Schweines), den plnral in
der glosse (tit. ii de furtis porcorum § 10) in zym i sexa
ehaltet cepto tua septtm chunna. diese glosse gehört zu den
Worten si quis tres porcos aut amplius Juraverit usque ad
sex capita denar, mcccc qui faciunt soL xxxv. das wort
zym (habe ich anderwärts erwiesen*) heifst Zusammen, mit.
das wort is mufs, .wie ich ebenfalls dargethan habe, in be-
ziehung auf feminine subjeete svus, sua9 suum> oder viel-
leicht ursprünglich (da im gälischen alle pronomina possessiv*
genitive der personalia sind) eiusdem, earundem bedeutet ha-
ben, das s in diesem worte is gehört aber der emphatischen
form an (i-si gälisch eadem, dagegen i nur ea). das ein-
fache possessivum lautete also wahrscheinlich für das femi-
nin i im singular, und wohl auch im plural.** im cornischen
also das malbergische hoc, gälische gach (oder ältere cach), nnn pob
and pawb.
* Zeitschrift für deutsches altertham 2, 159.
doch konnte obige glosse vielleicht auch zu sehreiben seil *»
ZUR LEX SAUCA. 523
heifst suus, sua, suum für den singular femininer subjecte
denen etwas angehört einfach i, im plural gei9 aber das g
ist hier keine gutturale, sondern nur leise aspiration, so dafe
also aueh hier (wie bei dem gälischen a der fall ist) siqgu-
lar und plural fast gleich lauten, das wort in bedeutet wohl
Bis: es ist das um so wahrscheinlicher, da selbst das viel«
fach durch malbergismen corrumpierte latein der lex saliea
das wort in in diesem sinne gebraucht, z. b. im Wolfenbüt-
teler codex tit. iv de ovibus furatis § 3, wo von diebstählen
in beziehung auf vervices die rede ist, certe st in tres (tut
amplius foraverit d. h. wenn er aber bis drei oder noch
mehr gestohlen haben sollte, die worte in zym i sexa ehal-
tet bedeuten also Bis zusammen deren sechs schweine. —
dieser plural ehaltet kann nichts befremdendes haben bei ei-
ner keltischen mundart in Gallien, da auch noch jetzt im
bretonischen aufser anderen gerade die Wörter welche thiefe
bezeichnen ihren plural auf ez> os oder ed bilden.* wir ha-
ben also den singular im nom. ehalt, im gen. ckalta, im
acc. wahrscheinlich wie im gälischen dem nominativ gleich,
den plural im nom. und auch wohl im aecusativ chattet.
Die folgenden worte cepto tua septun chunna beziehen
sich auf den betrag der bufse. cepto ist gälisches gabhta9
das heifst eigentlich Genommen, dann aber Verpflichtet, in
ansprach genommen (ingaged). septun ist gälisches seach-
duin, nach einem feststehenden, grammatisch längst zur evi*
denz gebrachten lautwechsel dem zu folge in vielen fällen
das gälische an die stelle des p verwandter dialecte ein c
oder ch setzt 5 seachduin heifst eine siebent, z. b. eine sie-
bent von tagen, eine woche; dann überhaupt jede siebent,
das wort chunna ist gälisches cuignear** d. i. fünf, wie eine
zym is sexa ehaltet u. s. w., indem nach dem klang die Wörter ge-
schrieben worden wären und so in den beiden Wörtern is sexa bei
verschleifender ausspräche nur das eine s getönt hatte.
* auch im wälschen bilden die Wörter welche lebendige wesen be-
zeichnen ihren plural gewöhnlieh auf ed.
** ich bemerke hierbei dafs nn (oder nd, denn so wird in älteren
gälischen Schriften nn unzählliche mal bezeichnet) und gn oder nh und
ngh in fast allen keltischen dialecten einander sehr nahe, oft zum ver-
wechseln nahe liegende laute bezeichnen, für welche unser deutsches
aiphabet, da die deutschen sprachen die laute nicht haben, auch keine
524 ZUR LEX SAUCA.
andere glosse noch deutlicher beweist, septun chunna sind
Fünf siebente, also fünf und dreifsig. im tit. lxxx werden
die bufssätze erläutert, bei dieser erläuterung mufs die ein-
heit nach welcher gerechnet wird ein halber solidus sein,
denn septun chunna (eigentlich 171/* sol.) wird im gerieht
für 17 soL gerechnet*, und thue septen chunna (das ist das
tua septun chunna der glosse die wir eben erläutern) be-
deutet Zwei mal fünf siebente halber solidi, also 35 ganze
solidi; sexan chunna (d. i. fünf halbe duzende halber solidi,
fünf sechsente halber solidi) sind 15 ganze solidi. ein sol-
ches halbes duzend (eine sechsent) scheint auch walt** zu
heifsen, thue walt chunna ist die doppelte summe von sexan
chunna. — genug, die worte cepto tua septun chunna be-
deuten entschieden In anspruch genommen zu zweimal fünf
siebenten, nämlich halber solidi — das ist zu 35 soL> wie
der lateinische* text hat.
Auch analoges mit dem bretonischen plural der bezeich-
nungen der thiere auf es oder oz bietet die malbergische
glosse. zu tit. v de Jw%tis caprarum § 1 (weleher lautet ti
quis capram unam, duas vel tres furaverit) hat die herol-
dische glosse das wort lamp, von welchem wahrscheinlich
ist dafs es eine ziege und zwar als springendes thier be-
zeichnet ; denn es kommt wohl vom gäl. leum (wälsch. Harn)
springen, indem die vocale eu und ea mundartlich und hie
und scheinbar individuell willkürlich in dem stamme einer
menge gälischer Wörter wechseln ; so findet sich z. b. fast
ebenso oft freumh (die wurzel) geschrieben als Jreamh. hei
dem worte. leum ist allerdings jetzt die Schreibung km
nicht gewöhnlich, aber nur um die Verwechselung mit der
contrabierten form leam (d. h. mit mir) zu vermeiden, am
rande nun findet sich zu dieser glosse lamp noch der zusatz
qfres sive lamphebros vel pectis. nun heifst gäl. gabhar
(wälsch. gavyr) sonst die ziege; da ich anderweitig darge-
bezeich nun g bietet, das polnische aiphabet allenfalls liefse durch n and
ng näher kommen ; doch ist das ng zu hart, nicht glatt genug.
* wahrscheinlich ist die bezeichnung eines halben solidus in der
lat. erklärung nur durch nachlafsigkeit eines Schreibers ausgefallen.
dieses walt ist die aspirierte form des gälisehen halt (bhatt)
d. h. zusammenfafeung, einfafsung, rahmen, rand, zahlbret.
ZUR LEX SALICA. 525
than habe dafs nialbergisches h oft gälisches g aasdrückt,
so haben wir als benennung der ziege ohnehin habar oder
havar zu erwarten, und hebros scheint nur ein plural von
habar, was vielleicht auch hebr oder habr lautete; afres
ist mundartlieh verschieden mit mortificiertem anlaut*; ganz
wie das wälsche neben gavyr die form evyr hat. dafs das
gälische bk, wälsche v9 hier durch b und f neben einander
ausgedruckt ist ist nicht zu verwundern, denn keiner von
beiden lateinischen buchstaben drückt den keltischen laut bk
oder v aus, der, ungefähr dem englischen v gleich, zwischen
beiden in der mitte liegt, pectis ist entschieden für peccis
verlesen oder verschrieben, was bei 's. g. angelsächsischer
schrift des mittelalters sehr nahe liegt, wie hebros oder afres
plural ist von hebr oder afr, so ist peecis plural von pöc,
welches im gälischen in den abgeleiteten casus seinen stamm-
vocal in oi oder ui wandelt (also poic oder puic), welcher
gälische (scheinbare) diphthong oi im malbergischen immer,
und ui wenigstens sehr oft, durch e dargestellt wird, hebros,
afres und peccis sind nun offenbar solche plurale, wie sie
die Bretonen bei den namen der thiere bilden auf oz oder
ez. der vocal der endung wird ein kurzer, halbverschluck-
ter gewesen sein, wie noch zuweilen in den flexionssilben
im gälischen der fall ist. jetzt bat sich dafür eine bestimmte
Orthographie festgestellt $ bei dem aufnehmen des Wortes blofs
durch das ohr mochte man zweifelhaft sein ob man os> es
oder is zu schreiben habe.**
* dafs die Kelten der Römerzeit die inorlification des anlautenden
consonanten in ihrer spräche hatten, sieht man deutlich ans dem vor-
kommen doppelter formen von eigennamen der Völker, von denen die
eine die mortifizierte form darstellt, z. b. Suessonei und Uessones,
Tectosages und Aegosages u. s. w.
* * solehe Unsicherheit des vocals in der endung könnte manchen
befremden, allein es lafsen sich aus den noch lebenden, sogar zu dem
besitz einer literatur gediehenen keltischen mundarten unz'äh Hiebe ana-
logen anführen, statt vieler nur eines: die endungen der In, 2n und
3n pluralis des imperfects der s. g. derivativen verba im w'älschen
gehreiben die einen -em -eck -ent; die anderen -ym -ych -ynt; die
dritten - om - och - ont. — e und i wechseln in denselben endungen
im walschen häufig, in alten gälischen Schriften ersetzen sie einander
überhaupt, wie es mit e und y im walschen noch jetzt fast ist.
526 ZUR LEX SALICA.
Indessen so allgemein wie im bretonischen kann die er-
scheinung consonantischer pluralbildung bei den bezeichnun-
gen der tbiere im malbergischen nicht gewesen sein, denn
es kommen ganz entschieden auch vocalische pluralbildungen
vor, z. b. die schon früher bei einer anderen gelegenheit*
besprochenen Wörter fit miha chunna (zwanzig schweine fünf)
enthalten den plural miha schweine (verwandt dem gälischen
tnuc das schwein, mute in obliquen casus, mucan im plu-
jal).** einen anderen vocalischen plural bei einer thierbe-
zeichnung bietet nur scheinbar die Übersetzung von vervices
in der glosse der heroldischen ausgäbe tit. iv dejurtis ovium
§ 3, welche lautet feisfecho et fetischefo. das letztere wort
halte ich für verschrieben statt fetisfecho; die glosse will
offenbar zwei formen, zwei aussprachen eines und desselben
Wortes geben; liest man feisfecho et fetisfecho, so ist auch
offenbar nur dasselbe wort wiederholt, einmal mit wahrge-
nommener mortification des t, das anderemal ohne dieselbe,
im gälischen heifst feithis sowohl In eine herde vereinigen,
als Eine herde hüten ; daher feis die Vereinigung, Versamm-
lung, herde ; feitidhe das herdevieh ; faich aber heifst Das
offene feld, die wiese, die weide, die bedeutung also von
feisfecho sowohl als von fetisfecho ist Herde des feldes,
* Zeitschrift Fiir deutsches alterthum 2, 163. sollte jemand anstofs
daran nehmen dafs hier zwar in galischer weise das Substantiv, zu dem
die zusammengesetzte zahl gehört, zwischen die beiden theile der zu-
sammengesetzten zahl (20 und 5) gesetzt, aber die gröTsere zahl and
nicht, wie im gälischen, die kleinere vorangestellt ist, so verweben
wir ihn auf das walsche, wo diese Stellung wie in der glosse vor-
kommt, in zwei stellen eines alten gedichtes findet sich sogar im gä-
lischen diese Stellung , nämlich v. 289 des gedichtes Eire ogh init na
naoimh liest man in einer handschrift Flehe air chuig, in der anderen
Fiche as cuig ; jenes bedeutet Zwanzig zu fünf, dies Zwanzig und fünf,
und v. 347 desselben gedichtes steht xl ar cett tri, Vierzig zu hun-
dert und drei.
** das entsprechende wälsche wort moch sollte im plural myeh
haben , wenn es selbst ein reiner Singular wäre, d. h. ein einzelnes
schwein bezeichnete ; es bezeichnet aber die gattung schwein, und hat
keinen numerus (aufser wenn etwa einmal von mehreren schweinegat-
tungen die rede wäre) , sondern wenn ein einzelnes schwein bezeichnet
werden soll, wird die diminutivform gebraucht, moehyn. myeh ist der
malbergischen form miha nahe genug.
ZUR LEX SALICA. 527
speciell auf schafe bezogen, wahrscheinlich halten schon die
Kelten ähnliche Verwendung der ausdrücke die ursprünglich
eine menge überhaupt bezeichnen für bestimmte gattungen
von gegenständen, wie wir sie auch haben in Rudel hirsche,
sehwarm bienen, flug tauben, volk hühner, kartet gemsen
o. s. w., und wie ich anderwärts * gezeigt habe dafs ruta
die herde vorzugsweise bei ziegen zu bezeichnen und jede
anzahl von mehr als drei ziegen zusammen zu heifsen scheint,
so mag sich feis oder felis specieller auf schafe beziehen
und jede anzahl von mehr als drei schafen bezeichnen, der
Wolfenbüttler codex hat auch nachher zu § 5 um eine Schaf-
herde zu bezeichnen einfach das woH feto und der Pariser
codex verschrieben dafür freto. hier ist also der plural nur
scheinbar, zu bemerken ist hiebei noch dafs wenn feüschefo
nicht verschrieben sein sollte für fetisfecho, es dann nach
andentung der Pariser (im ersten theile des wortes entschie-
den verschriebenen) handschrift fretus chaeto (für fetus-
chaeto) wenigstens in dem zweiten f verschrieben oder ver-
lesen sein mufs für fetis-cheto d. i. herde schafe, denn caith
ist ein gälisches wort welches ursprünglich milch, milchrahm,
dann aber zuweilen auch ein schaf bedeutet , also fetis-cheto
herde der milch, oder herde der schafe.
4. die malhergischen Zahlwörter.
Die zahl eins kommt in der glosse dem lateinischen so
gleichlautend vor dafs man sie bis jetzt immer für das la-
teinische zahlwort gehalten hat. sie lautet unum, wie noch
jetzt im bretonischen unan (in Vannes unon), und im wäl-
schen un, im gälischen aon und eun. zwei kommt nicht
vor, sondern nur zweimal oder zweifach, und dies heifst
malbergisch (in tit. ii) tua oder (in tit. lxxx) tkuewe, tkue,
thu. vielleicht ist die cardinalzahl dasselbe wort, drei kommt
nicht vor 5 vier begegnet wohl, wovon aber weiter unten,
dagegen fünf begegnet oft; immer lautet es chunna (gälisch
cuignear). eine fünft (anzahl von je fünfen) scheint cunde
zu heifsen, dem Pariser codex (tit. c) zu folge, wofür der
heroldische codex (tit. lxxx) sunde verschrieben oder verle-
* Zeitschrift für deutsches alterthum 2, 163.
528 ZUR LEX SALICA.
sen hat. sechs lautet sexa (die sechsent sexan; wenigstens
die pluralform ist so), wie wir anderwärts erwiesen, die
siebent lautet septun oder septen; also sieben wohl septe.
acht kommt in tit\ lxxx vor, acto (actotetus chunde oder
acto et usunde, beides wohl für acto tetus cunde : achtmal
zehn fünften, nämlich halber solidi, d. i. 400 halbe oder 200
ganze solidi). die neunt heifst net oder ne (theuwe net ckunna,
thewe ne chunna für thuewe ne ckunna d. i. zweimal fünf
neunten, nämlich halber solidi d. i. 45 ganze sol.); dies net
oder ne entspricht ganz dem gälischen nao, naoi (spr. nö)
neun, zehn scheint tetus (was vielleicht für tecus verschrie-
ben oder verlesen ist) zu beifsen in der schon angeführten
glosse; einigermafsen analog ist das gälische deich, noch nä-
her das bretonische decg.
Nun erst nachdem wir die bedeutung von cunde (die
fünft)* festgestellt, können wir auch von der vier reden, sie
lautet malbergisch (dem bretonischen pyder analog) fitter;
nämlich die glosse fitter tius chunde oder fitter ntt cunde
scheint verschrieben für fitter ticus oder fitter tecus cunde
d* i. viermal zehn fünften, nämlich halber solidi oder 100
ganze. .
Nun nachdem wir die ersten zahlen, unum9 tua (thue),
drei fehlt, fitlir, chunna, sexa, septe, acto, ne (net), tecus
(tetus), leidlich festgestellt haben, können wir den tit. lxxx
der heroldischen ausgäbe oder tiU c des Pariser codex im
zusammenhange erläutern.
* solche substantivische zahlausdrücke sind auch ganz altirlandi-
sche sitte; öfter kommt in den alten gedieh ten statt Zwei (da) vor
Ein paar (dias), statt Nenn (nao) Eine neunt (naonmkar und rtaonar),
statt Acht (ochd) Eine acht (ochtar) u. s. w. — auch die rechnungs-
art ist durchaus gälisch, und höhere zahlen werden sehr häufig nicht
durch additions-, sondern durch multiplicationsausdrücke bezeichnet,
so um nur einige beispielc sofort anzuführen : in <E/re agh inis na
naoimh findet sich v. 299 die zahl ceathrar ix bhßchit d. i. quatuot
et növies viginti, 4 + (9X20) z= 184. ebendaselbst v. 279. 280 die
angäbe Da bliadhain ier s in vii n deich O eee Maelsi chlainn suaich-
nidh, zwei jähre nach diesem und siebenmal zehn (72), vom todeMael-
sechlainns des hervorragenden, ebendaselbst v. 343 u. 344 in einer
Variante Seacht mbliadhna seacht moghad oll Agus cuice cett gan
iomrall, sieben der jähre sieben male zehn und fünf hundert ohne
Übertreibung fd. h. nichts darüber) d. h. 577. '
ZUR LEX SALICA. 529
Der kleinste der bufsansätze welche in diesem titel mit
malbergischen Worten erwähnt werden besteht aas 6 halben
solidis, also, da nach goldsolidis zu 40 denaren gerechnet
wird, aus 120 oder einem grofshnndert denaren, es scheint
eine ähnliche rechnungseinheit zu sein wie man z. b. ein
schock meifsnischer groschen sonst anführte, und es mufs
dies geldmafs von einem grofshnndert denaren eine vielfach
im gebrauch vorkommende summe gewesen sein, da sich
mehrfache ausdrücke dafür finden, sie heifst walt; das ist
die aspirierte form vom gälischen halt, halt bedeutet einen
rahmen; auch blofs einen rand*. wahrscheinlich waren die
zählbretter mit ihren rändern so rahmenartig eingerichtet
dafs gerade ein grofshundert denare sich hineinzählen liefs,
die man deshalb einen rahmen geld nannte; auch sexa (sexan
ist wohl pluralform) wird diese summe genannt, weil sie aus
6 halben solidis bestand, endlich kommt auch der ausdruck
vor thoa lasthi oder thoalasti. offenbar ist hier ein Schreib-
fehler der öfter begegnet im spiele, dafs nämlich, wenn
zwei Wörter zusammenstehen deren erstes mit demselben
consonanten auslautet mit dem das folgende anlautet, dieser
consonant nur einfach geschrieben erscheint, also thoa lasthi
steht für ihoal lasthi. thoal ist das gäüsche dual, was wie-
der einen rand, einen rahmen, eine einfafsung bedeutet**;
lasti öder lasthi ist das gäüsche last oder lasd d. h. die la-
* walsch heifst das wort byliad (in leichter form vyliad) die
einfafsung, einrahmung; bylu einfafsen, einrahmen; byl (in leichter
form vyt) der rand; — das y scheint aber ursprünglich ans a her-
vorgegangen, denn a lautet oft in e und y um, wenn dünne vocale
folgen; bat (in leichter form val) heifst jedes hervorragende; ver-
wandt istfal, die einfafsung rund herum, fald die bürde.
** verwandt ist das wälsche twl ringseingefafste fläche, in speeie
der eingefafste hausplatz, die leichte form des Wortes ist dwl, die
aspirierte dhwl, die sanfte thwl. in allen vier formen kann das wort,
und in jeder häufig, am wenigsten häufig aber ohne zweifei in seiner
absoluten form twl vorkommen, ich führe dies an, weil auch die gä-
lischen mundarten in ihren mortificationen und ellipsen, endlich (die
älteren gälischen Schriften häufiger, die neueren fast nur bei Wortzu-
sammensetzungen) in der Verdoppelung (d. h. ersänftigung) der anlau-
tenden consonanten eine ganz ähnliche reihe haben wie das wälsche in
der leichten, aspirierten und sanften form der initialen, man mufs das
bei allen keltischen etymologien berücksichtigen.
Z. F. D. A. II. 34
530 ZUR LEX SALICA.
düng, thoalasti ist also Rahmenladung, die einmalige ladang
des zahlbrettes.
Paragraph 1 des erwähnten titeis, unum thoal lasthi
= eine zahlbretsladung = 3 solidi ist alsa klar.
Paragraph 2, sea^an chunna =6X5 halbe solidi = 15
solidi ist ebenfalls klar.
Paragraph 3, sepiun chunna = 7X5 halbe solidi = 17Vi
solidi ist in sofern nicht ganz klar als der text nur 17 solidi
erwähnt und den halben ausläfst. es könnte gerichtsgebraucb
gewesen sein in diesem falle den halben . solidus nicht mit
zu zählen ; eher glaube ich dafs die nachläfsigkeit des einen
Schreibers (denn dieser satz kommt nur ia der heroldischen
ausgäbe vor) die worte et dimidio ausgelafsen hat.
Paragraph 4, thue walt chunna = 2X6x5 = zweimal
fünf rahmen = 2X6X5 halbe solidi = 30 solidi ist klar.
Paragraph 5, thue septen chunna =2X7X5 =
zweimal 35 halbe solidi = 35 solidi ist einfach und klar.
Paragraph 6, thuewe net chunna = 2x9x5 =
zweimal 45 halbe solidi = 45 solidi ist einfach und klar.
Paragraph 7, thoto cunde sitme chunna = 25x5 halbe
solidi = 62% solidi. diese glosse ist mir nicht ganz erklär-
bar; thoto oder (nach dem Pariser codex) thotho scheint
eine bezeiehnung von zwanzig zu sein, zwar bietet tit.n
§ 11 für zwanzig den ausdruck ßt, welcher dem gälischen
fitche entspricht; indess wie man im älteren deutsch zwei
Worte zu bezeiehnung von 100 hatte, nämlich einhunt und
zehanzug9 so kann man auch im malbcrgischen zwei worte
für zwanzig gehabt haben, nämlich aufser ßt noch tho-to
welches etwa einem Zweimalzehn entspräche*, cunde (oder,
wie es in diesem falle bei Herold geschrieben ist, condi) ist
die fünft, vielleicht aber, wie im gälischen sowohl cuignear
als cuig fünf bezeichnen, auch eine zweite form für fünf
wie sie bei zusammengesetzten zahlen gebraucht werden
mochte ; also thoto cunde wäre 20 + 5 = 25. das chunna
* gerade so ist es im alten irländischen, wo neben ßcke, JUehe,
fieket, fuicfed, fiehead (zwanzig) nicht hlofs der ausdruck da deich
(aweimal zehn) begegnet, z. b. im alten gedieht Eire ogh int's na naoimk
in v. 45 Biwmaid da deich da bliadhain, Diarmad zweimal zehn jähre
n. s. w., sondern auch das wort dochat zwanzig.
ZUR LEX SALICA; 531
am ende ist seiner bedeutung nach auch klar; was bedeutet
nun aber sitme oder, wie die heroldische ausgäbe liest, weih?
ist hier ein Schreibfehler, so scheint er grofs zu sein, ich
weifs keinen rath aufser den das wälsche gewährt, wo gwaith
(wenn es angehängt wird blofs waith) so viel bedeutet wie
unser deutsches Mal (z. b. unwaith einmal, y waith hon
diesmal), nach streng regelmäßigem buchstabenwecbsel ent-
spricht diesem wälschen worte das gälische faoi (z. b. faoi
do zweimal) ; weth chunna hiefse also fünfmal, in dem worte
sitme könnte aber ein flickwort stecken, wie das gälische
ma seodh wenn so, dann (fünfundzwanzig dann fünfmal),
oder seadh me meine ich, schätze ich, wie die Nordameri-
kaner jetzt 1 guess flickwörtlich brauchen (fünf und zwanzig,
taxiere ich, fünfmal).
Paragraph 8, ßtter tccus cunde = 4X10X5 = 200
halbe solidi = 100 solidi ist einfach und klar.
Paragraph 9, acto tecus cunde = 8x10x5 = 400
halbe solidi = 200 solidi ist einfach und klar.
Von den beiden folgenden paragraphen will ich zuerst
den eilften zu erklären suchen, er lautet ßttertos (wohl
fitterto vierzig , wie thoto zwanzig ; die heroldische ausgäbe
hat fitterno 9 offenbar verlesen oder verschrieben) cunde thue
apta (so bat die Pariser; die heroldische aptheo) chunna*
hierin ist einfach erklärbar 40 X 5. das sind aber erst 200.
die ganze summe welche herausgebracht werden mufs be-
trägt 1600 halbe solidi; da chunna am ende steht, wie bei
den vorhergehenden zahlen, müfsen also die dem worte chunna
vorausgehenden Zahlwörter die summe 320 geben, welche
5 mal genommen dann die 1600 voll machen, da fitterto
cunde erst 200 sind, so müfsen thue apta gleich sein 120 ;
da wir wifsen dafs thue zwei heifst, ist also apt ein aus-
druck der, gleich unserem Schock, 60 bezeichnet, die ganze
glosse fitterto cunde thue apta chunna stellt sich also so
dar (40 x 5) + (2 X 60) X 5 = 1600 halbe solidi oder
800 ganze.
Nun ist der zehnte paragraph diesem ganz analog.
thrioto (die heroldische ausgäbe hat theiotko, das Pariser ma-
auscript hat thriotus : beides scheint theilweise verlesen oder
verschrieben ; die heroldische Schreibung mit ausnähme des
34*
532 ZUR LEX SALICA.
e für r die richtigere)* cunde teriheo chunna. von diesen
Wörtern scheint tkrioto dreifsig zu bedeuten ; thrioto cunde,
dreifsig fünften, sind also 30 X 5 = 150. da bleiben noch
neunzig übrig welche das teriheo ausdrücken mufs. wahr-
scheinlich ist es ein zusammengezogenes wort was ursprüng-
lich ter thrioto (dreimal dreifsig) etwa lautete, wie ja auch
jetzt noch das gälische und bretonische mit den zahlen 20
bis 100 ein wenig in unbequemer ausdrucksweise sind und
z. b. zehn und zwanzig sagen müfsen um 30 auszudrücken,
zweimal zwanzig um 40 u. s. w. , viermal zwanzig (quatre-
vingt) um 80, und viermal zwanzig und zehn um 90 aus-
zudrücken, da ist dreimal dreifsig noch compendiös dagegen,
es ist wie das vulgäre irische wort für 27, nämlich tri-
naonmhar (3 X 9). dieser ganze zehnte paragraph der glosse
stellt sich also nun so dar, thrioto cunde teriheo chunna
= (30 X 5 + 90) X 5 = 1200 halbe solidi = 600 solidi.
Ich denke so erklärt sich dieser fast ganz in malbergi-
scher spräche abgefafste titel der lex salica höchst einfach
und der jetzigen gälischen ausdrucksweise von zahlen ganz
analog, die Überschrift incipiunt chunnas, d. i. hier begin-
nen die fünfen, ist offenbar gewählt weil mit ausnähme der
ersten, den iahalt des zahlbrettes angebenden glosse, alle
folgenden eine verfünffacbung eines ansatzes enthalten und
mit dem worte chunna schliefsen **. es ist übrigens in alten
gälischen aufzeichnungen nicht ohne beispiel dafs unter den
* ganz ähnliche formen finden sich altg'alisch, z. b. chaogad fünf-
zig (a eolcha Albain uile v. 105, und das eine mantrscr. von Eiris ogh
inis na naoimh v. 16). ebenso cethrachat oder cetrachat vierzig (die
anderen mss. von Eiris ogh inis na naoimh v. 16). diesen formen ge-
mäfs ist auch eine alte form iriad dreifsig zu .präsumieren, malber-
gisch correspondieren dann triad zz thrioto, cethrachat zzijitterto,
eaogad = chuntoV
einigermafsen etwas analoges findet sich in den leget WalUtt
tit. xlvhi. quot modis dicitur duodenarius numerus in lege, duode-
cies reddvntur im denarii sine elevatione u. s. w. an den wälschei
gesetzen ist es nicht die 5, sondern 3 und 4; und 3 mal 3 (9); und
3 mal 4 (12) ; und 4 mal 12— welche alles bestimmen, auch 3 mal 3
(9) und 4 mal 4 (16). das zablenprincip ist also vorhanden wie im sal.
gesetz, aber es sind andere grundzahlen gewählt, nur in bezug auf
frauenangelegenheiten kommt auch die 5 vor, tit. xxvi. triades §20
Pitnpt ritiei gureic (quinque praecipua uxoris) u. ä. w. und bei schuld-
ZUR LEX SALICA. 533
zahlen die fünf (so wie in gröfseren summen dann die zwan-
zig und das hundert) hervortritt, so wird z. b. die zahl acht
öfter durch Drei zu fünf zusammen ausgedrückt : ton bliadkna
fa ehuig gan roinn (drei jähre zu fünf ohne trennung) heifst
es in dem alten gälischen gedieht aus dem eilften Jahrhun-
dert welches nach seinen anfangsfrorten a eolcha Albain
uile genannt wird, im 43n verse. neun und zwanzig wird
v. 17 des alten gedientes Eire ogh inis na naoimk ausge-
drückt durch cethrar euice cotec d. i. vier und fünfmal fünf. —
dies gedieht ist aus dem 12n jh., beruft sich aber auf ältere
historische lieder und scheint zuweilen deren text aufzu-
nehmen.
Zahlungen bestimmten einige die frist statt nach 3 mal 3 tagen naeh
3 mal 5 tagen, tit. lvii de furto § 26.
H. LEO.
DIE ALTDEUTSCHE STAMMSAGE BEI DEN
SCHOTTEN.
Jacob Grimm im anhange seiner deutschen mythologie
xxvn f. theilt in einer stelle des Nennius und in der eines
unbekannten compilators Zeugnisse mit von dem fortleben der
alten deutschen bei Tacitus zuerst sich findenden stammsage
von einer dreitheilung des Volkes nach den söhnen des Man-
nusy dem Isco, Ingo und Hermio. diesen späteren stellen
zufolge hat Escio oder Hisicio (so wird Isco genannt ; die
letztere form, die sich bei Nennius findet, hat schon ein
keltisches vorgeschobenes h) vier söhne, Francus, Romanus,
Alamannus und Britus, oder es stammen von ihm ab Francis
Romani, Alamanni et Brictones. hier wird also die bevölke-
rung Italiens, Galliens und Britanniens von Isco abgeleitet.
Es ist bekannt welches sagengewirr die irische und
schottische Urgeschichte bildet, die flüfsigkeit keltischer laute
hat es leicht gemacht irische und schottische namen etymo-
logisch an die sprachen und namen der entferntesten Völker
anzuknüpfen, und wie es in neuerer zeit, seit England in
nächste Verbindung gekommen ist mit Ostindien, nicht ge-
fehlt hat an leuten die alte indische Überlieferungen mit gä-
lischen namen und stammsagen in Verbindung zu bringen
534 DIE ALTD. STA MM SAGE BEI DEN SCHOTTEN.
gesucht haben, . so haben im mittelalter irische und schotti-
sche mönche nicht blofs den Eber der israelitischen Urge-
schichte, sondern auch Phönicier, Iberier, Skythen und wer
weifs was alles der landesgeschichte der britischen inseln in
der urzeit verknüpft, man wird bei diesen versuchen die
urzeit zu bevölkern lebhaft an unser deutsches Sprichwort
erinnert Bei nacht sind alle kühe schwarz.
Interessant mufs es uns aber sein dafs an einen schot-
tischen mönch, der kurz nach der mitte des eilften Jahrhun-
derts ein gälisches gedieht verfafste das O'Cohor mittheilt und
das nach seinen anfangsworten A eolcha Albain wie ci-
tiert wird, auch unsere deutsche stammsage gekommen war
und dafs er sie, gleich Nennius, mit der abkunft britischer
Völker in beziehung setzt, ich gebe die beiden hierher ge-
hörigen Strophen zuerst in ihrem gälischen text und dann in
der Übersetzung, den gälischen text, ungeachtet sich in
Deutschland nicht viele dafür interessieren werden, füge ich
theils der urkundlichkeit wegen bei, theils weil meine Über-
setzung an zwei stellen von O'Conor abweicht, der hier sehr
nachläfsig gewesen zu sein scheint; da aber O'Conor als Ir-
lander die Präsumtion richtigeres Verständnisses für sich ha-
ben könnte, mufs ich .doch dafür sorgen dafs sachverständige
meine Übersetzung vollständig controüieren können.
Strophe 2
Albanus do ghab via n slogh,
Mac sein oirdkairc Isiocoin,
Brathair do Britus gan brath ;
0 raitir Alba eathrach.
Strophe 3
Ro ionnarb a bhrathair bras
Britus tar muir, n locht na?nhnas;
Ro gabh Briotus Albain ain
Go roinn fiaghnach Fothudam.
die Übersetzung ist
2
Albanus nahm es (nämlich Albanien) mit seinem keere,
Der ältere söhn des edeln Isiocon,
Bruder (nämlich war er) zu Britus gewüslich;
Von ihm wird genannt Alba (Albanien) das schiffreiche.
DIE ALTD. STAMMSAGE BEI DEN SCHOTTEN. 535
3
Es vertrieb seinen bruder gewaltthätig
Der Britus übers meer, nickt pietät war das;
Es nahm Britus das preiswürdige Albanien
Bis zur gegend des wildpretreichen Fothudanien.
Hier haben wir den Isiocon als vater des Albanus und Bri-
tus wie bei Neunius den Hisicio als vater des Alamannus
und Brutus, offenbar hat sich der Schotte der deutschen
Völkergenealogie, in welche er bereits einen Britus einge-
flochten finden mochte, weiter bemächtigt und den Ala-
mannus in Albanus verkehrt, oder sollten hier wiirklich ur-
alte den Germanen und Kelten gemeinsame Überlieferungen
zu gründe liegen? allein die lateinischen nämensendungen,
Albanus, Britus, vcrrathen eine gelehrte lateinische quelle,
und der name Isiocon (spr. Isicon) zeigt dann deutlich dafs
ihn der verfafser nicht nach einer nominativform Isico, son-
dern nach formen anderer easusflexionen, Isiconis u. s. w.,
gebildet hat. H. LEO.
DER SALDEN TOR.
In den homerischen dichtungen gibt die menschliche auf-
fafsung der götter jedem derselben sein eigenes haus auf ei-
nem der umwölkten gipfel des Olympos, und die personifi-
cation und Vergöttlichung der träume besteht hauptsächlich
darin dafs ihnen thore zugeschrieben werden, bald eins an
dem der schlafende ruht (Od. 4, 809), bald zwei aus denen
sie selber hervorgehen (Od. 19, 562 ff.).
Die Vorstellung von gotteshäusern ist, wie mehr als eine
stelle altnordischer dichtungen zeigt, auch der deutschen my-
thologie nicht fremd gewesen 5 nur hat sich der poetische
redegebrauch, der die Synekdoche liebt, nach und nach an
einen ausdruck dieser art festgeheftet und spricht bei göttli-
chen wesen und göttlich bewalteten dingen nicht von einem
hause, sondern von einem thore derselben, von dem thore
das auch sonst das ganze haus symbolisch vertritt als dessen
geheiligter ein- und ausgang (rechtsalt. 174 ff. 726 ff.), so
heifst die Eider ahd. Egidora Agadora, altn. Aegisdyr d. h.
536 DER SALDEN TOR.
thor des meeres- und Schreckensgottes (mythol. 174)*; so
kennen mhd. dichter ein thor der Minne (vdH. 2, .157*),
der Liebe (Ulr. v. d. Türlin Wüh. cod. pal. 98*), des To-
des (ebenda 34*) **, und ein alliterierender reisesegen wahr-
scheinlich des 12n jh. (Diut. 2, 70) nennt neben einander
diz sigidor, dix selgidor (lies saldetor), diz wdgidor and
dix wdfindor'f.
Der Scelde tor, dieser eine ansdrnck wiederholt sich be-
sonders häufig, von Jacob Grimm ist nachgewiesen (myth.
504 ff.) in wie heidnisch sinnlicher weise noch das ganze
mittelalter von der glückseligkeit spricht, wie sie da schüft
und wacht ff, zürnt und lacht, so nun hat sie auch ein
thor (leseb. 1, 274, 25) das ihren Hebungen sich öffnet, den
unbegünstigten verschlofsen ist, und ebenso ein thor ihre
böse Schwester, die Unsmlde : Unsmlde si mir uf getan!
Rabenschi. 57\
Was jedoch nicht zu übersehen, gewöhnlich und beinah
überall heifst es nicht der Scelde 9 sondern mit anderer ea-
dung der sceiden tor: Walth. 20, 31. Grootes taschenb. 138
(vom j. 1402). der scelden tär Heinr. v. d. Türlin 45. 160.
vdHagen 1, 93*. der scelden parte leseb. 1, 331, 36.
diese form aber ist mehrfacher auslegung fähig, entweder
ist da Scelde ganz als weiblicher eigenname verstanden and
deshalb schwach flectiert (wie Unsmlde vdHagen 2, 209"),
oder es ist gen. plur. : letzteres dann entweder auf grond
* die Eider ist der grenzflufs zwischen Sachsen und Dänen, und
als hauptgottheiten der letzteren werden Juppiter und Neptun genannt :
Ermold. Nigell. 3, 5 ff. 4, 451 ff. eine Urkunde der Karolingerzeit im
Staatsarchiv von Zürich hat am Zürcher see einen ort namens Agasöl,
wobei in betracht kommt dafs Columban und Gallus an eben diesem
see idola Iovis-et Neptuni vorfanden (mön. Germ. hist. 2, 61).
** vergl. die thore des todes und der finsternis und das haus des
lichtes Hiob 38, 17. 20.
+ bislozin si dir diz wdgidor, samt si dir diu wäfindor ; in einem
andern reisesegen htirre got, du muozist in biscirmin vor wäge vnie
for wdffine Diut. 2, 293.
++ swer die nu solte schouwen, des sceld was niht entsldjen Ulr.
v. d. Türlin 46a. weent ir daz min scelde iht wache* cod. pal. 341,
340c. ganziu tugent, meines teil: dd wachet schände und släfet heil
Heinr. v. d. Türlin 44. vergl. fortunam eius in malis lantum cimli-
bus pigilasse Amin. Marc. 14, 10,
DER SiELDEN TOR. 537
der annähme mehrerer glückgöttinnen, oder indem scelde mit
aufgebung der persönlichkeit lediglich abstract genommen und,
wie das bei abstracten zn geschehen pflegt, in den pluralis
gesetzt ist.
Diese dritte auslegung, nach welcher tor beinahe nur
noch ein ausdruck ist ohne bestimmt bewusten sinn, möchte
wohl den Vorzug verdienen, denn jedesfalls hat Hartmann
die mythische grundanschauung bereits verloren, wenn er gott
selbst als pförtner die scelden porte verschliefsen läfst (le-
seb. 1, 331, 35), und nach analogie des altgewohnten thores
der glückseligkeit wird hin und wieder auch solchen ab-
stracten ein thor beigelegt für die eine einstmalige personi-
fication zur gottheit nicht wohl anzunehmen ist*: derriuwe
tor Parz. 649, 8. der wünne porte vdH. 2, 125% und gar
der ritterschefte tor Suchenw. 1, 14; da aber begegnen uns
ganz unzweifelhafte plurale: der Jröuden tor vdH. 2, I57b.
313***.
Dergleichen ist dann eine eben so unmythische, nur noch
dichterische Sinnlichkeit der darstellung wie das sinkende
haus des rechts in Aeschylus Eumeniden 516 neben den tho-
ren der träume und den götterhäusern Homers.
* wie eben solche nun auch schlafen und wachen gleich der Saelde :
vergl. anm. zu Walth. 2, 172. man siht ofte wachen unwize und
kunst sldfen Heinr. v. d. Türl. 4. ir güete und ir beseheidenheit ist
leider gar gein mir entsldfen vdH. 1, 66b. nuo begund mir freude
wehen gehügde Ulr. v. d. Türl. 116b.
** vergl. bi werdem man so wachent wibes güete vdH. 1, 343*.
WILH. WACKERNAGEL. .
IN DEN WALD WÜNSCHEN.
Zu den gedieh ten Walthers von der Vogelweide welche
die kunst der ausleger necken gehört besonders der an Leo-
pold von Österreich gerichtete Spruch bei Lachmann s. 35.
so viel ist klar, der herzog hatte Walthern in den wald ge-
wünscht, der dichter entgegnet indem er mit scherz und
Wortspiel den wünsch zurückgibt, die hauptsache wird nun
sein zu erklären was sich das mittelalter bei einer verwün-
538 IN DEN WALD WÜNSCHEN.
schling in den wald gedacht habe, zu Walthers zeiten viel-
leicht nichts recht bestimmtes mehr, vielleicht auch mehrer-
lei neben einander, ich will zur ergänzung und weiteren
begründung dessen worauf bereits der commentar zu Sim-
rocks Übersetzung 2, 168 hingewiesen hat die mehrfachen
bedeutungen die möglich seien zu entwickeln suchen.
Ein altüblicher ausdruck enthält dieselben alle kurz ver-
einigt, der wilde wald, eine zugleich ablautende und allitterie-
rende wortpaarung wie das grüne gras und wie im grie-
chischen ovQavbg evyvg, evgvg ccqovqcc.
Der wilde wald, es ist das aus dem munde des behag-
lich eingehausten und gesitteten menschenlebens gesprochen.
Denn dem unfruchtbaren walde steht erstlich das feld,
der bestellte acker entgegen; wie denn auch Walther sagt
wünsche mir ze velde vnd niht ze walde. wer daher jemand
in den wald wünschte, der wünschte ihn vom segen des
menschlichen fleifses weg in die von menschenhand noch un-
berührte, unangebaute wildnis.
Da aber mit dem ackerbau der feste Wohnsitz verbun-
den ist, weshalb bauen (das gr. cpvuv) sowohl vom bepflan-
zen des ackers als dann auch vom wohnen und vom errich-
ten der wohnung gesagt wird, so ergibt sich der allitterie-
rende gegensatz heim und holz (leseb. 1, 113, 21), der
wirtliche wohnsitz und der unwirtbare wald, und die Ver-
wünschung in letzleren ist eine Verwünschung fort aus dem
verkehr der draufsen angesessenen menschen, deshalb Wal-
ther lä mich bi den Hüten : möglicher weise noch ein Wort-
spiel mit Littpolt, eben wie der wünsch in den wald eins
mit Walther.
Sollten felder und häuser an die stelle des wilden wal-
des treten, so muste man diesen zuvor ausräuten. das war
aber die arbeit roher, selbst halbwilder bauern, so dafs die
allitteration hof und holz den gegensatz von bildung und
bildungslosigkeit, von höfischer feinheit des Verstandes und
der sitte und bäurischer Stumpfheit und unsitte ausdrückt
(swer niht enmerket daz er siht, er enbezert sich da von
mht: im möhte sin als meere daz er da ze holze wasre so
da ze hove welsch, gast 1, 2), und derjenige den ein fürst
in den wald wünscht damit vom hofe weg in das schwere
IN DEN WALD WÜNSCHEN. 539
leben der törper verwünscht ist. Walther crwiedert ichn
kan niht muten.
Erst dann ein sitz menschlicher cultur wenn er ver-
schwindet, ist der wald so lange er steht nur die heimat
des wildes : der mensch betritt ihn nur als Jäger, während
er im kriege mit menschen, auch in diesem unfriedlichen
verkehr mit seinesgleichen, lieber auf freiem felde bleibt« so
aufgefafst können feld joh wald auch krieg und jagd bedeu-
ten (Otfr. 1, 1, 62), und der in den wald verwünschte ist
verwünscht zu den thieren, zu den hölzingen, wie ein alter
eupbemismus den wolf, den schrecken des holzes, nennt
(Reinh. lv).
Aber der wald ist auch das reich unheimlicher wesen;
wer sich da verirrt, den schrecken auch tualdschraten, höh*
weiblein, Waldteufel jeglicher art, oder er geräth einem men-
schenfrefsenden türsen in die hände (leseb. 1, 559. vdHagen
2, 331b), und es laufen da aufser den wölfen auch wehrwölfe.
insofern sich nun fluche und Verwünschungen gern zurück-
beziehen auf Vorstellungen des heidenthums, möchte der ur~
sprüngliche, wenn schon nicht der immer und allein festge-
haltene sinn der Verwünschung in den wald eine Verwün-
schung zu allen teufein desselben gewesen sein* oder eine
anfluchung dämonischer wolfsgestalU in der that gibt es auch
wenigstens zwei stellen die unzweifelhaft nur in solche*
weise können verstanden werden, eine in der Crescentia,
wo der marschall, nachdem er Crescentien eine unholde ge-
scholten, noch hinzusetzt (kaiserchr. cod. pal. 73d, vergl.
KoL cod. s. 262) du soldes billecher da ce holz vorn** dm
die megede hie (bei hofe) bewaren, und eine die noch dem
15n jh. angehört, in der Mörin Hermanns von Sachsenheim
(Worms 1539. xvnc), die köngin sah den Eckart an Vnnd
sprach eberting9 geschweig der wort! Lieffestu inn jhenem
wald dort Vnd werst ein wolff, das acht ich klein' 'Gnad9
* vergl. wie Filimer der Gothenkonig die Aliorunen (d. h. Halio-
runen, abd. hellirüna) in die wildnis jagt, wo sie mit den waldmän-
nern sich vermischend das volk der Hunnen erzeugen, Jornand. 24.
" fahren bezeichnet auch sonst das wild un State leben dämoni-
scher weiber: haghedissen ende varende vrauwen hör. belg. 1, 119.
varende w(f der Wirbelwind mythol. 617.
540 IM DEN WALD WÜNSCHEN.
firaw, so lieff ich wider heym Vnd wer gleich Eckart als
auch vorl 'Wer weyfs, man schlug leicht ȟ das thor
Vnd liefs dich Schnecken blenden gon*
W1LH. WACKERNAGEL.
ZWÖLF SCHWERTER UND NEUN HERZEN.
Eine recension des Rosengartenliedes legt Siegfried, dem
könige aus Niederland, zwölf Schwerter bei, er vüeret »weif
swerty eine» ist Balmunc genant. Wilhelm Grimm (Roseng.
s. v) ist geneigt die worte für verderbt zu halten und ver-
mutet als ursprüngliche lesart er vüert der »weif swerte eins,
deist Balmunc genant; worin dann eine beziehung liegen
würde auf eine hie und da anklingende sage von zwölf un-
ter die verschiedenen helden ausgetheilten elfenschwertern.
gleichermafsen ist ihm wahrscheinlich dafs die erzählung des-
selben und noch eines andern Rosengartenlextes von zwei
oder drei halsbergen, die Siegfried angethan habe, nur auf
einem misverständnis beruhe; ein älteres lied habe von dri-
liehen d. h. dreifach geflochtenen halsbergen gesprochen (hd-
dens. s. 250. Roseng. s. v).
Ich weifs jedoch nicht ob diesen Vermutungen beizustim-
men sei. denn die rohere kunst (und sicherlich zeigt sich
im Rosengarten die poesie des Volkes roh und verwildert
genug) scheut sich nicht abstracte eigenschaftsbegrifFe auch
auf die abenteuerlichste weise sichtbar zu versinnlichen;
Inder Slawen Mongolen dichten und bilden vielhändige viel-
häuptige götter, Griechenland hat seinen dreiköpfigen Cer-
berus, seinen hundertäugigen Argus, der scandinavische nor-
den das achtbeinige pferd Odhins und riesen mit drei, mit
sechs, mit neunhundert häuptern (mythol. s. 222 f.) : warum
nun die drei halsberge, die zwölf Schwerter nicht eben der-
gleichen vergröbernde Symbole, dieses der zwölfiachen manns-
stärke, welche das Nibelungenlied 336, 3 dem helden in der
tarnkappe ausdrücklich zuschreibt, jenes der unverwundbar-
keit, die sonst minder auffällig durch die hornhaut symboli-
siert, aber auch so immer nur symbolisiert wird?
Und dies um so mehr als die dichtungen des deutschen
ZWÖLF SCHWERTER UND NEUN HERZEN. 541
wie des romanischen mittelalters sonst noch manches der-
selben, ja ooch viel roherer art enthalten, der drei achwer-
ter des Ferabras nicht zu erwähnen, weil zwei davon über
den Sattelbogen des rosses gehängt werden (Fierabr. s. 9) :
in dem gleichen Rosengarten wie in der altschwedischen Vil-
kina-saga hat Heime vier eilenbogen (heldens. s. 257. Ro-
seng, s. lxxiv) d. h. riesenhaft rlanga arma;' im Reinardns
kommen widder vor mit vier, sechs, acht hörnern, worauf
der dichter schwerlich durch die vielhörnigen schafe Islands
geführt worden (Jac. Grimm Reinh. s. jlx&ii); in einem
Volksmärchen (n° 38) fuchse mit zwei bis neun schwänzen
d. h. von doppelter bis zu neunfacher fuchseslist; und einen
menschen von außerordentlichen geistesgaben nannte man
ehemals neunherzig, der übertraf an verstand und gemüt die
gewöhnlichen menschen wohl um das neunfache, von Me-
genze wol niunherzic man heifst bei Reinmar von Zweter
(vdH. 2, 2101) der erzbischof Siegfried der 2c von Epstein;
s6 nimt mich wunder daz er niunherzecliche kan geleben:
mit eime übe erz allez tuot*. die Adelnhauser hs. in Zü-
rich (altd. Ml. 1, 343), deutet n° 52 die neun herzen auf
neunerlei geistliche eigenschaften. ein rehte guot mensche
sol han nivn herze, ein herze mit allem vride. ein behuetit
hercc mit allem vlize. ein linde herze daz ein iegelich in-
gesigel tool müge enphqhen nach sime dinge, ein wit herze
da himelrich und ertrich wol inne milgen gestan. ein vf er-
haben herze ob allen zerganclichen dingen, ein gebunden
herze mit rehter gehorsami. ein enthaltende herze mit der
gütlichen minne. ein gesament herze, mit der gotlichen wis-
heit. ein beslozzen herce mit der heiligen drivaltikeit. die
spätere zeit hat diesen symbolischen ausdruck in dem ge-
schlechtsnamen Neunherz festgehalten (ein Job. Neunherz,
geb. zu Schmiedeberg 1653, gest. zu Hirschberg 1737, ver-
fafser der Evangel. sabbaths-freude. Zittau 1690. 12), und
zugleich ihn ganz unsymbolisch auffafsend ein grausenhaftes
Zaubermittel daraus abgeleitet. cwer von neun herzen noch
ungeborener knaben gegefsen, konnte, welchen diebstahl oder
* der schlafs dieses Spruches bedarf noch der befserung; wahr-
scheinlich daz wil ich dne zwhel lauen, im ist nach foen also ger
daz nie ein hungergttic ber so nötec wart nach süezes honeges rd*en.
542 ZWÖLF SCHWERTER UND NEUN HERZEN
sonstiges verbrechen er immer begeben mochte, dabei nicht
ergriffen werden, nnd wenn er dennoch durch einen znfall
in die gewalt seiner gegner geratben sollte, sich unsichtbar
machen und so seinen banden sich wieder entziehen Tetlau
und Temme, volkssagen Preufsens s. 266.
WILHELM WACKERNAGEL.
THEILEN, THEILEN UND WÄHLEN,
THEILEN UND KIESEN.
1 . Die letztwillige Verfügung jemandes über den eintritt
anderer in sein eigenthum wird im altdeutschen mit den
zeitworte teilen bezeichnet : es liegt darin beides ausgedrückt,
die sonderung des gutes In seine bestand th eile, und die Be-
stimmung der einzelnen personen welchen dieser und jener
zufallen solle. Walth. 60, 34. Reinm. vdH. 1, 176*. die frei-
heit solcher Verfügungen war- jedoch in mehr als einer weise
gesetzlich beschränkt, und es kamen dieselben immer nur
ausnahmsweise vor. der regel nach war es den erben übcr-
lafsen mit berücksichtigung der bestehenden rechte die sacbe
unter sich selbst in Ordnung zu bringen, da aber waren
verschiedene verfahrungsarten möglich und gebräuchlich.
2. Das erste verfahren zeigt jene beiden Seiten der
letztwilligen Verfügung in geschickter weise unter die erben
vertheilt; zugleich ist es ein beispiel für die cbaracteristi*
sehe neigung des altdeutschen rechtes das jnstum und das
aequum mit einander zu vereinbaren, ich meine das durch
alle stamme, durch alle Jahrhunderte gehende gesetz, wo
zwei zu einem erbe geboren seien, solle der ältere theileo,
der jüngere wählen, der ältere die erbschaftstnasse in zwei
hälften zerlegen, und dann der jüngere zuerst sich erklären,
welche der beiden hälften er wolle, sachsensp. landr. m, 29.
schwabensp. landr. 26, 2. 237, 2 (andere stellen rechtsalt.
s. 480). damit wird sowohl der erstgeburt ein Vorrecht,
dem gereifleren alter ein übergewicht der Verständigkeit, als
auch dem jüngeren sein gutes anrech t, eine freie willkür des
thuns und lafsens zugestanden, hier und dort aber dem über-
greifenden eigennutze würksam vorgebeugt.
THEILEN. 343
Auf diesem gebrauche des theilens and wählens beruht
eine sprichwörtliche redensart die ans bei den dichtem des
milteialters häufig begegnet: Von einem der die ganze fülle
des glückes und der gewalt in händen hat wird gesagt, er
selbst, er allein theile und wähle zugleich. Hartmann büchl.
2, 615 f. vdH.l,94b. 127b. 2, 78b. Ulr. v. Turh. Wilh. cod,
guelf. 60* so woidet ir hdn beidiu das teilen und daz wein*
Dasselbe verfahren, nur mit einer merkwürdigen um-
Wendung der aequitas, indem der jüngere theilte, der ältere
wählte, kannten auch die einwohner von Wales, indessen
die britischen rechtsgebräuche berühren sich auch in ganz
anderen stücken mit denen des deutschen Volkes, und hier
möchte sogar eine blofse entlehnung im spiele sein: denn
eben jene umwendung war auch normannischer grundsatz,
rechtsalterth. 480. das aber ist auffallend, dafs einmal auch
die Römer davon gewust haben ; dafs uns, abweichend von
dem ausgebildeten recht der späteren zeit, welches davon
auch nicht die leiseste spur mehr übrig hat, doch für die
sagenhaften anfange der römischen geschieh te die sitte des
theilens und wählens deutlich bezeugt wird, nämlich in der
erzählung von Numitor und Amulius bei Plutarch Rom. 3.
Amulius, also auch hier der jüngere bruder, theilt, als einen
theil die guter und schätze des hauses, als anderen das blofse
königthum vorlegend ; Numitor, der ältere, wählt, und zwar
das königthum. welche erzählung Pomponius Laetus, oder
wer sonst verfafser des dem Aurelius Victor zugeschriebenen
buches de origine gentis Rom. sein mag, in dem einen punkte
aus misverstand oder absieht ändert (cap. 19) dafs Numitor
die guter gewählt und das königthum dem nachgeborenen
überlafsen habe, bei Dionysius von Hai. 1,76 ist Numitor
nicht durch theilung und wähl, sondern schon durch die erst-
geburt zur thronfolge berechtigt.
3. Zu dem Vorrechte der theilung kam in dem falle wo
es angestorbenes heergewäte (todleibe) betraf noch eine wei-
tere bevorzugung des älteren erben: er nahm das schwert
des verstorbenen zuvor und ward damit als dessen eigentli-
cher nachfolger, als erster schwertmag, als neues haupt des
hauses und vogt der unmündigen miterben bezeichnet : sach-
sensp. landr. i, 22. schwabensp. landr. 26, 1. 3. für das
544 THEILEN.
übrige galt der gewohnte brauch des theilens und wählens,
nach umständen auch der verloosung (vergl. 4 5 Sachsenspie-
gel und Schwabenspiegel sagen minder bestimmt dat andere
dSlet se gelike under sik): hier um so mehr als bei der un-
gleichartigkeit der einzelnen gegenstände welche das heer-
gewäte ausmachten ein blofses abzählen und vertheilen der-
selben unmöglich war.
Wo also ein mann von ritters art (nur ein solcher be-
safs heergewäte) zwei ebenbürtige söhne hinterliefs, theilte
der ältere beider erbe und heergewäte, der jüngere wählte
nur, und das seh wert das jener zuvor empfieng durfte wohl
auch als lohn seiner mühwaltung erscheinen.
Hierdurch erklärt sich ein sonst dunkler und müfsigfr
zug in der erzählung aus Siegfrieds Jugend die im Nibelun-
genliede 89 ff. Hagenen in den mund gelegt und theilweis ab-
weichend im Dietleib 80* als sorglicher gedanke Dietrichs
vorgeführt wird, der erzählung wie Siegfried sein wunder-
bares schwert und durch dieses den hört und die tafnkappe
gewonnen habe. Siegfried kommt dazu wie die beiden kö-
nigssöhne Nibelung und Schilbung ihr anerstorbenes erbe
theilen wollen und, mufs man ergänzen, darüber in zwist
gerathen sind, weil die theilung des älteren den jüngeren
bruder nicht befriedigt, sie bitten ihn das streitige geschäft
zu übernehmen, und geben schon im voraus im ze miete das
Niblunges swert. aber auch er kann es ihnen nicht zu danke
machen, und im neu erhobenen hader erschlägt er sie mit
der kaum empfangenen waffe. cman begreift nicht9 sagtWilh.
Grimm heldens. s. 78 e warum sie ihm das schwert Balmung
voraus zum lohne geben, ehe noch die theilung geschehen
ist/ da jedoch Siegfried mit der Übernahme der theilung in
ein recht eintritt welches sonst dem älteren erben zukommt,
und da der ältere erbe aus dem heergewäte des verstorbe-
nen dessen schwert zuvor erhält, hier aber eine verlafsen-
schafl der art zu theilen ist dafs auch heergewäte dazu ge-
hört, die verlafsenschaft eines edeln, eines königs, so ist es
nur eine notwendige folge des alten rechtsgebrauches dafs
bei dieser erbtheilung er die auszeichnung und den lohn des
erstgeborenen, schon im voraus das väterliche schwert em-
pfange.
THEILEN. 545
4. Die Vorschrift des theilens und wählens war jedoch
jucht überall durchzuführen : die zahl der erben und die be-
schaffenheit der erhstücke konnten auch andere verfahrungs-
arten nöthig machen, entweder eine freie Verabredung der
erben, wie z. b. in dem französischen märchen vom gestie-
felten kater, während das entsprechende italiänische (märchen
3, 304) mit einer letztwilligen Verfügung des sterbenden Va-
ters beginnt; oder aber das lofs, eine Übergabe der theilung
und vertheilung in gottes hand. dat erve schal de oldeste
d4len9 de junges te käsen; is er aver m4r denn tto4> so d4-
ien se mit getöte rigisches recht, Olrichs s. 140. wd xwene
erbin krigen umme teildte erbis oder firigis (sc. eigens),
mochten die nicht mit rechte noch mit fruntschaft ubir ein
ge trage, sS sal der eldere teile, he st knabe oder junefrawe9
man oder urih9 und der jüngere kise (also nur noch ein aus-
kunftsmittel). is aber der erbin me4 denne xwöne, so sul-
len sie teile üf ein glich 16z Erfurter stadtr. (Walch
beitr. 1) 19\ ?
Der sache nach gleichbedeutend mit dem lofse ist das
angerufene Schiedsgericht eines zufällig hinzukommende^ un-
parteiischen dritten, wovon uns wenn schon nicht die rechts-
bücher, doch wenigstens dichtungen des Volkes erzählen, so
das 92e märchen der grimmschen Sammlung, so auch ein
magyarisches bei Gaal s. 166 ff. und ein arabisches der
1001 nacht bei Habicht 10, 252 ff. : märchen die mit dem
vorher erwähnten Jugendabenteuer Siegfrieds mannigfach über-
einstimmen, zum beispiel auch und namentlich darin dafs der
streit der erben gleichfalls guter von zauberhafter würkung,
wunschdinge betrifft, und dafs es zuletzt der Schiedsrichter
ist der im besitze derselben bleibt: aber nicht minder grofs
ist die abweichung: es handelt sich hier nicht um theilung,
* bei theilung von ländereien ward als lofs ein seil gebraucht:
«feit so gelönSt wirt, die mugen sprechen *funes ceciderunt mihi in
praecktris' (ps. 16, 6). die gebruodere teilent ir erbe hie in dirre werlte
ettewenrw mit seilen : da denne da» seil Mne gevellet, ex si übel öder
guot, dd muoz ez der nemen, der denne wellen sol Diut. % 279. viel-
leicht aber ist das nur unklare auffafsung und Übertragung der ange-
führten und andrer alttestamentlichen stellen (vergl. deuteron. 32, 9) :
Notker setzt diesem mosaischen seile als theilungsgeräthschaft seiner
zeit die rathe entgegen, und zwar als mafs, nicht als lofs, ps. 77, 55.
Z. F. D. A. II. 35
546 THEILEN.
sondern um vertheilung; nicht um Zerlegung der erbschaft
in hälften oder drittel, damit nachher jeder der streitend»,
nnd der jüngste' zuerst, das ihm beliebige auswählen möge,
sondern, indem die wunschdinge bereits getrennt und einan-
der an werthe gleich vorliegen, nur noch um Stellvertretung
der erben in der streitigen wähl, auch ist der sittliche cb*-
racter des aasganges hier ein anderer als dort bei Siegfried,
der. Schiedsrichter fiberlistet die streitenden nur, er über-
wältigt sie nicht; sie verlieren nur die gegenstände ihres
thörichten zank es, nicht auch das leben, wie dort die Nt-
belungssöhne, durch deren ermordung mit eben dem Schwerte
das sie selber ihm zutrauensvoll gegeben Siegfried zuerst
den fluch des Verderbens über sich herab ruft.
Durch die Verschiedenheit des ausganges in characteri-
etischer weise noch weiter abweichend, sonst aber anch Mä-
her gehörig ist die sage vom wolf der sich bereden läfst it
einem alten rechtsstreite zwischen vier widdern den Schieds-
mann zu machen: da ergehts ihm wie überall; er .kommt da-
bti zu schaden, die Widder stofsen ihn jämmerlich zusam-
men; Reinh. lxxii; vergl. cclxxvi.
5. Die rechtliche praxis des mittelalters liefs aber aick
da theilen und wählen wo es keine erbschaft, sondern an*
dere dem nur analoge Verhältnisse galt, die Görlitzer glosse
zum sachsensp. landr. nr, 29 (Görl. hs. 28) besagt ausdrück-
lich kettln lule mit einander gesselleschaft odir brudersekqft
odir gemeinschqft aneime dinge do sulle der eldeste teil»
und (der) jüngste kiesen.
Die märchen- und fabelpoesie, in welcher auch der über-
listende Schiedsrichter zuweilen da auftritt wo die streiten-
den nicht gerade um eine erbschaft, sondern überhaupt nur
um besitz in Zwiespalt sind (löwe bär und fuchs bei Aesop
Kor. 39, das deutsche märchen 3, 225, das tatarische ebda 172,
das persische 1001 tag vdHagen 4, 363 f.), macht nicht
minder gebrauch von jener freien ausdehnung des. theilen*
und wählens; sie fügt nur noch eine neue freiheit hinzu,
denn in den mannigfach sich gestaltenden fabeln von der
societas lepnina, dem löwen und dessen jagdgesellen, ist die
abschliefsende Wendung jedesmal ein theilen und wählen,
und zwar, wie in jener sprichwörtlichen redensart der hM
* '. .11 A AI i \
THEILEN. 547
dichter (s. 2.) beides von einer and derselben band aufcgfc-
übt. nnr kommen dabei nicht die verschiedenen altersstufen
in betracht, sondern das eine mal ist es die überwältigende
stärke des löwen kraft welcher der die gemeinsame beute
theilt und alle theile dann für sich selbst erwählt (Reiah.
ccutu, vergl. cclxxxv. cccxii), da» andere mal die Weisheit
des gewarnten fuchses die jenem das ganze zuspricht und
für sich selber höchstens ein kalbsffifslein erbittet (Reinb.
ixxvu CCLXll).
So tritt uns dieses verfahren, den natürlichen und na*-
turrechtlichen motiven, gemäfs aus denen es hervorgegangen
ist, aller orten und zu den verschiedensten Zeiten entgegen»
bald in der, bald wieder in jener anwendung: eigentlich
rechtlichen bestand jedoch und grundsätzliche einschränkung
auf ein bestimmtes rechtsverhältnis hat es nur bei den Deut-
schen gefunden.
6. Verschieden vom theilen und wählen ist das theilen
und kiesen, hier handelt sichs nicht darum wie eine und
dieselbe erbschaft auf dem billigsten wege unter zwei gleiefcU
berechtigte personen könne vertheilt werden: sondern 6ine
person soll sich entscheiden, welchem von zweien ihr schon
gesondert vorgelegten, ihr bereits getbeiltea dingen sie den
Vorzug gebe um dieses dann für sich zu behalten, der un-
terschied der synonyma wählen und kiesen ist also der, dafs
bei jenem mehr ein gegcnsatz der subjecte, bei diesem einer
der objecte stattfindet $ was ganz zu der etymologie beider
stimmt: kiesen gehört zum gr. ytvsw, lat. gu$tare> und be-*
zeichnet eigentlich ein kostendes prüfendes urtheilen ; wäh-
len dagegen zu wollen, insofern dies ein nicht* sollen, ein«
freie anders wober unabhängige entschliefsung ausdrückt«
Stellen wo vom theilen und kiesen oder, jenes unans^
gesprochen, nur vom kiesen die rede ist, sind z. b. Waltb*
46» 27 (wellen kiese sicherlich nur des Wohllautes wegen»
statt kiesen hieze) ff. vdH. 2, 208b. Ecken ausf. Lafsb. 131.
Qttok. 336\ das subst. heifst kür Ottok. 559\ selbchm*
Diut. 1, 289. minder genau wal vdH. 1, 333b. *
Das theilen und kiesen ist eine sache zumeist des ge-
sellschaftlichen spiels und redespieles (daher auch spil teilen).
und es beruht auf ihm als einer dialectischen formel die ganz?.
35*
$48 THEILEN.
dicfatungsart der tenzone (prov. jocx partite, partimen*, pur-
tkt9 fr. jeu parti oder parture). rechtlicher natur ist es
nicht: die falle wo dennoch von rechts wegen getheilt und
gekoren wird gehören der poesie an. es sind das die öfters
wiederkehrenden sagen von einem jugendlichen nbelthäter
dessen gesinnung durch eine vorgelegte wähl zwischen werth-
vollen und werthlosen oder gar schädlichen gegenständen,
wie aber ein kind sie liebt, auf schuld oder Unschuld geprüft
wird (märchen 2, 2e aufl. s. vn f.) : da greift jedesmal eiee
höhere hand ein, zu schneller und guter entscheidung lei-
tend, und es bewährt sich cdie kindheit der gedanken, die
obst für gold erkiest' (Opitz).
WILH. WACRERNAGEL.
VERLÖBNIS UND TRAUUNG.
Es ist bekannt wie im achten Jahrhundert der Staat mit
der kircbe übereinkam die rechtsgültigkeit der ehen fortan
abhängig zu machen von der mitwifsenschaft und dem segen
des geistlichen, und zugleich bekannt wie dennoch das ganze
mittelalter darüber hingegangen ist bis die kircbe ihre im
christenthum wohlbegründeten anspräche durchgesetzt und das
volk sich überall gefugt und gewöhnt hatte das rein bürger-
liche Verlöbnis gegen die kirchliche trauung zu vertauschen
oder doch in dieser erst den rechten vollen abschlufs des
Verlöbnisses anzuerkennen \ ein nothwendig begleitendes re-
sultat dieses lang andauernden kampfes zwischen altem recht
und neuem gesetze war die fortschreitende schmälerung der
unkirchlichen Förmlichkeiten durch welche nach altdeutschem
brauch das eheverlöbnis befestigt ward, und als Vorbereitung
des gänzlichen verschwindens das hinabsinken derselben auf
die niederen stufen des Volkslebens, wo der unterschied zwi-
schen ehe und concubinat nur ein geringeres mafs practischer
bedeutnng hatte, günstige umstände haben uns eine hinrei-
chende anzahl von Zeugnissen und denkmälern, aufbehalten
wo man und so lange man von trauung nichts wüste, bestand
zwischen Verlöbnis und Vermählung" kein rechtlicher unterschied; da-
her brCt auch gemahlin, gemahele auch braut bedeutete.
VERLÖBNIS UND TRAUUNG* 94%
die wenigsten» vom 12n Jahrhundert an bis zum 15n diesem
stufengang deutlich vor äugen legeu. ..,.;
Dem 12n jahrh. gehört das zuerst von Mafsmann (rheinJ
museum f. jurispr. 3, 281 ff.) bekannt gemachte formular des
eheverlöbnisses freier Schwaben (leseb. 1, 189 f.), eine auf-
zeichnung erst der feierlichen reden mit welchen der Schwabe
die Schwäbin des mitbesitzes all seiner guter, versichert,
dann der Sinnbilder welche den Übergang dfer braut aus der
hand des geborenen vogtes in die- des ehelichen bezeichnen;
jene noch in alter fülle, altem schmuck der poesie, diese
noch theilweis hindeutend auf den altgermanischen rechts-
grund der ehe, den kauf des weibes. derogemäfs steht auch
der bräutigam redend und handelnd im Vordergründe, nächst
ihm der geborene vogt der braut, ihr vater oder ihr näch-
ster verwandter von vatersseite: ihr selber bleibt an dem
ganzen rechtsgeschäfte nur ein ganz passiver antheil; keine
meidung davon dafs sie zuvor um ihr Jawort befragt worden,
und eben so wenig ist von kirchlicher einwilligung und ein-
segnung die rede, der bräutigam kauft und begabt die braut,
so enphdhet er si9 unde habesime; in haec munera zuvor
accipitur.
Im 13n jahrh. pflegen die höfischen dichter, wo sie von
geschlofsenen ehen erzählen, zugleich der trauung durch
priestersband oder doch eines vor der kircbengemeinde ab-
gelegten bekenntnisses zu gedenken, aber nicht als wären
diese benedictio, diese professio unumgängliche bedingungen,
nnr weil es so wohlanständig sei und glückverheifsend (Gottfr.
Trist. 626 ff.), die volksmäfsigen dichter dagegen wifsen nur
von einem Verlöbnis vor zeugen aus dem laienstande (Gudr.
6593), und nunmehr auch von einem jawort.der braut (Nib.
568.1622. Gudr. 6654); nach vollzogenem beilager gehen
mann und weib wohl in die kircbe (Nib. 594), aber es scheint
nicht um ihre ehe nachträglich segnen zu Iafsen. dieser ge<-
gensatz zeigt uns das unkircbliche Verlöbnis als altes, jetzt
schon auf das niedere volk, und auch da bereits mit einer
concession sich einschränkendes recht; die kirchliche trauung
als eine neue fremde gesetzlichkeit, der einstweilen die hö-
heren stände anfangen sich zu bequemen, das nun übliche
eheritual des Volkes wird uns in dem meier Helmbrecht aufs
560 VBRLÖBNIS UND TRAÜÜNC.
anschaulichste vorgeführt, der dichter beschreibt die Vermäh-
lung eines räubers, Lämmerschlind, mit Gottlinden, einer
bauerndirne (1507 ff.).
üf stuont ein alter grise$
der was der worte wise,
der künde s6 getäniu dinc.
er staltes beide in einen rinc.
er sprach %e Lemberslinde
'weit ir Gotelinde
Micken nemen? so sprechet JA!
'gerne sprach der knabe sA.
er vrdgte in aber anderstunt.
'gerne sprach des knaben mimt.
zem dritten male er dö sprach
'nemt ir si gerne?9 der knabe jach
'so mir sSle unde Up9
ich nime gerne dize wip*
dö sprach er ze Gotelinde
'weit ir Lemberslinde
gerne nemen seinem man?*
'jd, herre9 ob mir sin got ganl
'nemt ir in gerne?* sprach aber er.
'gerne, herre! gebt mint her!*
zem dritten male 'weit im?*
'gerne, herre!. nu gebet mim*
dö gap er Gotelinde
ze wibe Lemberslinde*
und gap Lemberslinde
ze manne Gotelinde.
si sungen alle an der stat.
üf den vuoz er ir trat.
die gegenwart eines copulierenden priesters wird dabei we-
der von den hochzeitleuten noch von dem dichter vermifsl:
aber schon beruht auch die ganze feieriiehkeit der handlang
in der dreimaligen frage und dem tritte des bräutigams auf
den fuf$ der braut, dem zeichen der besitzergreifung und der an*
getretenen herrschaft (rechtsalt. 142. Freiherger stadtr. 189)*.
* wer auf den rechten fufs eines zanberers tritt, in den gebt die
«ebergtbe de« letiteren übers lieders. 1, 503.
VERLÖBNIS UND TRAÜUMK 551
Wie nun im 14u Jahrhundert? aus diesem haben wir
in dem gediente von Metzen und Betzen boebzeit (Diut. 2,
78 ff. lieders. 3, 399 ff), dessen heimat in Schwaben zu su-
chen ist, ein seitenstück zu jenem abschnitt des österreichi-
schen meiers Helmbrecht, und da fällt es dein verfafser,
nachdem Metze und Beize die nur noch einmalige frage eines
alten bauern vor all den übrigen bäurischen hochzeitgästen
bejaht und somit den ehestand gesehlofsen haben, da fällt es
ihm bereits auf dafs weder schaler noch pfeifen zugegen ge-
wesen seien.
enu steiget, alt unde junef
sprach der wise Nuodunc.
*Bez9 du bist ein grad man :
wiltu Mezen zuö der S hdn?y
er sprach 'jd9 teil si mich?
Nuodunc sprach 'Mexe, gich:
wiltu Besen hdn suo der 6T
si sweic. er vorschtes aber me.
j'd, heizet miehz min muoter.'
Nuodunc sprach €si entuotder
niht dar umbe: gloube mir.'
also nach ir beider gtr
wart in diu 4 beschafen
dn schuoler und an pfafen.
sonst geht1 es in allen rechten her, und es ist keine vaga-,
bundenhochzeit : Metze bringt ihrem manne sowohl einfe
stattliche mitgift zu, als auch diese von Betzen mit schöne«
gegengaben Viderleil* wird ; von symbolischer äberantwor-
tung derselben erzählt jedoch der dichter nichts, vielleic|rt
nur weil er vorwärts eilt, was aber für uns hier das wich-
tigste ist, morgens nach dem beilager ziehen Betze mulMstz«
im fröhlichen geleit ihrer hochzeitsgäste zur kirche und wer-
den da am beschlufs des gottesdienstes noch einmal priester*
lieh zusammengegeben , wie das der tot des liedersaalej
s. 407 ausführlicher, der in der Diutisca 9. 81 kürzer »q4
mehr andeutungsweise berichtet. '.'■[■
dö zogte mänglich uf die vart
der mit ir zuo der klicken wolt,
man vuortes als man bälich solt
552 VERLÖBNIS UND TRAUUNG.
höflich unde schöne:
einhalp mezer Cröne; .
anderkalp dö greif si an
der gräwe meier Colman*
Diem und Liugart beide,
den was der brütlauf leide,
wan si Mezen gespilen w6n;
die muosten vor ze kilchen gän.
dö man gesanc und allz ergie9
man gaps zesamen, als nu ie
dd her die Hute hdnt getan. *
die brät hie» man dax paz enphän:
daz buoch bot ir der mesner.
Während somit diese dichterstellen für eben dasselbe
land, wo noch im 12n jahrh. das alte volksrecht der Verlöb-
nisse unverkümmert galt, nun im 14n die priesterliche trauang
auch eines bäurischen ehepaares schon als rechtlich befser,
ja als nothwendig neben und nach dem Verlöbnis anerkennen,
und zugleich die feierlichen reden bei letzterem nun auf das
äufserste mafs zusammengeschmolzen zeigen, nimmt das
wahrscheinlich gleichzeitige landrecht von Berg die alte ge-
wohnheit der laiencopulation selbst noch für die ritterschaft
in ansprach : wan ein man van ridderschaft ein wyf nemen
wil, mach sie zösamen geven ein leyhe vur den luyden of-
fenbairlich: dat wisen die ridderschaft ind scheffen van
Upiaden, dat sye ein rechte tchtschaft under die ridder*
schuft ind eine aide gewoenheit Lacomblet s. 95.
Wir besitzen jedoch aus eben dieser zeit und gleich-
falls vom Niederrhein noch ein anderes und ausführlicheres
Zeugnis, ein ziemlich umständliches Verlobungsformular nach
kölnischem rechtsgebrauch (aus einer handschrift der kölni-
schen Statuten mitgetheilt von Wallraff in der samml. von
beitr. z. gesch. d. st. Köln 1, 159 f.); und diese gewährt
in der hauptsache wesentlich dasselbe resultat als jener be-
riefet über die bauernhochzeit in Schwaben, es lautet aber
dies interessante denkmal folgendermafsen.
der dichter fingiert um seine personen wichtiger zu machen, erst
sie hätten die sitte 4er kirchlichen copulation aufgebracht.
VERLÖBNIS UND TRAUÜNß* 553
So wer irre zwo zösamen geven sal zö der 4* de sal
dese wort sprechen, de hernd slönt.
Item zöme irsten sal he vrdgen den man 'bistu hö, dat du
Beiigen (of wi si heist; den namen sal man nennen) zö,
eime öligen wive ind zö eime bedgenössen" haven wult?\
so sal der brudegem sagen c.jd ich* so sal he de brut vrd-
gen mit irme namen 'bistu hö, dat du Heinrich (ofwö sich
der brudegam noempt) haven wult zö eime mumber** ind
bedgenössen? etc. so sal si sagen *jd ich* so Sal der
brüdgam dan den rinc nemen ind stechen dan den rinc der
brut in iren vinger nSist dem kleinen vinger\ etc. dan
sal der gene, der si zö höf giß, dat siden doch mit (ßy
tornSschen in dat doch gebonden nemen^f9 ind s.al sagen
'ich bevelen uch zö höf up frenzer erden mit golde ind ger
steinen, silver ind gold, beide nd Franken wise ind Sassen
^ 1"1"K dat ürre gein den anderen Idssen ensal urnb lief noch
umb leit noch um gein dinc dat got an eine geschaffen hdt
* alts. gibeddeä, in der mhd. genesis gebette; Rollenhagen froschm.
1, 9 (auch in mannl. form von einem weibe) schlafgeselL
muntbor muntporo Vormund vogt.
f in deme ßerden scinent fing erlin die zieren, da mite der matt
spulget [spulget d. man"] sin wib mahilen [mahilan] fundgr. 2, 14;
ringe als zeichen der Vermählung:, öffentlicher wie heimlicher, lafseÄ
sieh bis in die ältesten zeiten nachweisen (rechtsalterth. 177 f. 439);
ist somit der reipus, r4pus> bei Franken und Langobarden der symbo-
lische kaufpreis der braut (rechtsalterth. 425 f.), also auch des rechtes
ihr den brautring anzustecken, unser hochd. reift mit umgekehrter
Übertragung gebrauchen wir Schilling für schlag, weil unter umstän-
den eine an zahl gerichtlicher schlage mit eben so viel Schillingen konnte
abgekauft werden.
ff dat doch wie der rinc: also bekannte, altgewohnte symbole.
die zwölf tomeschen (kleine silbermünzen von Tours, turonenses, tour-'
nois) die der zuhaufgebende von dem brautigam empfängt, und die her-
nach im namen der braut an die armen verschenkt werden, sind der
reipus der alten Franken. ~
f f f Köln liegt auf fränkischer erde, aber so dafs Franken- und Sach-
senrecht einander dort begegnen : daher wird beim Verlöbnis auf bei-
des geachtet, aber worin? etwa indem die braut nach fränkischer
weise mit band und halm, nach sächsischer mit torve inde tvige über-
geben wird (vergl. rechtsalterth. 128. 431)? nur ist dann neben dem
tuen mit silbermünzen in der hand des verlobenden eine bestimmtere
erwähnung dieser beiden characteristischen symbole zu vermifsen.
$54 VERLÖBNIS UND TRAUUNG*
oder geschaffen mach lassen werden? dan sal der gene,
der si zosamen gißt dat doch dal de tornäschen in hat
eime geven de it der brüt behaldei de sal dan dat gelt
umb got geven armen luiden. dan sal de brütgem der brät
schenken Asse eime kopp, ind der brüdgem sal irst drinken,
ind der brüt dar nd schenken*.
Hier mangelt es zwar nicht an altertümlichen Worten
und Symbolen, und das ganze macht den eindruck eines bh*
fseren gegenbildes zu jenem Schwabenverlöbnis des 12b
Jahrhunderts: gleichwohl ist nicht zu verkennen dafs hier
absichtlich unentschieden gelafsen wird wem es zustehe braut
und bräutigam zusammenzugeben, ob einem priester, ob nach
altem gewohnheitsrecht einem weisen laien : mit räum geben-
der Weitläufigkeit heifst es wiederholentlich nur so wer im
xw4 zösamen geven sal zö der e4, — der gene der si *6 kif
gift9 — der gene der si zdsamen giß;.
So ist das 14e Jahrhundert auch in diesem stücke wie
in vielen andern der entscheidende* Wendepunkt zwischen al-
tem und neuem; im 15n ward der sieg des kirchenrechtes
vollendet und der schlufs der ehe als eines sacramentes gänz-
lich und allein den händen der geistlichkeit überlafsen. wie
aber diese nunmehr bei der copulation verfahren sei, wie sie
da blofs den canonischen Standpunkt eingenommen habe, lehrt
uns eine für priester bestimmte antf eisung Ad Copulandum,
die sich in einer breslauischen papierhandschrift (iv, 9. 8°.
bl. 56) erhalten hat.
Postquam veneris ad locum copulandi$ primo interroga
nomina cor um. die primo ad virum €Petir9 bis tu her kö-
rnen, das du katherinam wilt nemen czu eynir eltchin
frawenV post responsionem sui, scilicet viri9 heuerte te
ad virginem9 et conclude eadem verba dicens 'katherina,
bis tu her körnen, das du wilt petir czu eine elichin manne?*
Post responsionem Interroga virum de periculis instantibus,
* der bei allerlei vertragen übliche weintrunk: rechtsaltertlu 191*
(vergl. II. 3, 295 ff.), das ebenda s. 441 ans Gottfr. Trist. 12642 ff.
angeführte trinken frühmorgens nach dem beilager bezeichnet der dich"
ter selbst als eine vorzeitliche, zugleich wohl auch als eine fremde
sitte ; in dem gedieht von einem Übeln weibe 28 ff. werden eicr in
schmalz und brot und als trank zum efsen auch ein beefcer mortis
vors bett getragen.
VERLÖBNIS UND TRAUUNG. 565
vtrum ipse habet vxorem, vel promiserit altert, et de pro*
pinquitate seu amicicia. st non dabit responsionem quo ad
periculum, tunc interroga virginem eadem verba similiter quo
ad vtrum fecisti ; et tunc publice interroga omnes circumstan*
tes si sciunt depericulofuturo; quod dicunt manifeste, etpostea
taceant. post hoc accipe Manicm dexteram viri et dexteram
virginis, et coniunge eas adinvicem, et die ad vtrum illa verba
'Sprich mir noch, petir. Ich petir nenne dich katherin exu
eynre elichin frawen, vnde globe dir des meyne trewe dich
exu vorwesin.9 et die ad virginem 'Sprich mir noch* Ich
katherin neme dich petir esu eyme elichin manne, vnde
globe dir des meyne trewe vnde gehorsam exu leistin bis
an meyn ende* Et audi quod verba supra dieta non mu-
tant, quo facto die secreto modo hec verba 'Quo* deus
eoniunxit homo non separet* et die 'Ego coniungo vos in
nomine pairis et filij et spiritus saneti* Et sie percute eutM
supra scapulas etc. recede.
Also doch wenigstens ein volkstümliches ayrabol, ein
schlag auf die achsel um dem gedächtnis nachzuhelfen, wie
sonst zu gleichem zwecke maulschellen gegeben werden;
rechtealterth. 76. 144. 253.
WILH. WACKEHNAGEL.
F. H. TH.
Beispiele wo im deutschen die aspirierten laute der ver-
schiedenen organe auf dieselbe art gegen einander vertauscht
werden wie die Sabiner für H, die Aeolier und Lateiner für
TH die labiale F gebrauchten (z. b. fedus für haedus geifs,
vefere für vehere t%uv wegen, fordeum für hordeum xq&Oij
gerste, fostis für hostis gast; gwjp ferus für ftJQ Her, fo-
ri* für dvQa tor, fumus fiir tivpog toum, rufus für iov&qog
rutilus röt*; wie die Spanier seit vier bis fünf Jahrhunder-
ten das F zahlreicher lateinischer grundworte in H verwan-
* F fiir H zuweilen auch im lateinischen : vergl. %\ooi helvus gelb
and flavus fulvus, %oli; gälte and fei, %ia> haurio gießen and fodto
fiindo ; und da für inlautende» F im lateinischen lieber B geaetaft wird«
nun auch iQv&QOS und ruber, ov&oq uterus euter and über.
556 F. H. TR.
deit haben (z. b. fumus in humo : vergl. Diez gr. d. rom.
spr. 1, 184), und die Rufsen & schreiben, aber <J> (ßta)
aussprechen*, dergleichen beispiele finden sich auch im deut-
schen gar nicht selten, schleifen und schleichen, taufen und
tauchen sind wesentlich eins; wie denn auch die alamanni-
sche mundart ein von schlichen hergeleitetes factitivom
schleiken hat im sinne des hochd. schleifen und des eigent-
lich niederd. schleppen, das niederl. und das nhd. haben eine
ganze reihe von Worten mit CHT für FT: sacht echt be-
schwichtigen schluckt gerächt für sanft Shqft swiften Schluß
gerüfte**. aus dem F in flehen fliehen, welches ursprüng-
lich scheint (vergl. lat. plico precor), machen die Gothen
ein TH, thlaihan thliuhan. ebenso n^innv, frevel, ags.t/rd*
fer, ahd. fluobara trost : dagegen goth. thrafstjcm trösten,
umgekehrt ist das hochd. F in flnster der secundäre, das D
d.h. TH in dinster düster der eigentlich gebührende laut:
vergl. TshcD tenebrae dunst. H für TH zeigt das goth. ahma
m>(vficc9 verglichen mit ar/uog und ödem, das H im goth.
auhns xXißavog stimmt zu lat. ignis (vergl. mythol. 359):
im hochd. beifst es ofen.
Sonst erscheint dieser Übergang von H in F als beson-
dere eigenthümlichkeit der fränkischen, vielleicht auch der
langobardischen mundart: eine Handschrift des GregoriusTu-
ronensis auf Monte Cassino gewährt Flotharius Flodouechus
(Pertz, archiv 5, 55) ; ebenso kommen anderweitig Flodoar-
dus und Frodoardus vor, und in den Reali di Francia Fiovo
als entstellung von Chlodoveus; das hochd. kroch rock lau-
tet im lalein. der fränkischen klösler froccus floccus ; wi
wie daher noch das französische froc, so wird auch flanc,
ital. flanco auf ein hochd. hlancha als ältere form für lancha,
weiche, zurückzuführen sein.
Nach diesen vorläufigen bemerkungen möchte ich bei ei-
nigen Worten, deren etymologie von interesse, aber ohne die
* Auffallend wie umgekehrter weise der gothische buchstab furTH
dem griechischen 0 bald ähnlich (*P), bald vollkommen gleich sieht.
** die wurzel von swiften {aupmv oupXoe sibilus) zeigt aber auch
sonst im deutschen stäts den gaumenlau t, swigen sweige (die zusaav
mengeblasene herde) swegald; sie vereint in sich die begriffe hohl bla-
sen und zischeln.
F. H. TH. 687
annähme solches aspiratenwechsels kaum erreichbar ist, in
etwas länger verweilen dürfen.
1. Hermann Müller (die marken des Vaterlandes s. 97)
belegt afa apa als nebenform von aha ahva, laU aqua;- sei*
nen beispielen ist Ascapha (geogr. Rav.) beizufügen, und
Schaffhausen das an die stelle von Ascapha gebant worden :
Schaffhausen ist dieselbe aphärese von Aschaffhausen wie
Schafnaburgum von Aschafnaburgum und Falterbach (Schnel-
ler 1, 89) von Affalterbach, zn eben diesem afa gehört
auch apfel die saftige frucht, wie pomum zu poto, und das
einfacher gebildete schw. masc. äffe: das thier wird damit
als ein über see gekommenes bezeichnet ; also ein wort wie
meerkatze meerschweinchen. das pferd, auch ein überseei-
sches thier, nach dem mythischen ausdruck eine Schöpfung
Poseidons, hat seinen pelasgischen und altsächs. namen von
derselben Wurzel, Yxxog (dorisch für Yrniog) equus ehu; vergl.
aequor, aequus wafserrecht, ix(nocg, ix&vg wafserläufer (zu
#«o wie ei&vg) fisch.
2. Das mittellat. feodüm feudum mufs, wie es anf ein
eigentbümlich deutsches Rechtsverhältnis geht, auch einer deut-
schen wurzel entsprungen sein : an das lat. ßdes oder foe*
du* wird niemand mehr im ernste denken, aber aus wel-
cher? aus fian fijan, als erkriegtes feindesgut? und dann
vielleicht eine Umbildung des goth. fiathva feindschaft? dem
widersprechen die laute <?ö und eu; aus ßands ist auch kein
feund geworden, oder, worauf die Schreibung feaudus (urk,
von 1217 bei DuCange) führen könnte, eine Zusammensetzung '
mit aud öd gut, wie alaudes alodis (rechtsalterth. 493. 950)
und wie der eigenname Faidaudes (faida fehde) auf eine»
römischen inschrift zu Basel -Äugst? dem aber widersprich!
die kürzung Jeus, die unmittelbar neben unverkürztem alode
zu lesen (urk. von 960 bei Du Cange) und das zweite F der
formen fieffeoffare, das mit' dem D von aud nicht zu vei«
einigen ist. alle Schwierigkeiten heben sich so wi$ man feo*
dum feqfum feus, zunächst ein fränkisches wort, als frän-
kische ausspräche des goth. thiuth, und dieses substantivisch
auffafst. thiuths gehört mit thiuda zu der wurzel thius die-
ner, thivi dienerin, ahd. dionön dienen: thiuda das dem
könig dienende volk, thiuths dienlich, gut, und als neutr.
558 P. H. TB.
subst. wiederum gut. hier noch bestimmter das wofür, wo-
von man dient, dienstgut; wie denn auch servitium im sinne
von Jeudum gebraucht wird, gut im allgemeinen bezeichnet
es in dem faderphius oder faderphium d. h. faderthiuth defc
langobardischen eherechtes. *
3. Theodorich der grofse, Autharis der Langobarden
könig und unter den westgothischen zuerst Reccaredus leg-
ten sich den namen Flavius bei. vielleicht dafs sie dies nur
den byzantinischen kaisern nachahmten, die sich Flavier
nannten seitdem Constantinus den geschlechtsnamen der bei-
den Vespasiane gleichsam als kaiserlichen ütel erneuert hatte;
vielleicht aber dafs sie zugleich oder auch allein ein deut-
sches wort dabei im sinne hatten, das goth. thlaqvus ana-
log: als königlicher beiname entspräche das zunächst dem
clementissimus und dementia im titel der römischen kaiser*
auch wir sagen jetzt flau mit F, und schon des Arminias
bruder hiefs Flavus, ein fränkischer hausmeier des Burgun*
denreiches (Fredegar 89) Flaochatus.
' 4. Ulphilas übersetzt das griechische oravQousr mit hram-
Jan (vergl. gr. KQtpavwin,, ahd. rama stütze rahm, räm auf-*
gestecktes ziel); die lex salica hat die latinisierung adhra-
mire oder achramnire im sinne von befestigen, bestätigen;
dazu in einigen hss. (Diut. 1, 330) die Variante (uf/ramre.
dies teilet auf die richtige erklärung der mishandelten ^tf-
mea der Germanen : es ist die haftende und heftende, ttit
unverändertem H ist auch Rhamis hierher zu ziehen, nach
Strabo 7, 1 der name von Sesithakos gattin, und mit de»
lippenlaut das deminuüvum franca, im ags. ein Wurfspiels.
alsdann hat das volk der Franken eben wie das der Sach-
sen seinen namen von einer characteristischen waffe em-
pfangen.
5« Der mittelalterliche name eines waldes und eines gaues
in Schwaben ist Virgun Virgunt; Jacob Grimm stellt es
gr. 2, 175 treffend zusammen mit dem goth. fairguni berg»
und eben damit mythol. 116 f. die nordischen götternamea
Fiorgynn und Fiörgyn und den litthauischen des donnef-
gottes Perkunas. es wird erlaubt sein noch weiter zurück-
zugehn und auch die Hercynia süva, von der die Vir gm
nur ein theil und Überrest war, und die gewiss mehr als
F. IL TH. 5S9
eine dem donnergott geheiligte statte darbot, mit fiiirgHm
und Perkunas zu verbinden»
6. Das goth. mathl ayoQa (mathlei lakia, mathljan Aa-
Xetv) nimmt mit der späteren zeit drei verschiedene gestal-
ten an : die regelrechte Umformung madal behauptet sich ahd.
nur noch in eigennamen wie Madalgär, das ags. madhel
oder medhel auch in zusammengesetzten appellativen fgr. 2,
469) ; sonst heifst es mahal gerichtsstätte gericht, und mit
fränkischem F in der lex salica mafolum neben mahahim
(Diut. 1, 330). dazu kommt noch mit assimilation des thl
in eben diesem rechtsbuche und anderswo inallum mallare
so wie der ortsname Thiotmalli Detmold, während mahal
mahaljan mahalön begreiflicher weise auch in mal mäljan
mdlön können zusammengezogen werden, mit diesen so ent-
standenen Worten sind mal fleck Zeitpunkt und malen pin-
gere, die schon im gotbischen einsilbig m4l und mäljan lau-
ten, unverwandt und wohl zu unterscheiden, v.ergl. rechts-
alter th. 746.
7. Endlich das wort ochse, goth. auhsns. auch hier
scheint mir ein aspiratenwechsel im spiele und H für F ein-
getreten zu sein, des lat. ops wegen, das ursprünglich eben
jenes thier mufs bezeichnet haben, denn es wird erzählt,
als die Sabeller einen heiligen lenz von Jünglingen in die
fremde sandten, sei ein theil derselben von einem spechte
nach Picenum, ein anderer von einem stier in das land der
Opiker, der häufe der späteren Hirpiner von einem wolfe
geführt worden (Niebuhr 1, 1Ö3). die Picentiner führte ein
picus, die Hirpiner ein hirpus : denn so ward auf samnitisch
der wolf genannt; demnach kann der stier an der spitze des
dritten zuges nur ops geheifsen haben, und da dieses P im
lateinischen unverändert bleibt (die bedeutung ändert sich wie
von pecu in pecunia), während sonst, wo im oskischen P
für C oder Q steht, die Lateiner den gebührenden laut her-
stellen (z. b. osk. pe9 lat. que9 goth. uh: vergl. Otfr. Mül-
lers Etrusker 1, 30 — 32), so hat die vertauschung des lip-
penlautes gegen den ' kehllaut, die im deutschen auhsus vor-
liegt, eben erst im deutschen, erst auf der stufe der aspira-
tion stattgefunden, hier aber ist der wurzel noch ein
560 F. H. TH.
ableitendes S angehängt worden, Was gerade bei thiernamen
besonders häufig vorkommt: gr. 2, 275.
W1LH. WACKERNAGEL.
•• _ ••
DREI LÜGENMÄRCHEN.
Wiener hs. 2705 (Hoffm. »<>xxxiv) bl. 145* \
Ez ist der lügenaere
so rehte lügebare,
daz er liuget alle ztt
und daz im lüge wol ergit.
er liuget naht, er liüget tac, 5
er liuget swaz er geliegen mae;
er liuget sinen vater an,
siner muoter liuget er sam,
er liuget siner swester;
diu lüge ist dannoch vester 10
die er sinem bruoder tuot.
des st&t ze lügen gar sin muot.
er liuget her, er liuget dar, '
er liuget stille und ofenb&r.
also liuget er durch daz jär, 15
daz man wirt siner lüge gwar.
ß daz er niht enüege,
er lüge 6 daz ein stiege
in den himel reihte;
er lüge daz ein mucke seihte, 20
ez tribe wol vier mülrat.
liegens wirt er nimmer sat,
liegens kan er ein her.
er liuget daz daz mer
üz trunke ein ftmeiz, 25
und liuget daz er einen scheiz
6. die ks. gelivgcn wie 42 livgen, 22. 23. 41 livgens 24. 32. fihlt
ein wort.
LÜGENMÄRCHEN. 56t
einen so grözen lieze,
der einen berc nider stieze.
im ist so rehte wol mit lügen,
er lüge & daz die berge flögen - 30
noch sneller denne die valken.
er kan vil gewalken
rehte als ein lügevilz«
er liuget daz einer siuren milz
si groezer denne eins hüsen. 35
er liuget, mit dem müseji
vieng er einen walviscb,
und leite den üf sinen tisch 5
den louc er drier raste lanc.
sil im an der lüge gelanc, 40
so kan er lregens harte vil,
so mac er liegen swax er wii.
dennoch liuget er ofenbaere
daz er vierzec mürere
fuorte in einer nüzi feil 45
(solher lüge kan er schal)
unz enmitten üf daz mer $
da hiez er müren durch wer
zw&ne turne üf ein linden blat;
der lügen«re mit flize bat 50
daz die steine waren märmel r6t,
ob er koeme in dehein not,
daz er sich dar üfe nern solte,
ob im iemen schaden wolte.
der selbe lügewise 55
der liuget daz er üz ise
ein guot fiuwer mache,
und liuget daz ez krache
als ein prastelender wite:
d& ist de» lüge genuoc mite. 60
. siure milbe. 35. hs. ein 36. den 38. sinen lvge tisch
. drie 44. movrore 45. 46 seheinen verderbt, 52. er]
. der Ivgn&re 59. 60. prastelvnder wit t mit. von isländischem
e, so hart und trocken daß man damit heizen kann, erzählen Adam
Bremen und das bruehstück einer weltbeschreibung fundgr. 2, 5.
Z. F. D. A. IU 36
562 LÜGENMÄRCHEN.
der selbe lügewaehe
der liuget daz er saehe
üf den wölken varn einen sliten
mit s6 snelleclichen siten,
diu gelicfae als er flüge. 65
er louc daz in ein esel züge,
und üf dem selben sliten reit
siben frouwen wol gekleit;
die fuorten alle kröne.
dd liefen neben in schöne 70
zwelf garzüne,
die bliesen busüne;
die hörte man lüte hellen.
guldiner schellen
der hienc gnuoc an dem sliten. 75
dar nach tusent ritter riten
mit als manigem soume;
der lügensere nam des goume
daz si nach dem selben sliten
allez üf den wölken riten, SO
und wollen da mite über mer.
also liuget er äne wer.
er liuget, er siehe üf einer wise
daz ein getwerc unde ein rise,
die rungen einen halben tac. 85
dö nam daz getwerc einen sac,
da stiez ez den risen in;
und liuget, ez liefe da mite hin
siben lange raste,
und bant in zeinem aste 90
üf ein boum wol tüsent klafter hoch.
daz getwerc da mite dan zöch
und lie den risen hängen.
da was diu lüge ergangen. •
er liuget, er saehe üf einem wasen 95
66. in fehlt in der hs. 71. 72. 73. garzvne bvsvne tfte. ein räth-
sei über jähr monate Wochentage (vergt. Reinm. v. Zw, vdH. 2, 21 ia)»
wird hier als lüge missverstanden. 86. hs. da 91. einen
94. oder d6?
LÜGENMÄRCHEN. 563
striten einen wilden hasen
xier bricht der Schreiber ab, und folgen statt des übrigen
P/z leere spalte*
n
Ein ander lacherlich Lied.
In Fraawen Lobs Speten Thon.
jiederbogen in 8. Basel bei Joh. Schröter 1412; dieverse
nicht abgesetzt.
Eee ich auff Erd geboren was,
vnd eh die Maater mein genafs,
in einem Landt da hört ich 'das
Ein Esel, Kn, die selben spitzen liesen.
In einem alten schüsselkorb, 5
dem waren weib vnd kind gestorb,
das klagt sich ein seges worb,
der bracht jm gelt, vnd darzu Kornzinsen.
Dem schüsselkorb ward wee zu einem kinde,
ein hafenräff ward gefatter so geschwinde, 10
er gbar ein stal vol gutter feifster Schaffe,
defs frewet sich ein l&re t&sch,
ein bettelsack ein maltzen fläsch,
ein ofengabel in der äsch,
die kamen dar mit jhren gespiele gloffen. 15
Das was ein dryfiifs vnd ein rost,
ein kesselring gab jn gut trost,
ein hechel ein armbrost
die kamen dar, mit eins kramers Hütten.
Ein Gumpestfafs lieff mit jn dar, 20
ein spatz einen jungen hund gebar,
defs ward, ein Storekennest gewar,
es lieff auch dar, in eines Manches kutten.
Sie namen rat by einem alten karren,
wie sie allzeit inri freuden solten harren, 25
ein kunckel vnd ein haspel wurden gefatter,
sie safsen alle vmb das fewr,
. lies spitzten linsen: Hans Sachs Remptn. ausg. 1, 405 fftr alle
ürtzweü Linsen spitzen gleich wie ein Kind bei einem Jahr.
36*
564 LÜGENMÄRCHEN.
nun hörend fürbafs abenthewr,
dazu kam ein öde scheur,
ein kübel malck an einen dürren gaiter. 30
Ich stund eine kleine weil darbey,
ein lamer erlieff drey Hasen frey,
ein nackender nam jms alle drey,
vnnd stiefs sie in den busen behende.
Das sah ein blinder stumm der sprach, 35
ein Igel einen baren stach,
ein katz fieng meufs in einem bach,
ein kuchen schlug den koch wol vmb die lenden.
Defs frewen sich häfen kefsel vnd auch pfanne,
mit freuden dantzt ein alt foter wane, 40
ein kuh gieng auff ein seil vber ein grabe,
ein Esel sprang mit freuden embor,
da dantzt dort her ein grosse Mor,
ein kalb das pfieff hin durch ein ror,
ich mein nit das, kein man gesehen habe.
in
Ein kurlzweiligs vnd lächerlichs Lied, Vom Schlauraffen
Landt, welchs das allerbest Landt auff Erden ist, etc.
Im Thon : Wie man den Lindenschmidt singt. Getruckt
im Jahr 1611.
Der schrift nach zu urtheilen von Joh. Schröter in Basel
gedruckt; die seilen nicht abgesetzt.
Nvn boret zu vnd schweiget still,
vnd höret was ich euch singen will,
von einem guten Lande,
es blieb mancher daheimen nit,
wenn jhm das wer bekandte. 5
Die gegend heist Schlauraffen Landt,
ist faulen Leuten wolbekandt,
ligt hinder einem Berge,
6. Schlauraffe aus schlauderaffe (Seb. Braut im narrensch\ff schluder-
äffe) wie mundartlich schlauren aus schlauderu schludern nachlöftq
arbeiten, faulenzen.
LÜGENMÄRCHEN. m
derselb ist nichts den lauter Dreck,
wer nein will mnfs die zwerche. 10
Sich beissen durch den Berg hinaufs,
gantzer drey Meiln, vnnd wenn er naufs,
kompt rede ichs ohn schaden,
da sein alle Häuser gedeckt,
mit eytel Eyerfladen. 15
Welche M&gd oder Geselln,
dii's Lands Ort gemessen wölln,
mögen sich dahin verfügen,
wenn man die Dächer brichet ab
haben sie Fladen mit genügen. 20
Thür vnd die Wand das gantze haufs,
ist gut Leckkuchen vberanfs,
die TrAm mit Schweinen Braten,
kaufft einer dort ein pfenning werth,
hie gilts einen Ducaten. 25
Vmb jedes haufs so ist ein zäun,
geflochten von bratwärsten braun,
resch gebraten frisch gesotten,
es mag sie essen wer da will,
sein niemand nicht verbotten. 30
All Brunnen voll Malvasier da sein,
rinnen eim selbst ins Maul hinein,
vnd andere süsse Weine,
vnd wer sie gerne trincken thut, .
der mach sich bald hineine. 35
Die Fisch wol auff dem wasser gähn,
gebacken, gebraten, gesotten schon,
bey dem Gestad gar nahen,
vnd gehen auff das Land heraufs,
lafsen sich gerne fahen. 40
Auch liegen vmb mAcht jbr glauben,
gebratne Vögel, G&nfs und Tauben,
vnnd wer da ist so faule,
der sie da wolte fahen nit,
dem fliegen sie selbs ms Ifaale» 45
Die Säw all Jahr gar wol gerahten,
1, lies Art
966 LÜGENMÄRCHEIN.
lauffen beramb vnnd sein gebraten,
tragen Messer im Rocken,
damit keiner gesaumet werd,
das jeder schneid ein stücke. 50
Die Creutzkäfs wachsen wie die stein,
im gantzen Lande grob und klein,
das mag ein jeder glanben,
die stein sein all zu essen gut,
sein lauter Karpffen vnd Tauben. 55
Feilt im Sommer ein Wetter ein,
so regnets lauter Honig fein,
alle die gerne schlecken,
die lauffen in das Land hineyn, -
da haben sie zu lecken. 60
Im Winter wenn es schneyen tbut,
schneyt es lauter Zucker gut,
gute Rosin vnd Mandel,
vnnd wer sie gerne essen thut,
der hat ein gnten Handel. 65
Auff den Thannen wachsen Karpffen,
wie hie zu Landt die Thannzapffen,
auff Fiechten wachsen Schnitten,
auch thut man von Birckenb&umen,
gute Speckkuchen schütten. 70
Auff Weydenb&umen weckst auch frey,
frisch Semmel vnd Löffel darbey,
darunder Milchbäch fliessen,
die fallen selbs in Milchbach nein,
das jeder kan gemessen. 75
Liederlichs Gsind, faul Megd und Knecht,
sein in das Land gar eben recht,
wol auff Greüein vnd Staffel,
macht euch zu dem Milchbach hinein,
mit ewerm grossen Löffel. 80
Wer Rofls hat wird ein reicher Meyer,
sie legen grosse Körb voll Eyer,
gar manchen grossen hauffen,
55. 66. lies Krapffen
LÜGENMÄRCHEN. 567
tausendt man vmb einen pfennig gibt,
noch will sie niemand kauffen. 85
Aufs Eseln schütt man Feigen gut,
auch wer sechs grosse Gröltzer thut,
bekompt sieben batzen zware,
vnnd welcher auch nicht gerne zahlt,
wenn die Schuldt alt wird ein Jahre. 90
So mufs jhm sein Glaubiger eben,
noch so viel Gelts darzu geben,
solch freyheit hat ein jeder,
vnd welcher da sein Gelt verspielt,
dem gibt mans zwifach wider. 95
Ein furtz gilt auch von jederman,
ein batzen wer nur wol fartzen kan,
darff da vmbsönst nichts thone,
vnd der ein grosse Lügen thut,
der hat all mal ein Kronen. 100
Hie leuget mancher viel vmbsönst,
dort helt mans für die beste kunst,
all die wol können liegen,
die auch darvon nit werden rot,
thun ins Land all wol tügen. 105
Es hat grofs Walde in dem Land,
darinnen wächst das best Gewandt,
Rock, Mäntel vnd auch Schauben,
Wammes vnd Hosen auch darbey,
da mag jm einer raufs klauben. HO
Darzu wächst auff der wilden Heyden,
Damascht, Sammet vnd genede Seiden,
darzu gut Englisch Thuche,
auff den standen da wachsen auch Hut,
Süffel vnd gute Schuhe. ' 115
Das Land hat M&rckt vnd freyheit viel,
und der sein weib nicht haben will,
mag sie vertauschen eben,
man gibt jm eine junge darfür,
vnd gibt jhm gnug darneben. 120
Das Land hat auch ein gute gnad,
es hat darinn ein warmes Bad,
568 LÜGENMÄRCHEN.
das ist von grosser Kräfte,
alte Leut die baden darum,
die werden jung geschaffen. 125
Welcher ein alte Frawe hat,
der schick sie auch mit in das Bad,
sie badet kaum drey Tage,
so wird daraufs ein M&ydlein jung,
vngfehr bey achtzehen Jahren« 130
Der am weitsten schiest von dem Ziel,
der gwint das best, hie seind jr viel,
die weit neben aufsschiessen,
zügen sie in das Land hinein,
da würden sies gemessen. 135
Im Landt ists Geldt zu gewinnen gut,
sonderlich wer viel schlaffen thnt,
hat von der stund einen batzen,
da kan er sein Gelt mit schlaffen verdienen,
hie mufs er sehr drumb kratzen. 140
Welche da grosse Trincker seyn,
haben vmbsonst den besten Wein,
darzu ein guten Lohne,
von jedem Trunck drey batzen bar,
gibt man Frawen vnd Manne. 145
Wer gerne arbeit mit der hand,
dem verbeut man das gantze Land,
vnnd der nichts guts will lernen,
der das b6fs thut, vnnd lest das gut,
den helt man in hohen Ehren. 150
Wer dölpisch ist vnd gar nichts kan,
der ist im Land ein Edelman,
vnd der nichts kan als schlaffen,
essen, trincken,' tantzen vnnd spielen,
der wird zu einem Graffen. 155
Wer der aDerfeulst wird erkannt,
ist k6nig vber das gantze Landt,
er hat ein grols einkommen,
def8 Landes art vnd eygenschaft,
habt jhr also vernommen. 160
Der sich will machen auff die Reifs,
LÜGENMÄRCHEN. 569
vnd der selber den weg nicht weife,
der mag einen Blinden fragen,
ein Stumm der ist auch gut darzu,
thut jhm nicht vnrecht sagen. 165
. Solchs ist der faulen Zunfft erdacht,
weil mussiggang nie guts hat bracht,
darmit zu fexiern vnd straffen,
die lieber hunger leiden denn arbeiten,
das mans weifs ins Landt Schlauraffen. 170
ENDE.
Nach einer andern, vielfältig abweichenden recension ge-
druckt in den altd. bL 1, 168 ff. unser text hat manches vor-
aus, z. b. 69 ff. den hübschen zug dafs gerade an birken und
weiden , an den bäumen also von toelchen man sonst ruthen
schneidet, hier so gute dinge wachsen wie Speckkuchen sem-
mel und löffel dazu, und die milchbäche darunter hinfliefsen.
WJLH. WACKERNAGEL.
WAR DIE EIDE?
Ich bin verschiedentlich nach dem wortsinn des Spruchs den
ich einer schritt vorgesetzt habe gefragt worden 5 so wenig ver-
breitet ist die künde unserer alten spräche dafs leser an der
partikel war anstofs nahmen denen ein homerisches ny ver-
ständlich gewesen wäre, mich zieht es an wahrzunehmen wie
nahe in solchen ausbrächen des gefühls die griechische poesie
zu der deutschen stimmt und das menschliche herz von selbst
ewige formein findet, war sint die eide komen? Nib. 562, 3
wird auch Hol. 76, 12 ausgedrückt wäre chömen die eide di si
mir swuoren? bei Homer steht das futurum, mj drj avv&taiai ts
xai 'Öqhlol ßr}(jttai t}fuv ; U. 2, 339, jenes ny h'ßav OQXca; wird
aber durch nrj i'ßav evxtokai; II. 8, 229 nachgewiesen, ebenso
Tiov tol anedai; II. 20, 83 und nov rot, anetkal ofyoirrtt; II. 13,
219 und nrj örj rot iiivoq otyiTtu,; II. 5, 472; war körnen dine
sinne? Nib. 784, 1. nicht anders bei Äschylus Choeph. 900
nov dij r« Xomä Ao^iov (lavtevfjuxta xä nv&QXQriata, mozä d*
evoQudfJiata; JAC. GRIMM.
570
AUS STRASSBURG.
Während ich der sehnten Sitzung des wifsenschaftlichen
congresses von Frankreich zu Strqfsburg beiwohnte theilte mir
herr bibliothecar und professor dr Jung in cod. Joh. A. 148.
4°. perg. 12 jh. (bl. lb auszüge aus homilien u. s. w.) fol-
gende anweisung den ostercyclus zu finden mit. bl. 1*. Wil
dv wizzin. wie vil sie vnd'rzwishen. | winnahten vnde vastvn.»
sonim disi zale. | And'mi ärstin iäre. sint nivn wochin. An-J
de | mi and'rn iäre sibin wochin. And'me drittin | zehine.
And'mi vierd'n iäre nivn wochin. | And* mi fivnflin sehsi. And mi
sehstin nivne. | And'mi sibindin ahtowe. And'mi ahtod'n iäre)
einlive. And'mi nivnd'n iare nivn wochin. | And'mi zehind'n
iare sibin wochin. And'mi ein | liftin iäre cehin wochin. And'mi
zwelftin iäre ] ahte wochin. And'mi dricehind'n iäre sibine.|
And'mi vier cehend'n iäre cehin wochin. An | demi fivnf ce-
hend'n iäre ahtowe. And'mi seh | cehind'n iäre sibine. And'mi
sibincehind'n iäre | nivn wochin. And'mi ahtcehind'n iäre ahte|
wochin. And'mi nivncehind'n iäre ahte | wochin. And'mi nivn-
cehind'n iäre einlif wo | chin. Bihaltist dv die zale. d'r nivn-
cehin | iäre. so ver irrost dv nimir zeware.
Bei diesem anlqfse berichtige ich in der nachricht über die
merkwürdige Vorauer hs. (oben s. 223^.) einige unangeneh-
me druckfehler. s. 223 z. 18 lies 1158. 20 Aq. 5 v. u.
zweite spalte gotes 1 v. u. iuh (statt ech) s. 227
z. 9 lies 1157 (?).
Aus wahrem inneren bedürfhisse aber benutze ich zugleich
die gelegenheit zu der erklärung dafs nicht nur das verdienst
die Vorauer handschrift gefunden und in ihrem werthe er-
kannt zu haben herrn scriptor Joseph Diemer an der k. k.
Universitätsbibliothek jetzt zu Wien gebührt, sondern auch
die fast durchgängig wörtlich von mir beibehaltene Schilde-
rung ihres einzelnen Inhaltes in jener von mir unterzeichne-
ten anzeige, ichfügtenur die s. 223 — 225 gegebene genauere
vergleichung der Heidelberger u. s. w. hdschr. der kaiser-
chronik ein. übrigens war nicht dieses der grund warum ich
meinen namen darunter setzte, sondern ein mit der ort wie
mir die ganze Schilderung des fundes zu handen kam eng zu-
sammenhängender, was aber beides hier nicht räum rauben
AUS STRASSBÜRG. 571
soll, den ich, außer der bemerkung dafs die ganze erste no~
tiz über den erfreulichen find ursprünglich vom verfq/ser
gar nicht für diese toifsenschaftliche zeitschrift9 sondern für
die Augsburger allgemeine zeitung bestimmt war, lieber noch
dazu benutze herrn scriptor Diemer schon jetzt für die edle
bereitwilligkeit zu danken mit welcher er mir zur endlich
bevorstehenden herausgäbe der kaiserchronik den Vorauer
höchst wichtigen text bereits weiter hinein so sauber als sach-
kundig abgeschrieben hat* seiner zeit darüber das nähere.
H. F. MASSMANN.
••
NACHTRAGE UND BERICHTIGUNGEN.
zum ersten bände.
s. 373 in einer niederdeutschen Übersetzung des buches Über AUxandri
M. regit Macedoniae (s. Droysen gesch. des hellen ismus 1, 715)
heifst es zu den Worten in throno erant imagines in quibus erant
scripti versus graecis iiteris et latinis nomina omnium provin-
darum quae serviebant Alexandro — myt G rekscher, Jodischer vnde
Latinseher bokstauen. das gemahnt an Tacitus Germania 3 mo-
numentaque et tumulos quosdam graecis Iiteris inscripios, wo der
codex Neap. (Farnesianus) am rande monumta in cqfinio germa-
nie getis iscripta litteris liest. H. F. MASSMANN.
411 z. 13 v. u. — 416 z. 17 ist später aus derselben Münchener hs.
gedruckt erschienen in Kellers ausgäbe der deutschen gesta Romanorum
s. 155 ff. eine ältere abfafeung derselben erzählung steht im an-
hange der fabeln aus den zeiten der minnesinger (Zürich 1757)
s. 255 ff.
503 v. 2328. eiden ist nicht anzutasten, ahd. egida die egge«
zum zweiten bände.
s. 216 z. 4 v« u. ein reagens wurde von mir nicht angewendet] zu die-
ser bemerkung des hn professor Marsmann fügt herr von Karajan
die erklärung dafs noch ehe diese blätter der k. k. hofbibliothelc.
übergeben worden, aber nach ihrem abdrucke in der frühlingsgabe,
von einem anderen gallapfeltinctur angewandt worden sei und dafs
diese bekanntlich erst nach jähr und tag ihre rechte würkung zeige.
232 z. 20 l. fyiyotiai.
269 ff. die starke flexion des nomens zeigt in erster declination kein
i auTser dem goth. gen. -is, der ahd. schon zu -es, alts. sogar
mitunter zu -as geworden ist; man wird also von wec nur weges,
kein wiges (golh. vigis) erwarten dürfen, aber in schwacher form
war dem gen. und dat. ahd. -in geblieben, wie goth. -ins und -in
gelten ; hier könnte von pero kepo komo volo ein gen. und dat.
pirin kipin kumin vulin eintreten, wofür ich keinen beleg kenne;
bald verdünnt sich auch -inzu-en. unorganisch wird das i der flexion
nicht sein, obgleich ags. -an und selbst altn. -a stattfinden, da, frei-
572 NACHTRÄGE UND BERICHTIGUNGEN.
lieh nur ausnahmsweise, umlaut des a durch ahd. -in bewürkt ist,
wie der dat. henin gallo lehrt, für den jedoch meistentheils hanin
vorkommt, das i war also frühe hier seiner kraft beraubt, ganz un-
wirksam erscheint das schwache weibliche ü in bezug auf i und u
der wurzel ; man findet immer cheld chelun, sce'ltd sceltun, hosd ho-
sten, während dasselbe ü (oder mag es schon verkürzt u sein) altn.
allgemein a in ö wandelt, amma Ömmü, aska öskü. umgekehrt ha-
ben die ahd. Wörter £i7<?mamma, pipa tremor überall i bewahrt, d.h.
auch im nom. sg. kein e angenommen, noch besondere aufmerksam-
keit verdient das -u oder -iu der ahd. nom. sg. fem. und nom. acc.
pl. neutr.; denn zwar neben kerdr holer wird nicht kiriu huliu gebil-
gebildet, doch neben deser allerdings disiu disu, was sich wiederum
der ausnähme ellu elliu von aller an die seite setzen läfst, da die re-
gel smalär smaiu, klattfr klatu weist, nämlich ellu wäre spur eines
alten umlauts des a durch u und gliche dem altn. oll, das sich zu al-
Ur allaz verhielte wie disu zu deser desaz. JAG. GRIMM.
s. 300 z. 20 ff. ungeachtet die malbergische glosse im Verhältnis zu den
keltischen noch lebendigen dialecten die lautstufe des gäUschen hält,
dient doch in vielen fällen das wälsche zu ihrer erklärung, wie ich,
seit ich diese mundart in den bereich meiner Studien gezogen, deut-
lich erkannt habe, die erscheinung erläutert sich einfach dadurch
dafs von dem allen wortvorrathe der keltischen sprachen manche
Wörter im gälischen nicht, aber im wälschen gehaftet haben, dahin
gehört das wälsche maen der stein, zwar scheint das gälische mein
und men und mian (metall, bergwerk, mine) damit verwandt, aber
unmittelbar hat sich das wort gäliscb nicht gehalten, dem wälschen
toi decken, überdecken, überdachen, wovon toad das dach", und
toatvl (adj.) dachartig, abgeleitet sind, entspricht nach regelrechter
lautverschiebung gälisches tugh (spr. thuj), wofür aber tubh (spr.
thuw) gewöhnlicher gebraucht wird, decken, bedachen, nun finden
sich aus diesen Wörtern, mit der no Inwendig eintretenden Schwä-
chung des anlautenden consonanten des zweiten Wortes zusammen-
gesetzt, im wälschen noch die Wörter maendoad steindecke, stein-
dach, und maendoawl steindachartig ; da haben wir fast buchstäblich
das malbergische wort mandoado und das latinisierte mandualis, die
ich früher falsch aus mam der hügel, undrdual der rand, die einfa-
feung (hügeleinfafaung) zu erklären suchte, weil ich glaubte nur gäli-
sche Wörter zur erklärung herbeiziehen zu dürfen, in ähnlicher weise
greift noch vielfach bei erläuterung der malbergischen glosse der
wälsche dialect unterstützend ein. so brauchte ich weiter oben bei
der erklärung der glosse traslö (s. 160) das der form nach schon fer-
ner liegende gälische laogh (spr. loh) das kalb, während das wälsche
geradezu dasselbe wort lo, das kalb, hat. H. LEO.
373 s. 3 1. der geschäft ze lotte.
382 z. 4 und 18. herr professor Lacbmann macht mich darauf aufmerk-
sam dafs er gedähte wie er Waten und wis willekömen Wate mit
einsilbigem Wate in der cäsur sehr anstöfsig sei (zu den Nib. 118,2),
dagegen untadelhaft er ddhte wie er Waten und willekömen, Wate.
also wird 451, 3 (1805) das rechte sein sich hete her Wate gesürnet
ndch ze lange und 574, 2 (2296) ist den enphalch er Waten, er zoch
daz kindelin nicht zu verändern.
573
INHALT.
Allerhand zu Gudrun, von Jacob Grimm s. 1
Sioza, von demselben - 5
Buch der rügen, herausgegeben von Th. von Karajan - 6
Sanct Oswalds leben, herausgegeben von Franz Pfeiffer - 92
Biblische geschiente, von Marsmann - 130
Einiges zur lex salica, von H. Leo - 158
Ghrenechruda, von demselben - 163
Aurea fabrica, herausgegeben von H. Leyser - 168
Zu Bertolts Crane, von Wh. Müller - 176
Zum Twein - 187
Zu den Merseburger gedienten, von Jacob Grimm - 188
Grede mihi, von demselben - 191
Das -er örtlicher appellative unadjeetivisch, von demselben.... - 191
Frau kein wildes thier, von demselben - 192
Marienlied, herausgegeben von Benecke - 193
Gotthica mioora, von Mafsmann - 199
Erfurter glossen, herausgegeben von Waitz - 204
Bonus, herausgegeben von Haupt - 208
Walther und Hildegunde, herausgegeben von Mafsmann - 216
Gedichte des 12n jh. zu Vorau in d. Steiermark, von demselben - 223
Predigtbruchstück, herausgegeben von Dietrich - 227
Über die bedeutung des namens Ziu, von A. Kuhn - 231
Über die geschichtl. grundlage des gr. Rudolf, von H. v. Sybel - 235
Witege mit dem slangen, von Wilhelm Grimm - 248
Schon mehr über Phol, von Jacob Grimm - 252
Die ungleichen kinder Evas, von demselben - 257
Über umlaut und brechung, von demselben - 268
Vorausgestellte genitive, von demselben - 275
Beschreibung einer Zerbster procession vom j. 1507, herausge-
geben von Fr. Sintenis - 276-
Zur lex Salica, von H. Leo - 297
Mittelniederländisches osterspiel, herausgeg. v. Julius Zacher. - 302
Mittelniederländische predigten, herausgeg. von demselben - 350
Ein märeben aus der Oberlausitz, von Haupt - 358
Laubächer Barlaam - 361
Buridan und die kb'nigin von Frankreich, von H. Leyser - 362
Zu~ Silvester, von Wilhelm Grimm - 371
Wate, von Haupt - 380
*»v * ■-. -^
574 INHALT.
Die gute frau, herausgegeben von B. Sommer Jt *. SS5
Bin märchen ans der Oberlausitx, von Haupt . 431
Gregoriua, herausgegeben von Sehmeiler - 486
Zar lex Saliea, von H. Leo...... - 500
Die altdeutsche stammsage bei den Schotten, von demselben... 533
Der ssslden tor, von Wilh. Wackernagel . 535
In den wald wünschen, von demselben . 537
Zwölf Schwerter und neun herzen, von demselben - 540
Theilen, theilen und wählen, theilen und kiesen, von demselben - 542
Verlöbnis und tranung, von demselben - 543
F. H. TH, von demselben - 555
Drei lägenmarchen, herausgegeben von demselben - 560
War diecide? von Jacob Grimm - 569
Ans Strafsburg, von Marsmann . - 570
Nachträge und berichtignngen - 571
DRÜCK VON BREITKOPF UND HÄRTEL IN LEIPZIG.
I
r.
i